Vorweg zur Sachlage: Wir haben aktuell einen Mindestlohn von 8,84 Euro. Das ist der Bundesmindestlohn, dem sich das Land seit einiger Zeit angeschlossen hat. Im Jahr 2019 wird er auf 9,19 Euro steigen. Das heißt, das ist ein Nettoverdienst von ungefähr 1 100 Euro. Das ist ganz klar ein Nettoverdienst, der in keiner Weise auch nur annähernd gegen die Altersarmut wirksam ist.
Es wäre mindestens notwendig, hier 12,63 Euro anzusetzen. Das ist auch genau das, was letztendlich das BMAS in der Antwort auf die Anfrage unserer Kollegin in Berlin aufgeschrieben hat, wenn man 45 Jahre nicht aufstockt. Auch die Wohlfahrtsverbände und der Paritätische schließen sich im Übrigen an. Es ist also kein Zufall, dass diese Debatte um den Landesmindestlohn, beziehungsweise insgesamt um den Mindestlohn, wieder Fahrt aufgenommen hat. Es ist bundesweit der Fall, aber es ist letztendlich auch hier in Bremen der Fall.
Es ist so, dass Olaf Scholz für Hamburg 12,00 Euro postuliert hat. Wir haben in Berlin einen Referentenentwurf der Rot-Rot-Grünen Regierung zu erwarten. Da steht aktuell die Zahl noch nicht fest, aber sie wird wahrscheinlich ab dem Januar auf dem Tisch liegen, hier ist die Höhe noch umstritten. Wir haben hier den Landesmindestlohn immer wieder in die Debatte eingebracht, immer wieder beantragt. Wir haben, und daran werden sich wohl die meisten auch erinnern, immer moniert, dass wir auf der Ebene letztendlich voranschreiten müssen und ihn nicht einfrieren dürfen. Das ist noch gar nicht lange her, seit dem wir hier das letzte Mal diesen Antrag eingebracht hatten.
Nun ist es so, dass der Bürgermeister Herr Dr. Sieling ebenfalls 12,00 Euro postuliert hat und die SPD-Fraktion sich daran orientieren möchte. Dazu gibt es auch einen Beschluss, und das sind die 10,93
Die Antwort auf die Große Anfrage macht deutlich, wie es wirken würde. Das Tariftreue- und Vergabegesetz hätte natürlich darauf auch Einfluss, weil es bedeutet, dass Unternehmen, die Aufträge aus öffentlichen Zusammenhängen bekommen, sich danach richten müssen.
Da ist beispielsweise ganz prominent das Reinigungsgewerbe hervorzuheben und auch viele andere, die letztendlich mit daran hängen würden. Für den Baubereich haben wir die Tarifbindung bereits mit aufgenommen. Das ist in etwa die Situation.
Ich möchte in dem Zusammenhang auch einmal sagen: Niemand von uns ist letztendlich davon betroffen. Wir alle hier haben nicht annähernd die Realität vor Augen, was es bedeutet, mit solchen Löhnen auskommen zu müssen. Deswegen finde ich es gerade in der Debatte um Altersarmut, in der Debatte um soziale Spaltung in dem Land Bremen unbedingt notwendig, dass wir das wieder in den Mittelpunkt unserer Politik stellen –
Das passiert aktuell aber nicht. Das heißt, es gibt Appelle, es gibt Feststellungen, es gibt vielleicht da und dort einen Beschluss, aber es ist nicht so, dass wir hier politisch voranschreiten. Ich habe mich persönlich über die ersten Reaktionen der Grünen sehr geärgert, die gesagt haben: Na ja, was wäre denn so schrecklich für die kleinen Handwerksbetriebe und welche Sprünge würden wir denn da machen? Was völlig absurd ist, weil dort die Branchentariflöhne letztendlich in den allermeisten Fällen deutlich darüber liegen. Das heißt, dieses Argument zieht überhaupt nicht.
