Des Weiteren möchte ich Ihnen mitteilen, dass interfraktionell vereinbart wurde, über den Tagesordnungspunkt 21 ohne Debatte abzustimmen.
Möglichkeiten, Zulässigkeit und Notwendigkeit einer Landesausbildungsumlage im Land Bremen Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 20. September 2017 (Drucksache 19/1250)
Gemäß § 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Herr Staatsrat, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat eine Große Anfrage zu Möglichkeiten einer Ausbildungsumlage im Land Bremen gestellt. Hintergrund der Anfrage ist die Ausbildungssituation im Land Bremen. Seit Jahren setzen sich Senat, Handels- und Handwerkskammer zum Ziel, die Ausbildungszahlen in Bremen deutlich zu erhöhen. Das Instrument, das dazu bisher genutzt wurde, war die sogenannte freiwillige Vereinbarung. Darin wurde festgehalten, wie stark die Ausbildungszahlen steigen sollen.
Die Zielzahlen wurden nicht erreicht, die Ausbildungszahlen haben sich nicht verbessert. Die Leidtragenden sind die Jugendlichen, denen so die Chance auf ihre berufliche Perspektive genommen wird. Da die Bremer Politik aber eine Verantwortung für die jungen Erwachsenen hat, dass alle eine Ausbildung machen können, müssen wir Instrumente nutzen, die Wirkung zeigen.
Nachdem die freiwilligen Vereinbarungen also gescheitert sind und die Ausbildungsgarantie der SPD nicht mehr als ein leeres Wahlversprechen war, wollen wir eine Landesausbildungsumlage für Bremen ins Spiel bringen.
Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Alle Betriebe im Land Bremen werden verpflichtet, ihren Beitrag zur Ausbildung zu leisten. Wer nicht ausbildet oder zu wenig ausbildet, zahlt eine monetäre Abgabe in einen Topf. Aus diesem Topf können dann Betriebe unterstützt werden, die mehr Ausbildungsplätze anbieten, oder kleine Betriebe, die ohne Unterstützung nicht in der Lage wären, eine Ausbildung zu ermöglichen. Dass dieses Instrument funktioniert, zeigen die positiven Erfahrungen aus der Bauwirtschaft.
Nun zur Anfrage! Der Senat unterstütze branchenbezogene freiwillig vereinbarte Umlagen, heißt es in der Antwort. Damit macht es sich der Senat jedoch sehr einfach. Er sagt, ja, das ist eine gute Idee, wenn sich darauf in der Wirtschaft geeinigt wird, dann unterstützen wir das! Das ist uns als politische Steuerung deutlich zu wenig.
Wir wollen eine verbindliche Ausbildungsumlage, die branchenspezifisch angepasst ist, aber klar die Freiwilligkeit durch eine Verpflichtung ablöst, denn die letzten Jahre zeigen eindeutig, mit Appellen an die Freiwilligkeit kommen wir hier nicht weiter.
Die aktuellen Zahlen sind alarmierend. Die Betriebe, die ausbilden, sind um 250 zurückgegangen. Die Zahl der dualen Ausbildungsplätze verharrt auf dem Niveau des Jahres 2013. Jedes Jahr verlassen 700 bis 800 Jugendliche ohne Abitur in Bremen und Bremerhaven die Schule, ohne in eine weitere berufliche oder schulische Ausbildung zu gehen.
Viel zu viele Jugendliche gehen in das Übergangssystem, weil sie keinen Ausbildungsplatz finden. Hinzu kommt eine große Anzahl von Altbewerbern, die in den vergangenen Jahren bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz auch leer ausgegangen sind. Dadurch können wir sagen, dass Bremen mindestens 2 000 neue Ausbildungsverträge pro Jahr braucht, um diese Ausbildungsplatzlücke zu schließen. Die Antwort des Senats zeigt, dass die bisherigen Anreize für zusätzliche Ausbildungsplätze nicht reichen, um diese eklatante Ausbildungsplatzlücke zu schließen. Deshalb wollen wir die Landesausbildungsumlage einführen, um verbindlich mehr Ausbildungsplätze für junge Menschen in Bremen zu schaffen.
