Protocol of the Session on March 28, 2007

Meine Damen und Herren, lieber Wissenschaftsminister Corts, trotz allem hoffe ich, dass es Ihnen, genau wie beim TUD-Gesetz, auch beim Prozess zur Stiftungsuniversität Frankfurt wichtig ist, einen möglichst breiten Konsens hier im Hause herzustellen. Ich glaube, das kann auch gelingen.

Daher möchte ich hier zum Schluss noch ein großes Lob aussprechen. Denn anscheinend haben Sie doch bei unseren grünen Gesetzesvorschlägen zugehört und bringen sie jetzt – obwohl vor einiger Zeit noch vehement abgelehnt – selbst ein.

In Ihrer Rede haben Sie sich eben sehr oft darauf berufen: Das haben Sie beim Tenure Track für die Juniorprofessoren getan. – Tenure Track bedeutet, dass sich Juniorprofessorinnen und -professoren, die sich an einer Hochschule bewährt haben, dort auch die Chance auf eine dauerhafte Perspektive erhalten müssen. Das haben wir bereits vor drei Jahren in unserer HHG-Novelle gefordert. Damals hat die CDU das abgelehnt – jetzt kommt es endlich.

Genauso wollen Sie das Hausberufungsverbot bei der Anhebung von W 2 nach W 3 abschaffen.Auch das haben wir bereits vor drei Jahren gefordert – jetzt steht es im Gesetzentwurf. Dafür herzlichen Dank.

Meine Damen und Herren, insbesondere muss ich meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass Sie jetzt vorgeschlagen haben, § 58 HHG zu ändern. Sie erinnern sich vielleicht an die Diskussion hier im Hause über das Aus des Instituts für Sexualwissenschaften. Im Rahmen dieser Diskussion haben wir in einem Gesetzentwurf die Mitsprache des Präsidiums bei Strukturentscheidungen des Fachbereichs Medizin gefordert. Damals haben das viele hier im Hause mit harten Worten brüsk als überflüssig abgelehnt – jetzt, urplötzlich schlagen Sie es selbst klammheimlich vor. Darüber freue ich mich. Es gibt noch Bereiche, in denen Sie lernfähig sind.

Ich hoffe inständig, dass das beim Prozess zur Autonomie und zur Stiftungsuniversität im Laufe dieses Gesetzgebungsverfahrens auch so sein wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte nochmals meine Minimalforderungen an diesen Prozess darlegen.

Erstens muss die öffentliche Anhörung zum HHG oder zumindest zu dem Teil, der die Stiftungsuniversität betrifft, in Frankfurt stattfinden. Das haben Sie im Ausschuss eigentlich auch schon weitestgehend zugesagt.

Dann würde ich mich freuen, wenn wir den Gesetzentwurf unter den Obleuten noch so austarieren, wie das beim TUD-Gesetz geschehen ist, sodass alle damit leben können.

Drittens – und das ist mir äußerst wichtig – möchte ich einen Passus in das Gesetz aufnehmen, der die Umsetzung des Gesetzes zur Stiftungsuniversität unter den Vorbehalt der Zustimmung des Senates der Universität Frankfurt setzt – so, wie das auch bei anderen Hochschulen für die Übernahme des TUD-Gesetzes vorgesehen ist.

Ich freue mich auf die sicher spannende weitere Debatte. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge. – Herr Siebel, Sie haben jetzt Gelegenheit, zu reden.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Corts,in Ihrer Rede sprachen Sie von einem Meilenstein, mit dem wir es hier zu tun haben – nicht mehr von einem Leuchtturm; das ist schon einmal etwas –,von einem Scheitelpunkt in der Hochschulpolitik. Ich habe hier wirklich keine Noten zu vergeben.

(Frank Lortz (CDU): Na, na, na!)

