Wir wissen, dass das gut ist. Was ist die Botschaft? Die Botschaft ist, die Schule findet in der 7., der 8. und der 9. Klasse nur noch teilweise im Schulunterricht statt. Im ersten Jahr an einen Tag, im zweiten und dritten Jahr vielleicht an zwei Tagen und vor dem Schulabschluss vielleicht sogar an drei Tagen sind die Schülerinnen und Schüler im Betrieb und nur noch die restlichen Tage in der Schule. Wir haben ein System, in dem man einen Teil der schulischen Leistungen schon als betriebliche Leistungen einbringen kann. Wir haben ein System, in dem die Schülerinnen und Schüler das Anödende von Schule – das muss nicht jeder so empfinden, es ist jedoch aus der Sicht vieler so – austauschen gegen Spaß im Beruf.
Sie werden im Betrieb gefordert und fragen: Kann ich das auch werden? Sie erhalten die Antwort: Ja, du kannst das auch werden, wenn du in der Schule mitmachst. – Auf einmal ist der Lehrer, der ihn vorher angeödet hat, der Helfer, um in diesen Betrieb zu kommen. Das ist die Umstellung.
Die besonderen Fähigkeiten und Begabungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler werden in den Vorder
grund gestellt, und es wird auch darauf geachtet, dass es Spaß macht. Dabei wird jedoch die Leistung nicht vergessen.Wir brauchen Schüler, die nicht mit Abneigung in die Schule gehen, sondern mit dem Willen, etwas zu erreichen. Wir brauchen Schülerinnen und Schüler, deren Fähigkeiten nach der Schule so sind, dass sie von Betrieben angenommen werden. Das ist eine andere Schule. Nach meiner Überzeugung ist es sogar eine Schule mit einem anderen Berufsbild von Lehrern. Wir werden mehr Berufsqualifizierte mit anderen Ausbildungen als nur der pädagogischen Ausbildung zusätzlich im System haben müssen.Wir müssen den Einzelnen helfen.
Es ist keine Schule, die man in die anderen Zweige integrieren kann. Wer sagt, man könne Hauptschülern eine Chance geben, indem man sie in die gleiche Klasse wie Gymnasiasten setzt, erreicht am Ende, dass diese Hauptschüler feststellen, mit den Maßstäben, mit denen Gymnasiasten gemessen werden, können sie nie Sieger sein, obwohl sie zu den Besten zählen können.
Ich streite mit Ihnen nicht über die Frage von Abiturientenquoten. Wir haben die höchste Abiturientenquote in Deutschland. Ich streite mit Ihnen nicht über den Anstieg von Studierendenquoten.Wir haben die höchste Quote in Deutschland. Wir ruhen uns darauf nicht aus. Wir wollen sie ausbauen. Wahr ist auch, 30 % der Schülerinnen und Schüler bekommen die Hochschulreife durch Abitur,aber 46 % der Hessen haben die Hochschulreife.Das bedeutet, dass wir schon längst weg sind von dem Glauben, den Sie haben, in den ersten zehn Schuljahren entscheide sich alles.Wir haben längst ein differenzierteres Schulsystem. Es ist nicht nur das durchaus ernst gemeinte strategische Element, dass man über den Gesellenbrief oder den Meisterbrief auch in die Hochschule kommen kann. Es sind die berufsqualifizierenden Schulen. Es gibt eine unendliche Zahl von Wegen. Es ist kein dreigliedriges Schulsystem. Es ist ein gegliedertes Schulsystem. Es ist ein System, das Menschen gerecht wird. Jeder, der in eine Schule kommt, kann mit seinen Möglichkeiten auch der Beste sein. Wir machen keine Klasse, in der die Akademiker die Besten sind und die anderen auf einer zweiten Stufe stehen, die Sie hier produzieren wollen.
Es ist doch nicht nur meine und unsere Meinung. Sie haben dankenswerterweise auf Ihrer eigenen Homepage in den Blocks, die heute diskutiert werden, einen Leserbrief eines Ihrer Parteifreunde veröffentlicht. Ein Lehrer aus Hessen schreibt:
Liebe Freunde! Frage: Was ist eigentlich neu am Haus der Bildung?... Ein gemeinsames Lernen aller Schüler ist unbestritten ein guter Weg, doch hat einer von euch eine Klasse unterrichtet, in der sich gleichzeitig hochbegabte Schüler, solche mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, geistig- und körperlich behinderte Schüler, alle möglichen „normalen“ (was immer das sein mag) befinden? Nicht zu vergessen die unterschiedlichen Migrationshintergründe.... Ich schon.
Das Haus der Bildung ist alles andere als ein Bildungskonzept, sondern lediglich eine Idee, die konkrete Ansätze,die das Schulleben benötigt,nicht erkennen lässt.
