Fakt ist, dass seit dem Jahr 2004 keiner mehr darüber spricht, aber offensichtlich ist im Tal der Ahnungslosen noch ein Elfenbeinturm übrig geblieben, auf den Sie marschiert sind, und Sie haben sich gesagt, dass Sie dieses Thema noch einmal hervorholen wollen. In der Analyse der Zahlen kommen Sie zudem zu völlig verkehrten Ergebnissen.
Wir, die CDU-Fraktion, sind der Auffassung, dass die duale Berufsausbildung ein wesentliches Element zur Sicherung des Nachwuchses von qualifizierten Fach- und Führungskräften ist. Sie ist auch ein wesentliches Element und eine wesentliche Säule für den wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik Deutschland, und deswegen: Ein klares Ja, ein klares Bekenntnis zu diesem dualen Berufsausbildungssystem!
Wer hier versucht, mit staatlichen Instrumenten diese duale Berufsausbildung infrage zu stellen, der stellt auch mittelbar den wirtschaftlichen Erfolg unserer Ökonomie infrage, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Sie wollen in staatliche Systeme, weil Sie grundsätzlich den Privaten misstrauen. Das ergibt sich auch aus Ihrer Programmatik. Insofern argumentieren Sie doch hier einfach einmal ehrlich und offen, das erleichtert auch die Analyse der Antwort auf Ihre Anfrage! Die Zahlen sind auch eindeutig.
Sie haben – und das ist Ihre zweite Aussage – den Bremer Pakt für Ausbildung für gescheitert erklärt. Wir kommen zu einem anderen Ergebnis, weil seit dem Jahr 2014 die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 3,5 Prozent gestiegen ist. Das Gegenteil ist also der Fall, dieser Pakt für Ausbil
dung auf der Basis von Freiwilligkeit ist im Gegensatz zu den staatlichen Instrumenten, die Ihnen vorschweben, ein erfolgreiches Instrument!
Wenn Sie die Bezeichnung „Tal der Ahnungslosen“ als Vorwurf wahrnehmen: Ich komme eigentlich nur deswegen zu dem Ergebnis, weil Sie das System aus der Bauwirtschaft hier herangezogen haben. Frau Kollegin Böschen hat darauf hingewiesen, das hat seit 1976 ganz andere Wurzeln. Die Struktur der Bauwirtschaft ist auch eine ganz andere. 80 bis 90 Prozent der Unternehmen sind Klein- oder Kleinstunternehmen, die schlichtweg gar nicht in der Lage sind, einen adäquaten Ausbildungsansatz von 800 000 Beschäftigten in der Bauindustrie darzustellen. Sie können das nicht auf andere Industriebranchen oder das Gewerbe übertragen, und deswegen ist der Hinweis völlig verkehrt, zumal es eine tarifliche Vereinbarung ist und kein staatlicher Zwang, wie Sie ihn wollen! Eigentlich müsste der Appell bei ihrer Logik – falls eine vorhanden ist – lauten: Jawohl, die Tarifpartner sind gefordert, hier entsprechende Vereinbarungen zu treffen, und nicht staatliche Instrumente; wie sie Ihnen vorschweben.
Wenn Sie schon über den Mangel im Ausbildungssystem reden, dann müssen Sie natürlich auf die Bremer Situation kommen. Dann wäre es vielleicht einmal hilfreich gewesen, dem Bremer Senat vorzuwerfen, was er zur Aufrechterhaltung der Qualität im Berufsschulsystem tut. Schauen Sie sich die jahrelange Diskussion über die Qualität der Berufsschule für Großhandel, Außenhandel und Verkehr an! Sie befindet sich in einem völlig miserablen baulichen Zustand. Die Auszubildenden hier unterrichten zu wollen, ist natürlich völlig kontraproduktiv. Wenn Sie es mitbekommen hätten, die Unternehmen haben auch jahrelang diesen Zustand kritisiert und selbst gesagt, dass sie zumindest in Bremen nicht mehr ausbilden, weil sie es ihren Auszubildenden nicht mehr zumuten können. In Ihrer Großen Anfrage findet sich kein Wort darüber!
Oder schauen Sie sich den Zustand der Berufsschule an der Alwin-Lonke-Straße an, Anfang der Achtzigerjahre als Vorbildprojekt in dieser Stadt gefeiert! Seitdem wurde aber nicht reinvestiert, saniert oder instand gehalten. Ganze Lehrlingshallen stehen dort leer, und dann ist es doch kein Wunder, dass die Ausbildungsbetriebe sagen, dass Sie sich überlegen, ob es Sinn macht, in Bremen und Bremerhaven auszubilden.
