Generell bedarf es einer umfassenden Strategie, denn auch wenn sich das Viertel immer durch seine Diversität, Lebendigkeit und seine Szene auszeichnete und auszeichnet, endet hier für uns die Toleranz bei Straftaten. Diese steigenden Zahlen dürfen nicht fortgeschrieben werden. Wie besonderen Phänomenen in der Vergangenheit erfolgreich begegnet wurde, muss es auch hier wieder passieren. Ein solches Konzept liegt vor, das ist auch in der Antwort des Senats zu lesen. Dies wird stetig fortentwickelt und angepasst.
Generell möchte ich aber auch nicht unerwähnt lassen, dass es sich bei dem Anstieg der Straftaten auch um ein bundesweites Phänomen handelt. Um die Frage der CDU-Fraktion einmal ganz persönlich zu beantworten: Ja, ich fühle mich in Bremen und Bremerhaven noch sicher. Ich lebe und arbeite gern in dieser Stadt und empfinde es keinesfalls als unsicher oder gefährlich. Wenn man versucht, so ein Bild zu zeichnen, spielt man ein Stück weit auch mit dem Feuer. Dies gilt auch für die Verknüpfung zu ausländischen Tätern und Abschiebungen. Ich habe aber überhaupt kein Problem, sachlich über Abschiebungen zu diskutieren, und ja, Rückführungen müssen insbesondere bei Straftätern durchgeführt werden, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, keine Frage! So oder so, das Grundanliegen nehme ich überaus ernst. Wir müssen uns den Zahlen widmen und Konsequenzen ziehen, sofern erforderlich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kriminalität im Ostertor/Steintor: Ich wohne in dem Beritt, und für mich waren Ostertor und Steintor immer erhaltenswerte Ortsteile für Bremen,
und zwar nicht nur zum Wohnen, sondern für Gewerbe, Kultur und Freizeit. Aus diesen beiden Ortsteilen kann man eine ganze Menge für die Perspektive Bremens machen, und deswegen ist für
diese Ortsteile hinsichtlich der Kriminalität unbedingt eine bessere polizeiliche Behandlung erforderlich als in der Vergangenheit.
Zur Vorbemerkung! Nach der Kriminalitätsstatistik für die Jahre 2014 bis 2017, die uns vorgelegt wurde, hat es sich im Bereich Ostertor etwas verbessert, aber im Steintor erheblich verschlechtert und insgesamt verschlechtert. Es passt dann eben auch nicht dazu, wenn ich an das denke, was der Innensenator gestern hier zum Besten gegeben hat, dass alles nur vom Feinsten ist. Es geht überall bergab. Gerade die neuralgischen Punkte Bahnhof, Discomeile oder jetzt Ostertor/Steintor haben wir polizeilich noch nicht so in den Griff bekommen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Ortsteil wohlfühlen können.
Es fällt auf, dass Körperverletzungsdelikte, schwere Körperverletzungsdelikte und Rauschgiftdelikte in beiden Ortsteilen erheblich angestiegen sind. Aus der Aufstellung ist mir nicht ganz klar geworden, was alles unter strafrechtliche Nebengesetze fällt. Da gibt es ja auch eine ganz erhebliche Anzahl von Straftaten, da sollte vielleicht noch einmal ein bisschen ergänzend informiert werden.
Drei Viertel der Straftaten werden von Männern begangen, ein Viertel von Frauen, 20 Prozent entfallen auf Kinder und Jugendliche. Auffällig ist, dass in den vergangenen Jahren die Anzahl ausländischer Täter gestiegen ist, bei den Deutschen gibt es einen leichten Rückgang. Insbesondere ist auffällig, dass besonders die türkischstämmigen Mitbürger in allen Jahren oben angesiedelt sind, die Syrer sind dazugekommen, Osteuropa und Afrika sind ebenfalls stark vertreten.