Der andere Punkt ist: Wenn wir ihn nicht ausgesetzt hätten, wären wir mindestens auf 10,15 Euro. Das heißt, dann wäre der Sprung auch ein ganz anderer. Jetzt kann man ja nicht sagen: Ach, von 8,84 ist das ja unglaublich überzogen und entsetzlich viel. Wir sind der Meinung, dass wir das angehen müssen, dass wir das aktuell wirklich umsetzen müssen. Wir haben hier ein Gesetz vorgelegt, das
Das entspringt auch folgender Logik: Selbstverständlich sind wir nach wie vor der Meinung, und das steht auch in unserem Wahlprogramm, dass 12,63 Euro die unterste Marge sein kann, wenn wir effektiv gegen Altersarmut vorgehen wollen.
Nein, es ist nicht alles irgendwie willkürlich. Es ist hier auch kein Überbietungswettbewerb, darum geht es nicht.
Aber wenn wir über Armutsfestigkeit reden und gegen Altersarmut vorgehen wollen, und wenn wir in irgendeiner Weise Glaubwürdigkeit auf der Ebene wollen, dann können wir das nicht ignorieren. Wir sind der Meinung, dass wir dann diesen Einstieg brauchen und nicht so tun dürfen, als könnten wir das weiterhin ausklammern.
Ich sagte ja schon einmal, wir beantragen hier nicht das, was wir fordern, aber wir beantragen, dass das gemacht wird und wovon man auch da draußen niemandem erklären kann, warum es keine Schritte in diese Richtung gibt. Es hat doch überhaupt keinen Sinn, zu sagen: Wir spitzen einmal ein wenig die Lippen, pfeifen aber nicht. Ich finde, das ist politisch letztendlich nicht durchzuhalten. Da muss ich auch an die rot-grüne Koalition appellieren, dass man doch nicht landauf, landab in dem Land sagen kann: Na ja, das Problem ist uns bewusst, und es gibt auch verschiedene Berechnungen, das ist uns ein Herzensanliegen, aber tatsächlich umsetzen, politisch umsetzen, werden wir es nicht.
Bremen war einmal so stolz darauf zu sagen: Wir sind mit dem Landesmindestlohn vorangeschritten. Es hat nicht nur den einzelnen Effekt für jemanden, der tatsächlich davon betroffen ist, und das sind ja nicht so unerheblich wenige, was den Grünen ein wenig auf den Nägeln brennt. Die andere Seite ist, dass wir das natürlich auch wieder aufnehmen müssen, und es gibt auch eine Signalwirkung. Das ist ja auch in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich geworden.
Wenn wir das zu Ende denken, in einem Deutschland das eigentlich unter einem Niedriglohnsektor zu leiden hat, und auch für Bremen ist das ein Problem; sich wieder neben die anderen Bundesländer zu stellen, die das inzwischen für sich erkannt haben, und zu sagen: Leute, wir packen das an, wir setzen das um, wir setzen ein Zeichen, und wir werden das letztendlich auch befürworten.
Das soll unser Gesetz im Grunde genommen erzielen. Wir wollen diese ersten Schritte, und wir wollen auch, dass diese Schritte dann im Jahr 2019 weitergeführt werden, weil es da Tarifverhandlungen über den TV-L gibt, das ist auch kein Geheimnis.
Dann werden wir natürlich langsam und peu à peu in der Lage sein, das von unten aufzugreifen. Nur dann sind wir auch in der Lage, ein Stück gegen diese soziale Spaltung anzugehen. Es ist ein Baustein. Es wird hier im Grunde genommen in keiner Weise im gesamten Tarifgefüge der Himmel auf Erden realisiert. Ich meine, eines ist uns doch auch klar: Die Mindestlohndebatte ist ja auch deshalb entstanden, weil ganz viele Betriebe aus der Tarifbindung herausgefallen sind. Wir sind ja nahezu auf 50 Prozent herunter. Das muss man sich einmal vorstellen.
