Protocol of the Session on March 15, 2018

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem aktuellen Hundegesetz in Bremen sind derzeit vier Hunderassen pauschal verboten. Dabei geht die Gefährlichkeit eines Hundes vom Halter und von der Erziehung aus. Kein Hund ist von Natur aus aggressiv.

(Beifall FDP)

Auch ein Dackel, der nicht auf der Verbotsliste steht, kann bei falscher Haltung und falscher Erziehung zu einem gefährlichen Hund werden.

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ein Dackel tötet keine kleinen Kinder!)

Wir legen Ihnen heute ein Hundegesetz vor. Dabei haben wir uns in einem längeren Prozess mit Tierschutzverein, Verband des deutschen Hundewesens und der Tierärztekammer ausgetauscht. Es orientiert sich an den geltenden Gesetzen in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein. Wir wollen mit diesem Gesetz die Gefährlichkeit nach Hund beurteilen und nicht nach Rassenzugehörigkeit. Die diskriminierende Rassenverbotsliste gehört abgeschafft, meine Damen und Herren!

(Beifall FDP, BIW)

Das Problem der Verbotsliste möchte ich Ihnen an zwei Beispielen erläutern. Wenn ein Autobauer mit seiner Familie aus Wolfsburg nach Bremen zieht und einen Bullterrier als Familienhund hat, dann muss er diesen Hund auf dem Weg von Wolfsburg nach Bremen bei einem Tierheim abgeben, ohne dass sich irgendjemand diesen Hund überhaupt ansieht. Wenn er ihn nämlich mit nach Bremen nimmt, wird er ihm weggenommen. Der Hund, der nie auffällig gewesen ist, darf dann den Rest seines Lebens im Tierheim verbringen oder auf eine Vermittlung nach Niedersachsen hoffen. Gassi gehen wird zur Seltenheit, denn das darf nur entsprechend geschultes Personal, und das sind meist die Hauptamtlichen mit begrenzter Zeit. Ich frage Sie: Ist das im Sinne der Familie, ist das im Sinne des Tieres?

(Beifall FDP)

Ein anderes Beispiel: Nachdem wir das Gesetz eingebracht hatten, schrieb mich eine Frau aus Bremen an. Ihre Mutter lebt zwei Stunden von Bremen entfernt in Niedersachsen und hat einen American Staffordshire-Terrier. Leider ist die Mutter an Krebs erkrankt und schafft es wegen Chemotherapie und

Reha nicht mehr, sich so um den Hund zu kümmern, wie sie es gerne möchte. Die Tochter unterstützt, wie sie kann, aber aufgrund der Entfernung ist das natürlich schwierig. Sie kann den Hund nicht zu sich nach Bremen holen, denn er ist ja in Bremen verboten.

Diese beiden Beispiele zeigen, wie absurd das momentane Hundegesetz ist.

(Beifall FDP, BIW – Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Finde ich nicht!)

Herr Tschöpe, gibt es diese verbotenen Hunderassen eigentlich in Bremen und Bremerhaven? Schauen Sie sich einmal um, Sie dürfen sich ganz legal 24 Stunden mit einem Hund, der in Niedersachsen auch legal ist, in Niedersachsen aufhalten! Wenn Sie also durch unsere Parks und auch durch unsere Innenstadt gehen, werden Sie sehen, dass diese Hunde hier tatsächlich unterwegs sind. An der Landesgrenze gibt es kuriose Straßen, wo sie auf der einen Seite, weil es Niedersachsen ist, diesen Hund halten dürfen, auf der anderen Seite nicht. Die Laufwege sind, wenn sie Gassi gehen, aber die gleichen. Der Speckenbütteler Park zum Beispiel liegt nur 150 Meter von der Stadtgrenze entfernt.

(Unruhe – Glocke)

Ich möchte doch bitten, für den Redner etwas mehr Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, denn das ist ein Thema, das vielleicht auch andere Leute interessiert! Es ist eine allgemeine Unruhe hier. - Bitte!

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Präsident! Was ich sagen wollte: Diese vier Hunderassen sind in unseren Städten ganz legal unterwegs, auch eine Absurdität des Gesetzes.

