Im Übrigen speichert jeder Netzbetreiber - einen werden Sie privat sicherlich auch nutzen - mehr Daten von Ihnen und von allen Bürgern als der Staat.
Aber nun zum Antrag. Der vorliegende Antrag von Rot-Grün datiert vom 13. Juni 2017 und ist damit einen Tag vor der Innendeputationssitzung gefertigt worden, bei der der Antrag der CDU „Mehr Sicherheit für Deutschland und Bremen“ auf der Tagesordnung stand. Das ist bezeichnend. Während unser Antrag bekanntermaßen in der Deputation und in der Bürgerschaft mehrheitlich abgelehnt worden ist, haben wir es immerhin erreicht, die Koalition zur Arbeit zu treiben.
Jetzt machen wir wieder sachlich weiter. - Allerdings ist das Ergebnis dieser Arbeit, die Sicherheit im Rechtsstaat zu verbessern, ausgesprochen dürftig und vage
und wird den aktuellen Herausforderungen der inneren Sicherheit, insbesondere bei der Verhinderung von Terroranschlägen in Deutschland und Bremen, nicht gerecht. Damit entspricht der vorliegende Antrag von Rot-Grün in keiner Weise den Zielen und Vorschlägen der CDU-Fraktion bei der Terrorbekämpfung und wird von uns abgelehnt.
Um Ihnen einige Kostproben des weichgespülten und weitestgehend inhaltsleeren Antrags von Rot-Grün zu geben - einiges klang schon an -, hier einige Beispiele:
Unter Ziffer eins heißt es, die Bürgerschaft (Landtag) bekräftige die herausragende Bedeutung von Prävention. Das fordern wir in der Bürgerschaft seit Jahren.
Ein weiteres Beispiel unter Ziffer zwei: Den Herausforderungen unserer Zeit bei der Bekämpfung allgemeiner, religiös oder politisch begründeter Kriminalität müsse man vor allem durch zeitnahe sowie zielgerichtete Ermitt
Das haben wir hier auch schon seit Jahren behandelt. So etwas Unkonkretes! Aus welchem Kurs in der Grundausbildung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben Sie das eigentlich abgeschrieben?
Unter Ziffer drei wird der Senat aufgefordert, festgestellte Schwächen der Organisation zu beseitigen. Welche Schwächen hat Rot-Grün denn festgestellt? Darauf gibt es keinen Hinweis im Antrag. Meine Damen und Herren von Rot-Grün, ist der Senat auch aus Ihrer Sicht so schwach, dass Sie ihn auffordern müssen, Selbstverständliches endlich zu tun? Herr Zenner hat schon darauf hingewiesen.
Auf die Spitze treiben Sie es unter Ziffer vier, unter der Sie eine Novellierung des Bremischen Polizeigesetzes fordern. Auch das hat Herr Zenner schon angedeutet: Seit Januar warten wir darauf. Sie fordern die Schaffung einer gefahrenabwehrenden bundeseinheitlichen Regelung zur Anordnung aufenthaltsüberwachender technischer Maßnahmen. Meinen Sie die elektronische Fußfessel, oder meinen Sie Überwachung von Handys? Was meinen Sie damit?
Die stationäre oder mobile Videoüberwachung in Bremen soll bedarfsgerecht ausgebaut werden. Diese und weitere Forderungen hat die CDU in den letzten Jahren mehrfach erhoben. Sie haben sie immer wieder abgelehnt. Jetzt wollen Sie das plötzlich einführen? Wer glaubt denn so etwas?
Auch die Forderung nach einem Kompetenzzentrum des Bundes - an sich richtig und gut - für „schwierige Rückführungen“ ist bezeichnend. Der Begriff „schwierige Rückführung“ kommt von Ihnen, weil Sie nicht einmal den Begriff „Abschiebung“ im Text benutzen mögen.
Offensichtlich haben Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, einen gemeinsamen Antrag nur mit diesen völlig unverbindlichen Formulierungen hinbekommen. Wir lehnen diesen Antrag ab, weil wir unseren, den Sie leider abgelehnt haben, für besser halten.
Herr Präsident! Mir geht es so wie meinen beiden Vorrednern und meiner Vorrednerin: „Sicherheit im Rechtsstaat“, der Titel klingt sehr vielversprechend. Tatsächlich geht es aber neben Allgemeinplätzen im Kern eher um weitgehende Verschärfungen des Polizeigesetzes, die mit diesem Antrag vorbereitet werden sollen. Eingeführt werden soll die Möglichkeit zu einer präventiven und technologieunabhängigen Telekommunikationsüberwachung. „Präventiv“ bedeutet, noch im Vorfeld eines konkreten Anfangsverdachts soll abgehört werden dürfen. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen einer TKÜMaßnahme der Polizei und einer TKÜMaßnahme des Verfassungsschutzes. Der Verfassungsschutz darf präventiv und ohne konkreten Straftatverdacht abhören. Die Polizei darf dies aus gutem Grund, aus Gründen des Trennungsgebots, bislang nicht.