Man muss feststellen, dass das Konzept von 2015 noch nicht die entsprechenden Wirkungen gezeigt hat. Es wird von zwei Ermittlungsgruppen gesprochen. Wir entnehmen daraus, dass die Ermittlungsarbeit und die polizeiliche Präsenz in den Bereichen Ostertor und Steintor noch einmal erhöht werden müsste, um polizeilichen Erfolg zu haben. Ich bin jetzt kein Polizeiexperte, aber ich glaube, es liegt auf der Hand, dass personelle Präsenz hilfreich wäre.
Behördenübergreifende Kontrollen machen vielleicht Sinn, den ganzen Bezug zu den Straftaten kann ich nicht erkennen. Bei der Kontrolle von Gaststätten und Betrieben auf Arbeitserlaubnisse und Öffnungszeiten kann ich nicht den unmittelbaren Bezug zur Kriminalitätsbekämpfung sehen.
Zum Thema Mauer in der Helenenstraße! Durch den Abriss der Mauer kann ich mir einen Erfolg in der Kriminalitätsbekämpfung nicht ganz vorstellen. Die Mauer ist dort zur Hälfte errichtet, dahinter ist alles vermüllt und verdreckt, das ist völlig klar. Da braucht man einen Ordnungs- oder Quartiersdienst, damit das in Ordnung gehalten wird, aber dass das der Rückzugsraum für Kriminelle sein soll, ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Eine bessere Beleuchtung könnte ich mir in dem Bereich auch als abschreckend vorstellen. Inwieweit Prostituierte als Rückzugsraum genutzt werden, weiß ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihre eigenen Arbeitsplätze durch solche Kooperationen gefährden wollen, aber ich weiß es nicht.
Sie schlagen ein Alkoholverbot vor, da sehe ich nicht ganz den Zusammenhang eines Alkoholverbots zu den Straftaten. Die Erweiterung der Waffenverbotszone sehe ich auch nicht so ganz. Kioske und Wettbüros zu verbieten, das hatten Sie hier vorgeschlagen, da müsste klar gesagt werden, wo der Zusammenhang zwischen diesen Straftaten ist. Die verbesserte Beleuchtung, das hatte ich gesagt, ist ein vernünftiger Vorschlag.
Noch einmal zur Abschiebungsproblematik! Uns ist bekannt, dass es bei der Identitätsfeststellung Probleme gibt, dass es ein Ausweisungsinteresse und ein Bleibeinteresse geben kann und man hier rechtlich abwägen muss. Für uns sind Sie etwas zu spät dazu gekommen, eine Zentralstelle für Rückführung einzurichten, die Behördenkooperation zu verstärken, nicht nur zwischen dem Innen- und Justizressort, sondern auch das Migrations- oder Sozialamt oder alle Behörden einzubinden, die in dem Prozess mit eingebunden werden müssen. Das ist gut. Wir müssen hier aber auch rechtsstaatlich stringent vorgehen und auch bei der Frage der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vielleicht das eine oder andere Mal bei Straftätern mutiger sein, wie auch der Weg über § 58 a, bei dem wir uns lange Zeit zurückgehalten haben, dann doch auch entsprechende Erfolge gebracht hat.
Sie haben von 2014 bis 2017 pro Jahr zwölf bis 22 Personen aufgrund strafrechtlichen Fehlverhaltens abgeschoben.
Ich bin sofort fertig! Ich habe zwei Gesichtspunkte, bei denen ich Probleme habe: Zum einen gibt es in Ihrer Aufstellung eine ganze Reihe von Personen, die sich unerlaubt im Bundesgebiet aufhält, von 2014 bis 2017 gab es einen Anstieg von 718 auf 2 578. Da müsste ich eigentlich erwarten können, dass dort die Personen aufgrund strafrechtlichen Fehlverhaltens abgeschoben werden müssten und könnten.
Zum anderen gibt es bei den Freiheitsstrafen von über einem Jahr eine ganze Menge in dieser Tabelle, bei denen ich auch nicht die Relation sehe zu den tatsächlich vorgenommenen Abschiebungen. Da müsste man noch einmal nachbessern. – Danke schön!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, Selbstempirie ist zwar immer so zielführend, aber gerade von den Regierungsfraktionen wohnen einige im Viertel, und mich würde einmal interessieren, vielleicht können Sie mir sagen, ob Sie sich wirklich so unsicher im Viertel fühlen, wie es die FDP gerade dargestellt hat.