Dann spielt noch ein letzter Punkt eine Rolle, auf den Sie ehrlicherweise auch hätten hinweisen müssen: Inwiefern ist es überhaupt noch möglich, die Anforderungen, die es gibt, zu erfüllen? Das ist jetzt zwar eine sehr pauschale Behauptung, aber ich stehe dahinter, weil wir in meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit auch immer vor der Frage standen, wie viele Auszubildende wir im Jahr beschäftigen, aber wenn Sie sehen, was da zum Teil an Bewerbungen auf den Tisch kommt,
dann müssen Sie auch einmal die Frage stellen, was aus dem schulischen System in den Ausbildungsberufen ankommt, die vielleicht nicht so hohe Anforderungen stellen! Der Baubereich, aus dem ich komme, ist bekanntlich in dieser Hinsicht eher niederschwellig, aber selbst dort bekommen Sie Bewerbungen, bei denen Sie genau sehen: Lesen, Schreiben und Grundrechenarten eher eingeschränkt!
Deswegen müssen Sie doch, wenn Sie die Problematik des Mangels von Nachwuchskräften auch in gewerblichen Bereichen sehen, auch die Frage der Qualität der Ausbildung in den allgemeinbildenden Schulen und den Berufsschulen sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und deswegen erweisen Sie der eigentlichen Problematik mit dieser Großen Anfrage einen Bärendienst. Im Gegenteil, wenn Sie sich selbst ernst nehmen würden, dann hätten Sie auch einen Antrag dazu formuliert und hier nicht irgendwelche Sonntagsreden gehalten! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Herr Kastendiek, gleich am Anfang zu Ihnen: Ich hätte fast darauf wetten können, dass Sie dem Senat die Schuld dafür geben, dass die Unternehmen ihren Teil der freiwilligen Bremer Vereinbarung nicht einhalten. Das ist wirklich abenteuerlich, Herr Kastendiek!
Auf das zweite Argument hätte ich auch wetten können. Zu sagen, obwohl da oben junge Menschen aus Bremer Schulen sitzen, na ja, die kommen eben alle nicht gut genug von den Bremer Schulen,
und deswegen können wir ihnen auch keine Ausbildungsplätze anbieten, das ist noch abenteuerlicher, Herr Kastendiek!
Zur Wichtigkeit und Bedeutung der dualen Ausbildung nicht nur in Bremen, sondern überall, ist sehr viel gesagt worden, deswegen will ich das gar nicht wiederholen. Ich will nur einen Punkt aufgreifen, nämlich die Wahlfreiheit, die junge Menschen eigentlich haben sollten, wenn sie sich für einen Beruf entscheiden. Davon können wir in Bremen leider mangels des Engagements der Unternehmen, die in Bremen ansässig sind und gute Ausbildung leisten – ich will gar nicht kritisieren! –, aber eben nicht genug, nicht reden, denn weil sie nicht genügend Ausbildungsplätze anbieten, haben die jungen Menschen in Bremen einfach die Freiheit bei ihrer Berufswahl nicht! Sie ist ihnen aber zugesichert, und wir müssen dazu kommen, dass die jungen Menschen zwischen unterschiedlichen Berufen und Ausbildungsangeboten wählen können.
Ich finde, dem Senat die Schuld zu geben, obwohl der Senat die Bremer Vereinbarung übrigens in hervorragender Art und Weise erfüllt und Ausbildungsplätze im Unterschied zu den Unternehmen zur Verfügung gestellt hat, die sich immer weiter aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung herausstehlen, für die Ausbildung von jungen Menschen und für den Nachwuchs an Fachkräften zu sorgen, das ist mehr als ärgerlich. Das haben wir Ende des letzten Jahres, als es offenbar wurde, glaube ich, auch alle zu Protokoll gegeben, wenn ich das so sagen darf.
Nun hat DIE LINKE nachgefragt, aber eigentlich die Ausbildungsumlage oder die Ausbildungsabgabe als Idee in den Raum gestellt – ich weiß nicht genau, was sie jetzt eigentlich meint, da ist viel durcheinandergeraten, Frau Böschen hat es vorhin noch einmal aufgeklärt –, ich sage jetzt einmal, die Landesausbildungsumlage als Idee in den Raum gestellt, mit der wir Unternehmen nun dazu bringen sollen, dass sie mehr ausbilden. Ich gebe zu,
diese Art der Konfrontationstherapie für Unternehmen ist sicher ungeheuer populär und lässt sich auch gut nach draußen verkaufen; ich bin aber genauso sicher, dass sie wirkungslos bleibt. Deswegen hat sich der Senat zumindest offengehalten, ob wir überlegen, für einzelne Branchen eine freiwillige Umlage einführen zu können. Das werden wir auch intensiv prüfen, aber eine Zwangsumlage für alle Ausbildungsbetriebe oder Unternehmen in Bremen kommt für uns nicht infrage. Die Umlage – das ist in der Antwort des Senats ausgiebig erläutert worden – müsste eben auch rechtlich auf Bundesebene geprüft werden.
Letzter Punkt! Ich finde, wenn wir über mangelnde Ausbildungsplätze sprechen und infrage stellen, ob die Bremer Schülerinnen und Schüler ausreichend allgemeingebildet und damit ausbildungsreif sind, dann weiß ich nicht, wie es Ihnen damit geht, aber mir liegen dafür die Daten gar nicht ordentlich vor. Ich finde, wir haben wirklich ein Transparenzproblem bei den Ausbildung suchenden Schülerinnen und Schülern, und wir haben ein noch größeres Transparenzproblem, was die Ausbildungsplätze angeht. Wenn die Wirtschaft immer wieder behauptet, so viele Ausbildungsplätze zu haben, aber für diese Ausbildungsplätze keine passenden Bewerberinnen und Bewerber gefunden zu haben: Ich kann dieses Angebot der überwältigend vielen Ausbildungsplätze gar nicht erkennen. Deswegen ist es ganz schön, dass man sich jetzt offensichtlich darauf verständigt hat, dass diese offenen Ausbildungsplätze beim Jobcenter beziehungsweise der Agentur für Arbeit dann auch gemeldet werden, sodass wir sehen können, welche Ausbildungsplätze es gibt und welche Ausbildung Suchenden es gibt, wer welche Qualifikation hat und ob es wirklich so ist, wie es heute in der Debatte wieder behauptet wurde. Ich würde das bezweifeln.
Ich finde, wir haben in dem ganzen Bereich Ausbildung ein Zahlenwirrwarr. Ich brauchte eine Weile für die Antwort des Senats, aber ein Dankeschön für die ausführliche Aufschlüsselung! Trotzdem brauchen wir – deswegen mein Plädoyer – erst einmal eine ordentliche Transparenz, wie eigentlich das Verhältnis zueinander ist. Dann gehen wir – ich auch, aber vor allem der Senat – in den Dialog mit den Unternehmen, welche Unterstützung und Motivation sie eigentlich brauchen, um mehr Ausbildungsplätze anzubieten. Am Ende werden wir die Vereinbarung fortführen, womöglich in anderer Form, aber von Zwangsmaßnahmen wie Umlagen wollen wir an dieser Stelle noch absehen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die duale Ausbildung – Frau Böschen hat es schon gesagt – ist absolut der Anker unseres Ausbildungswesens und der Garant für die Fachkräftesicherung. Angesichts der Akademisierung und der Ansicht, jeder müsse Abitur machen, gerät die duale Ausbildung im Moment durchaus in Gefahr. Weltweit werden wir aber doch um unser Ausbildungssystem beneidet. Unsere geringe Jugendarbeitslosigkeit ist darauf zurückzuführen – Sie haben es gesagt –, und deswegen ist es so wichtig, den Wert und auch die Vorzüge unseres dualen Ausbildungssystems wieder zu betonen.
In Bremen sind die Zahlen in der dualen Ausbildung durchaus bemerkenswert und im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt tatsächlich auch meist überdurchschnittlich, das gehört zur Wahrheit dazu. Insgesamt gibt es über 16 000 Betriebe in Bremen, eine enorme Zahl, und davon sind vermutlich ungefähr die Hälfte ausbildungsberechtigt. In Bremen gibt es über 3 600 Betriebe, die ausbilden und damit auch einen extrem wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wirtschaft und des Standorts Bremen leisten, und das ist immerhin auch etwa die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe.
Jährlich werden in Bremen etwa 5 900 Ausbildungsverhältnisse geschlossen. Die Zahlen sind seit dem Jahr 2010 sowohl bei den ausbildenden Betrieben als auch bei den Auszubildenden gesunken, das stimmt, die Zahl der ausbildenden Betriebe hat sich in den vergangenen Jahren leicht reduziert. In der Zeit der Bremer Vereinbarung hat es zwar wieder leichte Steigerungsraten bei den Auszubildenden gegeben, aber von einer Trendwende können wir wirklich nicht sprechen. Wir glauben, dass die gute konjunkturelle Lage eher der Treiber der vermehrten Ausbildungszahlen ist und eben nicht die Bremer Vereinbarung.
Dennoch gibt es eine Reihe von Betrieben, die nicht ausbilden, und da müssen wir uns einfach einmal anschauen, was denn die Gründe dafür sind. Schwierig finde ich, dass Unternehmen häufig angeführt haben – das ist aus der Anfrage deutlich geworden –, dass der Kosten-Nutzen-Aufwand der Ausbildung eben nicht passt. Vor allem für kleine
Unternehmen fällt dieser Grund sehr, sehr stark ins Gewicht, und wir sollten uns überlegen, wie wir an dieser Stelle besser werden können.
Auch die schwierige Suche nach möglichen passenden Bewerbern und Auszubildenden ist ein Grund, der übrigens die Kritik direkt zurück an uns ins Parlament gibt. Es ist unser Problem, wenn wir es nicht hinbekommen, denn es zeigt sich tatsächlich – und da gebe ich dem Kollegen Kastendiek recht –, dass wir dringend an der Ausbildungsfähigkeit unserer Jugendlichen und der jungen Erwachsenen arbeiten müssen. Frau Dr. Müller, ich kann Ihnen nur empfehlen, sprechen Sie mit den Unternehmen, denn auch das ist durch die Anfrage herausgekommen: Es ist einfach das Hauptproblem, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht ausbildungsfähig sind, wenn sie in die Unternehmen kommen.
Frau Vogt, Sie regen sich immer auf, wenn dazwischengeredet wird, aber Sie sind Meisterin im Dazwischenreden, echt jetzt!
Für viele Unternehmen ist tatsächlich auch die Ausbildereignungsprüfung immer wieder ein Hindernis, denn sie ist teuer, sie kostet sehr, sehr viel Zeit, und auch die Art der Ausführung finde ich persönlich schwierig. Warum? Es ist sicherlich gut und richtig, und ich stehe auch dazu, dass es eine Eignungsprüfung für die Ausbilder gibt und man es anbietet, aber das Problem ist, dass es tatsächlich völlig egal ist, wer diese Prüfung absolviert. Das heißt, einer im Betrieb braucht diese Ausbildereignungsprüfung, er muss aber nicht derjenige sein, der für die Auszubildenden zuständig ist. Es reicht, wenn irgendeiner diese Prüfung einmal absolviert hat, und ich glaube, da müssen wir einfach einmal am Konzept arbeiten, denn das darf eigentlich so nicht passieren.
Unternehmen dazu zu zwingen, ist der absolut falsche Weg und ein politischer Irrweg. Es wäre eine Katastrophe! Es kann sein, dass es in einzelnen Branchen sinnvoll ist, aber das jetzt als Allgemeinumlage für alle zu machen, wäre falsch und fatal!
Frau Böschen hat es auch gesagt, es wird von der Wirtschaft nicht einmal anerkannt, und ich kann nur sagen, die Ausbildung ist Aufgabe der Unternehmen und eben nicht die Aufgabe des Staates. Es ist falsch, sich nur mit Symptomen zu beschäftigen, das machen Sie immer sehr gern, aber wir müssen uns vielmehr mit den Ursachen beschäftigen. Die Ursachen sind eben die zu wenig ausbildungsfähigen Jugendlichen, Sie können dagegen anreden, aber de facto ist es nun einmal so, dass Betriebe selbstständig Nachhilfe für Ihre Auszubildenden leisten, um Defizite, die in der Schule eben nicht ausgeglichen werden konnten, wieder aufzuholen. Es wird an vielen Firmen deutlich, das Problem der Bremer Jugendlichen ist, dass viele Unternehmen vermehrt Jugendliche aus Niedersachsen einstellen. Es ist nämlich nicht so, dass wir zu wenig ausbilden, sondern die meisten Bewerber kommen eben doch aus Niedersachsen und bekommen dann auch den Ausbildungsplatz. Wir müssen einfach unser Bildungssystem als das Thema Nummer 1 und die Ausbildungsreife unserer Jugendlichen ganz oben auf die Tagesordnung setzen.