Eingeführt werden sollen außerdem die elektronische Fußfessel für Gefährder und mehr Videoüberwachung. Im Haushaltsentwurf ist auch schon das entsprechende Geld für all diese Dinge eingeplant. Staatsschutz und Verfassungsschutz sollen 36 Stellen mehr bekommen.
Nehme ich einmal die ganze Lyrik des rot-grünen Antrags weg, dann hat der Kollege Wilhelm Hinners durchaus recht: Diese drei Forderungen sind eigentlich Forderungen, die die CDU immer wieder vorgetragen hat, und bis vor Kurzem stand die CDU damit noch weitgehend allein.
„Die elektronische Fußfessel ist aus grüner Sicht kein Mittel, um in einer Großstadt Anschläge zu verhindern“.
„Den präventiv-polizeilichen Einsatz von Fußfesseln für Personen, die bislang nicht straffällig geworden sind, zählen wir zu den untauglichen Placebo-Maßnahmen“.
„Vor einer weiteren Ausdehnung von Videoüberwachung ist zunächst ein Register der bislang vorhandenen öffentlichen und privaten Kameras anzulegen. Hier plädieren wir für eine Meldepflicht für private Videoüberwachung. … Der Nutzen von Videoüberwachung insbesondere zur Terrorismusbekämpfung ist zudem begrenzt.“
(Beifall DIE LINKE - Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann haben Sie mir gerade nicht zugehört!)
Ich gehe einmal auf den letzten Punkt ein: Telekommunikationsüberwachung soll laut Ihrem Antrag technologieunabhängig sein. Gemeint ist, dass nicht nur klassische Telefonate abgehört werden können - das wurde schon erklärt , sondern auch Skype, WhatsApp oder andere Messenger-Dienste.
Tatsächlich findet ein beträchtlicher Teil der Kommunikation nicht mehr in klassischen Telefonaten, sondern über sogenannte MessengerDienste statt. Das wissen wir unter anderem auch aus dem Untersuchungsausschuss. Um aber die Gespräche mitschneiden zu können, müsste sich die Polizei einen tatsächlichen Zugriff auf das Endgerät verschaffen. Anders als bei einem Festnetzanschluss reicht der richterliche Beschluss an den Provider nicht, sondern die Gespräche, zum Beispiel bei Skype, sind verschlüsselt. Diese Verschlüsselung muss technisch gebrochen werden. Dazu braucht man den sogenannten Staatstrojaner.
Gegen den Einsatz solcher Software hat das Bundesverfassungsgericht schon 2008 geurteilt, weil nach Ansicht des Gerichts das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme verletzt wird. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Warum Sie das jetzt auf einmal wollen, erschließt sich mir nicht.
Wir lehnen nach wie vor sowohl die verstärkte Videoüberwachung des öffentlichen Raums als auch die verfassungsrechtlich zweifelhafte Telekommunikationsüberwachung ab. Auch die elektronische Fußfessel ist eigentlich zum Verhindern von Straftaten komplett sinnlos. Das haben Sie ja gerade selbst gesagt. Ich finde, untaugliche Maßnahmen können und dürfen keine Grundrechtseingriffe rechtfertigen. Sie sind unserer Ansicht nach unverhältnismäßig und ungeeignet, und wir brauchen sie nicht.
Ein weiterer Punkt des Antrags ist allerdings interessant. Unter Ziffer eins wird der Senat aufgefordert, Maßnahmen zu verstärken, die eine religiöse Radikalisierung verhindern. Damit ist die Prävention im Bereich des Salafismus gemeint. Das finden wir richtig, das fordern wir seit Langem. Wir hatten hierzu übrigens in der letzten Legislaturperiode auch schon Beschlüsse, die nicht umgesetzt worden sind. Wissen Sie aber, was mich richtig ärgert? Anders als bei den anderen eben beschriebenen Punkten aus dem Topf „mehr Überwachung“ sieht der Haushaltsentwurf des Senats nur eine einzige Stelle im Bereich der Prävention vor.
Für Staats- und Verfassungsschutz sind 36 neue Stellen vorgesehen, eine für den Bereich Prävention. Das finde ich angesichts der Tatsache, wie viele junge Menschen in Bremen herumlaufen, die sich radikalisieren, die konvertieren, wie viele junge Menschen aus Bremen nach Syrien ausgereist sind, die hier Anschläge begehen wollten, grob fahrlässig. An diesem Punkt bin ich richtig ärgerlich über diesen Antrag und über die Umsetzung im Haushalt, weil wir wissen, dass der Beratungsbedarf für Lehrkräfte, aber auch für soziale Einrichtungen groß ist. Wir wissen seit Jahren, dass sich die dort Tätigen allein fühlen. Wir wissen, dass wir auch andere Maßnahmen ergreifen müssen, dass sich Angehörige und auch Freunde alleingelassen fühlen. In diesem Punkt haben auch die Haushaltsanträge der Koalition unter dem Titel „Verstärkte Sicherheit im Zusammenhang mit Radikalisierung“ eine krasse Schieflage. Ich bin nicht davon überzeugt, dass diese Schieflage durch die Annahme dieses Antrags beseitigt wird.