Der Versuch, diese beiden politischen Gen-Eigenschaften mit der Verantwortung gegenüber den Studierenden und mit den Herausforderungen neuer Aufgabenstellungen der Studentenwerke zu verheiraten, scheitert aus Gründen der Unverträglichkeit und vielleicht auch teilweise aufgrund der Ungeschicklichkeit der Kombattanten.
(Beifall der Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Alles Heuschrecken!)
Die SPD-Fraktion wird den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf von CDU und FDP ablehnen, weil er zu viele Zugeständnisse gemacht hat, die den Interessen der Studierenden und der Mitarbeiter der Studentenwerke widersprechen. Ich habe es bereits in der ersten Lesung gesagt: Studentenwerke sind für uns Sozialdemokraten Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge. – Gerade in einem wettbewerbsorientierten Hochschulsystem muss es Einrichtungen geben, die für den sozialen Ausgleich sorgen. Das soll nach unserer Auffassung von den Studentenwerken wahrgenommen werden. Deshalb sind wir bei dem jetzt vorliegenden Entwurf so skeptisch, weil er privaten Anbietern die Möglichkeit eröffnet, die Rosinen aus dem Geschäft der Studentenwerke zu picken.
Herr Boddenberg, dass Sie das nicht verstehen, wundert mich nicht. – Was übrig bleibt, ist, um im Bilde zu bleiben: die Armenküche für die Studierenden.
Wenn Sie das nur mit dieser einen Bemerkung beantworten können, dann zeigt das erneut die Ignoranz, die Sie den sozialen Problemen derer entgegenbringen,die an unseren Hochschulen sind. – Zu den einzelnen Punkten des Gesetzes möchte ich Folgendes zum Ausdruck bringen.
Herr Boddenberg, ich versuche es trotzdem. – Erstens. Uns freut, dass zu den Aufgaben der Studentenwerke – neben denen der Wohnraumversorgung, der Verpflegung und des BAföG – die Bereiche studentische Kultur, Kinderbetreuung und Organisation der Studiensituation hinzugekommen sind.
Zweitens.Wir unterstützen auch die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung. Es ist dem Antragsteller zum Glück noch aufgefallen, dass bei der Frage der Gewährträgerschaft ein schwerer handwerklicher Fehler vorgelegen hat.
Drittens. Wir sind aber aus den bereits dargestellten Gründen gegen eine Aufgabenwahrnehmung durch Dritte. Dritte sind an einer Gewinnerzielung orientiert. Wir haben dazu im Übrigen auch einen Vorschlag gemacht, indem wir gesagt haben, die Beteiligung Dritter kann man an die Gemeinnützigkeitsklausel knüpfen. Das wäre ein Weg gewesen, der auch in einem Kompromissverfahren gangbar gewesen wäre. Das wollten Sie nicht. Da hat sich der Wirtschaftsliberalismus in der Tat durchgesetzt.
Viertens. Die SPD lehnt die Klausel ab, wonach Haustarifverträge abgeschlossen werden können, wenn diese einen Bereich von 25 % der Bediensteten umfassen. Auch diese Regelung wird nicht dazu führen, dass Studentenwerke im Verpflegungsbereich – dem einzigen Bereich, für den das relevant ist – konkurrenzfähiger werden. Diese Regelung ist, weil sie nicht an den Interessen der Beschäftigten anknüpft, nach unserer Ansicht nicht vertretbar.
Wir sind auch gegen eine Modellübertragung, wie sie in § 3 Abs. 7 vorgesehen ist. Es ist unserer Ansicht nach nicht sinnvoll,dass die Studentenwerke auch zukünftig nicht als eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts geführt werden sollen.Wenn Sie in die Hochschulen hineinhören – im Gespräch ist die Technische Universität Darmstadt –, dann ist die Aufgabe, sich jetzt auch noch im Rahmen eines Modellversuchs mit dem Studentenwerk herumzuschlagen, nicht das, was die Technische Universität Darmstadt als vordringlich ansieht.
Abschließend komme ich zu dem – zumindest für uns – wichtigsten Punkt, von dem Frau Beer gesagt hat, sie habe sich da nicht durchsetzen können. Wir befürworten die Festlegung von Zielvereinbarungen. Was aber fehlt, ist eine Aussage zur Finanzierung von Studentenwerken.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum das, was für die Hochschulen im Hochschulpakt gilt, nicht genauso für die Studentenwerke gelten soll. Die hessischen Studentenwerke haben aktuell durch fehlende Einnahmen, bedingt durch das Studienguthabengesetz, 1,7 Millionen c weniger. In dem Zeitraum zwischen 1995 und 2005 sind die Zuschüsse des Landes von 19,4 Millionen auf 16,1 Millionen c zurückgegangen – und das alles bei gleichzeitig steigenden
Studierendenzahlen.Das Gesetz hat deshalb einen schweren Mangel: Nach § 9 sollen zwar einseitig Ziel- und Leistungsvereinbarungen geschlossen werden. Auf der anderen Seite aber – und das gehört eigentlich zu einer ordentlichen Vertragsgestaltung dazu – wird nicht auch das festgelegt, was seitens des Landes im Rahmen einer Zielund Leistungsvereinbarung zu leisten ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kommt dabei heraus, wenn sich Wirtschaftsliberalismus mit dem Desinteresse an sozialen Belangen Studierender verbindet und daraus ein Gesetz gebiert.
