Protocol of the Session on December 13, 2006

Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält aber auch Änderungsvorschläge und sieht Neuregelungen vor, die wir einer sehr kritischen Überprüfung unterziehen werden.Das betrifft insbesondere die vorgesehene Neuregelung in

§ 33. Herr Minister, Sie haben dargelegt, welche Bedeutung dieser Paragraf im Einzelnen hat. Er besagt, dass in geschützten Gebieten stets eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit ein Planfeststellungsverfahren vorzunehmen sind. Das betrifft den Neubau. Bislang betraf es aber auch den Umbau, die Verlegung oder den Ausbau von Straßen.

Sie sagen nun, die Erfahrung zeige, dass es bei baulichen Änderungen mitunter sogar zu Verbesserungen kommen könne, und zwar dann, wenn diese Straßen aus einem geschützten Gebiet heraus in ein nicht geschütztes Gebiet verlegt würden. Daher soll bei baulichen Maßnahmen zur Änderung solcher Straßen vorab im Einzelfall geprüft werden, ob mit nachteiligen Auswirkungen zu rechnen ist. In diesem Fall soll dann auch künftig eine Umweltverträglichkeitsprüfung obligatorisch sein.

Dieser Frage werden wir im Rahmen einer Anhörung zum Gesetzentwurf besondere Aufmerksamkeit schenken.

(Axel Wintermeyer (CDU): Beschließen Sie bitte eine schriftliche Anhörung!)

Das darf ich hier ankündigen. Denn es handelt sich hier um Maßnahmen in sensiblen Gebieten. Es geht dabei um FFH-Gebiete, Vogelschutzgebiete, aber auch um Wasserschutzgebiete.

Herr Minister, die vorgesehene Neuregelung im § 50 werden wir allerdings nicht mittragen. Dabei wird die Verlagerung der Straßenaufsicht vom Landrat als Behörde der Landesverwaltung auf den Kreisausschuss geplant. Die Begründung, die dafür im Gesetzentwurf zu finden ist, halte ich für geradezu abenteuerlich. Da heißt es – ich zitiere –: Damit „wird einer Forderung des Kabinetts entsprochen“.

(Heiterkeit des Abg. Dieter Posch (FDP))

Das ist keine Begründung. Das ist allenfalls eine Feststellung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auf jeden Fall ist es ein weiterer Schritt, den die Landesregierung zur Kommunalisierung staatlicher Aufgaben zulasten der Kreise vornehmen will.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das haben Sie bereits im Veterinärwesen, im Verbraucherschutz und in der Landwirtschaft durchgeführt. Der Gammelfleischskandal hat aber doch gezeigt, dass die Zersplitterung der Zuständigkeiten große Probleme bei dem Vollzug der Aufgabenerfüllung nach sich gezogen hat. Das wird auch für die Straßenaufsichtsbehörde gelten.

Im Übrigen sind hier noch zahlreiche Fragen zu klären. Das betrifft das Personal, die Kosten und vieles andere.

Ich komme zu meinem letzten Punkt. Art. 2 des Gesetzentwurfs ist überaus kritisch zu bewerten. Wir sehen bislang keine hinreichende Begründung für eine Auflösung der Baustoff- und Bodenprüfstellen in Darmstadt und Kassel und deren Umwandlung in Außenstellen. Selbstverständlich treten auch wir für wirtschaftlich organisierte Einheiten in der öffentlichen Verwaltung ein. Das ist doch gar keine Frage. Mit dem vorgesehenen § 3 wird aber gleichzeitig der Anfang vom Ende der beiden jetzt noch gesicherten Standorte eingeläutet. Der Minister soll mit

dem Paragrafen ermächtigt werden, jederzeit in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Außenstellen aufzulösen oder die Dienststellen zusammenzuschließen.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen. Ihre Redezeit ist um.

Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss meiner Rede. Ich möchte noch zwei Sätze sagen.

Wenn Behördenstandorte durch Gesetz festgeschrieben werden, wie es hier der Fall sein soll, dann sind Änderungen daran wiederum durch eine Änderung des Gesetzes vorzunehmen. Wir werden jedenfalls der Landesregierung keinen Blankoscheck für die Auflösung der Standorte ausstellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Pfaff, danke sehr. – Herr Posch, Sie erhalten als Nächster das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dieses Gesetzesvorhaben zeigt, wie schwierig es ist, wenn man im Detail kleine Schritte vollziehen will, um die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren wirklich voranzutreiben. Das ist Kärrnerarbeit. Denn natürlich sind bestimmte Strukturen entstanden, die, alle für sich genommen, irgendwann einmal ihre Rechtfertigung hatten. Wenn man diese Strukturen verändern will, führt das natürlich zu dem hinlänglich bekannten Widerstand.

