Protocol of the Session on March 28, 2019

Das spricht für dieses Modell. Wir wollen die hier angesprochene Schwäche in der Funktion in der Vergangenheit nicht weiter bestehen lassen. Der Senat wird, wenn heute die erste Lesung abgeschlossen ist, eine Rechtsverordnung vorlegen, worin sehr eng angelehnt an die Prozesse im Bundesmindestlohngesetz die Aufgaben und die Verfahrensweisen unserer Kommission geregelt werden, sodass sie wirklich wirkungskräftig ist und das Ziel erreicht.

Heute wird hier das Signal gegeben: Bremen geht einen großen Schritt voran. 11,13 Euro, da sind die notwendigen 12 Euro für die Menschen wirklich in Sichtweite. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bin dankbar, dass dieses von den Fraktionen unterstützt wird. Die, die erklären, dass sie für einen Mindestlohn sind, können sich heute einmal einen Ruck geben und sagen, dass sie etwas für die Menschen in unserem Land tun und dass die wirtschaftliche Entwicklung auch weiter gut ist. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Bernhard.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister, ich verstehe eigentlich nicht, warum Sie an unserer Argumentation etwas auszusetzen haben. Es ist so: Wir sind für die 12,63 Euro, die stehen auch bei uns im Wahlprogramm. Das war kein Geheimnis, auch letztes Jahr nicht. Wir haben unseren Antrag in der Fraktion aber auch in der Partei sehr intensiv diskutiert.

Wir hatten sogar diese, genau diese Debatte damals um 8,50 Euro, und dann hatten wir die 10 Euro. Das haben wir bei uns auch sehr offensiv diskutieren müssen. Wir haben dann gesagt, in Ordnung, das ist ein Einstieg. Das war vor der Tarifverhandlung, da war noch nicht klar, dass 11,13 Euro erreicht werden. Die Fraktion der SPD ist mit TV-L Entgeltgruppe 1 Stufe 4 in die Diskussion gegangen. Jetzt ist es die Stufe 2, das muss man auch feststellen. Ich finde es vollkommen richtig, dass man

sich daran orientiert, das habe ich in meiner Rede auch ausgeführt, und ich sehe auch nicht – –. Wir haben weder jetzt noch damals eine andere Diskussion geführt.

Es geht uns tatsächlich darum, Armutsfestigkeit zu erreichen. Die entspricht auf dem Niveau nicht dem, was die OECD-Studie aussagt. Darauf haben wir uns bezogen, und ich finde es völlig begründbar zu sagen: Wir steigen bei der untersten Entgeltgruppe des TV-L ein. Daran hat sich nichts geändert. Wir hätten heute, wenn er vorhanden gewesen wäre, unseren Antrag zurückgezogen. Aber es gibt ihn noch nicht. Er ist nach wie vor in der Deputation.

(Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Er hängt noch in der Deputation! – Zurufe Abgeordnete Aulepp [SPD])

Genau, er hängt in der Deputation. Wir können uns daher heute auch nicht dazu verhalten. Frau Grobien, ich verstehe eigentlich nicht den Zusammenhang, wie Sie sagen können, es interessiert mich nicht, ob diese 5 000 Leute davon profitieren oder nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Wir standen hier gestern oder vorgestern, ich weiß es gar nicht mehr genau, und haben gesagt, es ist – nur einmal als Beispiel –, bei dem BREBAU-Kauf wichtig, dass wir einen Zugriff auf die Wohnungen haben, um sagen zu können, hier wird ordentlich und verantwortlich mit Mieterhöhung umgegangen. Auch das ist in etwa in der gleichen Größenordnung. Man hat gesagt, jede Wohnung, die wir der Verfügung der „Heuschrecken“ entziehen können, ist eine gewonnene Wohnung.

