Protocol of the Session on November 26, 2015

Wichtig ist für uns, dass die Maßnahme möglichst schnell umgesetzt wird, weil damit natürlich Arbeitsplätze verbunden sind. Ich glaube, dass der Bereich der Offshore-Windenergie aufgrund der gestellten Prognosen ein aufstrebender Wirtschaftszweig ist. Aus dieser Einschätzung müssen wir einen Vorteil ziehen, und deshalb müssen wir genau in dem Bereich tätig werden. Deswegen ist es jetzt ausgesprochen wichtig, dass es zu einer zeitnahen Umsetzung kommt und wir nach außen das Signal geben, dass wir bereit sind, kostengünstig Offshore-Anlagen umzuschlagen.

Meine Damen und Herren, es ist deshalb um so ärgerlicher, wenn erneut Vorbehalte in diesem wichtigen Bereich vorgetragen werden. Die Situation der vorhandenen unbestritten hohen Investitionen auf der einen Seite und des Risikos auf der anderen Seite finden Sie bei allen Investitionen, egal, ob es sich um Investitionen für den Tourismusbereich handelt – das ist ja in Bremerhaven in einem erheblich Umfang gemacht worden – oder ob es um Investitionen für die Hafenanlagen oder den Offshore-Terminal geht. Na

türlich sind diese Investitionen mit einem gewissen Risiko verbunden. Es ist nun einmal so, dass uns Gutachten nicht von dem Risiko freisprechen können, die Verantwortung haben wir in diesem Hause.

Ich finde, wir sollten unserer Verantwortung gerecht werden. Wir sollten auch den Mut haben, die Entscheidung zu treffen, und die bisherige Beratung hat das ergeben. Vielleicht hören wir gleich noch etwas dazu, welchen Weg die FDP beschreiten will. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns zumindest fraktionsübergreifend darin einig, dass Bremerhaven ein wichtiger Offshore-Standort ist.

(Beifall SPD)

Man muss nur durch den Fischereihafen fahren, um das zu erkennen, und derjenige, der etwas anderes behauptet, ist noch nie in Bremerhaven gewesen. Ich lade die Herren der Gruppe ALFA gern ein. Schauen Sie sich das einmal an, und auch die Zahlen sprechen für sich!

Die Offshore-Windenergie wird den Terminal langfristig nicht auslasten, meine Damen und Herren von den Grünen. Seien Sie ehrlich! Nur ein Schwerlastterminal wird für Bremerhaven überhaupt einen nachhaltigen Effekt auf dem Arbeitsmarkt haben. Die Ausbauzahlen sind eindeutig. Wir werden weiterhin an Offshore-Windenergie festhalten müssen, wenn die Energiewende gelingen soll. Mit 4 500 Volllaststunden werden wir Versorgungssicherheit haben, die wir anders nicht bekommen können.

Wir Freien Demokraten haben aber unsere Probleme mit der Finanzierung. Darin sind wir uns mit Herrn Tsartilidis und, wenn er denn für die SPD-Fraktion gesprochen hat, auch mit der SPD-Fraktion einig. Das, was hier als Antwort auf die Fragen zur Finanzierung vorliegt, reicht nicht aus. Es besteht eine Finanzierungslücke. Der Senat ist uns die Antworten schuldig, wie er diese Finanzierungslücke schließen will, die er in diesen Antworten selbst bestätigt hat.

(Beifall FDP)

Herr Tsartilidis, auch auf Ihre Ausführungen muss ich noch einmal eingehen. Wirtschaftsverstand bedeutet, dann zu investieren, wenn sich Märkte öffnen. Wirtschaftsverstand bedeutet aber nicht, mit Geld Märkten hinterherzulaufen. Was den Offshore-Bereich angeht, war der Markt in den Jahren 2008 bis 2010

offen. In der Zeit hätte man mit einem Offshore-Terminal fertig sein müssen. Jetzt sind wir fünf Jahre weiter. Jetzt ist der Markt geschlossen. Deswegen sehen wir die Problematik, ob sich am Ende die Investitionen auszahlen. Für uns bleibt als Alternative, in Hafeninfrastruktur zu investieren. Sie brauchen auch nicht so zu tun, als werde die gesamte Hafenwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen, wenn das Offshore-Terminal jetzt nicht kommt. Wir haben viel zu viele heterogene Betriebe, heterogene Logistik, heterogene Hafenwirtschaft, als dass Sie mit dieser Aussage große Bedenken hervorrufen würden.

