Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schnittker, die Schlüsse, die Sie in der Einführung zu Ihrem Antrag aus der Großen Anfrage ziehen, über die wir ebenfalls heute sprechen, ziehe ich nicht. Woraus lesen Sie, dass die linksextremistische Szene ein erhebliches – und ich betone erhebliches! – Gefahrenpotenzial aufweist? Woraus lesen Sie, dass es keine wirksamen Projekte gibt? Woraus lesen Sie, dass der Senat die linksextremen Gewalttäter für so gebildet hält, dass Präventionsansätze oder Deradikalisierungsmaßnahmen keine Wirkung hätten? Woraus lesen Sie das alles, und was wollen Sie mit dem Letzteren sagen?
Ich bezweifle, dass Sie damit aussagen wollten, dass intelligenten Akteuren das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit nicht nahegebracht werde könne, weniger Intelligenten, Folgsamen allerdings schon, oder dass der Senat eben das behauptet. Das bekommt einen Zungenschlag, den ich nicht für richtig halte und Ihnen auch nicht unterstellen möchte.
In diesen Debatten landen wir häufig auch an der Stelle des Vergleichs mit anderen Extremisten. Auch heute kommen wir wieder nicht darum herum, wir haben es auch gerade in Debatten mitbekommen. Der Vergleich hinkt jedes Mal in die eine und in die andere Richtung. Richtig ist aber – und das ist auch der Beantwortung der Großen Anfrage klar zu entnehmen –, dass Linksextremismus ganz andere Menschen anspricht. Die Rede ist von Männern zwischen 16 und 24 Jahren, dem klassischen Alter der Pubertät und Adoleszenz. Das ist eine doch relativ kurze Zeit, vergleicht man es mit anderen Extremisten. Die Frage ist jedoch dann doch erlaubt, inwiefern Aussteigerprogramme und Deradikalisierung erfolgreich oder zielführend sind.
Ich möchte aber auch nicht missverstanden werden: Ich weiß, die Gefahr besteht. Das möchte ich auch nicht kleinreden, aber wir müssen Programme, die wir auflegen, auch sinnvoll gestalten. Aktionismus bringt hier nichts.
Eine viel stärkere Bedeutung hat hier die Prävention; ein Part, der mir in Ihrem Antrag viel zu kurz kommt, wenn er doch Erwähnung findet, denn es muss auch hier viel früher angesetzt werden. Ja, Jugendliche sind anfällig für aufregende Ideen, für Rebellion und auch dafür, für Ideale einzutreten und aktiv zu werden. Deswegen bedarf es der Aufklärung, auch der Aufklärung darüber, warum es aber nicht per se cool ist, linksradikal zu sein und es für die schwer verletzte Polizistin im Zweifelsfall keine Rolle spielt, von wem der Stein kam, der sie schwer verletzte.
Auch generell bedarf es der Aufklärung, wie Fake News zu erkennen sind, wie Texte kritisch gelesen werden und welche Fragen zu stellen sind, selbst wenn sich alles schlüssig anhört.
Frau Schnittker, Sie schreiben weiter, dass es an einer fundierten wissenschaftlichen Grundlage fehle und es in Deutschland wenig Forschungsarbeiten zum Thema gebe, das hat Herr Fecker auch schon angesprochen. Was soll ich dazu sagen? Ich habe hier einmal etwas ausgedruckt – ich glaube, es sind über 49 Seiten – zum Thema Linksextremismus, sehr klar datiert und dargestellt, alles fundierte wissenschaftliche Grundlagen!
Somit kann ich Ihnen das gern überreichen, damit Sie da noch einmal ein bisschen nachlesen können. Im Endeffekt waren wir verwundert, als Sie das in dem Antrag und auch hier noch einmal behauptet haben.
Natürlich, Frau Schnittker, sind einige Aspekte Ihres Antrags zustimmungswürdig. Natürlich ist für Extremismus in unserer Gesellschaft kein Platz. Natürlich sprechen wir uns auch gegen Antisemitismus, Gewalt gegen Minderheiten und Fremdenfeindlichkeit aus, übrigens auch noch gegen einiges mehr: Sexismus, Homophobie, Altersdiskriminierung und vieles andere. Deswegen finde ich diesen Beschlusspunkt auch unrund, die gewählten Punkte wirken wahllos.
