Zweitens geht es nicht darum, dass die Töchter der heutigen jungen Frauen Betreuungsplätze finden, sondern dass wir hier zu relevanten Fortschritten kommen. Die Bundesregierung wird in diesem Bereich Geld zur Verfügung stellen. Machen Sie etwas daraus, statt weiterhin nur Ankündigungspolitik zu betreiben.
Wir werden in dieser Legislaturperiode jedenfalls erneut konkrete Vorschläge für eine Verbesserung der Kinderbetreuung in Hessen in diesem Parlament zur Abstimmung stellen und Ihnen die Gelegenheit geben, Ihren Worten auch Taten folgen zu lassen.
Meine Damen und Herren, wir werden das in allen Politikbereichen tun, weil wir Ihnen in keinem Politikbereich Ihre übliche Masche durchgehen lassen: Erst werden große Wahlkampfsprüche geklopft, dann wird wenig bis nichts konkret angegangen und andere sind schuld, im Zweifelsfall immer Rote und GRÜNE, wenn der Erfolg auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, der bei Ihnen „Vision 2015“ heißt, verschoben wird.
Als Garnierung kommt als hessische Note die Verbalprise „Law and Order“ und das Versprechen von geordneter heile Welt dazu. Herr Koch, Sie preisen eine Vision von Hessen an, welche den Erzählungen der Brüder Grimm alle Ehre machen würden.
Das Problem ist, dass vieles von dem, was Sie hier den Menschen weismachen wollen, von der von Ihnen verantworteten hessischen Realität so weit weg ist wie die Erde vom Mond.
Der Raum 307 W im Hessischen Landtag,in dem die Pressekonferenzen veranstaltet werden, hat in seiner Geschichte schon so einiges – auch einige Missgeschicke – erlebt. Aber es war doch eine sehr symbolträchtige Besonderheit, dass bei der Vorstellung Ihres Regierungsprogramms das Transparent mit der Aufschrift „Verantwortung für heute – Visionen für morgen“ nach kurzer Zeit krachend zu Boden fiel.
Es ist immer gut, wenn man manches aus dem Wahlkampf aufhebt. In der Offenbacher Innenstadt hat Herr Grüttner im Wahlkampf Düngestäbchen für Pflanzen mit der Aufschrift „Erfolgsland Hessen beim Wachstum Spitze“ verteilt.
Wenn man diese Packung mit dem Foto von Roland und Anke Koch, „Freude am blühenden Heidekraut“, einmal umdreht
ich möchte jetzt sogar beiseite lassen, ich habe mir nämlich zwei Packungen mitgenommen, dass der Dünger zumindest meinem Hibiskus nicht gut getan hat –, steht da: „Erfolgsland Hessen –
stärkstes Wirtschaftswachstum, stärkster Rückgang der Arbeitslosigkeit, Rückgang der Kriminalität, steigende Aufklärungsquote“.
Das ist schlappe zweieinhalb Monate her. Wir wissen inzwischen, dass Hessen im Jahre 2002 auf dem bundesweiten „Spitzenplatz“ acht beim Wirtschaftswachstum lag. Wir wissen inzwischen,dass wir im Rhein-Main-Gebiet einen exorbitanten Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen haben.Wir wissen inzwischen, dass die Kriminalität im Jahre 2002 mit Sicherheit nicht gesunken, sondern gestiegen ist.
Die Tatsache, dass es Ihr famoser Innenminister bis heute nicht geschafft hat, die Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2002 zu veröffentlichen, obwohl dies für Ende Februar angekündigt war, lässt hinsichtlich des Umfangs dieses Anstiegs Böses ahnen.
Herr Koch, wir werden Ihnen ähnliche Täuschungsmanöver in Zukunft nicht mehr durchgehen lassen, sondern es Ihnen so schwer wie möglich machen.
Wir werden Sie in den nächsten fünf Jahren Tag für Tag nicht an Ihren Überschriften,sondern an Ihren Taten messen.
Herr Ministerpräsident, ein Letztes. Sie haben in der konstituierenden Sitzung des Landtags darum geworben, im Hessischen Landtag in Zukunft etwas kleinere Trommeln zu benutzen.
Das ruft der Richtige. – Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass sich diejenigen – nämlich Roland Koch und Franz Josef Jung –, die früher stolz darauf waren, der angeblich härtesten Opposition Deutschlands vorzustehen,
dann an Stil und Umgang erinnern, wenn sie die absolute Mehrheit haben. Ich möchte Ihnen trotzdem darauf antworten. Sie werden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine ganze Bandbreite von Instrumenten vernehmen.
