Ich akzeptiere, was die Opposition im Landtag an Abarbeitungsbedarf hat. Aber für die Mehrheit des Landtags sage ich: Der Landtag hat die Menschen genötigt, darüber nachzudenken, gemeinsam zu arbeiten. Nun begeben sich die Menschen auf den Weg, gemeinsam zu arbeiten. Vielleicht ist es noch nicht ganz so weit wie das, was man sich erträumt hat. Man hat dann aber trotzdem, verdammt noch einmal, die Pflicht, dafür Danke zu sagen, dass sie sich auf den Weg gemacht haben. Danach kann man darüber reden, wie weit das geht. Man sollte sie aber nicht für die Art und Weise beschimpfen, wie sie sich auf den Weg gemacht haben.
Erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung. Frau Sorge, das spielt eine Rolle. Die Stadt Frankfurt befindet sich in einer besonderen Situation. Ich möchte dazu noch etwas sagen.Frau Kollegin Ruth Wagner und ich haben im April des Jahres 1999 einen im Januar 1999 zwischen der Stadt Frankfurt am Main und der rot-grünen Landesregierung abgeschlossenen Kulturvertrag zur Ablösung der kulturellen Verpflichtungen des Landes Hessen gegenüber der Stadt Frankfurt vorgefunden. Wir reden also nicht über einen Vertrag aus dem Jahr 1937. Wir reden über einen Vertrag aus dem Jahr 1999.
In diesem Vertrag haben die damalige rot-grüne Landesregierung und die Stadt Frankfurt übereinstimmend festgehalten, dass es zu einem Austausch von Grundstücken, zu einer Verrechnung von Zahlungsverpflichtungen und vielem mehr kommt. Außerdem kam es zu einer Übernahmeverpflichtung des Landes gegenüber der Stadt, die das bisher nicht getragen hat. Man hat sich also darauf geeinigt, wie das gegenseitige Verhältnis Bestand haben soll.
Ich muss in aller Freundschaft sagen: Es kann nicht sein, dass wir jedes Jahr solche Verhandlungen neu führen. Ich akzeptiere das, was die rot-grüne Landesregierung und der damals in Frankfurt in diese Richtung durchaus auch beeinflusste Magistrat beschlossen haben. Natürlich werden wir versuchen, die Stadt Frankfurt bei wichtigen neuen Projekten zu unterstützen. Ein Stichwort dazu lautet: Museum für Weltkultur. Wir werden die Stadt Frankfurt nicht alleine lassen. Denn wir wissen, dass das in der Region eine Bedeutung hat. Das muss in die neue Struktur eingebunden werden. Es kann aber nicht sein, dass die Stadt eine Debatte mit der Stadt München führt und zuvor einen Vertrag mit dem Land Hessen in dieser Weise abgeschlossen hat.
Alle müssen schon auf der Basis dessen bleiben, was in den letzten Jahren beschlossen wurde. Das gilt für die GRÜNEN. Das gilt für die SPD. Sie waren damals hinreichend daran beteiligt. Das gilt für die Kommunen untereinander.
Man muss also auf dieser Geschäftsgrundlage arbeiten. Das tut die Stadt Frankfurt bisher in der Mediation auch. Ich habe daran nichts zu kritisieren. Das ist ein Spiel der Opposition hier im Landtag.
Wenn man auf dieser Basis arbeitet, kann man eine Menge erreichen. Das kann zu dem größten Schritt der Region hinsichtlich kultureller Dinge werden, den es in den letzten 50 Jahren gegeben hat. Jetzt gibt es einen Schritt, bei dem nach meiner Überzeugung alle Beteiligten gelernt haben, dass das der erste und nicht der letzte Schritt ist.
Wenn beides noch vor Weihnachten erreicht würde, hätten wir eine wirklich schöne Bescherung. – Vielen Dank.
Herr Ministerpräsident, vielen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist diese Aktuelle Stunde abgehalten.
Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Unterrichtsgarantie Bluff – Kultusministerin Wolff verliert Realitätsbezug) – Drucks. 16/6663 –
Ursprünglich war geplant, dass der Tagesordnungspunkt 40, der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend die verlässliche Schule: Wo Unterricht draufsteht, muss auch Unterricht drin sein, direkt abgestimmt wird. Er soll jetzt aber auch dem Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Unterrichtsgarantie plus besteht nunmehr seit 100 Tagen. Das ist ein Anlass, diesen größten bildungspolitischen Bluff des Jahres gebührend zu würdigen.
Beim Kartenspiel wird Bluff als ein Verhalten definiert, das dazu dient, einen anderen Spieler zum eigenen Vorteil in die Irre zu führen. Ich glaube, besser kann man die Funktion der Unterrichtsgarantie plus eigentlich nicht charakterisieren. Mit der Verknüpfung des Schulbudgets für verlässliche Schulzeiten an die Garantie, dass es Fachunterricht gibt, sollen vor allem die Eltern und die Öffentlichkeit in die Irre geführt werden. Sie sollen damit darüber hinweggetäuscht werden,dass diese Landesregierung mit der Unterrichtsgarantie plus kein Trumpfass, sondern lediglich eine Lusche in der Hand hat.