Ich will mich auf einige wenige Dinge konzentrieren und möchte das, was Frau Pfaff gesagt hat, zum Anlass nehmen. Frau Pfaff, ich höre immer wieder, dass die Sozialdemokraten sagen, sie seien dafür, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.Wenn es aber um die Sache geht, ziehen Sie immer wieder sehr schnell Ihre Fahne ein und besetzen entsprechende Positionen.

(Beifall der Abg. Nicola Beer, Heinrich Heidel (FDP) und Mark Weinmeister (CDU))

Das wird sehr deutlich, wenn es hinsichtlich der vorgesehenen Regelung im § 33 darum geht, mutig zu sein. Sie haben heute die Notbremse gezogen und gesagt, dazu wollten Sie eine Anhörung durchgeführt haben.

(Hildegard Pfaff (SPD): Ja!)

Da bedarf es keiner Anhörung. Vielmehr muss man sich fragen, ob man den Mut hat, bestimmte Entscheidungen zu treffen.

Die neue Regelung hinsichtlich des § 33 sieht nichts anderes vor, als eine Vorprüfung für bestimmte Bereiche einzuführen, um die Frage zu beantworten, ob es dort notwendig ist, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, oder nicht. Hätten wir die Möglichkeit, im Rahmen der Plangenehmigung Umweltverträglichkeitsprüfungen unterhalb der Stufe des Planfeststellungsverfahrens durchzuführen – was wir im Zusammenhang mit der Ver

änderung des Bundesfernstraßengesetzes auch einführen wollen –, hätten wir auch dort eine Erleichterung.

Frau Kollegin Pfaff, ich will Ihnen Folgendes sagen. Dieser Gesetzentwurf hat seine Grundlage in einem ganz konkreten Projekt. Das werde ich mit Ihrem Kollegen Herrn Rudolph aus dem Schwalm-Eder-Kreis besprechen. Dabei geht es um eine Landesstraße zwischen Melsungen und dessen Ortsteil Günsterode. In diesem Fall ist es genau so, dass in einem sensiblen Bereich eine kleine Veränderung vorgenommen werden soll. Weil das aber ein sensibler Bereich ist, muss dafür ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden.

Wissen Sie, wozu das geführt hat? Seit drei oder vier Jahren wird darüber diskutiert, ob diese Straße ausgebaut oder begradigt werden kann oder ob man Ähnliches mehr machen kann. Wenn Sie dem nicht zustimmen, werde ich Ihnen sagen müssen, dass die Sozialdemokraten nicht dafür waren, dass dieser wichtige Umbau der Straße nach einem verkürzten Verfahren durchgeführt werden kann.

(Beifall der Abg. Nicola Beer, Heinrich Heidel (FDP) und Mark Weinmeister (CDU))

Man kann das also auch anhand eines konkreten Beispiels zeigen.

Weil ich annehme, dass der Herr Kollege Wagner das ansprechen wird, will ich mich dazu dezidiert äußern. Eine solche Verfahrensvereinfachung muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass der Schutzzweck, der darin besteht, die Natur zu schützen, reduziert wird. Das ist nicht der Fall. Es handelt sich um eine reine Regelung des Verfahrens, die dazu führen wird, etwas schneller herbeizuführen, ohne dass dabei in materielles Recht eingegriffen wird.Dazu bedarf es der politischen Entscheidung.Dazu haben Sie nicht den Mut.Wahrscheinlich wird die Anhörung Sie veranlassen, am Schluss dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Ich komme zu dem zweiten Punkt, den ich ansprechen will. Da bin ich Überzeugungstäter. Ich halte nichts von der Kommunalisierung der Aufsichtsfunktionen. Es gibt bestimmte Funktionen, die der Staat wahrzunehmen hat.

(Beifall des Abg. Bernhard Bender (SPD))

Deswegen halte ich nichts davon, dass das kommunalisiert werden soll. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit aufgrund leidvoller Erfahrungen. Wir haben in diesem Haus häufig über Schwarzbauten diskutiert. Ich behaupte auch heute nach wie vor: Wenn die Bauaufsicht nicht kommunalisiert worden wäre, hätten wir dieses Problem nie in dieser Art und Weise gehabt. Denn die Entscheidungsfindung findet immer dann, wenn kommunale Gremien befasst sind, anders statt, als das der Fall ist, wenn eine staatliche Behörde die Aufsichtsfunktion wahrnimmt.

