Protocol of the Session on August 24, 2017

Das Ausmaß der Ausschreitungen in Hamburg und das fast schon generalstabsmäßige Vorgehen der Randalierer haben deutlich gemacht, dass es eben nicht nur ein paar linke Spinner waren, die ihrem Frust Luft gemacht haben. Vielmehr sah sich die Polizei in Hamburg einer gut organisierten Szene mit hoher Gewaltaffinität und erschreckender Skrupellosigkeit gegenüber, einer Szene, die gerade dabei ist, die Schwelle zum Linksextremismus zu überschreiten, was zeitweise in Hamburg sichtbar wurde. Genau vor dieser Gefahr hatte auch der damalige niedersächsische CDU-Innenminister Uwe Schünemann bereits im Jahr 2011 gewarnt. Doch die Warnung verhallte ungehört. Die Folgen zeigen sich jetzt.

Dass die zunehmende Gewalt von links in den letzten Jahren keine Todesopfer gefordert hat, grenzt schon an ein Wunder. Das Landesamt für Verfassungsschutz weist in seinem Bericht für 2016 darauf hin, dass die gewalttätigen Angehörigen der linksextremen Szene immer brutaler sowohl gegen politisch Andersdenkende als auch gegen Polizeibeamte vorgehen. Die Hemmschwelle sinke zunehmend, die Täter wollten ihren Opfern schwerste Verletzungen beibringen und nähmen dabei auch den Tod billigend in Kauf, so der Bremer Verfassungsschutz. Dieser für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährlichen Entwicklung muss ebenso Einhalt geboten werden wie der wachsenden Radikalisierung im rechtsextremistischen und islamistischen Spektrum. Wir benötigen einen breiten gesellschaftlichen Konsens, der folgende Punkte umfasst:

Erstens: Jede Form des Extremismus stellt eine Bedrohung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung dar und muss deshalb unterschiedslos bekämpft werden.

(Beifall BIW)

Zweitens: Ein starker Rechtsstaat braucht nicht die Hilfe von Extremisten, um andere Extremisten zu bekämpfen. Es dürfen nur solche Personen und Organisationen öffentliche Unterstützung erhalten, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

(Abg. Leidreiter [BIW]: Selbstverständlich!)

Drittens: Gewalt ist kein Mittel der Politik, egal von wem sie ausgeht, gegen wen sie sich richtet und aus welchen Gründen sie ausgeübt wird.

(Beifall BIW)

Wer diesen eigentlich selbstverständlichen Grundsätzen nicht zuzustimmen bereit ist, der muss sich die Frage gefallen lassen, wie es um seine eigene Verfassungstreue bestellt ist.

Die Ereignisse von Hamburg müssen ein politischer Weckruf sein, meine Damen und Herren! Was sich dort an brutalen Ausschreitungen bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Szenen vor den Augen der Weltöffentlichkeit abgespielt hat, darf sich nicht noch einmal wiederholen, weder in Deutschland noch anderswo in Europa. Dem Linksextremismus muss endlich der politisch-moralische Heiligenschein genommen werden, der ihm im Übrigen nicht zusteht. Die Verharmlosung und Relativierung linker Straftäter, die klammheimliche und teilweise sogar offen gezeigte Sympathie für gewaltbereite Antifaschisten und linksradikale Straftäter, das alles muss nach Hamburg der Vergangenheit angehören. Der Staat darf nicht länger auf dem linken Auge blind sein.

(Beifall BIW)

Null Toleranz im Kampf gegen links, das ist die Lehre, die die Politik aus diesen gewaltbereiten, brutalen Exzessen im Juli ziehen muss, auch hier in Bremen. Wir werden dem Antrag der CDU selbstverständlich zustimmen und hoffen auf eine breite Zustimmung hier im Parlament. - Vielen Dank!

(Beifall BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der G-20-Gipfel in Hamburg 2017 war das zwölfte Treffen der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Neben den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten nahmen Politiker weiterer Staaten und Vertreter internationaler wirtschafts- und handelspolitischer Organisationen an dem Gipfel teil.

