Protocol of the Session on October 15, 2015

(Abg. Tschöpe [SPD]: Das würden Sie jetzt auch nicht ausgelegt bekommen! – Abg. Frau Grotheer [SPD]: Einen Ordnungsruf, Herr Präsident!)

Im Übrigen, und das ist von Frau Bernhard eben angesprochen worden, was wollen Sie mit 300 Quadratmeter großen Grundstücken? Das ist eine Regelung, die mir völlig unerklärlich ist. Das sind 20 mal 15 Meter! Was wollen Sie auf 300 Quadratmeter stellen? Sie werden es uns aber vielleicht gleich erklären.

Meine Damen und Herren, ein weiterer aufklärungsbedürftiger Vorgang besteht für uns im Zusammenhang zwischen dem vorliegenden Gesetzentwurf und der im letzten Haushalts- und Finanzausschusssitzung vorgestellten – und das Thema wurde heute schon mehrfach angesprochen – umfangreichen Liste des Liegenschaftscontrollings der Iandes- und stadteigenen leer stehenden Immobilien. Frau Bürgermeisterin Linnert – sie ist jetzt nicht mehr anwesend – hat heute Morgen gesagt, diese Liste werde im Hinblick darauf, ob es möglich sei, Flüchtlinge in diesen Immobilien unterzubringen, ständig überprüft.

ln einigen Fällen – das muss ich zugeben – steht in der Liste ein entsprechender Hinweis, in den übrigen Fällen fehlt jeglicher Hinweis. Lassen Sie mich einige Beispiele aus der Liste nennen: Gut Hohehorst, Schwanewede, 5 658 Quadratmeter, leer stehend seit dem 16. September 2014, Ziel: Es steht zum Verkauf. Bürgeramt Blumenthal, Gerichtsnebengebäude, 846 Quadratmeter, leer stehend seit dem 10. Juli 2012, Ziel: Es steht zum Verkauf. Sozialgebäude Burgdammer Straße, 572 Quadratmeter, leer stehend seit dem 13. Februar 2014, Ziel: Es steht zum Verkauf.

(Abg. Gottschalk [SPD] meldet sich zu einer Zwischen- frage.)

JVA Blockland, 15 025 Quadratmeter, leer stehend seit dem 1. Januar 2002, also seit über zehn Jahren, Ziel: Es steht zum Verkauf. Ich will diese Liste jetzt nicht fortführen, aber sie nennt diverse weitere Immobilien. – Herr Gottschalk!

Herr Kollege Hinners, das mache ich schon!

(Heiterkeit)

Herr Kollege Hinners, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gottschalk?

Bitte, Herr Gottschalk!

Herr Kollege Hinners, kann es sein, dass Sie gerade aus einer vertraulichen Vorlage der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses zitiert haben?

(Abg. Röwekamp [CDU]: Aber das macht es ja nicht falsch!)

Aber es ist ja nicht falsch, Herr Gottschalk!

(Beifall CDU – Abg. Röwekamp [CDU]: Naja, wenn man die Gebäude überhaupt nicht selbst nutzt!)

Es sind dann diverse weitere Gebäude mit über 1 000 Quadratmetern vorhanden, die in der Liste festgehalten sind.

(Unruhe)

Sie haben das Wort, Herr Kollege Hinners!

Es geht um leer stehende Gebäude. Ich möchte einmal wissen, was daran vertraulich ist.

(Unruhe)

Der Kollege Hinners hat das Wort!

Genau! Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion ist es eine selbstverständliche Bedingung – und das ist das Entscheidende, aber nicht, ob auf einer Vorlage vertraulich steht oder nicht –, dass bei der Flüchtlingsunterbringung zunächst die eigenen Immobilien geprüft werden

(Beifall CDU)

und belegt werden muss, bevor man per Gesetz auf Privateigentum zurückgreift, dass wirklich alles versucht worden ist, die im Eigentum der öffentlichen Hand befindlichen Gebäude zu nutzen.

(Beifall CDU, FDP, ALFA)

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Anhörung des Geschäftsführers von Haus & Grund, Herrn Richter, gestern vor der Innendeputation und dem Rechtsausschuss eingehen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss!

Herr Richter hat für uns sehr nachvollziehbar auf die Problematik hingewiesen, die mit der Entschädigung verbunden ist- ich habe das eben auch kurz dargestellt –, sowie auf die Gefahr der schwindenden Akzeptanz für die Flüchtlingssituation, die bei der Durchsetzung der Sicherstellung der Gebäude und der Grundstücke nach diesem Gesetz entstehen kann. Das sehen auch wir als große Gefahr an.

Herr Richter hat darüber hinaus – und das ist auch das, was wir fordern – eine Koordinationsstelle angeregt, in der alle Behörden und Immobilienunternehmen zusammenarbeiten, um die Flüchtlingssituation zu diskutieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Für uns als CDU-Fraktion ist der vom Senat vorgeschlagene Weg einer gesetzlichen Sicherstellung von

Gebäuden und Grundstücken falsch. Wir lehnen ihn deshalb ab.