Gerade, wenn man sich der sozialen Marktwirtschaft anheim und verpflichtet fühlt, verstehe ich so eine Aussage überhaupt nicht. Wir haben exorbitante Unternehmensgewinne, wir haben Profitorientierung auf der ganzen Linie und gleichzeitig eine miserable Lohnentwicklung. Der Niedriglohnbereich ist nicht von alleine entstanden. Den gibt es. In dem Zusammenhang zu sagen: Es ist mir eigentlich völlig egal, ob die Leute davon profitieren oder nicht – und ich finde, das ist keine unerhebliche Zahl – ist letztendlich ausgesprochen unsozial, auch für die CDU.

(Beifall DIE LINKE, SPD – Abgeordnete Vogt [DIE LINKE]: Abgesehen davon, dass die Aufstocker von Steuergeldern – –.)

Das kommt noch erschwerend hinzu. Ich möchte noch ein paar Sätze zum Geltungsbereich sagen, weil die Regelung bezüglich der Aktiengesellschaften so schwammig ist. Die Auskünfte des Senats gehen immer fröhlich hin und her wenn es darum geht, ob die AGs einbezogen sind oder nicht. Es hieß in der Antwort auf unsere vorletzte Anfrage: Er umfasst auch die Aktiengesellschaften. Ich habe sie praktisch noch vor mir liegen, in der es hieß, man kann das genau – –. Nach dem, wie das Mindestlohngesetz jetzt ausformuliert ist, wäre die BLG Logistics Group beispielsweise enthalten.

In den aktuellen Antworten heißt es wieder: Nein, sie sind nicht dabei. Das finde ich problematisch, weil es wichtig ist. Der Senat hat die Auskunft gegeben, dass ungefähr 2 000 Beschäftigte im öffentlichen Bereich des Landes davon profitieren die unterhalb der Niedriglohnschwelle sind, und zwar auch bei den Mehrheitsgesellschaften. Das sind etwa 1 200 Beschäftigte bei der BLG Logistics Group und etwa 500 Beschäftigte bei der GeNo. Es ist keineswegs so, dass alle Beschäftigten bei der BLG Logistics Group Löhne erhalten, die oberhalb des Niedriglohnbereichs liegen.

Das, finde ich, müssten wir uns noch einmal genauer ansehen. Es gibt unterschiedliche Auskünfte, und man kann nicht sagen, einerseits finden wir es besser, wenn die Aktiengesellschaften darin sind, andererseits nicht, weil es Geld kostet. Das ist nach unserer Meinung ein Indiz dafür, dass Aktiengesellschaft keine besonders gute rechtliche Form für städtische Gesellschaften ist, das möchte ich zu bedenken geben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich sage trotzdem mit allem – –. Ob das jetzt Wahlkampf ist, oder ob es einen bestimmten Druck gegeben hat oder was auch immer, ehrlich gesagt ist mir das unter dem Strich egal.

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Den Beschäftigten auch! – Beifall DIE LINKE)

Ja, völlig gleichgültig. Das möchte ich gar nicht bestreiten, darüber müssen wir uns auch nicht auseinandersetzen.

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Das ist Politik!)

Es ist ein positiver Effekt. Ich finde, es ist ein richtiger Weg, und ich finde es einen fantastischen Schritt, dass wir das noch erreicht haben. Und das

ist völlig unabhängig davon, wo der Impuls hergekommen ist. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE – Abgeordnete Grobien [CDU]: Wo das Geld herkommt!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Vierte Gesetz zur Änderung des Landesmindestlohngesetzes, Drucksache 19/2106, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich übernehmen Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 7. März 2019 (Drucksache 19/2096)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Lühr.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Vogt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren hier heute einen Antrag, bei dem ich eigentlich in den letzten Wochen schon ein bisschen die Hoffnung hatte, dass wir ihn hätten zurückziehen können. Wir wollen nämlich, dass dieses Mal der Tarifvertrag der Länder tatsächlich endlich einmal zeit- und inhaltsgleich für Bremens Beamte übernommen wird, das ist nämlich in den letzten zehn Jahren nie der Fall gewesen.

