Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Medien. Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich zwei Politik-Grundkurse der Klasse 10 des Alten Gymnasiums und die elfte Klasse der TobiasSchule Bremen. Herzlich Willkommen und einen interessanten Vormittag!
Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen 16 frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor.
Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Linksextremer Verein ‚Rote Hilfe‘“. Die Anfrage ist unterschrieben von dem Abgeordneten Timke und Gruppe BIW.
Erstens: Wie viele Mitglieder hatte die Ortsgruppe Bremen des Vereins „Rote Hilfe“ am 31. Dezember 2018, und wie hat sich diese Zahl seit 2014 entwickelt? Bitte Mitgliederzahl getrennt nach Jahren ausweisen!
Zweitens: Wie viele Bremer Mitglieder von SPD, Grünen und Linkspartei gehören nach den Erkenntnissen des Senats dem Verein „Rote Hilfe“ derzeit an, und wie viele dieser Personen sind Abgeordnete in der Bremischen Bürgerschaft beziehungsweise in der Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven? Bitte getrennt nach den genannten Parteien aufführen!
Drittens: Befürwortet der Senat den Plan von Bundesinnenminister Horst Seehofer, den Verein „Rote Hilfe“ wegen seiner verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu verbieten, und wenn nicht, welche Gründe sprechen aus Sicht der Landesregierung gegen ein solches Verbot?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Fragen eins und zwei: Die öffentliche Berichterstattung zum linksextremistischen Verein „Rote Hilfe“ findet sich im jährlich erscheinenden Verfassungsschutzbericht. Im Jahr 2017 verfügte die „Rote Hilfe“ bundesweit über 8 300 Mitglieder und die Ortsgruppe Bremen über Mitglieder im unteren dreistelligen Bereich. Zum näheren Erkenntnisstand hinsichtlich des Mitgliederpotenzials des Vereins kann der Senat aus Gründen der Vertraulichkeit ausschließlich in der Parlamentarischen Kontrollkommission berichten.
Der Verein unterstützt politisch linksorientierte Straf- und Gewalttäter sowohl in politischer als auch in finanzieller Hinsicht. Er gewährt zum Beispiel Rechtshilfe, vermittelt Anwälte oder übernimmt in Teilen Anwalts-, Prozesskosten und Geldstrafen bei entsprechenden Straftaten. Darüber hinaus betreut der Verein rechtskräftig verurteilte Straftäter während ihrer Haft mit dem Ziel, sie dauerhaft an die linksextremistische Szene zu binden. Die dabei entstehenden Kosten werden aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert.
Zu Frage drei: Bei einem bundesweit tätigen Verein wie der „Roten Hilfe“ ist der Bund für ein vereinsrechtliches Verbotsverfahren zuständig. In der Presse ist über ein mögliches Verbotsverfahren berichtet worden. Der Senat äußert sich ebenso wenig wie die Bundesregierung zu vereinsrechtlichen Verbotsverfahren. – So weit die Antwort des Senats!
Herr Staatsrat, nun haben Sie meine zweite Frage nicht beantwortet, nämlich wie viele Mitglieder von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE nach den Erkenntnissen des Senats dem Verein „Rote Hilfe“ derzeit angehören.
Doch, ich wiederhole: Zum näheren Erkenntnisstand hinsichtlich der Mitgliederpotenziale des Vereins kann der Senat aus Gründen der Vertraulichkeit ausschließlich in der Parlamentarischen Kontrollkommission berichten.
Herr Staatsrat, mich verwundert diese Antwort, denn es gab am 3. September 2018 eine Pressemitteilung Ihres Ressorts. Daraus darf ich einmal zitieren. Es ging in der Pressemitteilung um Verbindungen der Identitären Bewegung, die auch im Verfassungsschutzbericht aufgeführt wird, zum Landesverband der Alternative für Deutschland. Dort sagt Ihr Innensenator: „Dem im bundesweiten Vergleich verhältnismäßig kleinem Landesverband gehören unter anderem Führungspersonen an, die die rechtsextremen Identitären in vielfältiger Weise unterstützen.“ Also hier – jetzt kommt gleich die Frage – hier gibt es am rechten Rand Verbindungen und die machen Sie auch öffentlich. Deshalb bitte ich Sie noch einmal um Beantwortung der Frage zwei, denn auch am linken Rand können Sie das sicherlich hier öffentlich darstellen.
Herr Abgeordneter, ich hätte eigentlich gedacht, dass Sie die Prinzipien der Verschlusssachenanordnung, die Unterschiede zwischen offenen und nicht offenen Erkenntnissen im Bereich der Sicherheitsbehörden kennen. Es ist nicht so, dass sämtliche Informationen, die uns zur Verfügung stehen, auch wenn sie gleicher Art sind, öffentlich bekannt gegeben werden können, sondern wir stellen uns immer die Frage, wir stellen sie in erster Linie unseren Sicherheitsbehörden: Sind die Informationen offen verwendbar oder nicht?
Es geht bei dieser Frage häufig weniger um den Inhalt, sondern mehr um die Frage, woher diese Informationen kommen. Die Frage der Verbindung zwischen Identitärer Bewegung und AfD ist offen nachvollziehbar, ist offen erkennbar im Rahmen von Presseberichterstattung, Internetrecherche, Facebook-Seiten, gegenseitigen Kontakten. Das heißt, wir haben – das ging übrigens auch gar nicht anders, weil wir uns im Bereich der Jungen Alternative zunächst auf offene Erkenntnisse stützen mussten – wir haben ausschließlich mit offen zugänglichen Informationen gearbeitet.