(Beifall CDU, ALFA)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dogan.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich beginne einmal mit dem Schluss Ihres Redebeitrags, Herr Hinners, und werde von der gestrigen Anhörung berichten.

Herr Richter hatte zu Beginn seiner Ausführungen berichtet, dass es bei den Eigentümern Sorgen und Ängste um ihre Eigentumswohnungen gibt, die sie nach einer langen Ansparzeit erworben haben. Er führte aus, dass es sein könne, dass die Stimmung kippe.

Nachdem wir aber noch einmal deutlich gemacht hatten, dass dieser Gesetzentwurf keine kleinen Eigentumswohnungen oder Omas Häuschen erfasst – und das möchte ich auch ganz deutlich in Richtung Frau Bernhard sagen, die Omas Häuschen hier erwähnt hat –, sondern dass es das Ziel dieses Gesetzentwurfs ist, Gewerbeimmobilien mit einer Größe ab 300 Quadratmetern beschlagnahmen zu können, erwiderte Herr Richter, dass das in Ordnung sei.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD – Abg. Tuncel [DIE LINKE]: Und warum 300 Quadratmeter?)

Nachdem ich Herrn Richter die Zielsetzung noch einmal verdeutlicht hatte – Herr Hinners, Sie und andere Kollegen waren während der gemeinsamen Sitzung anwesend –, hat er sich dafür ausgesprochen, dass alle dafür werben und darüber informieren sollten, dass eben nicht Omas Häuschen und kleine Eigentumswohnungen das Ziel des Gesetzes sind.

Ich weise entschieden den Vorwurf an den Senat zurück, dass irgendwelche Immobilien leer stehen und das nicht gehandelt wird. Ich erlebe nämlich etwas ganz anderes. Ich muss deutlich sagen dass der stetige Flüchtlingsstrom uns alle vor enormen Herausforderungen stellt. Die Bewältigung des Flüchtlingsstroms ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Mit diesem Gesetz wollen wir das Grundrecht auf Asyl umsetzen.

In den letzten Jahren ist viel erreicht worden. In den vergangenen drei Jahren haben wir im Vergleich zu anderen Städten keine Flüchtlinge in Zelten unterbringen müssen. Jetzt müssen wir es leider, obwohl es vielen in diesem Hause sehr schwerfällt. Sie wissen auch alle, dass es in den letzten Monaten zu Problemen gekommen ist, weil wir viele Flüchtlinge in Turnhallen unterbringen mussten. Es ist eine Mammutaufgabe, und den Mitarbeitern der Verwaltung und dem Senat gebührt für ihre tagtägliche Leistung der Dank des Hauses.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Trotz neuer Übergangswohnheimen, trotz der Vermittlung in Wohnungen ist es sehr schwierig, alle Probleme zu lösen.

Herr Hinners, von Ihnen wurde auch gesagt, dass gegen das Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. In der gestrigen Anhörung wurde sehr ausführlich von Herrn Professor Stauch deutlich gemacht – darauf will ich im Einzelnen gar nicht eingehen, das wird er sicher selbst machen –, das keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorhanden seien

Es wird sicherlich streitige Verfahren geben. Darauf haben Sie Bezug genommen, Herr Hinners. Bei jedem Gesetz wird es Auseinandersetzungen geben. Unser Ziel war es mit diesem Gesetz, für eine vorübergehende Zeit bis März 2017 als letztes Mittel eine Möglichkeit zu haben, große Gewerbeimmobilien sicherzustellen. Deswegen ist eine Befristung vorgesehen und deswegen lehnen wir den Antrag der LINKEN ab.

Wenn Sie auf verfassungsrechtliche Probleme hinweisen, dann kann ich Ihnen nur erwidern, dass die Behörden selbstverständlich prüfen werden, ob alle Alternativen vorher geprüft wurden. Es ist ganz klar, wie solche Verfahren sonst ausgehen.

Wir haben versucht, mit diesem Gesetz alle Voraussetzungen aufzuschreiben, um auch nach außen das Signal zu senden und diese Sorgen und Ängste zu nehmen. Wir wollen nicht, dass auch Wohnungen sichergestellt werden, wie Sie es in Ihrem Änderungsantrag beschrieben haben, meine Damen und Herren von der LINKEN. Das wollten wir eben nicht. Wir erkennen natürlich auch an, was sehr, sehr viele Menschen hier in Bremen und Bremerhaven in der Flüchtlingsarbeit bewältigen. Wir wollen die Akzeptanz der Flüchtlinge nicht durch solche Sicherstellungen in Gefahr bringen. Deswegen haben wir auch diese Größenzahlen in das Gesetz aufgenommen, deswegen haben wir die Befristung. Sie wissen, wie es mit Gesetzen ist. Wenn man sie befristet, kann man sie nach einer erneuten Prüfung noch einmal verlängern, falls die Notwendigkeit besteht.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das stimmt!)

Frau Bernhard, Sie haben hier versucht, das so ein bisschen auszuspielen. Das fand ich, ehrlich gesagt, sehr schade.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Sie haben den Eindruck erweckt, als würde die rotgrüne Koalition hier im Land Bremen nur die Flüchtlinge im Blick haben und die anderen Menschen nicht.