Protocol of the Session on July 5, 2007

nung von Glaubenssätzen und wissenschaftlichen Erkenntnissen aufkommt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Habermann, Sie müssen dann auch zum Schluss kommen.

Sie hatten heute die Gelegenheit, die Äußerungen aus den Zeitungen richtigzustellen, die den Boden für all diejenigen bereiten, die mit solchen wirren Vorstellungen an die hessischen Schulen gehen und die sich mit diesen wirren Vorstellungen in unserem Land hervortun. Nachdem Ihnen das nicht gelungen ist, erwarte ich, dass der Hessische Ministerpräsident die Haltung seiner Landesregierung zu den Inhalten des Biologieunterrichts in Hessen verdeutlicht.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Ruth Wagner für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kultusministerin, Sie haben in Ihrer Erklärung in der „FAZ“ gesagt, dass Sie sich gegen die Kreationisten und deren Vordringen in Hessen und Deutschland wenden wollen. Mit Ihrer Äußerung haben Sie aber bei denjenigen,die das gehört und gelesen haben, Unterstützung ausgelöst. Genau das ist das Thema, über das wir uns heute unterhalten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Ich glaube, das ist deshalb so schlimm, weil gut gemeint eben auch daneben sein kann, wie der Hesse sagt. Es ist deshalb in eine Unterstützung verwandelt worden, weil Sie sich gerade eben nicht klar mit den Aufgaben der Naturwissenschaften und der Religion auseinandergesetzt haben, die nach meinem Verständnis kein Aberglaube und kein Mythos ist, sondern auch von einer Wissenschaft abgeleitet ist, nämlich der Theologie.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht nicht um Glaube, sondern um Theologie. Sie haben Glaube mit Theologie verwechselt. Damit haben Sie das Ganze heute erneut verschärft und verschlimmbessert. Das ist der Fehler.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin anders als Mathias Wagner nicht der Meinung, dass an den Grenzen der Wissenschaft die Aufklärung beginnt. Auch sie beginnt dort, aber dort beginnt auch der Glaube. Dort beginnt beides.

(Beifall bei der FDP)

Wir beziehen uns auf eine verfassungsrechtliche Situation der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Hessen, die eine klare Trennung von Glaubensüberzeugungen und säkularer Welt vorsieht, in der jeder leben kann. Daraus wird ein Toleranzgebot entwickelt.

Aber, verehrte Frau Wolff, Sie sagen, es gebe eine „erstaunliche Übereinstimmung“ mit der christlichen Lehre von der Entstehung der Welt – übrigens haben Sie den Sündenfall und mindestens die Arche Noah als zweite Geschichte von der Entstehung der Welt vergessen. Fragen Sie da einmal den Jesuitenpater und den evangelischen Kirchenpräsidenten, was die Wissenschaft von der Glaubenslehre, die etwa 1.000 vor Christus in der jüdischen Welt entstanden ist, mit der heutigen Wissenschaft zu tun hat. Das vergessen Sie.

Wenn Sie sagen, Sie wollen, dass solche Vergleiche – und nur um Vergleiche kann es gehen und nicht um erstaunliche Übereinstimmungen, die es nämlich nicht gibt – in den Wissenschaften herangezogen werden müssen, dann müssen Sie auch zulassen, dass im Religionsunterricht über die Evolution als eine naturwissenschaftliche Erklärung der Welt gesprochen wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben ganz einseitig nur die eine Seite angesprochen.

(Ministerin Karin Wolff: Nein! Das ist nicht wahr!)

Frau Wolff, dann machen Sie beides. Sie haben sich anders in der Öffentlichkeit geäußert, als es in dem Lehrplan steht, den Sie erlassen haben. Sie haben das nicht klargestellt. Sie haben so getan, als sei die christliche Glaubensüberzeugung die Grundlage – und Frau Kölsch hat das heute noch einmal verstärkt –, auf der jedes Fach erteilt werden kann. Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Wagner, Sie müssen zum Schluss kommen.

Frau Kölsch, Sie haben gesagt, auch die Schöpfungslehre solle in der Biologie unterrichtet werden. Das gehört als Glaubensüberzeugung in den Religionsunterricht und nirgendwo anders hin.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb sage ich Ihnen noch einmal:Mit den Äußerungen von heute haben Sie die Sache verschlimmbessert. Sie müssen sich an die Verfassung halten. Das ist Ihre größte Pflicht.

(Anhaltender Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Das Wort hat der Kollege Dr. Wagner, Vorsitzender der CDU-Fraktion.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Alle Wagners durch! Alles Wagner oder was?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir uns zunächst einmal im gesamten Haus über alle Fraktionsgrenzen hinweg über Folgendes einig sind und ein gemeinsames Verständnis besitzen: Die Evolutionslehre ist unbestritten. Sie ist Teil des Menschheitserbes. Es ist deshalb nicht statthaft, überprüfbare Ergebnisse des wissenschaftlichen Forschens in Abrede zu stellen. Ich glaube, darin sind wir uns alle einig. Da gibt es in diesem Hause keinen Widerspruch.