(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ich fühle mich auch als Gast dort sicher! – Zu- ruf BIW: Alles sicher!)
Wie sicher können die Bremer sich im Viertel und im gesamten Stadtgebiet noch fühlen? So lautet der Titel der CDU-Anfrage, und das ist mit Sicherheit eine interessante Fragestellung, über die man übrigens auch lange philosophieren könnte, aber die Fragen, die Sie gestellt haben, bringen uns da eigentlich nicht so richtig weiter, und der Erkenntnisgewinn ist relativ gering.
Die Straftaten im Viertel, das stimmt, vor allem im Steintor, haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Das haben meine Vorredner auch gesagt, das bezweifelt übrigens auch niemand. Das hat nie jemand abgestritten.
Man muss allerdings auch festhalten, bevor der Staatsrat hier redet, dass ein wesentlicher Teil auf verstärkte Drogenkontrollen und entsprechend angezeigte Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, BtMG, zurückzuführen ist. Auch die Körperverletzungen haben zugenommen. Andere Straftaten wie das sogenannte Antanzen bei Taschendiebstählen und Raub sind hingegen wieder deutlich gesunken. Das hat uns in den Jahren 2014 und 2015 massiv beschäftigt, insofern finde ich es sehr erfreulich, dass wir in dem Bereich einen deutlichen Rückgang haben.
Ein anderes Problem ist doch tatsächlich, dass das Viertel sich in den vergangenen Jahren weiter in Richtung Partymeile entwickelt hat. Auf Partymeilen und Gebieten mit vielen Kneipen gibt es bundesweit mehr Probleme als in reinen Wohngebieten. Das ist eine wenig überraschende Erkenntnis. Damit hätte man sich aber auch einmal ernsthaft beschäftigen können. Man hätte zum Beispiel einmal überlegen können, ob es Angebote gibt wie Streetwork oder Betreuungsangebote für Menschen, die am Wochenende unter starkem Drogen- und Alkoholeinfluss im Viertel umherlaufen. Es gibt genügend orientierungslose, hilflose, nicht nur aggressive Menschen, die dadurch Opfer einer Straftat werden. Man sieht sie am Samstag oder Sonntag im Viertel regelmäßig umherirren. Wenn es jemanden gäbe, der für diese Menschen ansprechbar und verantwortlich wäre, hätte das, glaube ich, sehr viele Vorteile auch im Sinne von Vermeidung von Kriminalität. Nur, das haben die Anfragesteller leider nicht wissen wollen.
Um solche Fragestellungen geht es nämlich der CDU nicht. Da wird nach Statistiken gefragt, die überhaupt nichts mit dem Steintor und Ostertor zu tun haben. Ich zitiere die Frage Nummer acht: „Wie viele im Land Bremen lebende Ausländer wurden wegen einer Straftat verurteilt?“. Oder Frage elf: „Welche rechtlichen oder sonstigen Probleme gibt es, um einen verurteilten Straftäter ausweisen zu können?“. Ich frage mich ernsthaft, was hat das mit dem Viertel zu tun?
Kann mir das jemand einmal erklären? Die vorhandenen Probleme im Viertel und die vorhandenen Konflikte beruhen sicherlich nicht auf dem Aufenthaltsgesetz oder auf irgendwelchen Abschiebungen oder Verteilungsquoten im gesamten Bundesland; ich finde, das stumpf zusammenzurühren, ist einfach unredlich.
Ich möchte deswegen tatsächlich auf die Situation im Viertel zurückkommen, weil die meines Erachtens wesentlich interessanter ist. Es gibt immer mehr Menschen, die am Wochenende aus dem Umland nicht nur zur Discomeile, sondern auch ins Viertel fahren. Zwar, und das muss man fairerweise sagen, war das schon vor 30 Jahren so, wenn man am Freitag oder Samstag am Sielwall-Eck stand, waren dort immer irgendwie Leute aus Verden, Achim, Syke, was weiß ich, aber nach betrunkenen jungen Männern mit niedersächsischem Migrationshintergrund hat die CDU hier nicht gefragt. Vielleicht sollten wir das einmal machen.