Bei dem Meilenstein, den Sie eingebracht haben, geht es doch immerhin um den Schritt Stiftungsuniversität ja oder nein. Es geht doch immerhin darum, ob alle hessischen Hochschulen die Segnungen bekommen sollen, die die Technische Universität Darmstadt bereits genießt. Wenn es denn ein solcher Meilenstein ist, dann muss man das in der Öffentlichkeit auch ein bisschen darstellen, statt sich auf die verwaltungsmäßige Einbringung eines Gesetzes zu beschränken.Ich finde,das hat dieser Meilenstein nicht verdient.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht im Kern um zwei Anliegen. Es geht darum, dass alle hessischen Hochschulen die Möglichkeiten bekommen sollen, die Bestimmungen des TUD-Gesetzes optional eingeräumt zu bekommen: Übertragung der Bauherrneigenschaft mit der Möglichkeit, Liegenschaften zu veräußern und daraus erzielte Erlöse für investive Zwecke zu verwenden, Übertragung der Ausführung des Haushalts innerhalb bestimmter Grenzen in der Landeshaushaltsordnung, Übertragung von Genehmigungsbefugnissen, um Unternehmen gründen zu können, Übertragung von Personalverantwortung – da gab es am Anfang ein paar Probleme, auch innerhalb Ihres Hauses – und Stärkung des Einflusses des Hochschulrats, bis hin zur Gewährung der Zustimmungsbefugnis in zentralen Fragen.

Darüber hinaus will die Hessische Landesregierung dem Begehren der Johann Wolfgang Goethe-Universität Rechnung tragen,sich als Stiftungsuniversität zu konstituieren. Da wir in der Tat auch nach unserer Auffassung bei beiden Punkten an einem Scheideweg in der hessischen Hochschulpolitik stehen, ist es notwendig, dass wir diese Punkte in das politische Gesamtbild einordnen. Das will ich gerne tun.

All dies findet im März des Jahres 2007 statt, nachdem Sie in Mittelhessen die Universitätsklinika privatisiert haben. Es findet statt, nachdem Sie mit dem Berufsakademiengesetz die Finanzierung an der Stelle auf andere Füße gestellt haben – zulasten der Fachhochschulen, was ich hier nochmals anmerken möchte. Das findet statt, nachdem die von Frau Wagner – sie kommt gerade herein – geschaffene LOMZ I von Ihnen zu einer leistungsorientierten Mittelzuweisung verändert worden ist, die im Grundsatz völlig anders funktioniert, als das einmal angedacht war. All das passiert vor dem Hintergrund, dass wir ein Studienbeitragsgesetz haben, das die Finanzierung der Hochschulen zulasten der Studierenden ein bisschen verbessern soll.

All das mutet so an, als wollten Sie die miserable Kommunikation im Hochschulbereich, getragen von dem – bundesweit attestiert – schlechtesten Wissenschaftsminister,den wir in der Bundesrepublik haben,nun mit der Diskussion über mehr Autonomie für die Hochschulen überdecken. Das muss man an der Stelle einmal bemerken. Nein, Herr Corts, das lassen wir Ihnen an der Stelle nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Die Zukunft unserer Hochschulen ist zu wichtig, als sie den wahltaktischen Manövern der Landesregierung unterzuordnen. Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Herr Staatsminister Corts, meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie es mit der Autonomie der Hochschulen ernst meinen und wenn Sie es mit Blick auf das Studienbeitragsgesetz ernst meinen, dann frage ich mich, warum in Ihrem Gesetzentwurf die Autonomie nicht dahin gehend erweitert wird, dass die Hochschulen das Recht haben, keine Studiengebühren zu erheben. Das gilt sowohl für das Stiftungsgesetz als auch für die Optionen des TUD-Gesetzes.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Diese Option sieht Ihr Gesetzentwurf nicht vor. Das wäre aber ein wirkliches Beispiel für Autonomie. Das sollten Sie in den Gesetzentwurf hineinschreiben, statt durch die Hintertür Ihre Ideologie hineinzutragen und das auch noch „Autonomie“ zu nennen.

(Beifall bei der SPD)

Ich fände es gut, wenn die Stiftungsuniversität autonom darüber entscheiden könnte, ob sie Studiengebühren erhebt oder nicht. Es ist aber doch noch viel schlimmer. Ihr Gesetzentwurf eröffnet sogar die Möglichkeit, dass die Stiftungsuniversität über die Bestimmungen des Studienbeitragsgesetzes hinaus Gebühren erheben kann. Das ist doch ein Punkt, der in der Öffentlichkeit benannt werden muss. Es geht in Frankfurt also vielleicht nicht nur um die genannten 500 c, sondern es geht durchaus um mehr. Das ist der falsche Weg, ein falsches Leuchtsignal, das von diesem Gesetzentwurf ausgeht. Das darf meiner Ansicht nach nicht sein. Sie planen hier also Dammbrüche.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will jetzt auf das TUD-Gesetz eingehen. Die Hochschulen können sich der SPD-Fraktion an ihrer Seite sicher sein, wenn es um die Grundzüge des TUD-Gesetzes geht. Es geht um Bauherrneigenschaften, um Personalautonomie, um Satzungshoheit usw. Es geht darum, damit auch Innovations