Wir stellen aber zunehmend fest: Die Eltern und die Öffentlichkeit lassen sich nicht bluffen. Trotz beharrlicher und regelmäßig wiederkehrender Erfolgsmeldungen und Bilanzen erreicht die Landesregierung dieses Ziel nicht. Der Realitätsverlust bei der Kultusministerin ist inzwischen so groß, dass sie nicht bemerkt, wie weit sie aus dem Bereich der Tatsachen in die Welt der Märchen und Sagen abgeglitten ist.
Frau Kultusministerin, die Schulleiter und Kollegen haben Sie inzwischen zwar recht erfolgreich davon abgehalten, ihre Bedenken öffentlich zu formulieren.
Viele Eltern scheuen davor zurück, beim Kultusministerium manche bizarre Erfahrung mit der Unterrichtsgarantie plus zu kritisieren, da sie Repressalien für die Schule ihrer Kinder befürchten.
(Michael Boddenberg (CDU): Das ist unglaublich! – Gegenruf des Abg.Norbert Schmitt (SPD):Ja, das ist wirklich unglaublich!)
Sie sollten nicht aus der Zahl der Anrufe bei der Hotline im Kultusministerium Rückschlüsse auf die Akzeptanz Ihres Konzepts ziehen.
In einer repräsentativen Umfrage, die die SPD-Fraktion in Auftrag gegeben hat,wird deutlich,was die Eltern wirklich von Ihrem Angriff auf die Qualität des Unterrichts halten. 68 % der Befragten mit schulpflichtigen Kindern im Haushalt halten die Idee nicht für sinnvoll, Fachunterricht durch Personen erteilen zu lassen, die keine Lehrkräfte sind.
Dieses Ergebnis deckt sich mit den Aussagen der Resolution des Landeselternbeirats vom 9. Dezember 2006, die dieser einstimmig beschlossen hat. Darin kann man lesen:
Kurz gesagt:Worauf Unterricht steht, müssen Lehrer drin sein. Wo ausgefallener Unterricht durch Betreuung ersetzt wird, sollte niemand – vor allem nicht die Kultusministerin dieses Landes – von einer abgedeckten Stundentafel reden.
Mit dem Sündenfall „Operation düstere Zukunft“ haben Sie die 1.000 Lehrerstellen gestrichen, die für den Unterricht gebraucht werden. Ihre gesamte Zahlenakrobatik über die Zahl derer, die sich für den Vertretungspool gemeldet haben, täuscht nicht darüber hinweg, dass die wenigsten davon eine abgeschlossene Ausbildung für ein Lehramt haben. Frau Kultusministerin, Sie nehmen bewusst in Kauf, dass die Qualität des Unterrichts sinkt, um von Ihrem eigenen Versagen bei der Lehrerversorgung abzulenken.
Auch ohne die Aussagen der Mitglieder der Opposition dieses Hauses wird die Unterrichtsgarantie plus als der Offenbarungseid einer gescheiterten Bildungspolitik wahrgenommen. Sie haben es nicht geschafft, die von Ihnen vielfach versprochene Unterrichtsversorgung zu 100 % sicherzustellen. Sie wollen davon ablenken, indem Sie Hausmeister und Oberstufenschüler, von Arbeit überlastete Referendare und pädagogische Laien in Klassen schicken.
Was dort passiert und ob es die Schülerinnen und Schüler weiterbringt, ist nicht Gegenstand Ihrer Bilanz und offensichtlich auch für Ihre Kultusministerin nicht von Interesse.
Schließlich wurde die Verantwortung dafür erfolgreich auf die Schulen abgewälzt. Sie sollen die Rolle des Sündenbocks übernehmen, wenn die Aushilfskräfte mit ihrer Aufgabe, vor einer Klasse zu unterrichten, überfordert sind oder wenn der von Ihnen garantierte Unterricht trotzdem ausfällt.
Auch hier ist die Wahrnehmung der hessischen Bevölkerung eine andere als die Botschaft der wohlfeilen Parlamentsreden der Mitglieder der Mehrheit dieses Hauses. Auf die Frage, ob und wie sich der Unterrichtsausfall in der letzten Zeit verändert habe, sagen 51 % der hessischen Eltern, der Unterrichtsausfall sei gleich geblieben. 18 % haben sogar das Gefühl, es falle mehr Unterricht aus.
Fast 70 % der Bevölkerung haben also eine gänzlich andere Sicht hinsichtlich der Unterrichtsabdeckung als die Mitglieder der Mehrheit dieses Hauses, die die Unterrichtsgarantie plus immer propagieren.
Ich komme sofort zum Schluss meiner Rede. – Abschließend will ich sagen: Wer die Selbstverantwortung der Schulen stärken will und dafür ein Bürokratiemonster aufbaut, hält die Schulen davon ab, sich auf diesen Weg zu begeben, und zerstört auch die Motivation, das zu tun. Wer Selbstverantwortung will und der eigenen Verantwortung nicht gerecht wird, der will von den eigenen Fehlern ablenken und die mangelnde Versorgung mit Lehrern kaschieren. – Vielen Dank.