Protocol of the Session on December 12, 2018

Der Kompromiss, der jetzt herausgekommen ist, bedeutet, dass bei einer Niederlage vor Gericht Kosten erstattet werden, und wenn der Verband eine Niederlage erleidet muss auch noch der Beweis der unbilligen Härte geführt werden. Dabei muss ich sagen, das empfinde ich nicht als einen Kompromiss. Das ist weiterhin eine Linie, bei der man sagen muss, damit verhindert –

(Beifall DIE LINKE)

man eher Verbandsklagen und bringt sie nicht auf den Weg. Deshalb, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, würde ich sagen, die drei Punkte, die ich angeführt habe, sind wichtig. Die sind wichtig, auch noch einmal in der Zukunft zu schauen: Wie steht es wirklich darum? Deshalb haben wir für uns als die Fraktion DIE LINKE gesagt, wir werden uns an der Stelle enthalten, weil wir der Meinung sind, es ist richtig und gut, dass dieses Gesetz auf den Weg gebracht wurde, wir haben uns auch daran beteiligt. Aber wir sagen, es sind noch Punkte dabei, die wir prüfen wollen, und unsere Enthaltung ist ein Stück als Herausforderung für die nächste Zeit und den weiteren Gang der Gesetzgebung zu verstehen. – Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Senatorin Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Novellierung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes

ist erstens erforderlich zur Angleichung und Konkretisierung der Ziele des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das ist das, was wir die UN-Behindertenrechtskonvention nennen, zweitens zur Umsetzung der EURichtlinie 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen und drittens zur Umsetzung des Bürgerschaftsbeschlusses zum Rechtsanspruch auf Erläuterung von amtlichen Bescheiden in leichter Sprache.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Senat mit dem Entwurf ein Gesetz vorgelegt hat, das die Gleichstellung behinderter Menschen in Bremen weiter verbessern wird, also ein Schritt hin zu einer inklusiven, zunehmend inklusiven Gesellschaft. Das ist aus meiner Sicht, es wurde von einigen angesprochen, ein wichtiger Schritt und damit auch ein gutes Gesetz. Im vorgelegten Gesetzentwurf werden die Träger öffentlicher Gewalt grundsätzlich verpflichtet, bei der Planung und Durchführung ihrer Maßnahmen die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen in den Blick zu nehmen und Benachteiligungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen abzubauen.

Es sollen Vorurteile beseitigt und inklusive Lebensverhältnisse geschaffen werden, die die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe gewährleisten. Der Gesetzentwurf enthält ferner zur Herstellung der Barrierefreiheit die Möglichkeit von Zielvereinbarungen zwischen anerkannten Verbänden und Unternehmen des Privatrechts. Die anerkannten Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen. Durch Zielvereinbarungen soll die Herstellung der Barrierefreiheit zwischen den Parteien vertraglich fixiert werden.

Weiterhin wird beim Landesbehindertenbeauftragten eine Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten eingerichtet. Das Schlichtungsverfahren, das für die Beteiligten kostenfrei ist, soll eine rasche Einigung ermöglichen und eine Umsetzung des Benachteiligungsverbots sowie insbesondere der Barrierefreiheit befördern. Eine zügige Konfliktbeilegung liegt im gegenseitigen Interesse. Mit dem Instrument des Schlichtungsverfahrens kann der Aufwand für die Beteiligten vermieden und die Gerichte können wirkungsvoll entlastet werden. Sollte die Schlichtung scheitern, bleibt der Weg des Verbandsklagerechts bestehen.

Mit der Novellierung wird der Landesteilhabebeirat in das Bremische Behindertengleichstellungsgesetz aufgenommen. Mit diesem Gremium wird das Ziel der aktiven Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen verfolgt und damit den Anforderungen aus Art. 4 und 33 der UN-BRK Rechnung getragen. Dieses Gremium wird damit erstmals gesetzlich verankert und an dieser Stelle möchte ich all denjenigen danken, die im Landesteilhabebeirat wirkungsvoll mitarbeiten, das sind Kolleginnen und Kollegen aus Bremen und Bremerhaven, dafür herzlichen Dank!