(Abg. Schmidt [SPD] meldet sich zu einer Zwischen- frage.)

Das heißt, wir müssen sehen, dass wir die Hafenwirtschaft dort stärken, wo sie selbst investiert. Ein gutes Beispiel dafür ist das, was die Genting Group mit der Lloyd Werft macht, Kajenerweiterung dort, wohin auch private Investitionen fließen. Nach wie vor bleibt die Frage, wie wir die bestehenden Hafeninfrastrukturen vielleicht auch mit etwas weniger Geld ertüchtigen können, um leistungsfähige Hafeninfrastruktur zu schaffen, meine Damen und Herren.

Herr Professor Dr. Hilz, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Schmidt?

Ich war eigentlich am Ende meiner Ausführungen!

(Abg. Schmidt [SPD]: Dann ist das eine Frage am Ende ihres Vortrages. Ist Ihnen bekannt, wie die Entschei- dung dieses Hauses – –.)

Herr Schmidt, Herr Professor Dr. Hilz erlaubt keine Zwischenfrage.

(Zurufe)

Als nächster Redner hat das Wort Senator Günthner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Beim Offshore-Terminal Bremerhaven handelt es sich um eines der umfangreichsten Planverfahren in der bremischen Geschichte. Es gab in dem Verfahren eine Fülle von jeweils komplexen Sachverhalten. So musste eine Reede verlegt, eine Flugplatzschließung vorbereitet werden, ein wasserrechtliches Verfahren durchgeführt, ein Flächennutzungsplan, ein Bebauungsplan erarbeitet und beschlossen werden. Wir haben umfangreiche Naturersatzmaßnahmen geplant und zum Teil bereits umgesetzt. Es galt, ein Betreiberausschreibungsverfahren und eine Bauleitplanung inklusive einer Ausschreibung vorzubereiten.

Ich will hier und heute ausdrücklich die Gelegenheit nutzen, herzlichen Dank an die vielen beteiligten Stellen und die hoch engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sagen, ohne die dies nicht zu bewältigen gewesen wäre, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Umweltsenator, bei bremenports, bei den Hafenkapitänen, beim Magistrat Bremerhaven, bei der Bundeswasserstraßenverwaltung. Dies alles war nur zu bewältigen – auch das will ich deutlich sagen –, weil es über die gesamte Planungsphase einen starken politischen Rückhalt für dieses ambitionierte Projekt gegeben hat. Dafür gilt mein Dank den Koalitionsfraktionen, aber auch der CDU-Fraktion hier im Haus, die über die lange Zeit nicht gewackelt hat!

(Beifall SPD)

Dies alles, meine Damen und Herren, ist umso bemerkenswerter, als dieses Projekt in einem schwierigen gesamtpolitischen Kontext realisiert werden muss, Stichwort Energiewende. Über lange Jahre haben wir eine Fülle von Irrungen und Wirrungen erlebt, die den Planungsprozess massiv beeinflusst beziehungsweise erschwert haben. Von Goldgräberstimmung in der Offshore-Branche bis zu tiefster Depression, von der Ansiedlung bedeutender Unternehmen bis hin zu Insolvenzen haben wir in dieser Zeit alles erlebt. Vor diesem Hintergrund ist es übrigens durchaus nachvollziehbar, dass die Planungen für den OTB von einer intensiven öffentlichen Debatte begleitet gewesen sind.

Ich habe über die Jahre ohne jedes Wackeln am OTB festgehalten, weil ich davon überzeugt bin, dass Bremerhaven nach wie vor eine große Chance hat, sich zu einer Offshore-Hauptstadt in Europa zu entwickeln. Es ist nicht nur die geografische Lage, sondern es ist vor allem auch die geballte Ansammlung von Offshore-Kompetenz am Standort, die Bremerhaven einzigartig macht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist eine völlig falsche Wahrnehmung, dass Cuxhaven, Emden oder Brunsbüttel hier die Nase vorn hätten. Nein! Bremerhaven ist der Standort, an dem Wissenschaft und Wirtschaft zum Thema Offshore zusammenkommen. Bremerhaven ist der Standort, der hervorragende Flächen bietet, um weitere Unternehmen der Branche anzusiedeln, meine Damen und Herren!

Die weitere positive Entwicklung ist allerdings an Voraussetzungen geknüpft. Die zentrale Voraussetzung ist: Wir brauchen einen Offshore-Terminal. Warum hatte denn Bremerhaven keine Chance, Siemens für den Standort zu gewinnen? Weil wir keinen OffshoreTerminal hatten! Ohne passgenaue Infrastruktur, die den Unternehmen auf Jahrzehnte Wettbewerbsfähigkeit sichert, gibt es keine Unternehmensansiedlung.

Ohne Unternehmensansiedlung gibt es keine neuen Arbeitsplätze. Was braucht Bremerhaven angesichts seiner hohen Arbeitslosigkeit am dringendsten? Das ist Arbeit, Arbeit und noch einmal Arbeit! Kurz: Bremerhaven braucht den Offshore-Terminal. Wir wollen in Bremerhaven wirtschaftlich maximal von der Energiewende profitieren. Das geht nur mit dem Offshore-Terminal.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Kollege Lohse und ich haben auf der Senatsbank versucht herauszufinden, von wem der schöne Satz stammt: Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.

(Zuruf Abg. Crueger [SPD])

Es kommen einige in Betracht, wie Karl Valentin, es kann auch Mark Twain gewesen sein! Es gibt verschiedenste Varianten.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ich glaube, das war Josef Hattig! – Heiterkeit)

Unter Umständen könnte das auch der geschätzte Kollege Hattig gewesen sein.

Ich sage das aus einem Grund: Schauen Sie sich einmal an, welche Projekte – hier sind übrigens die falschen genannt worden – in Bremen und Bremerhaven schon gescheitert gewesen sind, bevor sie überhaupt angefangen haben! Führen Sie sich die Debatten vor Augen, die es bei der Ansiedlung von Mercedes gegeben hat! Ein großes Nachrichtenblatt aus Hamburg hat damals geschrieben, das drohe eine der größten Fehlinvestitionen aller Zeiten zu werden. Die haben überhaupt nicht gemerkt, dass das Mercedes-Werk das größte der Welt sein wird, und es steht in Bremen!

Führen Sie sich die Debatten vor Augen, die es gegeben hat, als der Bremer Senat die Stahlwerke gerettet hat! Führen Sie sich die Debatten vor Augen, die es bei jeder Stufe der Erweiterung des Containerterminals gegeben hat! Führen Sie sich die Debatten vor Augen, die seinerzeit, als ich 1999 in die Bremische Bürgerschaft gekommen bin, darüber geführt worden sind, ob es überhaupt sinnvoll sei – damals waren alle der Meinung, der Autoexport könne gar nicht so weiter wachsen, wie das in den vergangenen Jahren der Fall gewesen war –, in die Kaiserschleuse zu investieren!

Schauen Sie sich an, wie frühzeitig wir in Bremen angefangen haben, immer übergreifend – damals Jens Eckhoff als Umweltsenator –, SPD, Grüne und CDU, auf das Thema Offshore-Windindustrie zu setzen! Das war nicht blauäugig, sondern das ist immer davon getrieben gewesen, dass wir, wenn wir investieren, auch Risiken eingehen, dies aber in dem Bewusstsein tun, dass man dieses Risiko entsprechend tragen muss.

Ich glaube, Herr Hilz hat das Thema Lloyd Werft und Genting Group angesprochen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Ja, das ist richtig!)