Zwei Punkte noch, weil sie in der aktuellen Debatte eine große Rolle spielen: die Situation vor der Helenenstraße, also die Mauer vor dem Rotlichtbezirk. Der Beirat sowie das Bau- und Innenressort haben einen runden Tisch gebildet, um eine Neugestaltung dieser Einmündung zu diskutieren. Ich bin ziemlich daran interessiert und auch gespannt, was bei diesem runden Tisch herauskommt und ob das den Vorstellungen von Herrn Senator Mäurer entspricht. Ob am Ende keine Mauer, eine halbe Mauer oder eine dritte Option besser funktioniert, das mag ich hier im Moment noch nicht bewerten, da würde ich gern die Ergebnisse abwarten. Man muss allerdings sagen, dass wir als Linksfraktion nicht wollen, dass Sexarbeiterinnen illegalisiert oder verdrängt werden. Wer die Rechte von Sexarbeiterinnen stärken möchte, der braucht ein sicheres Arbeitsumfeld, auch damit es ausbeuterischere Zuhälter schwerer haben.
Richtig ist auch, dass es genau in Bezug auf diese Frage – das ist hier auch schon erwähnt worden – zuletzt krasse Vorfälle gab, zum Beispiel der Wurf der Molotowcocktails, da müssen wir sicher genauer hinschauen. Wichtig ist für uns aber ein ganzheitlicher Ansatz, der auch die Interessenvertretung der Sexarbeiterinnen beteiligt. Wir haben einmal beim Verein Nitribitt angefragt. Nitribitt und die Frauen selbst sagen, sie wollen keinen
Wegfall der Mauer, sie wollen stattdessen mehr Polizei am Wochenende. Das ist übrigens eine Entwicklung, die man in Hamburg auch antrifft.
Der zweite Punkt betrifft das Gewerbe am Ostertorsteinweg und in der Straße Vor dem Steintor. Der Senat deutet in seiner Antwort mehrere Maßnahmen an. Ich finde es total sinnvoll, die Anzahl der Wettbüros zu beschränken. Das fordern Beiräte übrigens seit Jahren, auch in anderen Stadtteilen, zum Beispiel in Gröpelingen. In der Gröpelinger Heerstraße ist die Dichte von Wettbüros und Spielhallen noch wesentlicher höher als im Viertel.
Das führt mit Sicherheit dazu, dass die Qualität in dem Stadtteil abgenommen hat. Auch über eine Ausweitung der Waffenverbotszone kann man meines Erachtens reden. Was wir allerdings kritisch sehen – und damit komme ich zum Schluss –, sind Sperrstunden und komplette Alkoholverbote. – Danke schön!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU fragt heute den Senat, wie sicher sich die Bremer in ihrer Stadt und im Viertel im Speziellen noch fühlen können. Sie verbindet damit die Botschaft, dass das Innenressort und die Polizei doch mehr gegen Kriminalität unternehmen sollten. Sie können einmal wieder, Herr Hinners, nicht der Versuchung widerstehen Ihr Lieblingsbild an die Wand zu malen, als wären Teile Bremens No-goAreas, die man nicht mehr gefahrlos betreten könnte.
Gelegentlich frage ich mich, ob Sie noch zur Kenntnis nehmen, welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden und mit welchem Einsatz dort gearbeitet wird. Sie zählen hier einzelne Delikte auf, die in der Tat schrecklich und verstörend sind, aber die Gesamtschau lassen Sie dann wieder außen vor und schauen nicht auf das Ganze. Wie ich mich überhaupt frage, ob es sinnvoll und zielführend ist, künftig für einzelne Ortsteile hier in der Bürgerschaft die Kriminalitätslage zu diskutieren und zu debattieren,