Rund 23 000 Polizisten sollten den Gipfel und die Stadt schützen. Bei verschiedenen Veranstaltungen, Demonstrationen und Aktionen brachten Zehntausende ihren Protest gegen den G-20Gipfel gewaltfrei zum Ausdruck. Außerhalb der angemeldeten Aktionen begingen verschiedene Akteure, darunter ganz überwiegend mutmaßlich

Landtag 3660 48. Sitzung/24.08.17

Linksextremisten, Sachbeschädigung, Plünderungen und schwere Angriffe auf Polizeibeamte. Bei den Ausschreitungen sowie bei der Anwendung körperlicher Gewalt durch die Polizei wurden Hunderte von Personen verletzt. Lassen Sie mich vorab festhalten, dass die politischen Ergebnisse des Gipfels für mich in keiner Relation zu den Kosten und dem Aufwand standen, den dieses Treffen verursacht hat.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Lassen Sie mich auch ergänzen: Eine Stadt in einen solchen Ausnahmezustand zu versetzen, mit teils bürgerkriegsähnlichen Bildern, und eine solche Welle der Gewalt hat für mich nichts mit den demokratischen Errungenschaften der Meinungsfreiheit oder dem Versammlungsrecht zu tun, sondern wird von uns als SPD-Fraktion auf das Schärfste verurteilt.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion verurteilt die Gewalt gegen die Polizei und auch die wahllose und sinnlose Zerstörung des Eigentums von Hamburgerinnen und Hamburgern, die lediglich das Pech hatten, in Straßen zu wohnen, die sich sogenannte Autonome auserkoren hatten, um ihren Straßenkampf gegen die Polizei - und somit gegen den Staat - zu führen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wo leben wir eigentlich, wenn wir solche Bilder und Situationen wegen eines Treffens von Staatsvertretern erleben müssen. Für uns ist es vollkommen egal, ob diese Menschen aus dem rechten oder dem linken Lager kommen, für uns gilt, jegliche Straftaten und jegliche Gewalt, egal, ob von rechts oder von links, sind entschieden zu verurteilen und strafrechtlich zu verfolgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt aber auch viele Stimmen, die den Einsatz der Polizei kritisieren und für unverhältnismäßig halten, die die polizeiliche Einsatzstrategie sogar gänzlich kritisieren. Darüber wurde auch viel geschrieben und berichtet, und es war die Rede von massiver Polizeigewalt. Hier gilt für uns als SPD, dass die Vorwürfe selbstverständlich und so schnell wie möglich aufgeklärt werden müssen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Welche Form die Hamburgische Bürgerschaft hierfür auswählt, das bleibt ihr überlassen, seien Sie sich aber sicher, dass auch wir in der Innendeputation mit diesem gesamten Thema noch viele Tagesordnungspunkte füllen werden. Ich finde es auch vollkommen richtig, denn es ist sehr

berechtigt, diese kritische Nachbetrachtung vorzunehmen und lückenlos aufzuklären.

Viele Ihrer Fragen, die Sie in dem Antrag gestellt haben, werden sicherlich auch aufgenommen werden. Wir werden sie auch dort beantworten. Wir werden auch Fragen stellen. Ich glaube, wir werden noch viele Innendeputationssitzungen durchführen, auf denen wir die Nachbetrachtung des G-20-Gipfels in Hamburg hier in Bremen weiter fortführen müssen.

„Die Kolleginnen und Kollegen haben in Hamburg immer wieder ihr Leben und ihre Gesundheit riskiert. Das lässt sich nicht mit Geld oder freien Tagen ausgleichen. Der Sonderurlaub ist aber ein Zeichen unserer Wertschätzung für den geleisteten Einsatz unter tagelanger höchster Nervenanspannung.“ Dem möchte ich mich anschließen und in Namen der SPD allen in Hamburg beteiligten Polizistinnen und Polizisten danken, die gewissenhaft und mit Augenmaß unter extremen Situationen dort ihren Dienst verrichtet haben.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn man die Berichte unserer Bremer Polizisten hört und erfährt, welche Welle der Gewalt sie in Hamburg von sogenannten Demonstranten erleben mussten, gebührt ihnen ganz besonderer Dank und Anerkennung für diesen Einsatz.

(Beifall SPD)

Einige unserer Bremer und Bremerhavener Polizisten haben in Spitzenzeiten bis zu 21 Stunden durchgehend Dienst leisten müssen, um der Gewalt von sogenannten Demonstranten entgegenzutreten und das Eigentum von unbeteiligten Menschen zu schützen, und dafür verdienen sie unseren Respekt. Unseren Respekt verdienen aber auch die vielen 1 000 Menschen, die ganz bewusst friedlich demonstriert haben, um ihren Unmut gegen diesen Gipfel zum Ausdruck zu bringen. Friedlicher politischer Protest ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie, Gewalt hat hier aber keinen Platz und ist auf das Schärfste zu verurteilen.

Landtag 3661 48. Sitzung/24.08.17

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Kommen wir nun zu den beiden uns vorliegenden Anträgen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann für mich sagen, dass ich auch dem Antrag der CDU zustimmen könnte.

(Beifall CDU)

Aber Ihr Antrag ist eben erkennbar auf die linksextreme Szene gerichtet, und damit ist niemandem wirklich geholfen.

(Zurufe CDU: Oh!)

Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden und verurteile diese Gewalt, die mutmaßlich überwiegend von der linksextremen Szene ausging, auf das Schärfste. Ich glaube aber eben nicht, dass es nur politisch motivierte Linksextreme gewesen sind,

(Abg. Hinners [CDU]: Wer hat es denn organi- siert?)

sondern ich glaube, dass sich auch viele grundsätzlich gewaltbereite Menschen dem Mob angeschlossen haben. Für die Aufklärung von Straftaten gilt eben zu Recht, das individuell Personen einer Tat zu überführen sind, aber nicht politische Gruppierungen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Der G-20-Gipfel im Juli dieses Jahres hat nachhaltige Auswirkungen. Leider nicht bei den großen Herausforderungen, vor denen die Welt steht, wohl aber bei der Hamburger Bevölkerung und den Einsatzkräften der Polizeien der Länder.

Enthemmte Gewalt, versuchte Tötungsdelikte und sinnlose Zerstörung bestimmten die Bilder, die in die Welt und in die Wohnzimmer unseres Landes gingen. Die Hamburger Bevölkerung stand phasenweise ohne Schutz da. Die eingesetzten Polizeibeamten wurden von diesen Straftätern mit Flaschen und Steinen angegriffen. Dass es hierbei nicht zu tödlichen Verletzungen gekommen ist, grenzt an ein Wunder. Lassen Sie mich deutlich sagen, dass das Werfen von Steinen und Co. auf Menschen eben keine kritische Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus, den Krisen der Globalisierung oder mit dem Staat ist. Wer sich politisch einmischt, der diskutiert auch gern hart und klar, aber der wirft keine Steine.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Meine Damen und Herren, das sind Straftaten, die unser Rechtsstaat mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgen muss.

Wer sich die Belastungen der eingesetzten Einsatzkräfte hat schildern lassen, der weiß, dass dies kein Einsatz wie jeder andere war. Auch die Polizei ist an diesem Wochenende an die Grenzen der Belastbarkeit gekommen. Spätestens nachdem es den Hilferuf aus Hamburg gab, und weitere bremische Einsatzkräfte nach Hamburg verlegt wurden, war auch in Bremen die Personaldecke mehr als dünn.

Die Belastung im Einsatz selbst war ja auch noch vorhanden. Sie haben sicherlich alle die Bilder der erschöpften Beamten vor Augen, die weit über das Maß hinaus beansprucht wurden. Meine Damen und Herren, dass die Bremische Bürgerschaft an dieser Stelle für diesen Einsatz noch einmal Dank und Anerkennung ausspricht, ist für uns selbstverständlich.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)