Wir wollen unseren Weg weitergehen, der auf Leistung und Begabung setzt. Wir wollen diesen Weg gemeinsam mit den Schulen in der Selbstständigkeit gehen. Wir wollen ihn gehen,indem wir Schülerinnen und Schüler immer stärker qualifizieren, die Abschlüsse zu erlangen, die sie benötigen.Auch das gehört ein bisschen zur Wahrheit.Als wir die Regierungsverantwortung übernommen haben – ich weiß, das ist ein Thema, das man nur beim ersten Teil nicht ansprechen darf –, waren rund 23 % aller Hauptschüler ohne Abschluss. Inzwischen sind es nur noch die Hälfte. Das immer noch zu viel, aber es ist eine beachtliche Leistung. Es zeigt, dass es in die richtige Richtung geht.
Was die Ganztagsbetreuung angeht, sind wir auf einem guten Weg. Wir haben zum einen früher angefangen als andere. Wir machen es teilweise behutsam, z. B. mit dem pädagogischen Mittagstisch, der Schulen üben lässt, in diese Struktur hineinzukommen.
Wir machen es mit den Kommunen zusammen, damit sichergestellt ist, dass wir eine wirklich gemeinsame Schulstruktur haben. Das geht nicht von heute auf morgen. Das ist eine Entwicklung, bei der die Gesellschaft auch mit ihren finanziellen Ressourcen mitgenommen werden muss.
Wir sind sehr sicher, dass wir in den letzten Jahren bei allen Schwierigkeiten, bei allen Herausforderungen, die wir noch zu bewältigen haben, bei der Tatsache, dass wir oft mitten auf der Baustelle sind, auf dem Weg, Hessen zum Bildungsland Nummer eins zu machen, ein Stück vorangekommen sind.
Ich bin mir sehr sicher, dass eine große Mehrheit der Eltern und auch eine große Mehrheit der Lehrer, die Ihnen sonst manche Sympathie entgegenbringen, nur eines ganz bestimmt nicht wollen, nämlich dass jetzt Leute kommen und alles mit der Axt zerschlagen, was in den letzten neun Jahren mühsam aufgebaut worden ist.
Deshalb kann man eines ganz sicher sagen: Ihnen fehlt das Augenmaß für Reformen. Das Augenmaß für Reformen, das Ihnen fehlt, ist neben manchem ideologischen Streit auch das, was uns in der Energie- und Wirtschaftspolitik am meisten trennt.
Es geht nicht um die Debatte, ob es auch regenerative Energien gibt. Es geht nicht um die Debatte, dass wir im Jahr 2050 mit größter Wahrscheinlichkeit überwiegend bis ausschließlich mit regenerativen Energien unser Land und die modernen Industriestaaten versorgen werden. Es geht nicht um die Tatsache, dass wir Solarenergie oder Windenergie erforschen. Es waren Walter Wallmann und Wolfgang Gerhardt, die das ISET in Kassel gegründet haben.
Sie haben dafür gesorgt,dass dieses Wissen entstanden ist. Das mag manche von Ihnen ärgern, aber es bleibt geschichtlich wahr.
Seien Sie einmal ruhig. Sie sind ja meiner Meinung, das dürfen Sie nur nicht sagen, wenn ich mich an Frau Ypsilanti wende.
Wenn jemand Ministerpräsident eines Landes werden will und den Bürgerinnen und Bürgern sagt: „Die Stromproduktion unseres Landes kommt zurzeit zu ca. 60 bis 65 % aus zwei Kernkraftblöcken
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn sie laufen, zu 45 %, das nur nebenbei! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und zu rund 25 % aus Kohlekraft; wir können in fünf Jahren 90 % der in Hessen installierten Stromproduktion abschalten, ohne dass das Folgen hat“, dann empfehle ich jedem mit normalem gesunden Menschenverstand, ohne Energiepolitiker zu sein, eine kleine Sekunde zu verharren und sich zu fragen, ob das gehen kann. Sie haben im Moment 3 bis 6 % Möglichkeiten von regenerativen Energien.Das wollen wir verdoppeln,wir wollen bei 15 % liegen und in einer überschaubaren Zeit 20 % erreichen. Das ist anstrengend, wird aber nach meiner festen Überzeugung gehen. Jeder, der glaubt, es gehe einfach, täuscht sich.
Es wird noch manche Auseinandersetzung und erhebliche Kosten verursachen,um allein diese Zahl zu erreichen.Sie begeben sich nicht auf den Weg, zu sagen: Lasst uns darüber streiten, was realistisch ist. – Zusammen mit Herrn Scheer sind Sie auf einer Wolke entschwebt und erzählen den Menschen etwas, wozu jeder mit gesundem Menschenverstand sagen muss, das kann am Ende nicht gut gehen.
Wenn aber Ministerpräsidentenkandidaten etwas behaupten, was am Ende nicht gut gehen kann, ist das schlecht für das Land. Sie müssen sich also schon an den Dingen, die Sie gesagt haben, messen lassen. Sie müssen sich die Frage stellen lassen,wie Sie das realisieren wollen. Ich mache das nicht in jedem einzelnen Punkt. Sie haben dankenswerterweise in Ihrem Papier einiges gesagt.
