Protocol of the Session on July 9, 2003

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Herr Ministerpräsident, genau das machen Sie jetzt, und genau das können wir uns in diesem Zusammenhang in diesem Land nicht mehr leisten.

(Volker Hoff (CDU): Wo sind wir eigentlich? Was ist denn jetzt los? Was ist das für ein Unfug? So eine Frechheit!)

Herr Ministerpräsident, ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass Sie gesagt haben – –

(Volker Hoff (CDU): So eine Frechheit!)

Herr Präsident, wir können es abkürzen: Fünf Minuten Redezeit ausgeschöpft, Regierung plus sechs Minuten – das macht elf Minuten.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, eine Steuersenkung kommt dann infrage – –

(Volker Hoff (CDU): So eine Frechheit da oben!)

Volker Hoff, sag mal, was ist denn los? Wie bist du denn heute aufgestanden? Was hast du zum Frühstück gegessen?

(Volker Hoff (CDU):Was ist denn das für eine Art? Wenn ich sehe, wie der Kollege Kaufmann hier hochjumpt, das ist eine Frechheit! – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hoff, ich habe das mit Herrn Kaufmann schon geklärt.Wir müssen etwas klären, aber nach dieser Debatte.

(Volker Hoff (CDU):Aber dann muss er doch nicht ungehörig sein!)

Ich entscheide das selbst, ob er ungehörig ist oder nicht.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, eine Steuersenkung käme eventuell dann in Frage, wenn man die notwendigen Strukturreformen angeht. Jetzt statuieren wir doch an den einzelnen Punkten ein Exempel, was mit den Strukturreformen in diesem Land passiert.

Erstens die Reform auf dem Arbeitsmarkt, beispielsweise im Handwerksrecht, in der Handwerksordnung. Die Erste, die sagt: „Das kommt auf keinen Fall infrage“, ist die Hessen-CDU.

Zweitens die Gesundheitsreform. Da sitzen jetzt Regierung und Opposition zusammen. Ich hoffe, dabei kommt etwas Vernünftiges heraus.Die Ersten,die sagen – und dabei Frau Lautenschläger vorschicken –: „Mit uns auf keinen Fall!“, sind die Hessen-CDU und die Hessische Landesregierung.

Ein weiterer Punkt ist die Positivliste und das Monopol der Kassenärztlichen Vereinigung sowie die Frage, wie es bei den Apotheken weitergeht. Als Erster kommt der Schutzheilige der Gewinne der Pharmaindustrie, Roland Koch, und sagt: „Auf keinen Fall!“

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine Damen und Herren, so sieht die Realität aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen lassen wir es Ihnen nicht mehr durchgehen, dass Sie auf der einen Seite sagen: „Zieht schnell die Steuerreform vor.“ – Wenn die Regierung das dann tut, sagen Sie: „Jetzt nicht, Strukturreformen!“ – Wenn die Regierung welche vorschlägt, blockieren Sie genau diese.

So geht es nicht mehr. Das kann man sich schon in guten Zeiten kaum leisten. In Zeiten, in denen wir Wachstumsraten und Arbeitslosenzahlen wie in den letzten drei Jahren haben,kann man es sich überhaupt nicht mehr leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Jetzt zu meinem letzten Punkt, der Frage der Finanzierung. Wir haben in unserem Antrag gesagt, dass die Gegenfinanzierung einen Kraftakt aller Beteiligten erfordert. Das meinen wir auch so.

Herr Boddenberg, ein Kraftakt aller Beteiligten bedeutet – –

Herr Kollege Al-Wazir, wir haben ein echtes Problem. Ich bitte Sie, zum Ende Ihrer Rede zu kommen. Ich habe mit dem Kollegen Kaufmann gesprochen. Er hat gesagt, wir müssten das im Ältestenrat klären. Es gibt für Sie keine additive Redezeit. Sie können die Redezeit nicht sowohl nach Abs.1 als auch nach Abs.2 der Geschäftsordnung addieren,sondern Ihnen steht zusätzlich ein Drittel der Zeit, um die der Ministerpräsident seine Redezeit überzogen hat, zu. Das sind sechs Minuten, mehr ist nicht drin.

Herr Präsident, ich bin seit achteinhalb Jahren im Parlament. Das ist eine neue Auslegung der Geschäftsordnung. Aber Sie bestimmen hier, wie die Geschäftsordnung ausgelegt wird. Wir werden das anschließend klären. Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident.

(Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Wenn man sagt,dass man in diesem Punkt wirklich an den Subventionsabbau herangehen müsse, und wenn dann die Hessen-CDU nichts anderes zu tun hat, als, wie gestern, einen Antrag einzubringen, in dem schon wieder steht: „Eigenheimzulage und Pendlerpauschale dürfen nicht angetastet werden“, obwohl wir doch wissen, dass allein die Eigenheimzulage 10 Milliarden c ausmacht, zeigt das, dass Sie an einer wirklichen Lösung des Problems kein Interesse haben.Daran wiederum kann dieses Land kein Interesse mehr haben. – Ich danke Ihnen recht herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Hoff (CDU): Er hat es nicht verstanden!)