Wir halten es für dringend geboten, diese Schlechterstellung der Beamten tatsächlich in Bremen zu beenden. Ich will es an ein paar Beispielen deutlich machen. Bremen hat zunehmend Probleme bei der

Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst. Nur einmal exemplarisch: Der Richterbund hat erklärt, dass im letzten Jahr mehrere ausgeschriebene Stellen bei der Staatsanwaltschaft nicht besetzt werden konnten, weil nicht genügend qualifizierte Bewerbungen vorlagen. Auch die Hochschulen haben teilweise solche Probleme. Architekten, Stadtplaner, Bauingenieure oder IT-Fachleute sind für den öffentlichen Dienst in Bremen kaum zu begeistern, und es ist ebenfalls dadurch auch schwierig, weil die Privatwirtschaft teilweise deutlich besser bezahlt.

Wenn erfahrene Beschäftigte in Pension oder Rente gehen und gleichzeitig qualifizierter Nachwuchs fehlt oder sich nicht bewirbt, dann ist die Handlungsfähigkeit des Staates tatsächlich in Gefahr. Der Staat ist dann gezwungen, sich Dienstleistungen bei Privaten einzukaufen, was am Ende selten günstiger ist, aber auch zu einer schleichenden Privatisierung von staatlicher Daseinsfürsorge führt. Das wollen wir nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist also ein strukturelles und politisches Problem, wenn in vielen Behörden absehbar ein Fachkräftemangel herrscht oder herrschen wird.

Der öffentliche Dienst muss aber auch in den unteren Besoldungsgruppen attraktiv sein, beziehungsweise er muss gerade in den unteren Besoldungsgruppen attraktiv sein. Wir haben hier häufig auch auf Antrag meiner Fraktion über die Gehälter bei der Feuerwehr oder über die Einstiegsbesoldung von Polizeibeamten oder Justizvollzugsbeamten diskutiert. Diese Berufe, in denen regelmäßig im Schichtdienst, am Wochenende und nachts gearbeitet wird, sind sehr verantwortungsvoll und gehören aufgewertet. Nun kann man einmal Beifall klatschen!

(Beifall DIE LINKE – Heiterkeit)

Einerseits, was die Arbeitsbelastung angeht, andererseits aber auch finanziell; es ist auch ein Teil der Wertschätzung, den sich viele Beamte und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes stärker wünschen. Vor drei Wochen einigten sich die Bundesländer mit den Gewerkschaften in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst, das ist der sogenannte TV-L-Tarif. Diese Einigung gilt unmittelbar und rückwirkend zum 1. Januar für die Tarifbeschäftigten der Länder.

Nun sind seit der Föderalismusreform 2006 die Bundesländer aber einzeln für die Besoldung ihrer Beamten zuständig, und seitdem gibt es einen wahren Wettbewerbsföderalismus bei der Höhe der Besoldung. Das lehnen wir als LINKE insgesamt ab. Wir wollen in Gänze die Rückkehr zur bundeseinheitlichen Besoldung, aber die steht nun einmal leider im Bund nicht auf der Tagesordnung.

(Beifall DIE LINKE)

Seit dem Jahr 2006 hat Bremen keine einzige Tarifeinigung ohne Abstriche auf die verbeamteten Beschäftigten übertragen, wirklich keine einzige. Jedes Mal wurde es entweder verzögert oder gekürzt, oder es gab Ausnahmen oder alles zusammen. Insbesondere im Vergleich zum Bund zahlt Bremen deutlich schlechter. Das finden wir nicht länger hinnehmbar. Die Beamten haben einen Teil der Kürzungspolitik des Senats getragen, und wir sagen auch, die Beamten in Bremen dürfen nicht länger die Spardose des Finanzressorts sein.

(Beifall DIE LINKE)

Daher sagen wir, so wie es seit 2006 ist, damit muss jetzt Schluss sein! Der Tarifabschluss muss unverzüglich ohne Verschlechterung irgendeiner Art auf die Beamtinnen und Beamten übertragen werden. Ehrlich gesagt, wir würden ebenfalls gut daran tun auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit, denn die allermeisten Bundesländer haben dieses Mal eine Übertragung schon zugesichert.