Protocol of the Session on November 25, 2015

An der Stelle will ich noch einmal den Senat loben und mich dafür bedanken, dass es insbesondere mit der Vermögensabschöpfung gelungen ist, das Geschäftsmodell der organisierten Kriminalität möglichst unattraktiv zu machen. Die Stärkung des Instrumentariums für die Abschöpfung kriminell erworbener Vermögen trifft die organisierte Kriminalität an ihrer empfindlichsten Stelle. Meine Damen und Herren, wenn illegale Gewinne abgeschöpft werden, dann geht die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr auf.

(Beifall SPD)

Ein Wort noch zu den Einnahmen aus der Vermögensabschöpfung, die im Moment noch erzielt werden: Sie übersteigen die Ausgaben für dieses zusätzlich dort eingesetzte Personal bei Weitem. Das ist Refinanzierung von Stellen im besten Wortsinne.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Vielleicht doch noch ein Wort zu der Frage, woher eigentlich die Täterinnen und Täter kommen! Angesichts dessen, dass organisierte Kriminalität international ist und zum Teil auch aus dem Ausland agiert wird, ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass auch ein größerer Teil der Täter nicht deutsche Staatsangehörige sind.

(Unruhe – Glocke)

Frau Kollegin, eine Sekunde bitte! Ich stelle so gegen Ende des Tages ein bisschen Unruhe im Saal fest. Wenn wir bitte in den letzten zehn Minuten den Rednerinnen und Rednern noch lauschen könnten, wäre ich Ihnen dankbar!

Bitte, Frau Kollegin, fahren Sie fort!

Ich gebe ja zu, ich habe es eingangs schon gesagt, so richtig fesselnd ist die Debatte nicht, aber sie ist dennoch wichtig, insbesondere weil das Innenressort an der Stelle auch zu loben ist, im Übrigen auch das Justizressort, das erlauben Sie mir an dieser Stelle!

Noch einmal zu den Tätergruppen! Ich habe gerade gehört, dass CDU und FDP es interessant finden und auch überlegen wollen, welche Schlüsse und Konsequenzen daraus gezogen werden sollen. Ich will auch nicht weiter darauf eingehen, ich will bloß noch einmal darauf hinweisen, dass solche Äußerungen und Überlegungen wieder die Gefahr in sich bergen, fremdenfeindliche Ressentiments zu schüren.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Der Kollege Zenner hat gerade bemerkt, dass beim Vollzugsverlauf, bei den Lockerungen und der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung, die ja immer auch eine nachwirkende Kontrolle der Täter ist, keine Besonderheiten geschildert werden und vorliegen. Das ist auch gut und richtig, denn unsere Gesellschaft hat natürlich bei allen Straftätern ein hohes Interesse daran, dass Verurteilte, insbesondere nach langjährigen Freiheitsstrafen, möglichst besser als vorher ins gesellschaftliche Leben integriert werden, und deswegen ist das an dieser Stelle – wir haben es auch schon gehört, es sind langjährige Strafen – wichtig und richtig.

(Glocke)

Nur ein Satz noch dazu, die Abschöpfung illegaler Gewinne zu vereinfachen: Dazu wird jetzt von der CDU Italien als Hort der Rechtsstaatlichkeit dargestellt, das finde ich auch interessant. Ich danke der FDP, dass sie da ein verlässlicher Partner für Bürgerrechte ist, in guter liberaler Tradition zu sagen, strafrechtliche Konsequenzen sind schwere Eingriffe in Grundrechte und sie müssen stichhaltig begründet sein. An der Stelle müssen wir uns davor hüten, wie insgesamt bei der Kriminalitätsbekämpfung, das Kind mit dem Bade auszuschütten und rechtsstaatliche Grundsätze zu übergehen. – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zicht.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Zeit will ich mich darauf beschränken, auf einige wenige Aspekte der Antwort des Senats ein Schlaglicht zu werfen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Also eher Verzicht!)

