Protocol of the Session on November 4, 2003

Herr Kollege Rhein, das Hessische Ministerium der Justiz hat sich gegenüber dem Bundesjustizministerium stets dafür ausgesprochen, die Reform des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes voranzutreiben, um die Rechtsanwaltschaft nicht länger von der wirtschaftlichen Entwicklung der Einkommen in anderen Berufsgruppen abzukoppeln. Die Anpassung der zuletzt im Jahr 1994 angehobenen Gebühren ist überfällig.

Aus diesem Grunde hat Hessen maßgeblich bei der Erarbeitung des jetzt von der Bundesregierung vorgelegten Referentenentwurfs eines Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes mitgewirkt, und zwar durch Entsendung eines Vertreters in die dafür eingesetzte Expertenkommission.Dieser Entwurf soll nach unseren Informationen aus dem Bundesjustizministerium als Teil des Entwurfs eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes am 5. November – also am morgigen Tag – vom Bundeskabinett beschlossen und dann in das Gesetzgebungsverfahren gegeben werden. Das Gesetz soll am 1. Juli 2004 in Kraft treten.

Herr Kollege Rhein.

Können Sie sagen, woran bzw. speziell an wem derartige Reformpläne in den Wahlkampfwirren noch kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode des Bundestages gescheitert sind?

Herr Justizminister.

Herr Kollege Rhein,ich möchte nicht so unhöflich sein,zu vermuten, dass Sie möglicherweise die Antwort schon selbst kennen

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und jetzt fragen, ob meine Kenntnis der Ihren gleicht.

Diese humoristisch gemeinte Bemerkung einmal beiseite gestellt:Es war damals die amtierende Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin, die diesen Gesetzentwurf zum

Schluss dem Bundestag nicht mehr rechtzeitig vor der Bundestagswahl zugeleitet hat – obwohl von der damaligen Bundesregierung entsprechende Zusagen gegenüber der Rechtsanwaltschaft gemacht worden waren.

(Rudi Haselbach (CDU): Auf die kann man sich einfach nicht verlassen!)

Herr Dr. Jürgens.

Herr Minister, Sie haben die Anpassung an die Einkommensentwicklung als Grund für die Reform genannt. Soll ich daraus entnehmen – da die aktuelle Einkommensentwicklung unter anderem durch Maßnahmen der Landesregierung, beispielsweise im öffentlichen Dienst, rückläufig sein wird –, dass die Gebühren abgesenkt werden sollen und dies das Ziel der Landesregierung ist?

Herr Justizminister Dr.Wagner.

Ach, verehrter Herr Kollege Jürgens, bei dieser Anfrage möchte ich fast richtig stöhnen. Sie sind Mitglied einer Partei, die die gegenwärtige Bundesregierung mit stellt und diesen Referentenentwurf, den ich hier vorgetragen habe, auch mitträgt. Das wissen Sie. Deshalb wird dieser Referentenentwurf wahrscheinlich morgen mit den Stimmen der GRÜNEN-Kabinettsmitglieder verabschiedet werden. Das ist das eine.

Das Zweite: Wir müssen korrekterweise sagen, dass der öffentliche Dienst seit 1994 immer wieder an den Tariferhöhungen – was die Angestellten angeht – oder den Einkommenserhöhungen – was die Beamten angeht – teilgenommen hat. Dies kann man eben für die Rechtsanwälte seit dem Jahr 1994 nicht sagen. Deshalb ist die rot-grüne Bundesregierung jedenfalls in diesem Teil des Gesetzentwurfs klug beraten, und ich empfehle Ihnen, Ihre eigene Bundesregierung in diesem Punkt zu unterstützen.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Die nächste Frage dazu? – Ich habe noch eine freie Frage. Frau Kollegin Wagner?

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Nein!)

Dann Herr Al-Wazir.

