Protocol of the Session on July 4, 2007

Herr Kollege Rudolph, das in der Überschrift formulierte angebliche Ziel, die „Stärkung der Demokratie auf kommunaler Ebene“, wird jedenfalls mit diesem Gesetzentwurf glatt verfehlt.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Günter Rudolph (SPD): Das ist abenteuerlich! Das glaubt selbst Herr Boddenberg nicht! – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Deswegen klatsche ich!)

Außerdem wird dabei einer der grundlegenden Merksätze der Gesetzgebung missachtet. Man soll kein Gesetz machen, nur weil es irgendwo einmal einen einzigen Fall gab, der sich als problematisch herausgestellt hat. Herr Kollege Rudolph, Sie kommen doch aus der Verwaltung. Sie müssten das wissen.

(Günter Rudolph (SPD): Ich weiß das auch!)

Gesetze sind abstrakte, generelle Regelungen für eine Vielzahl von Fällen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja, das stimmt!)

Sie müssen daher notgedrungen typisieren und generalisieren.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja, so ist es!)

Was macht die SPD-Fraktion?

(Günter Rudolph (SPD): Einen guten Gesetzentwurf!)

Sie greift einen einzigen Fall heraus und nimmt diesen,um die Keule der Gesetzgebung zu schwingen.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, das ist nicht wahr!)

Mit Verlaub, das ist abenteuerlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Herr Boddenberg klatscht bei allem!)

Herr Kollege Rudolph, den einen Fall, der alle Jubeljahre einmal aus dem normalen Schema herausfällt, fängt man bei einem ordentlichen Gesetz mit einer Ausnahmevorschrift auf. Genau das alles haben wir schon längst.

Sonderurlaub für kommunale Wahlbeamte ist kein wirkliches Problem. Von dem Instrument des unbezahlten Sonderurlaubs wurde und wird nur sehr selten Gebrauch gemacht. Herr Kollege Schmitt, die ganz überwiegende Zahl der direkt gewählten Bürgermeister und Landräte nimmt ihre politische Verantwortung während der gesamten Wahlzeit voll und ganz wahr.

(Norbert Schmitt (SPD): Gott sei Dank!)

Wir sprechen von insgesamt drei Fällen, die es bisher in Hessen gegeben hat.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja, genau!)

Im Übrigen sind dies drei Fälle, die sehr unterschiedlich gelagert sind.

(Reinhard Kahl (SPD): Das stimmt!)

Sie wollen für einen einzelnen Fall ein Gesetz erlassen.Sie wollen kommunale Wahlbeamte von der Möglichkeit des unbezahlten Sonderurlaubs gänzlich ausschließen. Meines Erachtens sind aber durchaus Fälle von Sonderurlaub denkbar, die auch im Interesse der Öffentlichkeit und im Interesse der Kommunen liegen könnten. So kann beispielsweise die Tätigkeit für eine internationale Organisation durchaus im Interesse einer Kommune sein.

(Günter Rudolph (SPD): Wie viele Fälle gab es schon?)

Ich weiß das nicht.Aber ich halte es zumindest für denkbar, dass es in Einzelfällen zu privaten Notsituationen oder Zwangssituationen kommen kann.

(Günter Rudolph (SPD): Frau Kollegin, das sind alles Nebelkerzen!)

Diese Möglichkeiten wollen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf komplett abschneiden. Ich halte es aber schon für sinnvoll, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, unbezahlten Sonderurlaub zu gewähren. Herr Kollege Rudolph, im Fall des Herrn Eichenlaub ist das allerdings nicht sinnvoll.

(Reinhard Kahl (SPD): Das stimmt!)

Hier handelt es sich eindeutig um die Umgehung bereits bestehender Rechtsvorschriften. Das ist also bereits nach geltendem Recht nicht zulässig. Somit bedarf es auch keiner Änderung des Rechts.

Die Vorredner haben es schon ausgeführt: Das hat die Kommunalaufsicht im Übrigen genauso erkannt und entsprechend behandelt.