Selbstverständlich verurteilen wir linksextreme Straftaten in Bremen und im gesamten Bundesgebiet und stehen fest hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland. Niemand, der diese bekämpft, kann unsere Sympathie gewinnen.
Gegen Extremismus haben wir uns schon oft ausgesprochen und ich mache es gern immer wieder. Eine Forschungsstelle, die sich allein mit Linksextremismus beschäftigt, halte ich derzeit jedoch nicht für erforderlich.
Wir erwarten von den vorhandenen Akteuren, von der Schule bis zum Verfassungsschutz, wirkungsvolle Präventionsarbeit. Aus der Antwort auf die Große Anfrage lässt sich herauslesen, dass die vorhandene Prävention als wirkungsvoll eingeschätzt wird. Lippenbekenntnisse oder eine Forschungsstelle in einem Aktionismus zu schaffen halte ich nicht für die Lösung.
Hier gilt es vielmehr, vorhandene Strukturen zu nutzen und zu unterstützen, auch finanziell. Auch allgemein präventive Programme sind damit gemeint. Diese werden vom Senat ebenfalls als zielführend beurteilt, so zum Beispiel die Partnerschaft für Demokratie Bremen. Es gibt Projekte und Konzepte, die sich dem Linksextremismus widmen. Allein eine Abspaltung und neue Namensfindung, die nur dem Linksextremismus gewidmet ist, wird hier nicht weiterhelfen. Auch wenn wir im Ziel nicht weit auseinanderliegen, ist der Weg, dieses
zu erreichen, doch ein ganz anderer. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Linksextremismus wurde vor einigen Wochen diskutiert zum Jahresbericht Rechtextremismus und wegen seiner Erwähnung als Reflex bezeichnet. Das kann ich im Ganzen nicht nachvollziehen. Ich möchte mich auch nicht daran beteiligen, vornehmlich oder vordergründig Rechtsextremismus, Linksextremismus oder religiösen Extremismus zu beleuchten, sondern ich möchte den Blick richten auf das, was wir in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen haben: Einen freiheitlichen, sozialen Rechtsstaat, eine Demokratie, ein Grundgesetz mit Fokus auf die Würde des Menschen und einer Vielzahl von Grundrechten. Das muss der Ausgangspunkt für diese politische Debatte sein.
Wer diese Grundordnung abschaffen will, wer eine andere Ordnung, eine autoritäre Ordnung errichten will, die mit diesen Grundsätzen nicht mehr übereinstimmt, der muss in seine Schranken gewiesen werden.
Und das zweite ist: Alle diejenigen, die mit Gewalt gegenüber Personen und Sachen ihre politischen Auffassungen durchdrücken wollen, sind gleichermaßen zu verurteilen und in ihre Schranken zu weisen.
Vor Jahren gab es noch die DKP, den KBW, MLPD sowie verschiedene trotzkistische Gruppen, die in dieser Anfrage nicht mehr erwähnt werden. Jetzt haben wir es mit interventionistischen Linken zu tun, verschiedenen antifaschistischen Basisgruppen. Wenn ich das lese, antifaschistische Basisgruppen – meine Damen und Herren, wir sind seit über 70 Jahren ein freiheitlicher Rechtssaat. Wir sind kein faschistischer Staat und wir sind auch keine faschistische Gesellschaft.
Wer sich politisch an so einer Farce orientiert, so stellt sich das für mich dar, um für sich selbst ein Handlungsfeld beschreiben zu wollen, der muss auf den Boden einer politisch-demokratischen Grundordnung zurückgeführt werden.
Wenn jemand glaubt, es gibt faschistische Leute und faschistische Gruppen in unserer Gesellschaft – das will ich nicht in Abrede stellen – dann gilt das staatliche Gewaltmonopol. Wir alle sind aufgerufen, diese Gruppen zu bekämpfen. Da gibt es keinen moralisch eigenständigen Katalog für Linke, zu sagen, das übernehmen wir und wir können alles machen, was wir für berechtigt halten. Das geht nicht.