Wir werden in den nächsten fünf Jahren eine harte, eine konsequente und eine konstruktive Opposition gleichzeitig sein.Wir werden unsere Alternativvorstellung zu Ihrer Politik hier im Parlament zur Diskussion und zur Abstimmung stellen, und zwar in den lieblichsten Tönen, die Sie sich vorstellen können.
Wir werden Sie deutlich vernehmbar darauf hinweisen, wenn Sie Ihren eigenen Ankündigungen keine Taten fol
gen lassen werden. Wir werden aber da, wo es nötig ist, nicht nur zu großen Trommeln, sondern, wenn es sein muss, auch zu Pauken und Trompeten greifen. Herr Ministerpräsident, welche Töne Sie hören werden, haben Sie zu einem großen Teil selbst in der Hand.
Eines aber werden wir immer tun: Wir werden uns jeden Tag fragen, wie wir Hessen fairer und moderner machen können. Denn wir sind wirklich an Hessen interessiert. Weil wir an Hessen wirklich interessiert sind, werden wir auch jeden Tag daran arbeiten, und es kann leichter passieren,als Sie denken,dass Sie in fünf Jahren direkt aus einer absoluten Mehrheit heraus in die Opposition wechseln. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurt Schumacher, der erste Vorsitzende der SPD nach dem Krieg,hat in den Verhandlungen des Deutschen Bundestages im Jahre 1949 Folgendes festgestellt – ich zitiere –:
Das Wesen der Opposition ist der permanente Versuch, an konkreten Tatbeständen mit konkreten Vorschlägen der Regierung und ihren Parteien den positiven Gestaltungswillen der Opposition aufzuzwingen.
Diesem Auftrag der Opposition, konstruktiv im parlamentarischen Alltag aktiv zu sein, will und wird die FDPFraktion in diesem Haus in den nächsten Jahren gerecht werden.
Das Wahlergebnis am 2. Februar 2003 hat für uns Liberale zum einen das sehr positive Ergebnis erbracht, dass wir die Stärke unserer Mannschaft im Hessischen Landtag von sechs auf neun Mitglieder erweitern konnten. Wir sind von 5,1 % auf 7,9 % der Wählerstimmen angewachsen. Keine andere Fraktion dieses Hauses konnte um 50 % zulegen. Das konnten nur wir Liberale. Wir sind stolz darauf.
Diesen Erfolg führen wir zum einen darauf zurück, dass wir in den vergangenen vier Jahren gemeinsam mit unserem ehemaligen Koalitionspartner, der Union, eine für unsere Bürger erfolgreiche Politik gemacht haben. Dies reichte von der Umsetzung der vollständigen Unterrichtsversorgung über mehr innere Sicherheit und den in die Freiheit entlassenen Hochschulen bis hin zu liberaler Wirtschaftspolitik. Es reichte vom Ausbau des Landesstraßennetzes bis zur Einführung der Umweltallianz. Dies ging vom Erhalt der Börse in Frankfurt bis hin zum Beginn des Ausbaues des Rhein-Main-Flughafens.
Das alles sind Themen, die für die Menschen unseres Landes wichtig waren und die offensichtlich von den Politi
kern der FDP im Parlament und von Ruth Wagner und Dieter Posch in der Landesregierung hervorragend behandelt wurden. Das ist sicherlich einer der Gründe, warum wir die Stärke unserer Mannschaft hier um 50 % erhöhen konnten.
Andererseits ist uns aber auch Folgendes klar: Die Bürger wollten erreichen, dass die FDP dazu beiträgt, dass diese liberal-bürgerliche Politik der Regierungszeit von 1999 bis 2003, die mit den Namen Roland Koch und Ruth Wagner verbunden ist, in Hessen auch in dieser Legislaturperiode fortgesetzt wird.
Die Tatsache, dass die CDU-Fraktion eine Mehrheit in diesem Haus bekommen hat, hat zu der bekannten Entscheidung meiner Partei geführt, an der Regierung keine Beteiligung mehr suchen zu wollen. Unsere Maxime für diese Legislaturperiode lautet deshalb: Wir Liberale werden in Hessen nicht mehr mitregieren. Wir Liberale werden in Hessen künftig aber trotzdem mitgestalten, und zwar mit den Mitteln, die das Parlament hat.
Verehrter Herr Kollege Al-Wazir, um das Mitgestalten erreichen zu können, werden wir niemals in der Oppositionsrolle ankommen, wie Sie sie verstehen und wie Sie sie in den letzten vier Jahren praktiziert haben.