Vorgesehen ist außerdem, die finanzielle Förderung der Partizipation von Verbänden von Menschen mit Behinderungen gesetzlich zu verankern. Damit soll den Selbstvertretungsorganisationen eine aktive und umfassende Teilhabe an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten ermöglicht werden. Um die Partizipation von Menschen mit Behinderungen an politischen Entscheidungsprozessen zu fördern sollen insbesondere niedrigschwellige Angebote im Vordergrund stehen.

Die Belange von Menschen mit Behinderung sollen in allen Bereichen von Politik und Gesellschaft ins Bewusstsein gerückt und berücksichtigt werden. Die Anforderungen zur digitalen Barrierefreiheit werden mit der Novellierung durch verschiedene Regelungen umgesetzt. Zur Überwachung, Berichterstattung an den Bund und zur Durchsetzung wird für Bremen beim Landesbehindertenbeauftragten eine Zentralstelle für barrierefreie Informationstechnik eingerichtet. In § 11 des Gesetzes, Verständlichkeit und Leichte Sprache, kommt der Gesetzentwurf den Anforderungen des Bürgerschaftsbeschlusses nach.

Für die Personengruppen der Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen sollen zukünftig insbesondere Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfacher und verständlicher Weise erläutert werden. Reicht diese Erläuterung für die genannten Personengruppen nicht aus, sollen die Erläuterung auf Verlangen in Leichter Sprache erfolgen.

In einer Anhörung der Deputation für Soziales, Jugend und Integration wurde dieses Gesetz noch einmal sehr lebhaft mit Vertreterinnen und Vertretern der Behindertenverbände und dem Landesbehindertenbeauftragten diskutiert. Darauf sind einige Veränderungen am Gesetzesentwurf vorgenommen worden. So wurden beispielsweise eine

Kostenerstattungsmöglichkeit bei der Verbandsklage und ein ehrgeizigeres Ziel bei der Schaffung von Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden ins Gesetz aufgenommen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des Gesetzes kommt Bremen einer inklusiven Gesellschaft wieder einen Schritt näher und ich möchte mich auch beim Team von Herrn Dr. Steinbrück bedanken, das ganz eng mit uns zusammengearbeitet hat. Ich beende diese Debatte als eine sehr zufriedene Senatorin, weil wir ein gutes Gesetz gemacht haben. – Dankeschön!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß § 51 Absatz 7 der Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag, Drucksache 19/1961, der Staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration abstimmen. Wer dem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD], Abgeordneter Patrik Öztürk [frakti- onslos], Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Als nächstes lasse ich über den Gesetzesantrag in der Sache abstimmen. Wer das Gesetz zur Weiterentwicklung des Bremischen Behindertengleichstellungsrechts in der soeben geänderten Fassung in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD], Abgeordneter Patrik Öztürk [frakti- onslos], Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

Als letztes lasse ich über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/1962 abstimmen. Wer dem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD], Abgeordneter Patrik Öztürk [fraktionslos], Abgeordnete Wendland [par- teilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Entschließungsantrag zu.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 19/1826, und dem Bericht der Staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration, Drucksache

19/1961, Kenntnis.

Zukunft des Landesmindestlohns Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 26. September 2018 (Drucksache 19/1848)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 4. Dezember 2018 (Drucksache 19/1942)

Wir verbinden hiermit:

Viertes Gesetz zur Änderung des Landesmindestlohngesetzes Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 5. Dezember 2018 (Drucksache 19/1946) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Sieling.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat die Abgeordnete Bernhard das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt unsere Große Anfrage zur Zukunft des Landesmindestlohns und auch den dazugehörigen Antrag, den wir eingereicht haben.

Vorweg zur Sachlage: Wir haben aktuell einen Mindestlohn von 8,84 Euro. Das ist der Bundesmindestlohn, dem sich das Land seit einiger Zeit angeschlossen hat. Im Jahr 2019 wird er auf 9,19 Euro steigen. Das heißt, das ist ein Nettoverdienst von ungefähr 1 100 Euro. Das ist ganz klar ein Nettoverdienst, der in keiner Weise auch nur annähernd gegen die Altersarmut wirksam ist.