Es ist hier die Beziehung zur Gewalt abgefragt worden. Es ist überzeugend dargestellt und von meinen Vorrednern nicht in Abrede gestellt worden, dass die kommunistischen Gruppen, die jetzt in diese Kategorie eingeordnet werden, sich alle nicht von der Gewaltbereitschaft zur Durchsetzung politischer Ziele distanziert haben. Wo dies eruptiv zu beobachten war, ist der G20-Gipfel in Hamburg. Dort wurde deutlich, dass man vor Gewalt gegenüber Sachen und auch gegenüber Personen nicht zurückschreckt und schwerste Verletzungen von Menschen in Kauf nimmt. Das ist eine Gefahr ausgehend vom Linksextremismus.
Um die Debatte hier nur auf die bremischen Vorfälle zu fokussieren: Sieben Ermittlungsverfahren, einmal Landfriedensbruch für Hamburg. Das greift zu kurz. Wir müssen die Statistiken bundesweit im Auge behalten. Es ist festzustellen, dass sich über die letzten fünf bis zehn Jahre die Gewalttaten, die strafrechtlichen Taten von Linksextremisten, mehr als verdoppelt haben. Insbesondere hat die Anzahl der Fälle bei den Gewalttaten, also Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch, erheblich zugenommen und macht 25 bis 30 Prozent dieser Straftaten aus. Dann ist es unsere Pflicht, nicht nur theoretisch zu diskutieren, sondern zu sagen, wir haben die Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger, damit
sie solchen Gewalttaten nicht ausgesetzt werden. Das ist gleichermaßen unsere politische Verpflichtung.
Die Frage ist, was ist zu tun. Ich hatte eingangs gesagt, dass Wichtigste ist, allen Menschen – insbesondere in der Bildung – von Anfang an deutlich zu machen, welchen Wert diese demokratische Gesellschaft, dieser demokratische, soziale, liberale Verfassungsstaat hat und dass sich jeder für den Diskurs in unserer Gesellschaft einbringen, aber nicht diese Ordnung abschaffen, gegen eine autoritäre Ordnung ersetzen oder Gewalt anwenden kann. Darum geht es.
Jetzt zum Antrag der Fraktion der CDU. Wir haben einen Anstieg von Gewalttaten zu verzeichnen. Es geht darum, zu versuchen, wie wir in der Präventionsarbeit besser werden können. Wir haben hier einmal das GETZ erwähnt, die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet. Da hätte ich mir mehr Bewegung gewünscht. Was wird dort im Bereich Präventionsarbeit gemacht? Für Bremen wurde die Partnerschaft für Demokratie in Bremen angesprochen. Auch hier müsste das näher beleuchtet werden: Was kann man da noch machen? Wie ist das auszustatten? Wann tritt diese Einrichtung zusammen? Dann ist es notwendig, Forschungsarbeit zu unterstützen – nicht für Bremen allein, das halte ich für viel zu kurz gedacht. Wir können das unter finanziellen Mitteln nur schaffen, wenn wir das Bundesgebiet insgesamt anstoßen. Da reicht der Verweis auf die Tatsache, dass es schon Forschungsarbeit gibt, nicht aus, sondern es kommt darauf an, diese Forschungsarbeit für die politische Präventionsarbeit umzusetzen, sie anzuwenden, –
sie für unsere politische Arbeit zu verwenden. Dies ist bisher nicht der Fall. Deswegen macht es Sinn, in diese Richtung zu gehen und den Antrag zu unterstützen. – Dankeschön!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Erst einmal meinen Dank für den gestern vorgelegten Verfassungsschutzbericht, der bei mir im Fach lag
darin steht sicher sehr viel Informatives –, aber auch für die ausführliche Antwort auf die Anfrage der CDU. Das ist unfraglich ehrlich und da lässt sich sehr viel herausziehen.