potenziale zu fördern. Dies ist auch vom ehemaligen Präsidenten der Technischen Universität sehr deutlich gemacht worden. Im Kern hat das dazu geführt, dass in der Hochschule ein anderer Geist herrscht. Ich glaube, der ist durch all das erzeugt worden, was wir hier festgestellt haben.

Die Frage der Autonomie hat aber sowohl einen inhaltlichen als auch einen staatsrechtlichen Hintergrund. Der inhaltliche Punkt ist der, den ich eben beschrieben habe. Es ist der neue Geist, der sich dadurch in der Tat entwickelt. Der staatsrechtliche Hintergrund ist aber folgender. In dem Maße, in dem sich staatliches Handeln nicht mehr in gesetzliches Handeln, sondern in Verträge umsetzt – wie es die Gesetzesvorlage vorsieht –, muss nach unserem Verständnis eine stärkere öffentliche und im Zweifelsfall auch parlamentarische Kontrolle greifen. Das wird in der Diskussion um die Paradigmenverschiebung in der staatsrechtlichen Kontrolle überall diskutiert.

Die Frage öffentlicher Kontrolle spielt weder im TUDGesetz noch im Stiftungsgesetz eine Rolle. Da müssen wir uns noch ein Stück weit klug machen. Es geht nicht mehr darum, die sogenannte Überregulierung durch das Ministerium zurückzudrängen, sondern es geht auch darum, den Umfang staatlicher Kontrolle im Bereich der Bildung und der Hochschulen vor dem Hintergrund zu definieren, dass keine Gesetze gemacht, sondern Verträge geschlossen werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie haben im vergangen Jahr in mehreren Runden mit den Hochschulen über die Übertragung des Grundgedankens des TUD-Gesetzes verhandelt. Wie ich höre, haben Sie Ende letzten Jahres ein tragfähiges Ergebnis erzielt. Wenn wir heute mit den Präsidenten über das reden, was im Gesetzentwurf steht, nämlich die optionale Übernahme des Inhalts des TUD-Gesetzes, dann sagen diese: Da hat offensichtlich der Berg gekreißt und eine Maus geboren. – Genau so ist es.

Kollegin Sorge hat es angesprochen: Sie schließen sämtliche Fragen der Finanzierung im Zusammenhang mit der Autonomie in dem Gesetzentwurf aus. Sie wissen ganz genau, dass das der Dreh- und Angelpunkt dessen ist, was die Hochschulen hier kritisieren.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb bin ich sehr gespannt, was die Hochschulen in der Anhörung dazu sagen. Bei der einen oder anderen Hochschule kann man die Haltung auch an der Summe in Millionen Euro festmachen, die für die Autonomie aus dem Landeshaushalt zusätzlich zur Verfügung gestellt werden sollen.Wir werden das in der Anhörung klären.

Ich habe schon gesagt, dass wir bei den Grundzügen des TUD-Gesetzes mit Ihnen weitgehend übereinstimmen – aber eben nur weitgehend. Wir haben uns bei der Frage des Umgangs mit dem Hochschulrat und der weitgehenden Übertragung von Kompetenzen auf denselben nicht nur in Darmstadt, sondern auch in anderen Hochschulen erhebliche Probleme eingefahren. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass ein nicht formal demokratisch legitimiertes Gremium nicht in dem Maße in die Geschicke der hessischen Hochschulen eingreifen darf, wie das nach den vorliegenden Gesetzen der Fall ist. Da müssen wir meiner Meinung nach im Gesetzgebungsverfahren noch einmal sehr genau hinschauen.