Das Wort hat der Abg.Milde für die CDU.Er hat noch die komplette Redezeit der CDU-Fraktion.

Herr Al-Wazir, Sie hatten faktisch die Redezeit, die Herr Kaufmann haben wollte. So sehr haben wir überzogen. Das heißt, wir jonglieren am Ende auch bei den anderen Fraktionen um ein oder zwei Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Al-Wazir, ich gebe zu, es ist wirklich schwierig, direkt nach dem Ministerpräsidenten zu reden, der in allen Details erläutert hat,

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie die Situation im Moment ist. Deswegen bin ich den GRÜNEN außerordentlich dankbar, dass Herr Al-Wazir eben noch einmal gesprochen hat.Somit ist es für uns jetzt einfacher, zu reagieren. „Es ist Recht, wenn der Bundes

kanzler die Opposition hereinlegen will“, – auf diesem Punkt sind Sie eben herumgeritten – „aber es ist nicht billig – im doppelten Sinne des Wortes – wenn Schröder damit die Bürger hereinlegt“, so die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ von gestern unter der Überschrift „Schröders Bär“. Genau das treibt uns derzeit um.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen bin ich im Unterschied zu einigen, die heute hier gesprochen haben, auch nicht der Auffassung, dass die vorgezogene Steuerreform, die Sie jetzt ankündigen, gut ist. Deshalb sage ich eindeutig: Eine Steuerreform wird nicht dadurch besser, dass man sie um ein Jahr vorzieht.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Frau Kollegin Wagner, ich komme gleich auf Sie zurück. – Die CDU-Fraktion steht in dieser Frage vollends hinter dem Ministerpräsidenten.Wenn Sie richtig aufgepasst haben, wissen Sie, dass es bei Roland Koch in den letzten Wochen keinen Schlingerkurs an diesem Punkt gab. Die CDU in Hessen hat immer klipp und klar gesagt, wie die Bedingungen für ein Vorziehen der Steuerreform aussehen.

Was die Steuerreform und ihre Wirkung auf die Wirtschaft angeht, brauchen wir – gerade nach der Rede von Roland Koch – keine Nachhilfe von Rot-Grün. Hören Sie einmal zu:Im Gegensatz zur SPD gibt es in der Union niemanden,der nicht für niedrigere Steuern wäre.In der SPD – ich erinnere an Herrn Müntefering – ist das ja anders. Vielmehr hat die Union in den letzten Jahren zahlreiche Vorschläge zu Steuersenkungen gemacht. Auch die hat der Ministerpräsident eben noch einmal erläutert.

Wer aber den Menschen in der jetzigen Situation verspricht, dass das Vorziehen einer Steuerreform – die ohnehin falsch angelegt ist – auch zu Steuersenkungen führt, ohne gleichzeitig zu sagen, wie er das finanzieren will, täuscht die Bürger. Dieses Szenario ist wieder einmal das Ergebnis einer typischen Schröder-Aktion: Sie lebt von der Tagespresse, um von den aktuellen Problemen abzulenken, statt sie zu lösen.

(Beifall bei der CDU)

Auf die Finanzierung der Steuerreform ist der Herr Ministerpräsident eindeutig eingegangen.Deswegen komme ich auf das zurück, was Frau Wagner bei der Rede des Ministerpräsidenten Roland Koch dauernd dazwischengerufen hat. Roland Koch hat gesagt, wir hätten in Deutschland in der ersten Stufe dieser Steuerreform – darüber sind wir uns einig: eine dreigliedrige Steuerreform – Steuersenkungen in der Höhe von 40 Milliarden c gehabt. Auch über die Höhe des damaligen Volumens sind wir uns einig.Wir können doch nicht bestreiten, dass die Wirkung auf die Wirtschaft und auf künftige Steuereinnahmen völlig anders war, als vorher angekündigt worden ist. Sie war verheerend.Also geht es um die Frage:Wie konzipiere ich eine Steuerreform, und wie sehen die Rahmenbedingungen aus, in die ich eine solche Steuerreform einbetten muss?

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, morgen werden wir wieder über die finanzielle Situation des Landes Hessen reden dürfen. Ich muss eindeutig sagen: Wir finanzieren diese Steuerreform, zumindest die erste Stufe, seit drei Jahren auf Pump. Die Ausirkung dieser Finanzierung besteht exakt in der zusätzlichen Nettoneuverschuldung, die wir

in Hessen zu verzeichnen haben. Irgendwann ist aber Schluss mit lustig.

(Reinhard Kahl (SPD): Die Steuerentlastung im Jahr 2000 war die höchste! – Norbert Schmitt (SPD): Sie haben mehr Steuereinnahmen als wir!)

Das, worauf der Kollege Al-Wazir eben hingewiesen hat, ist richtig:Was soll denn eine Steuerreform bewirken? Sie soll bewirken, dass die Leute mehr Geld in der Tasche haben. Damit sind wir wieder bei der Frage der Finanzierung. Soll man es über die Aufnahme von Schulden versuchen? Dazu zitiere ich aus der „Wirtschaftswoche“. In der „Wirtschaftswoche“ heißt es eindeutig: