Protocol of the Session on November 26, 2015

Ich möchte mich beim Senat für die Antwort bedanken. Ich finde es auch richtig, dass wir jetzt einmal schnell und aktuell sind und die Anfrage heute diskutieren, denn der Planfeststellungsbeschluss wird voraussichtlich nächste Woche kommen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Trotzdem hätten die Antworten ein bisschen früher da sein können!)

Insofern kann man sich auch einmal anstrengen und sozusagen tagesaktuell die Dinge diskutieren, die anliegen.

Da wir über das Planfeststellungsverfahren reden: Dieser Hafen wird als Offshore-Hafen planfestgestellt. Das ist ein Punkt, auf den wir Grüne sehr großen Wert legen,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

denn nur das rechtfertigt den großen Eingriff in die Natur. Wir alle wissen, dass die regionalwirtschaftliche Bilanz unserer Häfen nicht immer positiv ist. Wir müssen feststellen, dass Bremerhaven sozusagen den Export für den gesamten Industriestandort Deutschland sicherstellt, dass die Wertschöpfung aber leider nicht in Bremerhaven stattfindet. Das ist im Falle des OTB anders. Deswegen befürworten wir dieses Projekt.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Beim OTB wird direkt an der Warenausgangszone das Industriegebiet sein, wo die Wertschöpfung stattfindet und hoffentlich auch Arbeitsplätze entstehen.

Wir haben die Aufgabe, Industrie- und Wirtschaftspolitik zu machen, die dafür sorgt, dass in Bremen und Bremerhaven Arbeitsplätze entstehen. Wir alle wissen nicht, was die Zukunft bringt. Wir wissen nicht, ob wir 2030 noch sehr viele Autos auf dem Weltmarkt unterbringen werden. Wir wissen noch nicht einmal, ob es genug Fisch geben wird, der in unserer Lebensmittelwirtschaft verarbeitet werden kann. Wir wissen auch nicht, ob es sinnvoll ist, auf Rüstung, Raum- und Luftfahrt zu setzen.

Wir wissen aber, dass die Energiewende kommt. Die Energiewende ist keine Kleinigkeit, sondern sie ist ein industrielles und politisches Großprojekt. Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass es geht, dass Deutschland auf 100 Prozent erneuerbare Energien im Bereich Strom, Wärme und Mobilität umsteuern kann. Technologisch ist es ohnehin möglich, dass wir in Deutschland eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien hinbekommen.

Das Ganze ergibt sogar volkswirtschaftlich Sinn. Investitionen in erneuerbare Energien, in Netze, in Energieeffizienz und Elektromobilität sind volkswirtschaftlich rentabel und machen uns unabhängiger von Importen fossiler Energieträger aus Krisenregionen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Wer sich aber heute hierhin stellt und sagt, die Investitionen in Offshore seien gelaufen, das Spiel sei entschieden, es sei doch klar, wer die restlichen Offshore-Windenergieanlagen baut und von welchem Hafen sie verschifft werden, hat die Energiewende nicht verstanden und hat auch nicht verstanden, welcher Weg noch vor uns liegt.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Dabei hilft es auch nicht, sich nur auf die bestehenden Gutachten zu stützen, die lediglich die bestehenden Ausbauziele berücksichtigen. Wenn wir heute einen Anteil von über 30 Prozent der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung haben, so ist das ein großer Erfolg und mehr, als wir selbst gedacht haben, was diese Branche schaffen kann.

Jetzt aber geht der Ausbau erst richtig los. Wir wollen 100 Prozent der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung, bei Wärme und Mobilität. Es werden nicht nur Windenergieanlagen gebaut werden müssen, sondern ebenso wird der Netzausbau vorangetrieben werden müssen. Wir brauchen Investitionen in Speicher- und Ladeinfrastruktur für Elektromobile. Wir brauchen vielleicht auch eine Förderung von Elektroautos und Zuschüsse für Dämmung, um den Wärmebedarf unserer Gebäude zu senken. Alle diese Investitionen sind mit Arbeit verbunden. Sie sind auch mit Geld verbunden. Noch ist nicht klar, wer dieses Geld aufbringen kann und will.

Ich meine aber, es ist Aufgabe des Staates, diese Investitionen zu tätigen beziehungsweise die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass diese Investitionen getätigt werden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Berechnungen weisen nach, dass bis 2050 500 Milliarden Euro investiert werden müssen. Von diesen Investitionen können wir auch hier in Bremen und Bremerhaven profitieren.

