Protocol of the Session on December 17, 2003

(Michael Denzin (FDP):Als Gastabgeordneter!)

Eine wirklich effektive Sicherung des Konnexitätsprinzips für die Kommunen ist zunächst formell nur durch eine Verankerung in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz zu erreichen. Eine Einfügung bei Art. 104a Abs. 3 Grundgesetz, wie sie der 61. Deutsche Juristentag 1996 vorgeschlagen hat (Beschluss II der Abteilung Verfassungsrecht, in Sitzungsberichte Band II/1, Seite M 76), bzw. in den Abs. 1, 2, 3 oder 5 von Art.104a Grundgesetz würde ebenso wie eine Verankerung beispielsweise in Art. 106 Abs. 8

Grundgesetz ein kommunalbezogenes Konnexitätsprinzip nur als objektiven...

Ich spare mir die weiteren Ausführungen. Sie sehen, es ist eine komplexe Materie, in die Herr Pinkwart hier einführt. Deshalb können wir sie auch nicht in so einem einfachen Antrag heute schon entscheiden. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Da werden wir die ganzen komplizierten Probleme, die mit dem Konnexitätsprinzip auf Bundesebene verbunden sind, behandeln können.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Seid ihr jetzt dafür oder dagegen? Macht doch mal Nägel mit Köpfen!)

Wir werden es im Ausschuss behandeln.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Also ihr seid nicht für Konnexität!)

Wir sind auf jeden Fall nicht dafür, dass die FDP-Fraktion jeden Antrag von Herrn Pinkwart, der im Deutschen Bundestag abgelehnt wird, hier in den Landtag bringt.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das fünfte Mal schon!)

Wir wissen, dass Herr Pinkwart – –

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Wie heißt der Kollege?)

Der Kollege heißt Pinkwart, Herr Kollege Hahn. – Herr Kollege Pinkwart ist beruflich Chaosforscher. Man merkt es Ihrem Antrag ein wenig an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, so wird man bekannt. – Ich rufe Herrn Volker Hoff, CDU, auf.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Mal schauen, ob du häufiger „Pinkwart“ sagen kannst,Volker!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird mir kaum gelingen, aber vielleicht können Sie Herrn Dr. Pinkwart bitten, dass er den Namen Wagner im Deutschen Bundestag häufiger erwähnt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wollte ich damit erreichen!)

Damit würde man – Frau Präsidentin, ich bitte um Verzeihung – mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.

(Heiterkeit bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Aber zurück zum Ernst der Debatte:Was die Kollegen der FDP hier vortragen,ist durchaus ein ernstes Anliegen.Wir haben in diesem Bereich seitens des Hessischen Landtags im Grunde unsere Hausaufgaben gemacht, indem wir das Konnexitätsprinzip in die Hessische Verfassung aufgenommen haben.

Das, was Kollege Wagner hier ansprach, ist in der Tat das Problem. Ich glaube nicht, dass es im Deutschen Bundestag daran gescheitert ist, dass die Bundestagskollegen von SPD, CDU/CSU und GRÜNEN grundsätzlich etwas gegen Herr Pinkwart oder gegen das Konnexitätsprinzip gehabt hätten, sondern es lag im Ergebnis wohl daran, dass die Einordnung, die Herr Dr. Pinkwart hier vorgenommen hat

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Wagner hat es sozusagen herausgefordert –,dass die Einordnung,die die Kollegen der FDP hier vorgesehen haben, dies nämlich in Art. 28 des Grundgesetzes zu verankern, möglicherweise nicht der richtige, gangbare Weg ist.