Sie rechnen beispielsweise mit Solarenergie. Aber von den Solaranlagen mit einer installierten Leistung von 10 bis 12 MW gibt es – rein technisch gesehen – im Augenblick weltweit nur sechs Prototypen. Sie wollen bis zum Jahre 2013 Hessen flächendeckend damit versorgen. Sie wissen, dass diese Solaranlagen nicht auf irgendwelchen Dächern installiert werden können. Dies würden Sie innerhalb von fünf Jahren schon gar nicht schaffen. Stattdessen müssten Sie Solarparks bauen. Sie wissen, dass ein Solarpark für jeden Quadratmeter installierter Fläche die vierfache Fläche braucht, weil die Sonne gelegentlich auch richtig daraufscheinen sollte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich frage Sie ganz praktisch und aus dem Bauch heraus, ob dies nicht für jeden Landkreis bedeuten würde, dass er eine Fläche von 1.200 Fußballfeldern haben müsste. Müssten dann in Hessen nicht insgesamt Flächen in der Größe von rund 30.000 Fußballfeldern bereitgestellt werden?
(Andrea Ypsilanti (SPD): Sie machen das aus dem Bauch heraus! – Norbert Schmitt (SPD): Haben Sie das selbst gerechnet, oder haben Sie das errechnen lassen?)
Das sind Ihre Zahlen, nicht meine. Ich muss wenigstens versuchen, Herrn Scheer so viel Ehre zu erweisen, ihn ernst zu nehmen. Denn er hat sich darauf eingelassen, die installierte Leistung zu benennen, sowie die Anzahl der Windparks und Solaranlagen. Ich lasse mich nur darauf ein, dies in Quadratmeter umzurechnen. So handfest und klar wird Politik noch sein dürfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Windenergie ist es nicht anders. Ich war und bin für den Transrapid; und ich bin auch dafür, dass wir zeigen, dass wir in Deutschland mit Windenergie auch zu wirtschaftlichen Bedingungen Strom erzeugen können, da das international, in bestimmten Teilen der Welt etwas ist, was man gut verwenden kann. Somit ist die Windenergie etwas, womit wir Geld verdienen können. Darüber brauchen wir keine Sekunde lang zu streiten.
Diese Frage, die Sie nun aufwerfen, lautet: Ist es flächendeckend – also nicht als Zusatz und stabilisierend, sondern prinzipiell – möglich, damit ein Land zu versorgen? Hierbei machen Sie wieder einen Trick, denn die durchschnittliche installierte Leistung eines Windrads beträgt zurzeit 1,5 MW. Sie rechnen aber mit 4,5 MW. Sie wissen, dass es davon weltweit nur wenige Prototypen gibt, die derzeit alle offshore ausprobiert werden.
Es gibt überhaupt niemanden, der bisher eine 4,5 MW Rotorenanlage auf dem Festland ausprobiert hat – schon gar nicht in einem Mittelgebirge. Damit wir hiervon ein klein wenig eine Vorstellung bekommen – Herr Scheer hat die Anlage, die er im Auge hat, benannt –, sage ich Ihnen: Diese Anlage hat nicht nur eine Nabenhöhe von 180 m,sondern auch eine Spannweite von 120 m.Wenn Sie davon ausgehen, dass sich diese 120 m Spannweite drehen, dann passt ein kompletter A 380 hinein. Die Wahrheit ist doch, dass jedes Windrad, das sich in Hessen drehen würde, der Gesamtoberfläche eines kompletten A 380 entsprechen würde.
Meine Damen und Herren, die Menschen werden uns für verrückt halten, wenn wir dies irgendwo aufstellten. Das hat mit Bodennähe,Vernunft und Realität nicht mehr das Geringste zu tun.
Sehr verehrte Frau Kollegin Ypsilanti, an dieser Stelle muss ich sagen: Ihre Diskussion ist, auch was die tatsächlichen innerparteilichen Verhältnisse angeht,nicht in Ordnung. Diese Position ist nicht ehrlich, denn in Wahrheit beschließen Sie anders. Ich habe lange mit Herrn Schaub darüber diskutiert, was die Nordhessen beschlossen haben. Der nordhessische SPD-Parteitag – nun beziehe ich mich auf dessen Homepage, denn irgendwann muss man das einmal ganz vorlesen – hat unter dem Antrag U 5 am 16. Juni 2007 in Baunatal auf Antrag des SPD-Unterbezirks Hersfeld-Rotenburg, auf den gleich noch einmal zu kommen sein wird, beschlossen, dass die Adressaten in der regionalen Planungsversammlung die Zuständigkeit für die Windenergie dezentral belassen sollen. – Mich interessiert aber nicht dieser Beschluss, sondern dessen Begründung.
(Norbert Schmitt (SPD): Genau, die Begründung ist nämlich nicht beschlossen worden! – Lachen bei der CDU)
Verehrter Herr Kollege Schmitt, es wäre schön, wenn wir uns bei diesem Dialog noch auf ein Mindestmaß an Rationalität verständigen könnten.