Reden wir dabei nur über einen zusätzlichen Hafen? Nein! Ich habe schon am Anfang meiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass ein solcher Eingriff nur zu rechtfertigen ist, wenn wir hier einen Hafen für erneuerbare Energien bauen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Offshore ist für Bremerhaven nach wie vor eine Chance. Es wurden bisher 900 Millionen Euro in den Standort investiert, davon hat das Land 120 Millionen zur Verfügung gestellt. Es sind Arbeitsplätze entstanden, und es sind einige verloren gegangen. Altmaiers unsägliche sogenannte Strompreisbremse hat zu einer Verunsicherung bei den Investoren geführt und dadurch Arbeitsplätze in diesem wichtigen Zukunftsmarkt vernichtet.

Das zeigt aber auch, dass es die Bundesregierung in der Hand hat, in welchem Rahmen die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Wir benötigen ambitionierte Ausbauziele sowie klare und verlässliche Regeln. Das ist nicht nur wichtig für den Klimaschutz, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Standortes Bremerhaven.

In diesem Sinne schaue ich optimistisch in die Zukunft. Ich bin optimistisch, dass Deutschland die Klimaziele noch schaffen kann, wenn es sich noch am

bitioniertere Ausbauziele setzt. Ich bin auch optimistisch, dass ich es noch erlebe, dass wir eine Energieversorgung ohne fossile Energieträger erreichen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin auch optimistisch, dass unter solchen Bedingung die Offshore-Industrie in Bremerhaven erfolgreich sein kann. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tsartilidis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe ein Problem mit dem Wirtschaftsverständnis der FDP.

(Beifall SPD – Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das wissen wir!)

Ich habe es theoretisch gelernt, ich habe das Fach ja auch einmal unterrichtet!

Sie sagen in Ihrem Redebeitrag, dass es auf der einen Seite keinen Sinn ergibt, wenn die private Wirtschaft nicht in dieses Hafenprojekt investiert. Ich sage, das kann ich aus liberaler Sicht verstehen. Ich will einmal weglassen, dass es eine Notwendigkeit gibt, auf bestimmte Sachzwänge zu reagieren und ich ein anderes Verständnis von staatlichem Handeln und staatlicher Aufgabenwahrnehmung habe, aber ich verstehe dann nicht mehr, dass Sie auf der anderen Seite zwei Sätze weiter ausführen, dass ein niedersächsischer FDP-Minister das Ganze viel klüger angegangen sei, er habe seine Häfen für die notwendige Energiewende fit gemacht, und deswegen sei das, was wir in Bremen und Bremerhaven machen wollten, falsch,

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Zu spät, habe ich ge- sagt!)

aber das, was ein FDP-Minister in Niedersachsen gemacht habe, sei richtig. An diesem Punkt verstehe ich Ihre Argumentation gar nicht.

(Beifall SPD)

Ich verstehe Sie auch dann nicht, wenn ich mir vorstelle, welche wichtige Rolle die Hafenwirtschaft im Land Bremen spielt. Von der Hafenwirtschaft sind ungefähr 70 000 Menschen mittelbar und unmittelbar abhängig und dadurch beschäftigt. Vor diesem Hintergrund finde ich Ihre Frage, was wir uns noch leisten können, verkehrt. Es ist vielmehr die Frage zu stellen, ob wir es uns leisten können, in eine der Grundstrukturen der Bremerhavener und Bremer

Wirtschaft nicht zu investieren. Wenn das Ihr wirtschaftspolitisches Verständnis ist, dann muss ich ehrlich sagen, dass sich die FDP für mich komplett aus der Wirtschaftspolitik verabschiedet hat.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich kann die Kritik an der Finanzierung, die hier vorgetragen worden ist, sehr wohl verstehen. Wenn ich mir insgesamt die Investitionspolitik anschaue, dann könnte ich auch ganz viele andere Stellen nennen – als Fachpolitiker denke ich an den Wissenschaftsbereich, den Bildungsbereich –, an denen investiert werden müsste. Wenn wir uns diese Finanzierung ansehen, dann möchte ich ganz ehrlich sagen, dass ich schon vom Senat erwarte, dass er begehbare und belegbare Lösungen findet und die Art und Weise der Finanzierung noch einmal Gegenstand der Erörterungen im Senat sein muss.