Unser Blick richtet sich auf den Hundehalter und weg von der Rasse. Daher wollen wir aus Tierschutzgründen und auch zur Gefahrenprävention einen Sachkundeausweis für Hundehalter.

(Beifall FDP)

Ausnahmen davon sind neben professionellen Hundehaltern auch Menschen, die in den letzten Jahren mindestens zwei Jahre einen Hund hatten.

In Bremen könnte sich heute jeder einfach einen Hund zulegen, zum Beispiel auch einen Rottweiler, ohne dass er sich jemals mit einer artgerechten Tierhaltung auseinandergesetzt oder jemals so einen Hund gehabt hätte, und das ist aus unserer Sicht in einigen Fällen eine Zumutung für die Tiere wie auch für unsere Gesellschaft.

(Beifall FDP)

Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben sehr gute Erfahrungen mit dem Sachkundenachweis gesammelt. Wir sind der Meinung, wir brauchen diesen Sachkundenachweis auch hier in Bremen.

Meine Damen und Herren, es wird Zeit, dass wir ein modernes Hundegesetz bekommen. Die Rassenverbotsliste hat nie den Effekt gehabt, den man sich von ihr erhofft hat. Deswegen haben sich andere Bundesländer – übrigens parteiübergreifend, CDU, SPD, Grüne, FDP, DIE LINKE – auf den Weg gemacht, bessere Gesetze zu schaffen. Zuletzt hat der Landtag in Thüringen mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken die Rasseliste abgeschafft. Heute haben Sie die Chance, diesen Weg auch für Bremen zu gehen.

(Glocke)

Ich bitte Sie daher, diesem Gesetzentwurf zum Wohle der Hunde und auch der Sicherheit in unseren beiden Städten zuzustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall FDP – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Auf gar keinen Fall!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Leidreiter.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Besucher, liebe Hundefreunde! Ich hoffe, dass zahlreiche Hundefreunde heute hier sind. Der von der FDPFraktionen vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden sieht im Kern die Abschaffung der sogenannten Rasseliste vor. Diese Liste diskriminiert bestimmte Hunderassen und ihre Besitzer, weil jeder Listenhund pauschal als gefährlich eingestuft wird. Dieser Ansatz hat sich in der Praxis als untauglich erwiesen.

Hunderassen, die zunächst als gefährlich eingestuft wurden, sind mittlerweile wieder von der Rasseliste einiger Bundesländer gestrichen worden,

und das zu Recht. Wird eine Rasse in die Liste aufgenommen, führt das in der öffentlichen Wahrnehmung zu einer Stigmatisierung jedes einzelnen Hundes dieser Rasse, unabhängig von seinem tatsächlichen Verhalten. Der Entwurf der FDP zur Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden verzichtet deshalb darauf, einzelne Rassen aufzuführen. Dieser Grundgedanke ist im Prinzip richtig, aber der Entwurf wirft neue Fragen auf.

Nach § 2 des Gesetzentwurfs sollen plötzlich alle Hundehalter verpflichtet sein, ihre Tiere so zu führen, dass von ihnen keinerlei Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Praktisch will man dieses Gebot durch einen Leinenzwang durchsetzen, der für fast alle öffentlichen Bereiche, vor allem aber für sämtliche Hunde und nicht mehr nur für solche gelten soll, die als gefährlich gelten. Die Freien Demokraten unterstellen damit, dass von jedem Hund per se eine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht. Haltungsbeschränkungen, die bislang nur für Listenhunde gelten sollen, sollen auf alle Hunde ausgeweitet werden.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP])

Nein, das ist nicht blöd, lesen Sie Ihren Gesetzentwurf durch! Es ist praktisch für jeden Hund ein Leinenzwang vorgesehen. Das können Sie sich in Ihrem Entwurf anschauen! Ich war von der FDP auch wirklich enttäuscht, weil die Freien Demokraten eigentlich für ihre Freiheit - -.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Das tut mir aber leid! – Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP]: Herr Leid- reiter, Sie enttäuschen wir besonders gern!)