Ich konnte nicht nachschauen – das ging leider so schnell nicht –, was die Fraktion Ihrer Partei in der vorletzten Legislaturperiode zu dem Hochrisikoengagement des Bremer Senats bei der Lloyd Werft gesagt hat. Ich kann mir allerdings verhältnismäßig gut vorstellen, was sie damals gesagt hat. Wahrscheinlich hat sie damals nicht gesagt, die Politik der Großen Koalition, weiter auf die Werftindustrie zu setzen, sei eine kluge Entscheidung.

Wer versucht, sich immer nach dem Zeitgeist, den Zeittrends zu verhalten, der läuft Gefahr, dabei zu scheitern.

(Beifall SPD)

Die Kollegin Frau Dr. Schierenbeck hat es eben auch eindrucksvoll beschrieben, die Energiewende ist ein Generationenprojekt, genauso wie die Hafeninfrastrukturen, die wir in Bremen und Bremerhaven gebaut haben, Generationenprojekte gewesen sind. Die Entscheidung bremischer Kaufleute, 1827 ein mooriges Stück Land an der Küste zu kaufen, was heute Bremerhaven ist, ist auch nicht vom ersten Tag an ein Erfolg gewesen, und insofern, finde ich, muss man sich auch diese Linien ansehen. Das, was wir in Bremen und Bremerhaven in den vergangenen Jahrzehnten in die Häfen investiert haben, sind immer richtige und wichtige Investitionen gewesen, die viele Arbeitsplätze nach sich gezogen haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass das auch beim Thema Offshore-Terminal der Fall sein wird, meine Damen und Herren!

(Beifall SPD)

Wenn Sie sich vor Augen halten, ich habe vorhin beschrieben, in welchen Entwicklungstendenzen wir gewesen sind, in der Spitze der Beschäftigung im Bereich der Offshore-Industrie in Bremerhaven sind wir bei gut 4 000 Arbeitsplätzen gewesen. Inzwischen liegen wir noch bei etwas mehr als 2 500 Arbeitsplätzen rund um das Thema Offshore-Windindustrie. Wer will denn ernsthaft erklären, dass ein Wirtschafts- und Arbeitssenator, dass eine Koalition, die diese Regierung trägt, sagen soll, weil sich ein zugegebenermaßen größeres Unternehmen an einem anderen Standort angesiedelt hat, setzen wir diese 2 500 Arbeitsplätze aufs Spiel, weil wir nicht weiter in Hafeninfrastruktur investieren, weil wir nicht weiter darauf setzen, dass das Thema Offshore-Windindustrie zukünftig kommt? Wer will das ernsthaft von uns verlangen, meine Damen und Herren?

(Beifall SPD)

Ich bin fest davon überzeugt, und auch das zeigt die Entwicklung, dass bei den Höhen und Tiefen, die das Thema Offshore-Windindustrie gehabt hat, wir alle miteinander erleben werden, wie spätestens vor der nächsten Bundestagswahl die Debatte um die Frage, ob der Deckel, der von der aktuellen Bundesregierung gesetzt worden ist, eine richtige Entscheidung gewesen ist oder ob es nicht eine falsche Entscheidung gewesen ist und dieser Deckel angehoben werden muss. Diese Entwicklung werden wir noch sehen, und auch das gehört dazu, sich nicht von kurzfristigen Entwicklungen verrückt machen zu lassen, sondern auf die langfristigen Erfolge zu setzen, die wir in diesem Politikfeld vorzuweisen haben.

Ich will aber nach den Äußerungen des BUND, den Planfeststellungsbeschluss beklagen zu wollen oder darüber nachzudenken, ihn beklagen zu wollen, darüber auch mein Bedauern zum Ausdruck bringen, weil es auch an dieser Stelle nach meiner festen Überzeugung bisher kein Infrastrukturprojekt gegeben hat, bei dem ein Naturschutzverband so eng in den Planungsprozess eingebunden gewesen ist,