Ich sagte bereits, die Erfahrungen aus der Bauwirtschaft sind überaus positiv. Ich zitiere aus der Antwort des Senats: „Die Ausbildungsumlage in der Bauwirtschaft hat sich nach Einschätzung der zuständigen Innung bewährt. Sie gewährleistet hohe Ausbildungsvergütungen, vergleichbar mit denen eines Bankkaufmanns.“ Hier sehen wir also: Die Umlage richtig anzuwenden, kann nicht nur dazu beitragen, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, sondern sie kann auch zu besseren Ausbildungsvergütungen führen. In einigen Branchen gibt es hier tatsächlich erheblichen Nachbesserungsbedarf, und auch daran müssen wir dringend arbeiten, damit junge Menschen in der Ausbildung auch genug Geld zum Leben in der Tasche haben.
Ein entscheidender Punkt zum Schluss: Die Antwort des Senats auf die Anfrage der LINKEN sagt, ja, die Einführung einer Ausbildungsumlage auf
Landesebene ist möglich. Sie muss bestimmte Kriterien einhalten, und es muss gesichert sein, dass der Bund nicht bewusst eine Ausbildungsumlage verhindern wollte.
Ich komme zum Schluss! Angesichts der Tatsache, dass der Bundestag bereits zweimal, 1976 und 2004, eine gesetzliche Umlage einführen wollte, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass der Bundestag nicht bewusst eine Umlage verhindern wollte. Der Bundesrat hat ihm dabei nur einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Wir finden, es ist dringend an der Zeit, auf die freiwilligen Vereinbarungen zu verzichten und endlich mit einer gesetzlichen Umlage Perspektiven für die Jugendlichen zu schaffen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zu den Vorteilen einer dualen Ausbildung sagen! Bei der dualen Ausbildung besteht ja die Dualität, also die Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Schule, und das ist aus meiner Sicht durchaus eine Win-win-Situation, weil sich die Betriebe hier ganz deutlich an den Kosten der Ausbildung beteiligen, in der Regel nämlich zu drei Fünfteln. Drei Tage im Betrieb, zwei Tage in der Schule, das bedeutet, nicht allein der Staat übernimmt die Ausbildungskosten, sondern eben auch diejenigen, die von solch einer Ausbildung profitieren, die Betriebe. Das ist auch vor dem Hintergrund eine Win-win-Situation, dass die jungen Leute anders als bei einer schulischen Ausbildung eine Ausbildungsvergütung bekommen. Das ist ein deutlicher Vorteil.
In Deutschland haben wir, wie Sie alle wissen, eine relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit, auch das hängt sehr stark mit diesem System der dualen Berufsausbildung zusammen. Die Qualität unserer Facharbeiterschaft wird durchaus mit dem Prinzip der dualen Ausbildung in Verbindung gebracht. Das sind Vorteile, wie wir sie, glaube ich, alle kennen und auch schätzen.
beklagen darüber hinaus den Fachkräftemangel, und insbesondere Jugendliche mit schlechteren Schulabschlüssen haben immer weniger Möglichkeiten, überhaupt in eine Ausbildung zu kommen. Das ist branchenspezifisch sehr unterschiedlich. Wenn wir es uns ansehen, dann ist der Fachkräftemangel in Bremen besonders stark in den wirtschaftsbezogenen Dienstleistungen, im Gesundheits- und Sozialwesen, in Handel und Reparatur, während sich der Ausbildungsplatzmangel in den Berufen Kaufleute im Einzelhandel, medizinische Fachangestellte, Tischler und Mechatroniker konzentriert.
Obwohl 80 Prozent der Betriebe befürchten, ihren Fachkräftemangel zukünftig nicht decken zu können, denken sie jetzt nicht daran, mehr Ausbildungskapazitäten anzubieten. Das hat in Bremen natürlich auch damit zu tun, dass sie sich sehr gut auf ihr niedersächsisches Umland verlassen können, aber insbesondere von kleineren Betrieben wird der Aufwand für eine Ausbildung oft als sehr hoch eingeschätzt. Sie sehen sich, sage ich einmal, unfähig, im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf tatsächlich fachgerecht auszubilden. Ganz häufig ist es auch so, dass eine schlechte Erfahrung, die man vielleicht mit einer oder einem Auszubildenden gemacht hat, dazu führt, dass Betriebe sagen: So, ich bilde zukünftig nicht mehr aus!
Der wirtschaftliche Erfolg unseres Bundeslandes hängt aber an gut ausgebildeten Fachkräften, und deshalb muss es unser aller Ziel sein, die Ausbildungsbereitschaft und damit auch die Anzahl der ausbildenden Betriebe deutlich zu erhöhen. Ich glaube, darüber sind wir uns alle einig.
Wenn wir uns jetzt die Große Anfrage der LINKEN ansehen, sehen wir, dass darin viele Dinge durchaus auch ein wenig durcheinandergehen. Da ist die Rede von der Ausbildungsplatzabgabe, und lassen Sie mich das kurz erläutern: Das ist eine Zwangsabgabe auf Bundesebene, die dann alle Betriebe leisten, die im Prinzip nicht ausbilden. Ich habe gar nichts dagegen, man muss nur sehen, dass von diesem Geld, das dann eingenommen wird, schulische Plätze organisiert werden und nicht betriebliche Ausbildungsplätze, Auch dagegen habe ich erst einmal nichts, wenn man damit für die Not Abhilfe schafft, aber wir haben durchaus Erfahrungen mit solchen Plätzen und wissen, dass die Akzeptanz diesen jungen ausgebildeten Fachkräften gegenüber in der Wirtschaft häufig sehr schlecht ist. Wenn wir das allein auf Bremer Ebene täten, hätten
wir natürlich ein Alleinstellungsmerkmal, das sich aber wahrscheinlich als Konkurrenznachteil erweisen würde.
Wenn wir von der Ausbildungsumlage reden, dann wurden hier jetzt zwei Beispiele angeführt, nämlich einerseits das Beispiel im Bereich Bau. Das ist schon sehr alt und sehr traditionell, im Jahr 1976 hat man sich darauf verständigt, und ich glaube, alle finden, dass das ein gutes System ist, weil insbesondere durch diese Umlage gerade auch kleinere Betriebe in die Lage versetzt werden, qualitativ hochwertig auszubilden. Erstens haben wir dadurch durchaus mehr Ausbildungsbetriebe gewonnen, zweitens haben wir, wie gesagt, aber die überbetriebliche Ausbildung, die davon finanziert wird und sicherstellt, dass wir eine hohe Qualität in der Ausbildung haben und die Auszubildenden richtig viel Geld in der Ausbildung verdienen. Hervorragend!
Wenn wir andererseits den Bereich der Altenpflege anschauen, finden wir ein völlig anderes System vor. Hier haben wir ein bundesgesetzliches Fachkräftegebot, eine vorgegebene Quote. Nur weil wir diese Quote haben, gibt es die Möglichkeit, in eine sogenannte Umlage einzutreten, wenn die Quote einmal perspektivisch nicht erfüllt wird. Das ist hier in Bremen nachgewiesen worden. Ich finde, dass wir und alle anderen es hinbekommen haben, toll. Das hat erstens zur Folge, dass mehr Betriebe ausbilden. Zweitens haben wir damit einhergehend deutlich mehr Schulplätze in dem Bereich, denn es ist in der Regel doch eher eine schulische Ausbildung. Drittens ist die Ausbildungsvergütung für diese jungen Leute richtig angestiegen. Großartig!
Die Frage ist: Was machen wir jetzt in Bremen? Aus meiner Sicht ist die Antwort des Senats deshalb überhaupt nicht falsch. Ich finde, wir müssen schauen, wie wir hier keinen Wettbewerbsnachteil schaffen, aber der Situation des Ausbildungsplatzmangels für junge Leute begegnen. Wenn wir uns einige Bereiche und Branchen anschauen – DEHOGA würde mir sofort einfallen –, dann erkennen wir einen Mangel an Auszubildenden.
Der Bereich selbst müsste ein hohes Interesse – Entschuldigung! – haben, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Wenn wir hier eine Umlage auf der Basis eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags hinbekämen, wäre es großartig! – In diesem Sinne herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich die Große Anfrage und einige Zeit später die Antwort des Senats gelesen hatte, fragte ich mich, aus welcher Mottenkiste dieses Thema eigentlich hervorgeholt worden ist!
Fakt ist, dass seit dem Jahr 2004 keiner mehr darüber spricht, aber offensichtlich ist im Tal der Ahnungslosen noch ein Elfenbeinturm übrig geblieben, auf den Sie marschiert sind, und Sie haben sich gesagt, dass Sie dieses Thema noch einmal hervorholen wollen. In der Analyse der Zahlen kommen Sie zudem zu völlig verkehrten Ergebnissen.