Aber es gibt einen zweiten Punkt, der aus meiner Sicht in der Debatte bisher nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Ich spreche von meiner eigenen Schulzeit an einem Bremer Gymnasium unter einem sozialdemokratischen Kultursenator.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was ein Niveau!)

Da haben wir im Biologieunterricht die Frage behandelt: Ist denn das nicht ein Widerspruch, was Sie uns hier vortragen – auf der einen Seite Evolutionslehre und auf der anderen Seite der Schöpfungsbericht in der Bibel? – Ich finde es eine notwendige pädagogische Unterrichtseinheit, wenn der Lehrer von sich aus die fragenden Schüler aufklärt und sagt – ich zitiere meinen Biologielehrer –: „Das ist kein Widerspruch, weil der Schöpfungsbericht keine Schöpfungslehre ist, wie er ständig semantisch missverstanden worden ist, sondern er stellt sozusagen allegorisch dar, was sich glaubende Menschen unter dem schöpfenden Gott vorstellen. Eine Allegorie.“

(Norbert Schmitt (SPD): Was machen Sie mit denen, die sagen, es sei ein Widerspruch?)

Darüber hinaus hat er gesagt, dass es aus seiner Sicht als Wissenschaftler durchaus denkbar sei, dass Gott im Rahmen der von ihm selbst vorgegebenen naturwissenschaftlichen Gesetze handeln könne. Das ist zumindest ein Erklärungsmodell. Man muss das nicht unbedingt nehmen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ein Erklärungsmodell, eines!)

Es ist ein Erklärungsmodell, das er den fragenden Schülern angeboten hat.

(Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es ist doch eine Möglichkeit, dass wir fragende Schüler im Biologieunterricht auch über Berichte aus der Bibel unterrichten, informieren und aufklären.

Meine Damen und Herren, ich will ein Letztes zu diesem Punkt sagen. Er hat außerdem hinzugefügt – dies alles im Biologieunterricht –, er verweise als Biologielehrer auf Johannes 1.Dort stehe im 1.Kapitel:„Am Anfang war das Wort,und das Wort war bei Gott,und Gott war das Wort.“ Dann hat er versucht,uns zu erklären,wie es sich denn mit der Frage des Urknalls verhalte. Er hat versucht, auf unsere Fragen zu antworten, was vor dem Urknall gewesen sei, wie man sich das vorstellen könne. Das ist doch in einer Unterrichtsstunde nicht nur zulässig, sondern auch notwendig.

Herr Kollege Dr. Wagner, Sie müssen zum Schluss kommen.

Sehr verehrte liebe Frau Kollegin Wagner, wir sind ausdrücklich der Auffassung, dass die Evolutionslehre auf entsprechende Fragen hin auch im Religionsunterricht behandelt werden muss. Das ist genau das, was die Kultusministerin hier vorträgt: dass wir Fragen, die uns die Schüler stellen, fächerübergreifend beantworten. Meine Damen und Herren, deshalb hat dies alles nichts damit zu tun, dass hier Staat und Religion verwischt würden.

Herr Kollege Dr.Wagner, ich darf Sie wirklich bitten, zum Schluss zu kommen.

Ein letzter Satz: Es hat etwas damit zu tun, dass zulässige und legitime Fragen der Schüler im Hinblick auf das, was jenseits von Naturwissenschaft stattfindet, beantwortet werden, und zwar fächerübergreifend.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Im Religionsunterricht behandelt werden müssen! – Zuruf der Abg. Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank, Herr Dr.Wagner. – Das Wort hat der Ministerpräsident.

Die Opposition kann die Gelegenheit zu weiteren Diskussionen wahrnehmen, wie unsere Geschäftsordnung das vorsieht.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich lege Wert darauf, hier zu sprechen, damit Sie nachher nicht sagen, ich hätte nicht gesprochen. Ich gebe es offen zu: Es gibt Situationen, in denen man das nicht macht, und andere, in denen man das macht. Es ist eine sehr wichtige Frage, die viele Menschen betrifft. Deshalb will ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Kultusministerin für die Landesregierung nicht nur heute, sondern auch in den letzten Monaten in dieser Diskussion zwei Dinge sehr klar gesagt hat.

Erstens. Wir werden nicht zulassen, dass die Reaktionistentheorie Gegenstand des Unterrichts und Grundlage für Unterricht an hessischen Schulen wird.

Zweitens. Es gelten die Lehrpläne in der Form, in der wir sie zurzeit haben. Sie bilden all das ab, was unserer Ansicht nach unterrichtet werden sollte – auch an der Stelle, wo von den Lehrerinnen und Lehrern Fächerverbindendes und Fächerübergreifendes gefordert wird. Das sind die beiden Grundsätze, die hinter der Auftragstellung für die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer stehen. Ich will die entsprechende Passage noch einmal vorlesen. Sie steht aus meiner Sicht an der richtigen Stelle.