Protocol of the Session on August 24, 2017

Wir haben keine groß voneinander abweichenden Meinungen. Sie wissen, dass auch die BKAGesetzgebung diesbezüglich Veränderungen vorgesehen hat, und diese sind auch im Rahmen dessen mit eingeplant. Wir wünschen uns, dass nach der Befassung im Senat den zuständigen Gremien hier die ersten Entwürfe für die Erarbeitung und Veränderung vorgelegt werden, damit

wir dann die Gelegenheit haben, es uns anzuschauen. Wir gehen natürlich davon aus, dass es dann gesetzeskonform ist, aber wir müssen auch den Spagat in der Praxis schaffen, wenn es wirklich mehrere Tausend sind, wovon wir nicht in jedem Fall ausgehen, aber viele werden es sein. Wie die Polizei das dann hinbekommt, ob das unbedingt Polizistinnen und Polizisten sein müssen, die solche Briefe versenden, oder ob es andere im öffentlichen Dienst tätige Menschen sein dürfen, die in einem gewissen Rahmen solche Briefe verschicken, da gehen wir nämlich in den Bereich des Datenschutzes - -.

(Glocke)

Ich habe ja anfangs gesagt, Datenschutz ist uns wichtig, auch die Daten derjenigen, die sich vielleicht an der einen oder anderen Stelle zu Unrecht in solch einer Datei wiederfinden. Wir setzen darauf, wir haben es im Koalitionsvertrag, wir sind da am Ball, Frau Kollegin, und wir hoffen, dass wir dann irgendwann hier liefern können. - Danke schön!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN ist durchaus sympathisch und hätte eigentlich auch zur Hälfte der Legislaturperiode von der rot-grünen Koalition umgesetzt sein können, zumindest hätte man sich hier ein bisschen mehr „Butter bei die Fische“ wünschen können.

Wir haben ja im Hinblick auf personenbedingte Speicherungen - ich sage das nur jetzt nachaktiv, das andere soll proaktiv sein - das Recht auf Auskunft, das Recht auf Widerspruch und gegebenenfalls auf Klage, wenn man mit der Eintragung nicht einverstanden ist. Nun soll geregelt werden, dass dann, wenn personenbedingte Daten, die für Ermittlungsarbeit von Bedeutung sind, in Polizeidatenbanken eingespeichert werden, die Betroffenen vorab oder gleich mit der Eintragung über ihren Eintrag informiert werden. Das bringt Vertrauen in die polizeiliche Arbeit. Das gibt Durchsicht. Das ist Datenschutz, und das stärkt die Rechte der Bürger. Von daher kann man das nur grundsätzlich unterstützen.

Es wird hier kein Gesetzentwurf vorgelegt, sondern es wird gesagt, es handle sich um einen Vorschlag. Das heißt, das ist für mich ein Erinnerungsposten, dass wir das in dieser Legislaturperiode noch abschließend beraten. Ich habe den Eindruck, dass wir hierfür in allen Fraktionen Sympathie aufbringen.

Landtag 3690 48. Sitzung/24.08.17

Das Problem, das sich mir stellt, und das ist auch in der Formulierung bei Frau Vogt so, ist der Hinweis, sofern dies mögliche Ermittlungen nicht gefährdet. Hier liegt, glaube ich, ein bisschen der Hase im Pfeffer. Wo kann man das eigentlich im Einzelfall wirklich konkretisieren? Die Formulierung „mögliche Ermittlungen“, gut, diese Formulierung kann man immer einmal bei einem Eintrag annehmen, denn es könnte ja einmal irgendetwas sein. Das wäre mir aber als Umschreibung zu wenig. Es muss schon darauf ankommen, dass es sich zur Zeit der Eintragung um konkrete, bekannte Ermittlungen handeln muss. Es muss also schon dort einen konkreten Bezug geben. Das zum einen!

Das Zweite ist, wenn die Eintragungen und die damit verbundene Ermittlung negativ zum Betroffenen abgeschlossen worden sind, dann müsste man auch erwarten, dass anschließend der Betroffene darüber informiert wird. Die Eintragung, die man zunächst vorgenommen hat und die man für mögliche Ermittlungen schützen wollte, müsste dann wieder herausgenommen werden.

Wir sind also für diesen Antrag. Es ist einfach nur ein Reminder, wenn man so will, der Koalition noch einmal ein bisschen in das verlängerte Rückgrat zu treten, so will ich das einmal sagen. Wir hoffen, dass Sie dann in den nächsten Monaten uns hier einen Vorschlag unterbreiten können, der diskussionswürdig ist und der vielleicht auch umgesetzt werden kann. - Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hamann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank für den Tritt, Herr Zenner!

