Protocol of the Session on May 2, 2007

Erstens. Wir wollen wissenschaftliche Zentren fördern, die zu bestimmten im Fokus stehenden Themen Kooperationen zwischen den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf der Basis schon exzellent entwickelter Forschung herstellen.

Zweitens. Wir wollen des Weiteren durch gezielte Förderung von Schwerpunkten dort, wo in ersten Ansätzen wissenschaftliche Exzellenz bereits erkennbar ist, einen Entwicklungsprozess in Gang setzen, der im Ergebnis zu einer dauerhaften Schwerpunktsetzung an den Hochschulen oder zur Ausbildung weiterer wissenschaftlicher Zentren führen kann.

Drittens. Wir wollen Modelle und Pilotprojekte zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und den Hochschulen auf den Weg bringen.

Die Mittel sollen in einem Verfahren mit Wettbewerb vergeben werden. Wir wollen dazu einen hochkarätigen, mit unabhängigen, nicht aus Hessen stammenden Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft besetzten Programmbeirat einrichten, der sicherstellt, dass die Entscheidungen hinsichtlich der Förderung ausschließlich nach Qualitätskriterien getroffen werden.

Nicht ohne Stolz möchte ich zu diesem Programm feststellen, dass es so etwas in der Wissenschaftspolitik des Landes Hessen bisher nicht gegeben hat. Ich sage ganz offen: Wenngleich das Abschneiden unserer Universitäten bei der Exzellenzinitiative bisher schon respektabel ist, haben wir doch auch künftig allen Anlass,ehrgeizige Ziele anzustreben. HEUREKA und die Initiative des Landes zur Umsetzung der Lissabon-Strategie markieren Meilensteine in der hessischen Wissenschaftspolitik. Sie werden einen Qualitätssprung bewirken, der dem hessischen Wissenschaftssystem bisher nie gekannte Entwicklungsperspektiven eröffnen wird. Durch die Beteiligung an dem Hochschulpakt 2020 sichern wir die Ausbildungsinteressen der jungen Generation in einer schwierigen Phase bis zum Jahr 2020. Damit stellt sich Hessen allen Herausforderungen, die es in der Wissenschaftspolitik in den nächsten Jahren geben wird.

Wir tun dies nicht reaktiv, sondern mit einer offensiven Strategie, die weit über die Tagesaktualität hinausgeht. Damit werden die Voraussetzungen zur Entwicklung der Exzellenz in allen Bereichen wissenschaftlicher Forschung und Lehre geschaffen.

Es bedarf eines langen Atems, diese Programme umzusetzen.Wir haben aber bereits unter Beweis gestellt, dass wir mit jedem Schritt und in jedem Jahr die positiven Auswirkungen dieser Initiativen werden registrieren können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin mir deshalb sicher und ich bin zuversichtlich, dass das hessische Wissenschaftssystem in der nächsten Legislaturperiode im Vergleich der Bundesländer in die Spitzengruppe der Bundesrepublik Deutschland kommen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es wird national und international profiliert und wettbewerbsfähig sein.

Ich bin genauso zuversichtlich und sicher, dass an unseren Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen eine Aufbruchstimmung in Gang gesetzt werden wird, die zusätzliche Kräfte wecken und eine eigene Dynamik entfalten wird.Entsprechende Reaktionen haben wir bereits erlebt, als wir mit dem Programm HEUREKA an die verschiedenen Standorte gegangen sind.

Ich würde mich freuen, wenn die Mitglieder aller Fraktionen des Hessischen Landtags diesen Weg zum Wohle unseres Landes konstruktiv begleiten und die Initiativen unterstützen würden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat nun Herr Kollege Siebel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich will mit etwas aus der griechischen Historie anfangen. Es ist eine Anekdote aus Griechenland, die uns überliefert, dass Archimedes von Syrakus vor mehr als 2.000 Jahren, nachdem er während eines Wannenbads das Archimedische Prinzip entdeckt hatte, freudig durch die Stadt lief und „Heureka“ ausrief. Seitdem steht dieser Begriff für das Lösen schwieriger Aufgaben.