Der Titel der Großen Anfrage lautet „Organisierte Kriminalität im Lande Bremen“, aber die Antwort zeigt, meist gehen die kriminellen Strukturen weit über die Grenzen Bremens und Deutschlands hinaus. Für wirklich effektive Maßnahmen gegen das organisierte Verbrechen braucht es daher internationale Ansätze. Hier kann die im Juni in Kraft getretene EUGeldwäscherichtlinie vielleicht ein echter Durchbruch sein. Die Richtlinien gilt es nun rasch umzusetzen, auch – und das ist jetzt der Bogen zu der ersten Debatte, die wir heute geführt haben – um terroristischen Netzwerken leichter das Handwerk legen zu können.

Auffällig ist, die beiden größten Tätigkeitsfelder der organisierten Kriminalität sind dank einer verfehlten Politik, für die gerade die CDU steht, eigentlich hausgemacht. Das größte Tätigkeitsfeld, so die Antwort des Senats, ist der Rauschgifthandel, und dann kann man natürlich fragen, wann endlich die CDU sich darauf einlässt, der organisierten Kriminalität hier die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Ihre Drogenpolitik ist doch schuld daran, dass die kriminellen Geschäfte so prächtig gedeihen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE – Abg. Hinners [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Sie blockieren über den Bundestag und über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die legale Abgabe von Cannabis. Sie pochen in Ihrer Anfrage völlig zu Recht auf das Instrument der Gewinnabschöpfung. Kommen Sie doch bitte endlich zur Vernunft, und lassen Sie uns die riesigen Gewinne, die durch die Betäubungsmittel entstehen und unversteuert in kriminellen Strukturen versickern, für den Staat abschöpfen und zum Beispiel in die Suchtprävention investieren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Auch dem Jugend- und Gesundheitsschutz wird das mehr nutzen als schaden.

(Glocke)

Herr Kollege Zicht, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hinners? – Bitte, Herr Kollege!

Herr Kollege, Sie haben ja eben den Cannabisverbrauch und -gebrauch angesprochen, aber meinen Sie denn im Ernst, dass das et

was mit organisierter Kriminalität zu tun hat? Dann haben sie das, glaube ich, nicht so richtig verstanden!

Doch, es ist sicherlich nicht die einzige Droge, die dort eine Rolle spielt,

(Abg. Eckhoff [CDU]: Sie wollen also alle freigeben!)

aber selbstverständlich landet der Löwenanteil der Euros, die Bremer Bürgerinnen und Bürger für Mariuhana ausgeben, letztlich in den Händen der organisierten Kriminalität. Selbstverständlich!

Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage, wenn sie das gestatten?

(Abg. Röwekamp [CDU]: Woher nehmen Sie diese Kenntnis?)

Ja, das würde ich auch gern wissen! Dann schauen Sie sich bitte einmal die Definition zum Thema OK an, dann werden sie wissen, was unter OK zu verstehen ist! Das hat mit dem Cannabisverbrauch herzlich wenig zu tun.

Das war jetzt eine Feststellung.

Herr Kollege, fahren Sie fort!

Wir reden ja auch nicht von den Dealern auf der Straße oder in ihren Wohnungen, aber auch die erhalten das Material normalerweise nicht aus dem eigenen Anbau.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn Sie sich also in der Drogenpolitik bewegen würden, dann hätten Polizei und Justiz auch automatisch mehr Ressourcen, um sich anderen Erscheinungsformen des organisierten Verbrechens zu widmen, insbesondere zum Beispiel der Einbruchskriminalität, aber auch generell den Strukturen der organisierten Kriminalität. Die Antwort des Senats ist in diesem Punkt sehr vage, und das sollte uns nachdenklich stimmen, heißt es doch, dass wir das in Bremen tatsächlich bestehende Geflecht aus Schattenwirtschaft und Gewalt bisher nur erahnen können.