Bei Fragen, die wir entweder durch Informationen anderer Behörden, nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, vertraulichen Zulieferungen bekommen, können wir das nicht öffentlich kundtun. Aus diesem Grund hat das Parlament, hat der Gesetzgeber für die Kontrolle des Handelns des Verfassungsschutzbereichs eine Parlamentarische Kontrollkommission gegründet, in der wir sehr offen
und umfänglich über die uns vorliegenden Erkenntnisse und ihre Herkunft berichten, aber wir sind aus Gründen der Sicherheit dazu gehalten, nicht nur unseren Quellenschutz, sondern auch den Schutz der Informationen und unserer Erkenntnisse und der Tätigkeiten des Verfassungsschutzes durch Vertraulichkeit zu gewähren. Das haben wir hier getan.
Das heißt übrigens nicht – das will ich noch anschließend hinzufügen –, dass wir spezifische Erkenntnisse hätten, sondern das heißt nur, dass, wenn wir spezifische Erkenntnisse hätten, wir sie nicht als offene Informationen hier mitteilen können. Es kann in einer solchen Frage genauso gut sein, dass wir über nicht spezifische Kenntnisse verfügen, aber, um die Arbeit der Sicherheitsbehörden nicht zu behindern, diesen Erkenntnisstand nicht öffentlich machen.
Herr Staatsrat, gilt denn dieser Informationsschutz auch für die Staatsschutzabteilungen oder nur für den Verfassungsschutz?
Die Staatsschutzabteilung der Polizei hätte nur Informationen über Straftaten oder Informationen zur Gefahrenabwehr. Dort gilt im Zweifelsfall auch, dass solche Informationen geschützt werden müssen, wenn es um den Schutz von polizeilichen V-Personen geht, wenn es um den Schutz von Ermittlungsverfahren oder laufende Gefahrenabwehrverfahren geht. Ansonsten sind wir in der Lage, über Informationen des Staatsschutzes zu berichten.
Hier richtete sich die Frage aber nicht um konkrete Straftaten, sondern wir nehmen Bezug auf ein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzberichts. Der Verfassungsschutz betreibt die Gefahrenabwehr in einem sehr vorgelagerten Stadium. Er wird auch als Frühwarnsystem unserer Demokratie bezeichnet. In dem Augenblick, in dem wir konkrete Straftaten anzunehmen haben, wechselt die Zuständigkeit ohnehin auf die Polizeibehörden und die Staatsanwaltschaft. Nach konkreten Straftaten ist hier aber nicht gefragt worden, sondern nach der Mitgliedschaft in einer Organisation.
Nur noch eine Anmerkung: Ja, es ist nicht Straftaten gefragt worden. Gleichwohl müssen Sie als Senat alle Ihnen vorliegenden Informationen mitteilen, selbst wenn Sie aus dem Bereich des Staatsschutzes kommen.
Wir besprechen auch gerade vor dem Staatsgerichtshof, ob wir grundsätzlich immer alles sagen müssen, was wir wissen, oder ob wir die Fragen beantworten sollen. Ich bin immer noch der Auffassung, aber wir werden uns die Maßstäbe des Staatsgerichtshofs nach seiner Entscheidung anschauen, dass es auch einen gewissen Sinnzusammenhang zu dem, was hier gefragt wird, geben muss. Ansonsten könnte man das Fragenstellen im Vorfeld auch sein lassen und einfach allgemeine Themen benennen, zu denen der Senat etwas erzählen soll.
Wir haben die Fragen in dem Umfang beantwortet, in dem wir sie gestellt bekommen haben und in dem wir das hier tun konnten. Noch einmal: Es ist überhaupt nicht Aufgabe des Staatsschutzes, Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes zu beobachten, sondern das ist die Aufgabe des Verfassungsschutzes. Aufgabe des Staatschutzes ist es, politisch motivierte Straftaten zu ermitteln und Gefahrenabwehr in diesem Bereich zu betreiben.
Herr Staatsrat, ich habe eine Frage: Bekommt der Verein „Rote Hilfe“ hier in Bremen finanzielle Unterstützung seitens des Staates? Wenn ja, in welcher Höhe?
Ich kann ausschließen, dass mein Ressort ihnen Zuwendungen zukommen lässt, aber es würde mich auch tatsächlich verblüffen, wenn das aus einem anderen Ressort der Fall wäre. Wenn Sie Erkenntnisse haben, bitte ich ganz dringend, Sie uns mitzuteilen. Ich nehme die Frage aber auch gern noch einmal mit und bitte die anderen Häuser, das auch zu überprüfen. Es würde mich aber ausgesprochen wundern, wenn eine staatliche Stelle einer extremistischen Organisation, die auch als solche er
kennbar ist, weil sie sowohl im Verfassungsschutzbericht des Bundes als auch des Landes erwähnt wird, finanzielle Zuwendungen zukommen ließe.
Die zweite Anfrage bezieht sich auf die Bundesstrategie Künstliche Intelligenz. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Reinken, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Wie bewertet der Senat die im November 2018 auf Bundesebene vorgestellte Strategie für künstliche Intelligenz, in deren Rahmen bis 2025 insgesamt rund drei Milliarden Euro für Forschungs- und Transferprojekte bereitgestellt werden sollen?
Zweitens: Plant der Senat eine bremische Beteiligung an den auf Bundesebene vorgesehenen Forschungsclustern und wie könnte diese aussehen?
Drittens: Inwieweit kann die neue Bundesstrategie den bisherigen bremischen Umgang mit künstlicher Intelligenz beeinflussen und welche Standortvorteile können sich dadurch für das Land Bremen ergeben?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt: