Protocol of the Session on November 8, 2017

Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen, der mir wichtig ist. Ihrem Schreiben entnehmen wir, dass Sie in erster Linie darauf Bezug nehmen, dass Sie mehr machen und dass Sie mehr Geld ausgeben. Die Diskussion zur Qualität in den Schulen, meine Damen und Herren, ist auch, aber nicht in erster Linie eine Frage des Geldes, sondern eine Frage der politischen Vorgaben und des politischen Handelns.

Landtag 3953 51. Sitzung/8.11.17

(Beifall CDU, FDP, BIW)

Wenn Sie sich hier hinstellen und Ihre 120 Millionen Euro anpreisen, die Sie zwischen dem Januar dieses Jahres und im Mai/Juni dieses Jahres erhöht haben, dann liegen in diesen Monaten nicht etwa erneute unveränderte bildungspolitische Einsichten, sondern in Wahrheit sind es drei verlorene Landtagswahlen, die Sie bewogen haben, auf diesem Feld tätig zu werden. Nichts anderes, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU, BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Kollege, Sie haben noch fünf Minuten aus der ersten Runde und drei Minuten zusätzlich, insgesamt stehen Ihnen also acht Minuten zur Verfügung.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich ein ich nur noch einmal zu Wort gemeldet, weil mich die letzten Redebeiträge geärgert haben, insbesondere auch der Redebeitrag von Herrn Dr. vom Bruch, aber auch die Zwischenintervention von Frau Vogt.

(Zuruf CDU: Ja, zu Recht!)

Bei aller Gemeinsamkeit, die ich versucht habe, in den Vordergrund zu stellen: Erstens, Frau Vogt, das Beispiel, dass Sie hier für das Fach Mathematik angeführt haben, war weder eine Aufgabe, um einen Mindeststandard zu erreichen, noch war es die Aufgabe, um den Regelstandard zu erreichen, noch war es die Aufgabe, den Optimalstandard zu erreichen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das war eine Auf- gabe aus einem Test!)

Es war auch nicht die Aufgabe, um den Optimalstandard plus zu erreichen, sondern es war die höchste Stufe, die es in diesem Test gab.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Aber was spricht dagegen, Deutschförderung zu geben?)

Es ist nicht in Ordnung, dass Sie hier zu tun, als wäre das die Aufgabe gewesen, die jedes Kind in der Schule lösen musste. Deshalb bleibe ich dabei, dass die Ergebnisse dramatisch sind, weil der Aufgabenpool zeigt, dass wir Kinder in den Schulen haben, die eine einfache Rechenaufgabe nicht lösen können oder die in einem Zeitstrahl - man könnte auch einen Zollstock nehmen und sagen, der geht jetzt hier nicht wei

ter, trage einmal eine Zahl ein - keine Zahl eintragen können. Das ist dramatisch, Frau Vogt. Dabei geht es eben nicht um eine Textlastigkeit.

Trotzdem - um wieder das Gemeinsame zu betonen - haben wir hier immer gesagt, die erste Maßnahme ist jetzt Mathematik. Selbstverständlich sind wir beim Leseverständnis nicht so weit vorn, dass wir sagen können, dass wir die Lernzeit in dem Bereich nicht erhöhen wollen. Das haben wir schon im letzten Jahr gesagt. Wir haben gesagt: Was macht Hamburg konkret besser? Hier geht es ja immer wieder darum - und besonders auch der CDU-Fraktion -, dass nicht nur Erklärungen gegeben werden sollen, sondern es sollen die Maßnahmen genannt werden, die hier im Vordergrund stehen.