Kommen Sie mir nicht mit der Idee: Die Tarifparteien regeln schon alles und dann wird das Leben gut. So ist es eben nicht. Es ist eine Reaktion darauf gewesen, dass ganz viele da herausgegangen sind, und dass wir das im Grunde genommen auf der politischen Ebene abfedern müssen, wenn wir nicht wollen, dass hier ganz viele Menschen durch den Rost fallen und das mit Perspektive. – Vielen Dank!
Es kann nicht sein, dass es zusätzlich zum Vollzeitlohn auch noch staatliche Unterstützung geben muss, damit sowohl der Lebensunterhalt bestritten werden kann und man im Alter gegebenenfalls entsprechend abgesichert ist. Um diesen entsprechenden Niedriglöhnen entgegenzuwirken, haben
wir in Bremen bereits im Jahr 2012 ein Mindestlohngesetz beschlossen, das sowohl die Vergabe öffentlicher Aufträge, den öffentlichen Sektor selbst als auch die Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger umfasst.
Seit dem Jahr 2015 ist uns der Bund gefolgt, und wir haben einen bundesweiten Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro mit einem flächendeckenden, branchenübergreifenden Geltungsbereich. Ein wichtiger Schritt gegen Lohndumping, denn der Mindestlohn hat zu einem deutlichen Anstieg im Niedriglohnbereich geführt, ohne dass es dabei in nennenswertem Umfang zu negativen wirtschaftlichen Konsequenzen für Wachstum und Beschäftigung gekommen wäre, wie es ja von vielen Seiten immer wieder behauptet wurde.
Trotzdem haben wir das bremische Mindestlohngesetz beibehalten. Zwar wurde die Höhe des Mindestlohns an den Bundesmindestlohn angepasst, allerdings gilt in Bremen nach wie vor der Mindestlohn auch für Beschäftigte unter 18 Jahren und die öffentlich geförderte Beschäftigung. So weit so gut. Allerdings ist natürlich der Dreh- und Angelpunkt beim Mindestlohn die entsprechende Höhe. Ziel muss es sein, dass alleinstehende Vollzeitbeschäftigte ihre Lebenshaltungskosten mit dem Mindestlohn ohne staatlichen Zuschuss decken können.
Langfristiges Ziel ist deshalb aus unserer Sicht ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 12,00 Euro.
Als SPD wollen wir uns dem Ziel der Erhöhung des bremischen Mindestlohns auf 10,93 Euro schrittweise nähern, das haben wir in unser Wahlprogramm entsprechend aufgenommen.
Nun debattieren wir allerdings an dieser Stelle neben der Großen Anfrage der LINKEN keinen Antrag der Koalition zur Erhöhung des bremischen Landesmindestlohns. Das bedaure ich persönlich sehr und es ist aus meiner Sicht umso ärgerlicher, da wir als SPD längst eine entsprechende Initiative in unserer Fraktion beschlossen haben. Von unserem grünen Koalitionspartner haben wir dafür aber bis heute keine Zustimmung und auch keine Veränderungswünsche übersandt bekommen.
Wie im Antrag der LINKEN orientieren wir uns mit 10,93 Euro als Untergrenze an der niedrigsten Entgeltstufe im öffentlichen Dienst des Landes und koppeln damit den Mindestlohn an das tarifvertragliche Mindestentgelt im öffentlichen Dienst des Landes. Denn grundsätzlich ist es natürlich Aufgabe von Tarifparteien, Entgelte festzulegen. Die Ergebnisse der Tarifverhandlungen finden sich aber damit im Mindestlohn wieder.