Auch Sie stehen manchmal vor schwierigen Aufgaben. – Sie freuen sich so.Auch Sie stehen manchmal vor schwierigen Aufgaben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicola Beer (FDP))

So ähnlich muss es auch im Ministerium für Wissenschaft und Kunst oder in der Staatskanzlei zugegangen sein.Vor etwa einem Monat saß man,sicherlich nicht im Whirlpool, sondern an einem Tisch zusammen und überlegte sich,wie man diese schwierige Aufgabe bewältigen könnte. Im Ministerium brüten seit Monaten die Ministerialbeamten gemeinsam mit den Hochschulpräsidenten über der Novelle des Hochschulgesetzes und kommen nicht voran.Auf hessischen Marktplätzen tobt seit Monaten ein Kampf gegen die Landesregierung, nämlich gegen die von ihr geplante Einführung der Studiengebühren.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kühne-Hörmann, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie haben immer noch nicht wahrgenommen, dass 70 % der Bevölkerung die Einführung der Studiengebühren ablehnen. Das lehnen nicht nur die Studierenden dieses Landes ab.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatsminister, trotz leistungsorientierter Mittelzuweisung werden Sie im Land nicht mehr anerkannt.Hinzu kommt auch noch das bundesweit durchgeführte Ranking, das zum Ausdruck gebracht hat, dass sich Herr Staatsminister Corts nicht nur bei den Studierenden, sondern auch bei den Professoren im ganzen Land hinsichtlich der Beliebtheit auf dem letzten Platz befindet. Herr

Staatsminister, Herr Ministerpräsident, ich muss sagen: Da gibt es in der Tat eine schwere Aufgabe.

Dann rief jemand aus: Heureka, ich habe es. Wir machen das beim Hochschulbau genauso, wie wir es bei den Feuerwehrautos gemacht haben. Wir versprechen im Land, dass wir das,was wir momentan ausgeben,auch noch in 13 Jahren, also im Jahr 2020, ausgeben werden. Da kommt man auf die nette Summe von fast 3 Milliarden c.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Michael Bodden- berg (CDU) – Michael Boddenberg (CDU): Herr Kollege, wir investieren!)

Da kommen also fast 3 Milliarden c zusammen. Da hat Dirk Metz richtig gerechnet.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist eine gute Investition!)

Da fehlten noch 600.000 c. Die wurden obendrauf getan. Daraus kann man dann ein Programm machen.

HEUREKA war also die Lösung für das schwierige Problem, das miserable Bild der Landesregierung ein bisschen zum Guten hin zu verändern. Auf der Basis von Hilfsgutachten wurden dann schnell die Folien zusammengestellt. Das Ganze wurde dann „Hochschulentwicklungs- und Umbauprogramm: Erneuerung, Konzentration und Ausbau von Forschung und Lehre in Hessen“ genannt. Dann ging es weiter wie bei einer Spielshow im privaten Fernsehen. Da fehlt nämlich noch das R. Deswegen wurde aus der „Erneuerung“ die „Runderneuerung“. Damit sind die Buchstaben zusammengeführt und es ergibt sich HEUREKA.Das ist aber keine Politik.Vielmehr handelt es sich um eine Marketingstrategie,

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicola Beer (FDP))

die aus der Not heraus geboren wurde, dass Sie hinsichtlich der Fragen der Hochschulen ein schlechtes Image haben, da also schlecht dastehen.

(Michael Boddenberg (CDU): Herr Kollege, das scheint Sie aber zu ärgern!)

Das ärgert mich überhaupt nicht. Vielmehr möchte ich noch einmal an das Archimedische Prinzip erinnern.

(Michael Boddenberg (CDU):Gönnen Sie den Studenten und Hochschulen doch auch einmal etwas!)

Die, die sich damit ein bisschen auskennen, wissen, dass bei Schiffen Auftrieb und Gewicht entgegenwirken. Bei Schiffen und Luftschiffen, die mit Gas gefüllt werden, ist deren Dichte geringer als die des umgebenden Mediums. Deshalb schwimmen bzw. fliegen sie.

In der Tat weiß ich einiges. Ich weiß aber noch mehr. Offensichtlich hat sich die Landesregierung das Prinzip mit der heißen Luft zu eigen gemacht. Unsere Aufgabe als Mitglieder der Opposition ist es, dies offenzulegen.

Diese Regierungserklärung war wieder einmal ein Beispiel dafür, dass diese Landesregierung Politik nach dem Prinzip zu machen gedenkt: Leuchttürme, Glamour und heiße Luft. Das ist die Hochschulpolitik der CDU. Es ist aber keine Hochschulpolitik mit Substanz.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, da wir heute für dieses Thema etwas mehr Zeit haben, möchte ich Ihnen nicht nur mit sieben Punkten nachweisen, worin die Defizite bestehen, sondern ich will auch an der einen oder anderen Stelle ein Bild entwerfen, das zeigt, wie die Hochschulpolitik nach unserem Verständnis anders sein könnte und aussehen kann bzw. muss.