(Beifall SPD, CDU)

Man kann sehr wohl diskutieren, ob die vorliegende Finanzierung sinnvoll ist oder nicht. Trotzdem: An der grundsätzlichen Ausrichtung, der Sinnhaftigkeit des Projekts und der Chance, die sich durch den OTB für den Wissenschaftsstandort, für den Windenergiestandort Bremerhaven entwickelt, zweifele ich nicht.

Auf die Gruppe ALFA möchte ich an dieser Stelle kurz eingehen, auch wenn ich nicht so gern auf ALFA reagiere, aber als Bremerhavener muss man widersprechen und sagen: Wenn Sie ausführen, Bremerhaven sei kein Zentrum der Windenergie, Bremerhaven sei kein Zentrum der gesamten Entwicklung, dann gehe ich davon aus, dass Sie nicht in dieser Stadt gewesen sind, Sie waren nicht in der Hochschule, Sie waren nicht im AWI, und Sie haben sich nicht mit dem beschäftigt, was diese Stadt im Konzert des Landes Bremen ausmacht!

(Beifall SPD)

Es ist heute, glaube ich, eine ganz angeregte Beratung gewesen. Wir sind vielleicht alle ein bisschen schlauer geworden. Aus unserer Sicht war es eine weitere Chance zu erklären, aus welchen Gründen wir dieses Projekt für sinnvoll halten und welche Gründe nach unserer Auffassung vorliegen, dass das Planfeststellungsverfahren zu einem sinnvollen Abschluss kommen muss. Die regionalwirtschaftlichen Effekte wurden dargestellt, sie werden sich in der Zukunft einstellen, und insofern stehen wir in der Plicht. – Hiermit schließe ich meine Ausführungen!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Ich muss zunächst sagen, dass die Beratung zur Ausrichtung ausgesprochen spannend ist. Die Aussagen der FDP sind für mich in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar.

Herr Janßen, der BUND! Ich bin davon überzeugt, dass man dann, wenn man Verabredungen trifft, sie auch einhalten sollte. Das, was in den Gutachten steht, ist natürlich eine klare Aussage für den OffshoreTerminal. Wenn jetzt überlegt wird – und das war ja auch in der Presse nachzulesen –, dass wieder eine Klage geplant ist, dann sage ich, dass die Absprachen, die getroffen worden sind, irgendwie nicht gefruchtet haben, oder aber man denkt nicht an den Umweltschutz, sondern man will den Offshore-Terminal verhindern. Das mag ja sein. Ich hoffe nur, dass es zu den bereits in einem erheblichen Umfang vorhandenen Verzögerungen, nicht zu weiteren Verzögerungen kommt. Sie sind nicht nur durch äußere Einflüsse entstanden, sondern sie sind zum Teil selbst verschuldet gewesen.

Meine Damen und Herren, die Stärke des OffshoreTerminals, die Ansiedlung weiterer Betriebe und die Erreichbarkeit der Betriebe, die schon angesiedelt worden sind, sind wichtige Themen im Hinblick auf den Ablauf in den Häfen. Wir haben im Moment im städtischen Überseehafengebiet eine Verladestation, weil Verladungen im Fischereihafen im Augenblick nicht möglich sind. Es ist lediglich eine relativ kleine Doppelschleuse vorhanden. Es sind zwei Verladevorgänge durchzuführen, und zwar vom Fischereihafen zum Überseehafen und im Überseehafen selbst. Das ist für die Abläufe in den Häfen ausgesprochen schwierig. Insofern ist es immer hilfreich, wenn man bessere Ladeabläufe hat, weil dadurch die Gesamtkosten gesenkt werden. Das ist also ein wesentlicher Punkt.

Wichtig ist für uns, dass die Maßnahme möglichst schnell umgesetzt wird, weil damit natürlich Arbeitsplätze verbunden sind. Ich glaube, dass der Bereich der Offshore-Windenergie aufgrund der gestellten Prognosen ein aufstrebender Wirtschaftszweig ist. Aus dieser Einschätzung müssen wir einen Vorteil ziehen, und deshalb müssen wir genau in dem Bereich tätig werden. Deswegen ist es jetzt ausgesprochen wichtig, dass es zu einer zeitnahen Umsetzung kommt und wir nach außen das Signal geben, dass wir bereit sind, kostengünstig Offshore-Anlagen umzuschlagen.