Zum Abschluss. Wir haben unsererseits dem Landtag ein Gesetz vorgelegt, das heute keine Mehrheit finden wird. In der Anhörung ist dieses Gesetz aber durchaus auf breite Resonanz gestoßen.
Das hat uns darin bestätigt, dass – wie mein Kollege Rudolph immer sagt – Mehrheit nicht Wahrheit ist. Das Studentenwerksgesetz hat sich im Kern bewährt. Es gab ein paar Verbesserungen, die wir zu Papier gebracht haben und die von den Erfahrungen der Einrichtungen getragen sind.Wir sehen jetzt die Gefahr, dass mit dem Gesetzentwurf, den CDU und FDP vorgelegt haben, die sozialen Aufgaben der Studentenwerke infrage gestellt werden. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Parlament und in den Ausschüssen zu diesem Gesetz und zu diesem Thema lange und intensiv beraten und kontrovers diskutiert. Heute liegt uns ein modernes und zukunftsfähiges Gesetz vor, das den Studentenwerken die Möglichkeit gibt, sich den modernen Erfordernissen anzupassen. Diese Anpassung erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch der Studentenwerke: Eine stringente Staatsaufsicht und die Fachaufsicht des Ministeriums werden zurückgefahren.
Herr Siebel, auch wenn Ihnen das nicht passt: Was Sie eben vorgetragen haben, das ist Sozialismus pur. Die Studentenwerke lehnen genau das ab. Sie haben für eine Öffnung in den wirtschaftlichen Bereich gekämpft.
Deswegen setzen wir das um, was die Studentenwerke gefordert haben. Die Studentenwerke erhalten größte unternehmerische Freiheit. Das wird sich aus unserer Sicht positiv auf das Engagement der Studentenwerke auswirken. Die positiven Auswirkungen und die Rahmenbedingungen werden dafür sorgen, dass der Studienerfolg der Studierenden steigt. Ich glaube, wir werden in einiger Zeit sehen, dass die Studentenwerke Verbesserungen der äußeren Bedingungen für die Studierenden durchsetzen, die dazu führen, dass sich diese mehr mit der Universität bzw. der Fachhochschule und ihrem Standort identifizieren und das positive Auswirkungen auf den Studienerfolg hat.
Ich will einzelne Punkte des Gesetzentwurfs herausstellen. Die Wahlmöglichkeit nach der so genannten Öffnungsklausel,ob die Hochschulen die Betreuung und Förderung der Studierenden durch das Studentenwerk oder einen privaten Dritten sicherstellen oder selbst übernehmen wollen, ist ein zentraler Punkt des Gesetzentwurfs. Ich nenne außerdem die Anpassung der Aufgaben der Studentenwerke an die Erfordernisse einer modernen Betreuung und Förderung von Studierenden einschließlich der Möglichkeit, sich hierfür Dritter zu bedienen, sich an Unternehmen zu beteiligen oder selbst ein Unternehmen zu gründen, und die Neujustierung der Aufgaben der Studentenwerke zwischen einer Geschäftsführung, die das Studentenwerk leitet, und einem Verwaltungsrat, der für die Grundsatzentscheidungen und die Kontrolle der Geschäftsführung zuständig ist. An dieser Stelle will ich nur sagen: Wir als CDU-Fraktion haben den Wünschen – insbesondere der Fachhochschulen, aber auch der Universitäten – Rechnung getragen, was die Vertretung verschiedener Gruppen in den Verwaltungsräten anging.Wir mussten von den anderen Fraktionen nicht erst davon überzeugt werden.
Ein zentraler Punkt ist außerdem die Einführung von Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen dem Land, vertreten durch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst, und den Studentenwerken, die die gegenseitigen Verpflichtungen konkretisieren und Ziele zur Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung festlegen.
Auch die Anpassung der Wirtschaftsführung an die Erfordernisse der kaufmännischen Buchführung ist ein zentraler Punkt.
Wir sind gespannt darauf,wie die Studentenwerke die neu erlangten Freiheiten, die dieses Gesetz bieten wird, zum Wohle der Studierenden nutzen wollen. Auch mit diesem Gesetz werden wir dafür sorgen, dass die Fachhochschulen und Universitäten im Wettbewerb weiter nach vorne kommen. Deshalb kann ich nur noch einmal an Sie appellieren, Herr Siebel: Die Vorteile dieses Gesetzes überwiegen. Vielleicht können Sie sich zugunsten der Studierenden und der Studentenwerke doch noch einen Ruck geben und diesem fantastischen Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Novellierung des Studentenwerksgesetzes steht, das wurde mehrfach betont, seit eineinhalb Jahren auf der Tagesordnung. Wir haben eine sehr spannende Anhörung durchgeführt, und wir haben bei diesem Gesetzentwurf wirklich sehr lange um einen Konsens gerungen. Auch wenn das jetzt doch nicht geklappt hat, stimmen wir nicht nur darin überein, dass das Studierendenwerksgesetz modernisiert werden soll, sondern wir stimmen in weiten Teilen sogar darin überein, an welchen Punkten das Gesetz modernisiert werden soll.
FDP und CDU haben sich auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der in jedem Fall in die richtige Richtung geht. Die
Studierendenwerke erhalten große Freiheiten,die sie zum Wohl der Hochschule und vor allem der Studierenden nutzen dürfen und auch nutzen sollen. Dazu gehört ein breites Programm: von der Alltagsversorgung und der Unterstützung internationaler Aktivitäten über die Bereitstellung von Wohnraum, über Kinderbetreuungsangebote, über kulturelle und sportliche Angebote bis hin zum Catering für Kongresse und akademische Feiern. In den beiden zuletzt genannten Fällen betätigen sich die Studentenwerke wirtschaftlich,und deshalb ist ganz klar,dass hierfür die Beiträge der Studierenden nicht zweckentfremdet werden dürfen. Die Studierendenbeiträge sollen einzig und allein für die soziale Infrastruktur der Studierenden genutzt werden. Sie müssen sich aber – das ist mir sehr wichtig – an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Studierenden messen.
Ich komme auf ein paar Punkte zu sprechen, die ich in dem CDU/FDP-Entwurf sehr kritisch finde. Einen für die Studierendenwerke absolut wichtigen Punkt klären Sie in Ihrem Gesetzentwurf überhaupt nicht. Die Studierendenwerke waren, Herr Siebel hat es eben noch einmal sehr deutlich ausgeführt, in den letzten Jahren absolut unterfinanziert. Die Zuschüsse des Landes, auch für Investitionen, müssen aber mittelfristig gesteigert werden. Wir bräuchten hier eine Art Studierendenwerkspakt. Das Land Baden-Württemberg ist da – übrigens unter eine CDU/FDP-Regierung – mit einer gesetzlichen Zuschussregelung mutig vorangeschritten. Diesen Mut, diesen politischen Willen haben Sie nicht. Das finde ich wirklich sehr schade.
Mit Studierendenbeiträgen allein können wir die Aufgaben nicht schultern. Die Studierenden werden von der Landesregierung mit dem Verwaltungskostenbeitrag, den Langzeitstudiengebühren und den kommenden allgemeinen Studiengebühren in letzter Zeit ohnehin über die Maßen geschröpft. Zudem hat der Herr Ministerpräsident – auch hierüber haben wir heute Morgen gesprochen – der Kürzung der Regionalisierungsmittel im Bundesrat zugestimmt, sodass auch das vom AStA ausgehandelte RMVSemesterticket teurer werden wird. Dennoch haben Sie eine Klausel in den Gesetzentwurf hineingeschrieben, die die Studierendenwerke anhält, Fehlbeträge auf die Studierenden abzuwälzen. Das geschieht nach Ihrem Gesetzentwurf außerdem – anders als beispielsweise bei den Studierendenschaften – ohne Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.An diesen Punkt halte ich den Gesetzentwurf für wirklich fatal und für sozial absolut unausgewogen.
Für was, so frage ich Sie, lieber Herr Corts, sollen die Studierenden in Zukunft denn noch alles bezahlen müssen? Sie vergessen doch hierüber die soziale Realität in diesem Land. Nicht jedes Elternteil hat das Gehalt eines Wissenschaftsministers. Sie schrauben die Gebühren zurzeit an allen Stellen in die Höhe. Diese gnadenlose Gebührenpolitik wird dazu führen, dass Studierende aus ärmeren Elternhäusern in Zukunft nicht mehr studieren können – Darlehen hin, Darlehen her.
Neben diesem wirklich fatalen Fehler in Ihrem Gesetzentwurf gibt es weitere kleine Kritikpunkte, die ich hier noch kurz erwähnen möchte.
§ 3 Abs. 5 bietet die Möglichkeit des Abschlusses von Haustarifverträgen. Ich finde eine Tarifflucht aus dem öffentlichen Dienst nicht unterstützenswert. Wir sollten sehr genau beobachten, wie diese Bestimmung genutzt wird. Wir vertrauen hier aber dem Fingerspitzengefühl der Studentenwerksleitungen.