Im komme zu dem zweiten Punkt, der die Stiftungsuniversität betrifft. Kollege Schmitt hat es vorhin in einem

Zwischenruf schon gesagt: Bisher ist die Debatte über die Stiftungsuniversität so angelegt worden, dass offensichtlich mehr Unruhe gestiftet worden ist, als dass man tatsächlich vorangekommen ist. Die SPD-Fraktion hat im Vorfeld öffentlich, aber auch gegenüber Herrn Prof. Steinberg zum Ausdruck gebracht,dass wir dem Ansinnen der Universität aufgeschlossen gegenüberstehen.Wir sind uns dessen bewusst, dass wir in Frankfurt in der Tat eine besondere Stiftertradition und insofern eine Chance haben, das Wirklichkeit werden zu lassen, was sich Herr Prof. Steinberg wünscht, dass nämlich privates Kapital für die Hochschule mobilisiert wird. Ich halte das in Frankfurt für legitim und für notwendig.

Eines fand ich in dem Interview vom 24. März, das Herr Staatsminister Corts gegeben hat, hochinteressant und würde es gerne in der Anhörung erörtern. Er sagte, dass sich einer der möglichen Stifter, Prof. Carlo Giersch, wahrscheinlich engagieren werde. Herr Staatsminister, wenn Sie einen möglichen Stifter öffentlich nennen, dann fände ich es angemessen, wenn Sie auch die anderen möglichen potenten Zustifter nennen würden. Deshalb fordere ich Sie auf, öffentlich zu sagen, welche anderen Stifter im Hintergrund stehen.

Die immer wieder vorgetragenen Vergleiche mit amerikanischen Universitäten sind aber falsch. Die amerikanischen Universitäten blicken auf eine andere Geschichte und Tradition zurück. Die gesellschaftliche Verantwortung wird in Amerika anders als in Europa wahrgenommen. Ich will das beispielhaft an zwei Männern darstellen. Der eine engagiert sich über Stiftungen sehr stark, der andere eher weniger. Der eine ist Amerikaner, der andere Deutscher.Wenn man sich anschaut, wie sich Bill Gates in Stiftungen engagiert, dann muss man feststellen, das ist mit nichts und schon gar nicht mit dem zu vergleichen,was Herrn Ackermann tut, von dem ich gerade gelesen habe, dass er ein Jahresgehalt von 13,2 Millionen c hat. Daran wird deutlich, wie unterschiedlich die Stiftertraditionen in Deutschland und in Amerika sind. Bitte versuchen Sie nicht, das eine auf das andere zu übertragen. Das geht nicht.Wir haben hier eine andere Tradition.

(Beifall bei der SPD)

Solange der Staat die wesentlichen Finanzlasten der Hochschulen trägt, solange also 50 bis 60 % der Hochschulausgaben nicht privat getragen werden,darf eine solche Hoffnung nicht geschürt werden.

Ich will die Bewertung der SPD-Fraktion zu dem Thema Stiftung in einem Satz zusammenfassen, den wir Ihnen auch schon mehrfach im Ausschuss übermittelt haben: Wir sind der Auffassung, dass die Organisationsform sekundär ist. Es kommt darauf an, wie man es macht.

Wir sind uns mit dem Wissenschaftsminister und offensichtlich auch mit allen Beteiligten darüber einig, dass wir eine große Anhörung brauchen, nach Möglichkeit – nicht nur nach Möglichkeit – in Frankfurt. – Frau Kühne-Hörmann, Sie wackeln mit dem Kopf, und zwar so herum, also nicht in Frankfurt. Das fände ich sehr schade.

(Eva Kühne-Hörmann (CDU): Ja, in Frankfurt, Herr Siebel!)

Dabei muss meiner Ansicht nach – das sage ich für die SPD-Fraktion – der Fokus auf fünf Punkte gelegt werden.

Erstens. Nach unserer sozialdemokratischen Auffassung müssen die Rechte der Beschäftigten beim Übergang in eine Stiftungsuniversität gewahrt bleiben. Ob der jetzige § 100h der Vereinbarung des Präsidenten mit der Perso

nalratsvorsitzenden vom 14. Februar entspricht, kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich will nur sagen, dass die Vereinbarung, in der es heißt, dass die Tarifbindung mit den zuständigen Gewerkschaften abzustimmen ist, mit der Formulierung im Gesetz,die Stiftungsuniversität habe das Recht, eigene Tarifabschlüsse, also Haustarife, zu machen, nach meinem Verständnis nicht kompatibel ist. Das werden wir in der Anhörung zu erörtern haben.