Die Handlungskompetenz eines Landes, meine Damen und Herren, ist beim Mindestlohn natürlich begrenzt. Sie beschränkt sich auf die Rolle als Arbeitgeber im öffentlichen Dienst, auf die Vergabe öffentlicher Aufträge und den Bereich öffentlicher Zuwendungen. Trotzdem hat sich gezeigt, dass der Landesmindestlohn sowohl bei der Herstellung von sozialer Gerechtigkeit als auch bei der Einschränkung des Niedriglohns und auch bei der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs sehr erfolgreich gewesen ist.
Deshalb hätten wir hier heute gern unseren eigenen Antrag eingebracht, eventuell auch dem Antrag der LINKEN zugestimmt, jetzt aber stimmen wir an dieser Stelle, weil unser Koalitionspartner nicht mitgeht, für die Überweisung in die Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen und werden es weiter beraten. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer Vollzeit arbeitet, soll davon leben und für sein Alter angemessen vorsorgen können. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Wir stellen fest: Immer mehr Menschen können das nicht, und das hat noch nicht einmal etwas mit einem Mindestlohn zu tun. Wenn ich davon ausgehe, dass ein Alleinstehender im Monat 2 100 Euro brutto verdient, dann hat er netto 1 430 Euro zur Verfügung, sein Arbeitgeber muss allerdings inklusive Sozialabgaben 2 506 Euro bezahlen. Wenn er das in Rechnung stellt, fällt auch noch eine Mehrwertsteuer darauf an, beispielsweise beim Handhandwerksbetrieb. Das heißt, insgesamt ist er bei 3 000 Euro Kosten und einer Mehrwertsteuer, die er zahlt, auf etwas, das bei demjenigen, der so wenig verdient, 1 400 Euro im Monat bedeutet.
In dem Bereich Geringverdiener haben wir eine Gesamtabgabenquote von Steuern und Sozialabgaben, die bei über 50 Prozent, bei 52 Prozent liegt. Das, meine Damen und Herren, macht das System dysfunktional. Wenn Sie zwei Leute haben, die zehn Euro verdienen, 20,00 Euro oder 100 000,001153 Reichsmark, das ist völlig egal, es
ist ja nur eine Zahl, die aber das Gleiche verdienen und der eine ist Maler, der andere ist Maurer. Der Maler möchte bei dem Maurer malen und der Maurer möchte bei dem Maler mauern, dann stellt er fest, dass der jeweils andere sich für das, was er in einer Stunde verdient, von seinem Nachbarn nur eine halbe Stunde Arbeitskraft leisten kann.
Das macht unser System so unzweckmäßig, und das macht es so schwierig, von dem, was übrig bleibt, anständig zu leben und für die Zukunft vorzusorgen, zumal ja auch unser Rentenversicherungssystem immer ungeeigneter wird. Wir haben mittlerweile die niedrigsten Renten in ganz Europa.
Meine Damen und Herren, seit 25 Jahren, seit Mitte der Neunzigerjahre, sinkt die Kaufkraft der ärmeren 40 Prozent dieser Bevölkerung. 40 Prozent ist keine Randgruppe, das ist fast die Hälfte. Bis fast ans Durchschnittseinkommen beklagen Sie, wenn Sie dazu gehören, seit 25 Jahren einen Kaufkraftverlust. Das ging los mit den Kosten der Wiedervereinigung, die haben wir gern getragen. Das ging weiter mit einer dysfunktionalen Währungsunion, die wir auch heute mit allen Anstrengungen nicht funktional bekommen haben.
Heute haben wir zusätzliche Kosten durch eine forcierte Masseneinwanderung, die wir tragen müssen. Wir bekommen für das, was wir versuchen, für die Zukunft privat vorzuhalten, keine Zinserträge mehr und das macht einen ganz großen Teil dieser Bevölkerung arm. Ob der Mindestlohn bei zehn Euro, 12,00 Euro oder 15,00 Euro liegt, spielt dabei keine Rolle. Das Problem ist, dass wir die Leistungsträger dieser Gesellschaft, die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Arbeitnehmer zu stark belasten.