Deshalb finde ich den Vorschlag, den Herr Kollege Hahn hier gemacht hat, ausgesprochen vernünftig. Lassen Sie uns das im Ausschuss intensiv miteinander besprechen. Wir sollten das Ziel haben, möglicherweise zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu kommen. Das können wir dann allen Fraktionen des Deutschen Bundestags, auch Herrn Dr. Pinkwart, zur Verfügung stellen, in der Hoffnung,dass dort die Sache umgesetzt wird.– Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Rudolph das Wort.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Denk dran: Der ist Professor!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Namen des Kollegen erwähne ich nicht, weil er mir wieder entfallen ist. So bedeutend ist er nicht. – Das Thema ist ernst. Die Verankerung des Konnexitätsprinzips auf Bundesebene „Wer bestellt, der soll auch bezahlen“ ist ein richtiger Ansatz, quer durch alle Parteien.

Allerdings ist es zu kurz gegriffen, sich auf den FDP-Antrag zu kaprizieren. Es reicht nicht, sondern wir müssen dann insgesamt über die Verteilung der Aufgaben und auch die Finanzierung der Aufgaben reden. Wir erleben im Moment: Mischfinanzierung, Gemeinschaftsaufgaben, gemeinsame Finanzierung quer durch alle Ebenen sind derzeit ein entscheidender Mangel in der deutschen Politik und gehören sehr wohl in die Diskussion über Föderalismus. Klare Zuständigkeit, aber auch klare Finanzströme brauchen wir an dieser Stelle. Deswegen lohnt es sich,in Ruhe darüber zu reden und es sich nicht so einfach zu machen wie der FDP-Antrag, der zu kurz greift.

Im Übrigen haben wir das beste Beispiel dafür, wenn eine Ebene sich auf Kosten anderer Ebenen entlastet. Die Schaffung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz ab dem dritten Lebensjahr war ein gutes Beispiel, wo die Ebene des Bundes gesagt hat: Wir beschließen es, und bezahlen muss die kommunale Ebene.– So etwas darf es zukünftig in Deutschland nicht mehr geben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir haben in Hessen das Konnexitätsprinzip. Herr Hahn, wir haben aber noch keine Auswirkungen, keine Erfahrungen, wie es sich in der Praxis auswirkt. Aber wenn es allein schon dazu führt, dass wir bei der Verabschiedung von Gesetzen mehr darauf achten, welche Auswirkungen, welche Konsequenzen es auf eine andere Ebene hat, sind wir einen Schritt weiter gegenüber bisherigen Regelungen, bei denen Gesetze verabschiedet und die Auswirkungen anderen überlassen werden.

Von daher ist das Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, der muss auch bezahlen“ ein richtiger,ein klarer Ansatz.Aber er ist im Geflecht der Aufgabenverteilung und der Finanzverteilung derzeit nicht so isoliert zu betrachten. Deswegen gehört es in die Föderalismusdiskussion. Deswegen ist der Ansatz sicherlich richtig, sich im Innenausschuss damit auseinander zu setzen. Aber das Thema ist viel zu ernst, als dass wir uns dazu auf irgendeinen Bundestagsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen kaprizieren sollten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Pinkwart!)

Herr Kollege Staatsminister Weimar, Sie haben das Wort.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der kennt den Pinkwart!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, bei dem Antrag wird man sich im Hessischen Landtag und auch seitens der Landesregierung sehr wohl verständigen können. Es gibt darin eine Passage, dass wir die Ablehnung der entsprechenden Initiative der FDP-Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan ablehnen,

(Heiterkeit)

weil diese Ablehnung in der Sache nicht gerechtfertigt sei. – Ich finde es unfair, dass immer Herr Pinkwart genannt wird. Denn Frau Dr. Christel Happach-Kasan hat mit unterschrieben. Insofern kann das an dieser Stelle auch gelten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Woher kennst du die Happach-Kasan?)

Meine Damen und Herren insbesondere von der FDP, ich glaube, dass diese Passage die Chancen auf eine Einigung deutlich reduziert. Sie muss auch nicht sein; denn an dieser Stelle hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion beispielsweise erklärt, dass das Anliegen insgesamt unterstützt werde. Nur zu der Frage, ob Art. 28 die richtige Stelle sei, wo es anzusiedeln sei, hat die CDU/CSU-Fraktion eine grundsätzlich andere Haltung,ohne dass das Anliegen insgesamt infrage gestellt wird. Deshalb glaube ich, dass wir uns bemühen sollten, im Ausschuss zu einer gemeinsamen Linie zu kommen. Diese Passage trägt nicht zur Findung des wahren Wollens auch der Bundestagsfraktionen bei.

In der Sache selbst muss man feststellen, dass es vernünftig und richtig ist, wenn die allgemeine Kostenübertragung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden entsprechend geregelt wird. Dass es intensiver Diskussionen in der Föderalismuskommission bedarf im Hinblick auf den Status der Gemeinden, möchte ich hier nur anmerken. Derzeit ist es so, dass nach Art. 104a Abs. 1 Grundgesetz die Verwaltung, die mit der Aufgabe betraut ist, auch die Kostenträgerschaft hat – so die grundgesetzliche Regelung – und wir einen zweistufigen Staatsaufbau haben: Bund und Länder. Die Kommunen werden den Ländern zugerechnet.

Über die Frage der Konnexität kann dieser zweistufige Aufbau meines Erachtens nicht ausgehebelt werden. Aber die Sache muss im Hinblick auf die Stellung der Gemeinden in diesem System geregelt werden. Deswegen

glaube ich, dass wir noch eine ganze Menge Schweiß der Edlen vergießen müssen, um das Problem zu lösen, dass die Kommunen in dieser Frage praktisch zwischen allen Stühlen sitzen.

Wir haben es im Land anders geregelt. Ich denke, es ist so, wie es gemacht worden ist,vernünftig.Es zeigt auch schon Wirkung. Denn die Tatsache, dass bisher kein Konnexitätsfall vorgetragen worden ist, ist schon ein guter Hinweis darauf, dass sich möglicherweise aufseiten der Regierung und des Parlaments etwas ändert, dass man nämlich wirklich in besonderer Weise auf die Kostenfrage eingeht.

Ich kann Ihnen nur signalisieren: Wenn die verfassungsrechtlichen Probleme gelöst sind, meines Erachtens durch eine Ergänzung, in der die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern überhaupt neu zu regeln sind – das könnte in Abschnitt X des Grundgesetzes sein –, kann man zu einer vernünftigen Regelung kommen. Dafür sind wir, weil wir glauben, dass es nicht vernünftig und richtig ist, auf der einen Seite mit Zustimmung der hessischen Bevölkerung das Konnexitätsprinzip in Hessen einzuführen, wie übrigens mittlerweile fast alle Bundesländer, und auf der anderen Seite das Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden anders zu beurteilen. Es ist ein dauerhafter Hort des Ärgers.

Dabei wird immer wieder angesprochen,dass es im BundLänder-Verhältnis die Möglichkeit gibt, die Finanzströme zu überprüfen und zu schauen, ob Änderungen dieser Finanzströme vorgenommen werden sollen. Es gibt immer wieder den Vorschlag, das alle drei bis fünf Jahre zu überprüfen. Das führt am Ende aber nur dazu, dass alle Beteiligten ihre Positionen austauschen. Es gibt kein Instrument, mit dem eine Seite die Chance hat, irgendetwas durchzusetzen. Deswegen ist es richtig und vernünftig, wenn im Grundgesetz diese Sache geregelt wird.

Deswegen möchte ich nachdrücklich die Passage unterstützen, dass der Hessische Landtag die Mitglieder der Kommission von Bundesrat und Bundestag zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung auffordert, die Einführung des Konnexitätsprinzips in geeigneter Weise vorzuschlagen. Ich denke, das ist eine Basis, bei der das Land Hessen vielleicht dazu beitragen kann, dass die Sache ernsthaft und schnell geregelt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Innenausschuss zu überweisen. – Ich darf mir die persönliche Empfehlung erlauben, dazu als externe Experten Frau Dr. Happach-Kasan und Herrn Dr. Pinkwart einzuladen.