Erstens geht es dabei um die gesetzlichen Rahmenbedingungen.Wir haben uns in Hessen gemeinsam auf den Weg gemacht und mit dem Modellgesetz für die Technische Universität Darmstadt einen neuen Weg beschritten. Wir haben Rechte, die bisher der Ministerialbürokratie zustanden, herausgelöst und der Hochschule in Darmstadt übertragen. Die Universität sucht jetzt ihre Professoren selbst aus. Sie stellt sie ein. Sie verwaltet und gestaltet ihre Bauangelegenheiten. Das Wichtigste aber vielleicht ist: Sie entscheidet in eigener Verantwortung über ihre inneren Strukturen.

Auf dem gerade in der vergangenen Woche stattgefundenen, von der Landesregierung initiierten Kongress zur Frage der Auswanderung deutscher Wissenschaftler sagte der ehemalige Präsident der Technischen Universität Darmstadt, Herr Prof. Wörner, dass hauptsächlich aufgrund dieser Autonomie ein neuer Geist in die Hochschule eingezogen sei. Er stellte die Akzeptanz für die Wissenschaft und den Lobbyismus für die Wissenschaft heraus. Die Autonomie habe, wie er sagte, das Bild von dem Elfenbeinturm der Wissenschaft zerstört. Das ist gut so. Es gab Gründe, weshalb wir über Jahrzehnte gegen das protestiert haben, was mit diesem Bild des Elfenbeinturms verbunden ist.

Wir haben aber aus dem Modellversuch auch gelernt. Zumindest die Mitglieder der SPD-Fraktion haben aus ihm gelernt. Wir haben gelernt, dass es falsch ist, dem als legitimiertes demokratisches Gremium eingerichteten Hochschulrat keine starken Rechte einzuräumen.

Er nimmt frei schwebend in einem Maß auf die Hochschule Einfluss, wie es nicht gut kommt. Das Drama, das wir momentan an der Technischen Universität Darmstadt erleben, das wir in Marburg erlebt haben und, ich sage voraus, das wir in Frankfurt erleben werden, ist doch ein Ergebnis davon, dass wir nicht mehr demokratisch legitimierte Gremien haben, die die zentralen Entscheidungen der Präsidentenwahl treffen, sondern frei schwebende. Das ist falsch, und das müssen wir nach unserem Verständnis in den Hochschulgesetzen korrigieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Die Hochschulen haben in der SPD-Fraktion alle Unterstützung, was die Autonomie angeht, aber mit demokratischen Strukturen innerhalb der Hochschulen und ohne starke Rechte der Hochschulräte.

Ein zweiter Punkt: finanzielle Rahmenbedingungen. Wissen braucht Unterstützung. Ich nenne einmal durchaus im Sinne der kantschen Kritik der Überprüfung und der Sicht und Analyse ein paar nüchterne Zahlen. Es geht um die durchschnittliche Finanzausstattung der hessischen Hochschulen gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Herr Staatsminister, vielleicht lesen wir unterschiedliche Untersuchungen. Das Statistische Bundesamt hat bei der durchschnittlichen Ausstattung der Universitäten pro Studierenden Hessen auf Platz 11 gesehen – mit durchschnittlich 3.800 c.

(Michael Boddenberg (CDU): Wo kommen die denn her, Herr Kollege? Das ist doch unglaublich, dass Sie das vortragen!)

Herr Boddenberg, es ist hinter Niedersachsen mit 11.000 c. Hessen ist hinter Hamburg, dem Saarland, Schleswig-Holstein, natürlich hinter Bayern und BadenWürttemberg, aber auch hinter Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Herr Boddenberg, es sieht nicht anders bei der laufenden Finanzausstattung von Professoren an Universitäten aus. Hessen ist hier erneut nur auf Platz 11 mit 490.000 c, an der Spitze NordrheinWestfalen mit 712.000 c – Hessen hinter Niedersachsen, Berlin, Hamburg, natürlich wieder hinter Bayern und Baden-Württemberg, aber auch hinter Sachsen-Anhalt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, all dieses hat eine Auswirkung. Herr Corts, das hat die Auswirkung – das ist in Ihrer Regierungszeit passiert –, dass Hessen bis 2003 Einwanderungsland für Studierende war, aber seit 2004 bei den Studierenden im Wandersaldo – d. h. im Vergleich zu den Abiturienten eines Altersjahrganges – ein Auswanderungsland geworden ist.

Das sind doch Fakten,die Sie nicht einfach wegreden können. Das ist ein Verlust von Qualität in unserer Hochschullandschaft. Das können Sie in Hessen mit einer Marketingabteilung und mit einer Regierungserklärung als Erfolg Ihrer Politik bezeichnen.