(Heiterkeit)

Frau Vogt, Sie haben den Koalitionsvertrag gelesen, das ist gut. Im Koalitionsvertrag steht sehr viel Gutes, dass wir auch nach und nach umsetzen werden. Zum heutigen Thema haben Sie bei uns Beratungsbedarf angemahnt, und wir sollen uns endlich einmal auf den Weg machen. Der Koalitionsvertrag ist innerhalb der Fraktion beraten worden, er ist mit der Partei breit beraten worden.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Vielleicht hätte man das nüchtern machen sollen!)

Deshalb können Sie davon ausgehen, dass wir den Koalitionsvertrag natürlich auch an der Stelle umsetzen werden.

Die Hinweise - auch das hatten Sie gesagt -, die in den Datenbanken erfasst werden, sind mit Sicherheit teilweise sehr sinnvoll. Es ist, glaube ich, unstreitig, dass es gut ist, wenn Polizeibeamte irgendwo an der Tür klingeln, dass sie wissen, ob dort jemand wohnt, der beispielsweise schon mit Waffenbesitz aufgefallen ist. Ich glaube, dass die Datenbanken an sich nicht das Problem sind. Das Problem ist vielleicht das Verfahren, nach dem die Daten gespeichert werden sollen.

Wenn man einmal googelt, dann stößt man im letzten Jahrtausend auf den Fall der damaligen Bayerischen Landtagspräsidentin Frau Barbara Stamm. Im Jahr 1997 ist aufgrund einer Presseberichterstattung, nach der Frau Stamm irgendwie in eine Straftat verwickelt gewesen sein solle, in Bayern eine umfangreiche Debatte geführt worden. Was war passiert? Im Jahr 1991 ist gegen Frau Stamm anonym eine Anzeige gestellt worden. Die Anzeige ist bearbeitet worden, und es hat sich herausgestellt, dass die Anzeige grundlos gestellt worden war. Es war also nichts passiert. In der Datenbank ist die Anzeige nicht gelöscht worden, und irgendwann ist sie der Presse als anonymer Hinweis zugespielt worden. Es kam dann zu einem Skandal, der eigentlich keiner war.

Von daher ist es natürlich sinnvoll, sich genau die Datenspeicherungen anzusehen, und - das ist viel wichtiger - ein Verfahren zu etablieren, dass automatisiert entsprechende Einträge löschen kann.

In Bayern - so kann man es der Presseberichterstattung entnehmen - sind in solchen Datenbanken von ungefähr 13 Millionen Einwohnern 1,3 Millionen Einwohner, also ungefähr zehn Prozent, gespeichert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die bayerische Quote in Bremen akzeptiert werden würde. Es ist, glaube ich, eine Möglichkeit, wenn man sich mit dem Antrag und mit dem, was zum Sachverhalt in der Koalitionsvereinbarung steht, vernünftig befasst und überlegt, ob wir die Verfahren vielleicht umstellen können. Können Verfahren automatisiert werden? Aus meiner Sicht kann eine ergebnisoffene Beratung geführt werden.

Herr Kollege Öztürk hat es gesagt: Wir werden natürlich im Rahmen der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung das Thema auch im entsprechenden Ausschuss aufrufen. Wir werden uns natürlich dann damit zu beschäftigen haben, was das konkret bedeutet. Deshalb haben wir das auch, ich sage es ganz deutlich, an der Stelle ein bisschen schleifen lassen. Danke, dass Sie uns noch einmal erinnert haben, aber wir bearbeiten das Thema, und deswegen werden wir Ih

Landtag 3691 48. Sitzung/24.08.17

ren Antrag ablehnen. Herr Zenner, der freundschaftliche Tritt ist nicht notwendig, ein kleiner Klaps hätte es an dieser Stelle auch getan.

Herr Zenner hat ein ganz wichtiges Stichwort genannt: Es geht um Vertrauen. Es geht um das Vertrauen gegenüber der Polizei, dass sie Sachverhalte vernünftig abarbeitet, sodass nicht ein Vorfall wie in Bayern - ich habe ihn geschildert - passieren kann.

Herr Zenner, wir lehnen Ihren Antrag ab, aber wir werden den Sachverhalt natürlich im entsprechenden Ausschuss behandeln.

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die nach geltendem Recht vorgenommene Speicherung personenbezogener Daten zur Gefahrenabwehr - ich komme noch einmal auf die Differenzierung zurück - im polizeilichen Datensystem dient nach Ansicht der CDU-Fraktion der inneren Sicherheit. Nur auf diesem Weg ist es möglich, im gesamten Bundesgebiet auf bestimmte polizeiliche Erkenntnisse zu Personen zugreifen zu können. Von diesen Personen gehen nach polizeilicher Beurteilung konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder/und für die einschreitenden Polizisten aus.