Herr Staatsminister, wenn Sie der Meinung sind, dass die Rechtsanwälte so schlecht bezahlt sind – darum geht es im Kern eigentlich –: Könnte dies unter anderem ein Grund dafür sein, dass hier auf der Regierungsbank, wenn ich es recht gezählt habe, insgesamt acht Juristen sitzen? Ist diese Bezahlung so schlecht, dass man sich andere Berufe sucht?

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Herr Justizminister.

Allein die temperamentvollen Zwischenrufe einer – ich hätte fast gesagt: führenden – Philologin in der Person der früheren Wissenschaftsministerin lässt mich im Hinblick auf die Beantwortung Ihrer Frage vorsichtig sein.

Ich will aber gerne als Jurist feststellen, dass die Juristen zu allem fähig sind,

(Heiterkeit)

eben auch zu Regierungsämtern. Deshalb empfinde ich es jedenfalls als keinen Nachteil für diese Regierung, dass so viel juristischer Sachverstand neben anderem Sachverstand auf der Regierungsbank versammelt ist.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na ja!)

Jetzt gehen wir in die Bildungspolitik. Abg. Heidel hat eine Frage. Frau Kollegin Wagner übernimmt Frage 91.

Ich enthalte mich jeden Kommentars zu Vorherigem.Weil wir es auch wissen wollen, übernehme ich gern eine weitere Frage von Herrn Kollegen Heidel, der leider noch nicht da ist.

Ich frage die Kultusministerin für die Landesregierung,

inwieweit und wann die Schulleiterstelle des Gymnasiums Upland-Schule in Willingen ausgeschrieben ist.

Frau Ministerin.

Frau Kollegin Wagner und Herr Heidel, die Ausschreibung der Schulleiterstelle der Upland-Schule ist Sache des Staatlichen Schulamtes. Sobald dort die Überlegungen abgeschlossen sind, wird die Ausschreibung erfolgen. Aber Sie wissen, dass dort auch Überlegungen über die künftige Organisation dieser Schule im Gange sind.

Frau Kollegin Wagner.

Wie lange schätzen Sie, dass das Schulamt überlegt?

Frau Ministerin Wolff.

Das ist eine Frage, die sich mittlerweile nicht mehr nur an das Schulamt richtet, sondern auch an die Kooperation mit dem Schulträger. Insofern kann ich die Frage zeitlich nicht abschließend beantworten.

Noch einmal Frau Kollegin Wagner.

Noch in diesem Jahr oder im nächsten? Wir müssen doch einmal wissen, wann etwa. Das muss doch beamtenrechtliche Folgen haben, wenn das nicht zügig gemacht wird.

Frau Ministerin.

Frau Kollegin Wagner, die beamtenrechtlichen Vorgaben gegenüber dem Schulträger halten sich in rechtlichen Grenzen. Insofern gilt hier das Prinzip Hoffnung.

Also einigen wir uns auf dieses Jahrzehnt. – Keine weiteren Fragen außerhalb des Fragestellers. Damit ist die Frage beantwortet.

Abg. Otto stellt die Frage 92.

Ich frage die Landesregierung:

Ist es nach ihrer Auffassung sachlich gerechtfertigt, den Ackerbau, wie von Bundesumweltminister Trittin beabsichtigt, in Überschwemmungsgebieten zu verbieten?

Herr Staatsminister Dietzel.

Herr Abg. Otto, ein generelles Verbot des Ackerbaus in Überschwemmungsgebieten ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die hessische Rechtslage sollte Herrn Trittin als Vorbild dienen. Wir haben vor, in dem Hessischen Wassergesetz eine Umwandlung von Grünland in Ackerland in Überschwemmungsgebieten zu verbieten. Darüber hinaus streben wir an, im Einvernehmen mit der Landwirtschaft den Ackerbau in Überschwemmungsgebieten im Interesse des besseren Wasserrückhaltes und des Erosionsschutzes zu reduzieren. Beide Maßnahmen sind unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit für uns ausreichend.

Keine weiteren Fragen.

Ich rufe Frage 93 auf.Wieder Herr Abg. Otto.

Ich frage die Landesregierung: