Protocol of the Session on July 4, 2007

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Frau Präsidentin, ich hätte gern diese Beispiele, warum unser Bundesland im Dynamikranking so weit nach hinten gefallen ist, weitergeführt. Aber wir alle müssen die Redezeit von 15 Minuten einhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden unser Bundesland nicht schlechtreden. Herr Ministerpräsident, wir werfen Ihnen aber vor, dass Sie unser Bundesland schlecht regieren. Unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, von Georg August Zinn bis Hans Eichel, haben wir Hessen an die Spitze der Bundesländer in Deutschland gebracht. Sie machen unser Bundesland schwächer.Wir wollen nach der nächsten Landtagswahl in sieben Monaten die Erfolgsgeschichte der Sozialdemokratie in diesem Land mit der Ministerpräsidentin Andrea Ypsilanti fortschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU hat Herr Kollege Boddenberg das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Walter, wir haben heute die Gelegenheit, über die Situation Hessens zu reden.Wir haben auch die Gelegenheit, über den Platz zu reden, den Hessen beim Ranking im Vergleich zu den anderen Bundesländern einnimmt.

Außerdem haben wir Gelegenheit, uns da und dort über einen Antrag der SPD-Fraktion zu wundern. Im Zusammenhang mit den einzelnen Kriterien, die diese Studie berücksichtigt, werde ich gleich darauf eingehen. Ich finde, die Studie mutet allein dadurch merkwürdig an, dass sich ausgerechnet die SPD mit diesen Themen im Einzelnen beschäftigt. Aber Sie haben viele einzelne Punkte dieser Studie weggelassen,auf die ich nachher eingehen möchte.

Herr Walter, es ist zunächst einmal festzustellen, dass es sich bei dieser Studie nicht um eine Befragung handelt.

Vielmehr geht es darum, dass man mit einer kühlen mathematischen Analyse Wertungen und Bewertungen vornimmt. Das gehört der guten Ordnung halber dazu; denn bei Befragungen sieht die Welt an vielen Stellen ganz anders aus.

(Zurufe von der SPD)

Wie Sie zu Recht gesagt haben, haben wir es mit einem Zeitraum zu tun: 2004 bis 2006. Sie haben die Tatsache weggelassen – auch das gehört dazu, das ist aber sicherlich nicht streitig –, dass bei vielen dieser Punkte auch kommunale Themen eine Rolle spielten. Beispielsweise sind bei dem Thema Bürokratieabbau auch die Städte gefragt worden; es ging also nicht nur um die Landespolitik. Das alles möchte ich zur Klarstellung sagen, bevor wir in die Sachdiskussion einsteigen.

(Zurufe von der SPD)

Es mutet merkwürdig an, dass sich ausgerechnet die SPD mit den Auswertungen und Ergebnissen des Dynamikrankings beschäftigt. Das will ich an drei Beispielen benennen. Das muss man wissen, bevor man in die Beschäftigung mit dieser Studie einsteigt.

Herr Walter, steigende Arbeitskosten werden in dieser Studie negativ bewertet. Im Grunde genommen kritisiert die SPD damit, dass wir in Hessen ein hohes Lohnniveau haben.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du meine Güte! – Zurufe von der SPD)

Herr Walter, Sie haben über das Dynamikranking gesprochen. Die SPD kritisiert also, dass die Zuwächse bei den Bruttolöhnen für die hessischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer höher sind als für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in anderen Bundesländern.Über diese Bewertung Hessens freue ich mich: In der Studie liegen wir ziemlich weit hinten; aber aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind wir damit sehr weit vorne.

In dieser Studie – man muss es wissen, wenn Sozialdemokraten das sagen – wird auch der Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst bewertet. Sachsen-Anhalt steht mit einem Abbau von 6,6 % der Stellen im öffentlichen Dienst auf Platz 1.Das ist ein Vorgang,den die Sozialdemokraten offensichtlich positiv bewerten. Ansonsten führen Sie bei jeder Gelegenheit einen Streit, wenn sich die Landesregierung mit den Beschäftigungszahlen im öffentlichen Dienst befasst.

(Norbert Schmitt (SPD): Dass Sie die größten Arbeitsplatzvernichter sind, wissen Sie aber!)

Die Unternehmen und ihre Renditen sind auch Teil dieses Rankings. Ich erinnere mich daran, dass die Sozialdemokraten diejenigen waren, die „Heuschrecken“ gerufen haben, wenn die Unternehmen versucht haben, hohe Renditen zu erzielen.

(Norbert Schmitt (SPD): Zu Recht!)

Zur Solidität dieser Studie ist Folgendes zu sagen. Zunächst einmal werden dort nur nackte Zahlen bewertet, nicht aber Effizienzsteigerungen, zu denen es in Hessen an vielen Stellen gekommen ist.Das zeige ich Ihnen gleich an einem Einzelbeispiel.

Ich halte es für falsch – das spricht doch Bände –,dass man von einem hohen Niveau ausgehend die gleichen Relationen herstellt wie von einem niedrigen Niveau ausgehend. Wie können Sie es sich sonst erklären,dass Bayern bei der

Kriminalitätsbekämpfung bzw. bei der Aufklärungsquote in diesem Ranking nahezu ganz hinten steht? Es ist – Entschuldigung – lächerlich, eine solche Bewertung vorzunehmen. Darunter leidet an vielen Stellen auch die Bewertung Hessens.

(Beifall bei der CDU)

Ich halte es auch für falsch,Länder dafür zu loben,dass sie viel Geld ausgeben.

(Axel Wintermeyer (CDU): Geld, das wir ihnen über den Länderfinanzausgleich geben!)

Man kann über Prioritäten streiten.Herr Walter,wir brauchen uns, was alle wesentlichen Punkte betrifft, nicht zu verstecken. Aber ich halte es für falsch, dass beispielsweise das Saarland dafür gelobt wird, dass es in einzelnen Bereichen viel Geld ausgibt, beispielsweise für Bildung, Wissenschaft und Kunst, während es andererseits auf dem letzten Platz steht, wenn es um die Entwicklung der Neuverschuldung geht. Dort hat das Saarland in nur zwei Jahren um 1.300 c pro Kopf zugelegt, während dieser Betrag in Hessen gerade einmal um 32 c gestiegen ist. All das bleibt bei dieser Bewertung außen vor.

Nicht zuletzt ist Folgendes zu sagen. 21 Kriterien sind geprüft worden. Hessen liegt in zwei Fällen auf dem vorletzten Platz. Die Gesamtstudie kommt zu demselben Ergebnis: vorletzter Platz für Hessen. Das muss mir einmal jemand erklären: Wie kommt man, wenn wir nur bei 2 von 21 Kriterien auf dem vorletzten Platz liegen, zu dem Ergebnis, dass sich Hessen auch in der Gesamtbewertung auf dieser Position befindet?

(Norbert Schmitt (SPD): Das machen wir im Biologieunterricht!)

Das hat etwas mit der Gewichtung zu tun und auch damit, dass hier Zahlen in der Fakturierung und in ihrer Einzelgewichtung sehr willkürlich – ich sage: völlig falsch – addiert worden sind. Dabei kommt ein rechnerisches Ergebnis heraus, das geradezu hanebüchen ist.

(Beifall bei der CDU)

Herr Walter, Sie haben ausgelassen – das kann man nicht manipulieren –, wie es beim Bestandsranking aussieht. In dieser Studie sind ganz klar Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Statistischen Landesämter notiert worden. Dort steht Hessen bei nahezu allen Punkten auf den ersten drei bis vier Plätzen, im Schnitt auf Platz 3. Das ist etwas, worauf wir stolz sind.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich das an einigen Einzelbeispielen darstellen. Ich freue mich darüber – das betrifft auch das sogenannte Dynamikranking –, dass wir beispielsweise bei der Entwicklung der Zahl der Arbeitlosengeld-II-Empfänger ganz vorne landen, nämlich auf Platz 3. Der Abstand zu Bayern und Baden-Württemberg ist nur gering. Das ist für uns deswegen ein wichtiger Punkt, weil wir gerade in diesem Haus darüber gestritten haben, ob es sinnvoll ist, dass man es der kommunalen Ebene und nicht der zentralen Ebene in Nürnberg überlässt, sich um diesen Personenkreis zu kümmern. Das ist ein Beleg dafür, dass wir mit diesem Kurs genau richtig liegen.

(Norbert Schmitt (SPD):Das ist doch Quatsch! Das ist ein schwaches Argument!)

Ich möchte auf weitere Punkte eingehen. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes ist natürlich ein ganz zentrales Thema. Hierzu muss man ein paar Zahlen zur Kenntnis

nehmen. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass das Bundesland Hessen zunehmend mehr Menschen aus anderen Bundesländern beschäftigt. Aus anderen Bundesländern kommen per Saldo weit über 130.000 Menschen mehr nach Hessen, um hier einer Tätigkeit nachzugehen, als umgekehrt Menschen aus Hessen in andere Bundesländer fahren.

Herr Walter, diese Zahl steigt dramatisch. Insbesondere steigt sie im Vergleich zu der Zahl für Rheinland-Pfalz. Nahezu 50.000 Menschen aus Rheinland-Pfalz finden in Hessen Arbeit. Wenn man diese Zahl herausrechnete – was man seriöserweise tun müsste –, würde man feststellen, dass die Arbeitslosigkeit in Hessen nicht halb so hoch ist, wie es heute von der Statistik ausgewiesen wird.

Herr Walter, Sie haben gefragt, warum das Land Hessen hinterherhinkt. Hessen ist ein Land mit einem hohen Dienstleistungsanteil. Hessen ist aber auch, was die Aufstellung der Unternehmungen betrifft, internationaler als jedes andere Bundesland.

(Norbert Schmitt (SPD):Weiter so!)

17 % unserer Beschäftigten arbeiten in nicht deutschen Unternehmen. Dort gibt es einiges zu tun; einverstanden. Das sehen wir auch, wenn es um die Ausbildungsplatzinitiativen dieser Landesregierung geht. Wir tun uns schwerer, uns mit den ausländischen Unternehmen, auch was die Ausbildungsplätze betrifft, über eine Beschäftigungspolitik zu verständigen und dort eine Mentalität zu generieren, wie sie bei vielen deutschen Unternehmen vorhanden ist. Das ist, zugegeben, eine schwierige Baustelle.

Herr Kollege, sind Sie bereit, Fragen entgegenzunehmen?

Nein, vielleicht zum Schluss, wenn ich noch Zeit habe. – Meine Damen und Herren, da Sie auf aktuelle Entwicklungen anspielen: Wir haben immer gesagt, dass Dienstleistungsvolkswirtschaften bei manchen Entwicklungen später dran sind als Volkswirtschaften, die von einem hohen Industrialisierungsgrad und vielen gewerblichen Unternehmen geprägt sind. Das beweist doch, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Was den Rückgang der Arbeitslosigkeit betrifft, liegen wir jetzt nämlich wieder an der Spitze aller Bundesländer.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist doch nicht wahr!)

Im Juni 2007 gab es im Vergleich zum Juni 2006 bei der Arbeitslosigkeit ein Minus von 19 %. Das ist Platz 3. Das sage ich, um wieder einmal auf die Aktualität der Debatte zu sprechen zu kommen, die Sie hier führen wollen. Hessen ist und bleibt bei der Versorgung mit Arbeitsplätzen, beim Arbeitsplatzangebot und bei den Arbeitsmarktaktivitäten der Landesregierung ganz vorne. Wie Sie wissen, liegt es auf Platz 3. Das ist immerhin ein Platz, über den wir uns freuen, aber nicht ärgern sollten.

(Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): Ich fasse es nicht!)

Sie haben die Investitionstätigkeiten der öffentlichen Hand angesprochen. Herr Walter, Sie haben zweifellos recht: Wir haben im Jahre 2004 massive Einschnitte vorgenommen. Das haben Sie immer kritisiert. Wir haben diese Maßnahme verteidigt, weil wir für die folgenden

Generationen eine andere Situation schaffen wollten als die, die Sie uns 1999 hinterlassen haben.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben doch die Rekordschulden gemacht!)

Ich habe es eben am Beispiel Saarland dargestellt. Es ist – um auch darauf einzugehen – z. B. von der Schüler-Lehrer-Relation die Rede. Diese Studie rechnet in Köpfen. Wir haben unserer Berechnung dagegen die Unterrichtsversorgung zugrunde gelegt. Wir haben pro Woche mittlerweile 115.000 Unterrichtsstunden mehr als 1999. Das war die Situation,die Sie uns hinterlassen haben.Wir müssen uns von Ihnen nicht vorwerfen lassen, dass wir dort nachlässig waren. Im Gegenteil, wir haben die Investitionen in diesem Bereich von 2,3 auf 2,9 Milliarden c gesteigert – eine Steigerung, wie es sie in keinem anderen Bundesland dieser Republik gegeben hat.

Was das Thema der Neuverschuldung anbelangt, kann man sehen,wie man es richtig machen kann.Sachsen steht dort weit vor den anderen neuen Bundesländern. Sachsen steht zugegebenermaßen auch vor Hessen. Aber Sachsen hat nicht in jedem Jahr eine solche Zinsleistung zu erbringen wie wir. Sie kennen die Zahlen.