Der zweitgrößte Tätigkeitsbereich ist laut Antwort des Senats auf die Große Anfrage die Schleuserkriminalität, und hier gilt ja Ähnliches. Es ist doch nicht zuletzt die Weigerung der CDU/CSU, legale Fluchtwege und praktikable Arbeitsmigration zu ermöglichen, die den Schleuserbanden überhaupt erst ermöglicht, ihrem Geschäft nachzugehen. Ein Paradigmenwechsel in dieser Politik ist nicht nur ein Gebot der Vernunft, sondern auch ein Gebot der Menschlichkeit. Zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität

gehört eben auch, als Staat darauf zu verzichten, die Geschäftsgrundlage von Kriminalität selbst zu organisieren. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier heute die Anfrage der CDU zur organisierten Kriminalität, und in der Antwort gibt es zahlreiche Statistiken von Polizei und Staatsanwaltschaft, allerdings relativ wenige politische Vorschläge. Ich muss allerdings sagen, die CDU hat diese auch nicht abgefragt.

Organisierte Kriminalität, kurz OK, ist einfach gesagt, wenn Kriminalität in bestimmten Deliktfeldern strukturiert und über einen längeren Zeitraum von festen Gruppen durchgeführt wird. Organisierte Kriminalität ist gleichzeitig eine Form der Tatbegehung und ein Modell kriminellen Profitstrebens. Nicht zuletzt sind Gruppen aus dem Bereich OK häufig hierarchisch strukturiert organisiert und haben geschäftsähnliche Strukturen, wie es die Ermittlungsbehörden nennen.

Was wissen wir nach der Großen Anfrage der CDU über die organisierte Kriminalität in Bremen? In den letzten fünf Jahren gab es 19 Ermittlungsverfahren, die die Definition von OK erfüllen. Ermittelt wurde in diesem Rahmen gegen 119 Verdächtige. 16 Verfahren hatten einen internationalen Bezug, achtmal ging es um Drogenhandel, viermal um Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz und Fälschungsdelikte, dreimal wurde gegen professionelle Einbruchsbanden ermittelt. Hinzu kamen Verfahren in Tateinheit mit bandenmäßigem Betrug, Geldwäsche, Zuhälterei, sexuellem Missbrauch und Verstößen gegen das Waffengesetz.

Wenn wir uns allerdings die Zahl und die Härte der Verurteilungen ansehen, lieber Herr Kollege Hinners – ich komme einmal auf meinen Vorredner zurück, auch wenn ich vielleicht anders debattieren würde als er – fällt aber auf, dass zumindest Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, also Drogenhandel, mit langen Freiheitsstrafen abgeschlossen werden.

(Abg. Hinners [CDU]: Da geht es um Heroin! Koka- in!)

Das hat vermutlich, Herr Hinners, mehrere Gründe, und vermutlich andere, als Sie sie jetzt darstellen würden, denn im Vergleich zu Delikten wie bandenmäßigem Betrug oder Menschenhandel sind Drogendelikte vor Gericht regelmäßig leichter nachweisbar, und deswegen kommt es dabei häufiger zu Verurteilungen. Komplexe OK-Strukturen, die nicht nur im Bereich Ankauf und Verkauf von Drogen aktiv sind, sind auch für die Kriminalpolizei deutlich schwieri

ger und mit größerem Aufwand aufzuklären. Solche Ermittlungen nehmen viel Zeit in Anspruch, sie sind entsprechend umfangreich, und es sind erfahrene Ermittler in ausreichender Zahl erforderlich.

Deshalb haben wir uns, ehrlich gesagt, bei der Großen Anfrage der CDU-Fraktion schon gewundert, warum ausgerechnet der Aspekt der Personalausstattung in der Großen Anfrage überhaupt nicht thematisiert worden ist. Ich würde beispielsweise gern wissen, wie die entsprechenden Abteilungen personell aufgestellt sind und nach welchen Schwerpunkten sie arbeiten.