Die Maßnahme, Herr Dr. vom Bruch, ist ganz einfach zu beschreiben: Wir haben die Frage gestellt, wenn Hamburg schon mehr Geld ausgibt, wofür Hamburg dieses Geld ausgibt. Ist es die Klassenfrequenz, ist es eine Doppelbesetzung, oder ist es eine erweiterte Lernzeit. Auf diese Fragen haben wir in dreieinhalb Wochen - inklusive dem, was ich schon vorher berichtet habe, nämlich Veranstaltungen und das Durcharbeiten der IQB-Studie - Antworten gefunden. Das erste Maßnahmenpaket, das eine Fülle von Maßnahmen beinhaltet, als Tatenlosigkeit zu bezeichnen, das ist, Herr Dr. vom Bruch, wirklich weltfremd.

(Beifall SPD)

Dann zu sagen, es sei seit 15 Jahren nichts passiert! Es gehört doch zur Ehrlichkeit dieser Debatte dazu, dass man sich die Ergebnisse aus dem Jahr 2012 wirklich noch einmal anschaut. Meine Damen und Herren, da hatten wir den Anschluss, da hatten wir sogar bessere Ergebnisse als Hamburg - ich wiederhole es noch einmal - in Mathematik. Deshalb stellt sich doch die große Frage: Was hat sich in den letzten vier bis fünf Jahren eigentlich so stark verändert? Auf diese Frage kann man eine ganz klare Antwort finden: Die Schülerschaft hat sich verändert! Die Schule ist auch nicht mehr das, was sie vor fünf Jahren einmal war, und deshalb brauchen wir auch neue Antworten. Deshalb brauchen wir dieses Maßnahmenpaket, und deshalb ist es gut, dass wir diese Anträge hier gemeinsam vorlegen.

Man kann es auch noch einmal konkreter formulieren und sagen: Wir müssen nicht nur in der die Schultüren schauen, sondern wir müssen direkt in die Klassenzimmer schauen. Hier legen wir doch beieinander. Ich finde es aber nicht in Ordnung, dass man hier versucht, den Popanz aufzubauen: 70 Jahre Regierung. Sie

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haben drei Wahlen verloren, Herr Röwekamp, und sitzen immer noch hier.

(Beifall und Heiterkeit SPD - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ihnen geht das politische Popöchen auf Grundeis!)

Von daher, vergessen Sie es! Wir wollen hier gemeinsam etwas für die Kinder tun! Sie sitzen seit zwölf Jahren in der Opposition --.

(Abg. Rohmeyer [CDU]: Hätten Sie ja machen können!)

Wir wollen hier im Sinne der Kinder etwas bewegen. Wenn Sie sich diese Maßnahmen anschauen, dann sind es hoffentlich wirksame Maßnahmen. Wenn wir dann hier einmal Erfolge gemeinsam verzeichnen können, dann können wir uns an der Stelle gern weiter streiten. - Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort für drei Minuten die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist jetzt doch noch einmal eröffnet. Ehrlich gesagt, Herr Güngör, ich verstehe Ihren Einwand überhaupt nicht. Es ist mir ziemlich egal, ob es die höchste Aufgabe war, die zu lösen gewesen ist. Sie ist in einigen Stadtteilen nicht verstanden worden, weil die Kinder dort zu wenige Deutschkenntnisse haben. Die logische Konsequenz ist, dass die Senatorin vor zwei Wochen mit ihrem Vorstoß in der Deputation recht hatte, dass man nicht nur den Mathematikunterricht, sondern auch noch das Fach Deutsch stärken muss. Aus welchen Gründen ausgerechnet Sie Ihrer Senatorin mit einem solchen Einwand in den Rücken fallen, das verstehe ich, ehrlich gesagt, überhaupt nicht. Sie müssten sie bei diesem Vorhaben unterstützen, Herr Kollege.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben tatsächlich ein paar Probleme, die hier benannt worden sind. Es ist mir ziemlich egal, wer irgendwann einmal mit wem regiert hat, oder ob das Bildungsressort seit 73 Jahren SPD-geführt ist. Ich habe eben eingeworfen, dass wir seit mindestens 15 Jahren - zumindest seit der Zeit, seit der ich das erste Mal Schulelternsprecherin gewesen bin - Stadtteile in Bremen haben, in denen die Kinder weit hinter dem Standard hinterherhinken. Dort hat sich verdammt wenig getan, und da ist die Axt angelegt worden.

Es wurde von Ihnen, Frau Kohlrausch, gesagt, ich möchte nicht auf das Jahr 2035 warten. Ganz ernsthaft: Die Folgen, als ein Bildungssenator Lemke in der großen Koalition Deutsch als Zweitsprache in Gröpelingen abschaffen wollte beziehungsweise im Umfang verringert und die Schulen in eine Konkurrenz geschickt hat, die gnadenlos war - und das ist 15 Jahre her -, spüren wir im Bremer Bildungssystem immer noch. Ich bin deshalb der Meinung, wenn wir jetzt den Schalter umlegen - und ich sehe hier sehr viele gute Ansätze -, dann werden die Maßnahmen erst mittelfristig Wirkung zeigen. Insofern ist auch Ihr Einwand, verlorener Wahlen, nicht verlorener Wahlen, völliger Kokolores. Entweder nimmt man jetzt einmal ernst, dass man in Bremen Schülerinnen und Schüler hat, die man nicht wissentlich und willentlich in die Erwerbslosigkeit schickt, weil sie einen Schulabschluss haben, mit dem sie kein Arbeitgeber als Auszubildende einstellt, oder wir drehen uns hier alle im Kreis, gehen nach draußen und brauchen gar nicht mehr zu wählen. - Tschüss!

(Beifall DIE LINKE)

Präsent Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Kollege, Sie hatte noch eine Minute aus der ersten Runde, plus drei, Sie haben jetzt vier.

(Heiterkeit)

Welche Stufe des Mathematiktests war das jetzt? Ich kann sie gerade noch so beantworten, dann scheint sie ja nicht so schwer gewesen zu sein.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich gern als beobachtender Teilnehmer diese Debatte so zu Ende gehen lassen. Ich finde es aber extrem schade: Das entscheidende Wort, das draußen in den Schulen eine Wirkung entfaltet, die jenseits aller Maßnahmenpakete, aller Haushaltsentscheidungen liegt, ist das Wort Haltung.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Mit welcher Haltung bearbeiten wir dieses Thema? Ich glaube, dass diese Haltung, die in den Schulen ankommt, wenn wir wollen, dass sich etwas grundlegend verändert und verbessert, auch politisch sehr wohl überlegt sein muss. Die Gemeinsamkeiten, die hier lange Zeit in der Debatte bestanden, dürfen wir nicht wieder in einer Weise zerreden, dass in den Schulen die Haltung der Politik ankommt, na ja, am

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Ende schlagen sie sich die Köpfe ein und irgendwie ist trotzdem wieder nichts dabei herausgekommen.

Lassen Sie uns das bewahren, was in dieser Debatte in den Anträgen, in der Substanz in den Punkten, in den Maßnahmepaketen zwischen dem Senat, den Regierungsfraktionen und der Opposition in diesem Hause tatsächlich zum Ausdruck gekommen ist, nicht durch den Verlauf der Debatte hier jetzt noch einmal konterkarieren. Lassen Sie uns in die Schulen gehen und sagen, die Politik hat eine Vorstellung davon, wie es besser werden kann, wie wir die Schulen besser unterstützen können, aber auch davon, was in den Schulen verändert werden muss, damit die Dinge auf einen besseren Weg kommen.

Ich fände es sehr gut, wenn diese Botschaft in dieser Debatte erhalten bliebe und wenn wir sie nicht zerreden würden. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aktuelle Stunde ist geschlossen.

Unterrichtsqualität steigern und Leistung entwickeln - ein Bremer Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich gründen Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE vom 7. November 2017 (Drucksache 19/1344)

Die Beratung ist eröffnet. - Wortmeldungen liegen nicht vor. - Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

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