Lassen Sie mich einmal weiter ausführen, dann lernen Sie etwas!

(Zurufe)

Dadurch aber würde der Gesetzgeber nicht nur Rassen wie Pitbullterrier, Bullterrier, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier, sondern auch Dackel, Pudel und Mops als gefährlich ansehen und damit stigmatisieren. Diese Vorschrift steht im Widerspruch zum Gebot einer artgerechten Tierhaltung. Das OLG Hamm hat bereits 2001 festgestellt, dass eine generelle Anleinpflicht für alle Hunde und überall sowohl aus verfassungs- als auch aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig wäre. Genau darauf läuft es beim Gesetzentwurf der FDP hinaus. Wir BÜRGER IN WUT lehnen einen generellen Leinenzwang ausdrücklich ab.

(Abgeordneter Saffe [Bündnis 90/Die Grünen]: Lei- nen los!)

Das ist mit uns nicht zu machen.

§ 2 Absatz 5 des Gesetzentwurfs sieht vor, jedem Halter von Hunden, die sich außerhalb des befriedeten Besitzes bewegen, die Pflicht aufzuerlegen, seinen Vierbeiner mit einem Halsband, einer Halskette oder einer vergleichbaren Anleinvorrichtung mit Kennzeichnung auszustatten. So soll der Besitzer eines Tieres ermittelt werden können. Eine Ausnahmeregelung für bereits gechipte Hunde sieht dieser Gesetzentwurf nicht vor. Eine doppelte Kennzeichnung von Hunden halten wir für überflüssig.

Der geforderte Sachkundenachweis für Hundehalter wird von der Gruppe BIW befürwortet, greift aber innerhalb von Familien und beim Umgang von Fremden mit Hunden zu kurz. Man merkt, Sie sind Hundetheoretiker und keine Hundepraktiker.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Es gibt Unter- schiede zwischen denjenigen, die mit dem Hund unterwegs sind, und dem Hundehalter!)

Genau das ist das Problem, darauf komme ich gleich noch zu sprechen!

Die Forderung nach Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Hunde, die älter als sechs Monate sind, ist grundsätzlich sinnvoll. Allerdings dürfen die Versicherungssumme der Pflichtversicherung und die damit verbundenen Kosten für den Hundebesitzer nicht unverhältnismäßig hoch sein.

Der von den Freien Demokraten in ihrem Antrag vertretene Ansatz, die Gefährlichkeit von Hunden nicht nach ihrer Rasse, sondern nach ihrem individuellen Verhalten zu beurteilen, wird von uns ausdrücklich begrüßt. Diese Position haben die BÜRGER IN WUT hier in einer anderen Debatte zum Themenkomplex bereits im Jahr 2014 vertreten. Allerdings weisen die Formulierungen des FDPGesetzentwurfs im einschlägigen § 7 Unschärfen auf. Wenn etwa in § 7 Absatz 1 Nummer 3 schon dann ein gefährliches, behördlich zu überprüfende Verhalten angenommen wird, wenn ein Hund Menschen wiederholt in – so wörtlich – gefahrdrohender Weise angesprungen oder ein anderes Verhalten gezeigt hat, das Menschen ängstigt, so stellt sich die Frage, was damit konkret gemeint ist. Das Anspringen ist gerade bei jungen Hunden regelmäßig ihrem Spieltrieb geschuldet und kein Zeichen von Aggressivität.

(Zuruf Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen])

Es ist aber nicht gefährlich, darum geht es! Der Eindruck, was ein gefährlicher Hund ist, ist individuell und ein subjektives, kein objektives Empfinden. Es gibt Menschen, die bereits in Panik geraten – vielleicht gehören Sie dazu, Frau Müller! –, wenn ihnen ein größerer Hund auf der Straße entgegenkommt,

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Ganz im Gegenteil!)

obwohl das Tier wieder böswillige Absichten hegt noch bedrohlich auftritt.

(Abgeordnete Dr. Müller [Bündnis 90/Die Grünen]: Mein Hund ist sehr gut erzogen!)