Darüber werden wir diskutieren. Das wird unsererseits aber kein substanzieller Einwand sein, um dem Gesetzesvorhaben ansonsten die Zustimmung zu versagen.

Frau Pfaff,bei einem haben Sie natürlich recht.Dazu,dass es sich in einem Fall um eine Forderung des Kabinetts handelt, kann ich nur empfehlen, dass sich die Entsprechenden den Gesetzentwurf noch einmal etwas sorgfältiger durchlesen, bevor er das Hohe Haus zum zweiten Mal erreicht. Dass das Kabinett einen Gesetzentwurf vorlegt und sich in der Begründung darauf beruft, es handele sich um eine Forderung des Kabinetts, ist eine kuriose Angelegenheit.

(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich gehe aber davon aus, dass es sich dabei um einen Lesefehler handelt. Denn wir wissen, was damit tatsächlich gemeint ist.

Die anderen Dinge wurden angesprochen. Das betrifft den Baulastwechsel und die Widmung. Das im Planfeststellungsverfahren mit durchzuführen,ist ein vernünftiger Vorschlag. Das beweist einmal mehr: Man muss sich auch in der Politik hin und wieder mit dem Detail befassen, um der Forderung gerecht zu werden, dass man die Genehmigungsverfahren beschleunigen will.

Wir werden den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in einem positiven Sinne begleiten. Ich kann Ihnen signalisieren, dass wir dem Gesetzesvorhaben prinzipiell sehr positiv gegenüberstehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Mark Weinmeis- ter (CDU))

Herr Posch, vielen Dank. – Herr Wagner, Sie erhalten nun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Rhiel hat ja schon gesagt, es handele sich nicht um ein spektakuläres Gesetz, über das wir heute beraten. Es muss aber auch nicht immer alles spektakulär sein, was der Landtag berät. Wir tun hier heute unsere Arbeit. Die Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon gesagt, in vielen Bereichen ist dieser Gesetzentwurf nicht strittig zwischen den Fraktionen in diesem Haus.Auch für meine Fraktion kann ich sagen, sehr viele Regelungen können wir mittragen. Hier spreche ich beispielsweise den § 6a „Widmung, Umstufung und Einziehung in der Planfeststellung“ an, in dem es darum geht, in Planfeststellungsverfahren gleich Umwidmungen für andere betroffene Straßen mit vornehmen zu können. Das halten wir auch für eine sinnvolle Regelung und für eine Vereinfachung der Baumaßnahme.

Auch bei den Schutzmaßnahmen, die in § 27 angesprochen sind, finden wir es sinnvoll, dass wir eine bessere Maßnahme bekommen, um Vorhaben im Sinne der Verkehrssicherungspflicht auch tatsächlich durchzusetzen, wenn Grundstückseigentümer dem nicht so nachkommen, wie es dem Geist dieses Gesetzentwurfs entspricht.

Das alles sind sinnvolle Regelungen, die wir auch mittragen. Bei ein paar anderen Regelungen haben wir im Ausschuss noch Gesprächsbedarf. Ich möchte anfangen mit § 23 „Bauliche Anlagen an Straßen“.Hier möchten wir im Ausschuss debattieren, ob es wirklich sinnvoll ist, anstelle einer ausdrücklichen Genehmigung durch die Behörde die sogenannte Genehmigungsfiktion einzuführen. Das bedeutet, wenn die Behörde innerhalb von vier Wochen nicht auf einen Antrag reagiert, dass dieser Antrag dann als genehmigt gilt. Wir wollen im Ausschuss diskutieren, ob dies wirklich sinnvoll ist oder ob es nicht der berechtigte Anspruch von Bürgerinnen und Bürgern ist, dass eine Behörde in einer absehbaren Zeit auf ein Anliegen mit einem abschließenden Bescheid reagiert.

Frau Kollegin Pfaff hat es schon angesprochen, § 50, der die Zuständigkeit vom Landrat auf den Kreisausschuss überträgt, sollte debattiert werden. Hier sind auch Fragen der Kosten betroffen. Es wäre auch zu erörtern, ob dies

konnexitätsrelevant ist. Ganz so einfach, wie es im Moment im Gesetzentwurf steht, ist diese Regelung nicht.

Herr Kollege Posch hat es schon angekündigt, dass die GRÜNEN wahrscheinlich etwas zu § 33 „Planfeststellung“ sagen werden. Herr Kollege Posch, ich enttäusche Sie natürlich nicht.