Somit wäre es im Fall Eichenlaub auch bei Umsetzung dieses Gesetzentwurfs letztlich zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Denn hier handelt es sich ganz offensichtlich um einen rechtswidrigen Fall. Rechtswidrige Fälle unterbindet man mit einer funktionierenden Aufsicht und nicht, indem man die Keule des Gesetzes schwingt und das Kind mit dem Bade ausschüttet.

(Wortmeldung des Abg. Gerhard Bökel (SPD))

Herr Bökel, bitte schön.

Herr Bökel stellt jetzt eine Zwischenfrage. – Herr Bökel, bitte sehr.

(Günter Rudolph (SPD): Sie haben Angst vor so einem Gesetz!)

Frau Kollegin,darf ich Sie in dem Gefühl,dass ich Ihre Argumente nachvollziehen kann, fragen, ob Sie diese Ausführungen auch noch so vortragen würden, falls das Gericht die richtige Auffassung des Innenministers und des Regierungspräsidenten nicht bestätigen würde?

(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU):Wenn sie nicht bestätigt würde?)

Ich meine den Fall,dass die Auffassung bei Gericht nicht bestätigt wird.

(Michael Boddenberg (CDU):Ich finde,das ist eine ziemlich hypothetische Frage!)

Nein,das ist eine ganz berechtigte Frage.– Wenn das Gericht zu einer anderen Auffassung kommt, als wir sie gemeinsam hier im Haus vertreten, wären Sie dann bereit, noch einmal die Frage aufzurufen, ob man in die Gesetzgebung einsteigen sollte? Das ist eine berechtigte Frage.

Verehrter Herr Kollege Bökel, diese Frage ist berechtigt. Meiner Ansicht nach ist dieser sehr theoretische Fall aber kaum möglich. Denn meiner Ansicht nach ist die Entscheidung des Kreisausschusses offensichtlich rechtswidrig.

(Gerhard Bökel (SPD): Das sehe ich auch so!)

Ich gehe sehr stark davon aus,dass das Gericht das ebenso sieht. Insofern stellt sich für mich diese hypothetische Frage nicht.

Lassen Sie mich noch einen Gedanken anführen, der hier auch schon in Nebensätzen gelegentlich zur Sprache gekommen ist. Es wurde hier ausgeführt, dass man sich im Rahmen einer unfassenden Reform auch Gedanken über die Frage machen müsste,wie die Versorgungsbezüge aussehen sollen.Ich gehe davon aus,dass wir uns in naher Zukunft noch über die Frage der Trennung der Systeme Gedanken machen müssen. Das wird im Rahmen der Reform des Dienst- und Besoldungsrechts erfolgen. Es kann eigentlich nicht richtig sein, dass Beamte in die freie Wirtschaft nur unter Verlust sämtlicher Versorgungsbezüge wechseln können.

(Beifall bei der FDP)

Da sind wir sehr nahe beieinander.

Ich finde aber: Dieser Gesetzentwurf ist schlichtweg nichts anderes als Klamauk. Es tut mir leid, aber er packt das Problem nicht an und löst es auch nicht.

Ich denke, wenn wir diese Frage im Rahmen der Reform des Dienst- und Besoldungsrechts gelöst haben werden, werden wir eine solche Diskussion wie die, die wir heute führen, nicht mehr führen müssen.

Es wird sich niemand wundern, dass ich Ihnen erkläre, dass wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden. Nach meiner Überzeugung war den Mitgliedern der SPD

Fraktion auch von vornherein klar, dass wir ihren Gesetzentwurf ablehnen werden. Deswegen haben Sie sich auch über die Konsequenzen Ihres Gesetzgebungsvorhabens keinerlei Gedanken gemacht.

(Günter Rudolph (SPD): Das, was Sie hier von sich geben, ist abenteuerlich!)

Das Gesetzgebungsvorhaben entlarvt sich schon auf den ersten Blick als das, was es ist, nämlich ein reines Wahlkampfmanöver.