Meine Damen und Herren, ich muss den Vorrednern vorhalten, dass sie bei den Hinweisen, die sie hier gegeben haben, und zwar eigentlich allesamt, die Datensysteme der Polizei nicht so dargestellt haben, wie sie tatsächlich sind. Dort wird nämlich streng zwischen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung differenziert. Das haben Sie hier komplett durcheinandergebracht. Insoweit ist der vorliegende Antrag der LINKEN allerdings ein klassisches Eigentor.

(Beifall CDU)

Um im Fußballjargon zu bleiben, Frau Vogt, Sie haben den Ball der gegnerischen Mannschaft von Rot-Grün mit einem Foul abgenommen, sind dann allerdings auf das eigene Tor zugelaufen und haben dort den Ball hineingeschossen.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Dann lehnen Sie ab!)

Frau Vogt, warum sind Sie eigentlich nicht misstrauisch geworden, nachdem Rot-Grün selbst nach zweieinhalb Jahren den Passus aus dem Koalitionsvertrag noch nicht umgesetzt hatte?

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Weil ich das von denen gewohnt bin!)

Ach so, na gut, da würde ich Ihnen ja noch beipflichten! Sind Sie nicht auf den Gedanken gekommen, dass das in diesem Fall zumindest daran liegen könnte, dass er nicht zu Ende gedacht ist? Insbesondere ist an der Stelle diese Differenzierung zwischen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sehr viel schwieriger, als es hier dargestellt worden ist, denn gefahrenabwehrrechtliche Speicherungen dienen der Verhinderung gegenwärtiger und zukünftiger Gefahren, beispielsweise bei Straftätern mit ansteckenden Krankheiten, bewaffneten Tätern und Ähnlichem. Diese Speicherungen werden nach konkreten Erkenntnissen zur Eigensicherung bei Personen vorgenommen, mit denen die Polizei häufiger zu tun hat. Insofern ist natürlich völlig klar, dass diese Personen über die polizeiliche Speicherung Bescheid wissen und eine weitere Mitteilung gar nicht erforderlich ist. Andere Speicherungen zur Strafverfolgung haben einen anderen Hintergrund, da können beispielsweise auch laufende Ermittlungen eine Rolle spielen.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, kann nach geltendem Recht jede Person auf Antrag Auskunft darüber erhalten, ob polizeiliche Daten im polizeilichen Datensystem gespeichert wurden, und gegebenenfalls die Vernichtung der Daten beantragen. Das Recht wird im Übrigen auch von vielen Bürgern wahrgenommen.

(Vizepräsidentin Dogan übernimmt den Vorsitz.)

Weiterhin werden Daten von Personen, die in polizeilichen Datenbanken gespeichert sind, natürlich gemäß den Richtlinien ohne Antrag nach Ablauf bestimmter Fristen wieder gelöscht. Für die CDU-Fraktion reicht dieses Verfahren aus. Wir lehnen den Antrag deshalb ab.

(Beifall CDU)

Abschließend möchte ich aber noch darauf hinweisen, dass der Halbsatz im Antrag und auch im Koalitionsvertrag, glaube ich, „sofern dies mögliche Ermittlungen nicht gefährdet“, ausschließlich auf Datensysteme, die in der Strafverfolgung vorhanden sind, Anwendung finden kann. Ermittlungen werden üblicherweise von der Polizei nur im Bereich Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durchgeführt - dafür gibt es, wie gesagt, Datensysteme - und nicht im Bereich der Gefahrenabwehr, denn dort werden Feststellungen getroffen. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Landtag 3692 48. Sitzung/24.08.17

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hinners, es wird Sie vielleicht verwundern - das haben Sie anscheinend übersehen -, aber wir hatten im Frühjahr eine Anfrage gestellt, welche Daten denn überhaupt gespeichert werden. Daher sind wir durchaus der Meinung, dass wir wissen, worüber wir hier reden. Ich kann Ihnen die Ergebnisse aus dieser Anfrage auch eben noch einmal vortragen, sie hat nämlich ergeben, dass 16 413 Personen aktuell, also im Frühjahr, bei der Polizei Bremen gespeichert waren, wobei natürlich Doppelungen möglich sind.

(Abg. Hinners [CDU]: Steht ja in Ihrem Antrag!)

Das wäre rechnerisch jede vierzigste Bremerin oder jeder vierzigste Bremer, und es gibt verschiedene Kategorien, in denen die Personen gespeichert werden. Die Polizeidatenbank kennt zum Beispiel aktuell 39 Rocker oder 148 Menschen mit einer ansteckenden Krankheit, wobei diese Speicherungen tatsächlich hoch umstritten sind und von der Aids-Hilfe als stigmatisierend gewertet werden. Die mit Abstand meisten Speicherungen fallen in die Kategorie Drogenkonsument, über 11 000 Menschen sind hier allein in Bremen als solche gespeichert. Dann muss man schon wissen, wie man in diese Datenbank kommt.

(Abg. Hinners [CDU]: Die Betroffenen wissen das!)