Ein wenig Entlastung wird es in den nächsten Jahrzehnten durch die Niedrigzinspolitik geben. Das ist die Folge des verkehrten Euro-Konstruktes. Durch Zinssicherungsgeschäfte des Senats wird die Zinslast heute schon nach oben begrenzt, trotzdem darf man nicht übersehen -
gesenkt, begrenzt! -, dass es sich hier, Herr Rupp, um Wetten auf Zinsveränderungen in eine bestimmte Richtung handelt. Sollte es zukünftig negative Zinsen in großem Stil geben, dann hätte sich der Bremer Senat heftig verzockt.
Nun will der Senat 50 Millionen Euro an ein Band hängen, so nennt er die Sockeltilgungsleistungen. Weitere 30 Millionen Euro Tilgung werden in Aussicht gestellt. Das sind in zehn Jahren im Best Case 800 Millionen Euro Tilgung von 21 Milliarden Euro Schulden. Ich würde sagen, das sind homöopathische Dosen, Herr Sieling.
Aber nicht nur, dass in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Schulden gemacht worden sind, sondern es wurden systematisch die Immobilien- und die Infrastruktur des Landes Bremen, insbesondere die der Schulen, heruntergewirtschaftet. Jeder kleine Eigenheimbesitzer weiß, dass Eigentum auch ständige Instandhaltungsaufwendungen nach sich zieht. Gleiches trifft auf die Substanz der Straßen und Brücken Bremens zu. Der Sanierungsstau ist so gewaltig, dass die 187 Millionen Euro jährliche Mehreinnahmen nur für die Beseitigung dieses Sanierungsstaus benötigt werden. Sie werden wahrscheinlich noch nicht einmal ausreichen.
Wir geben mehr finanzielle Mittel für die Zahlung von Zinsen als für Investitionen aus. Das kann nicht gut gehen.
Wo ist das Wachstumskonzept zur Generierung eigener Einnahmen? Um das Leben des Landes Bremen zu sichern, gibt es weitere Baustellen, die dringend bearbeitet werden müssen. Zu nennen ist beispielsweise das Land Bremen als Wirtschaftsförderer. Die Idee, die Rennbahn zu bebauen, Kulturstätten zu schließen und Schwimmbäder verfallen zu lassen, sind sicherlich keine Ideen, die der Wirtschaftsförderung dienen.
Die Bebauung des Bahnhofsvorplatzes kann sich auch in diese Kategorie einordnen. Herr Bürgermeister Sieling haben Sie einmal mit Unternehmern gesprochen, die hoch qualifizierte Arbeitnehmer für den Standort Bremen suchen? Welcher qualifizierte Arbeitnehmer wird sich in Bremen ansiedeln?
Die erste Frage wird lauten: Wo kann ich mit meiner Familie in Bremen wohnen? Ein Haus mit Garten ist unbezahlbar, Fehlanzeige, vielleicht in Lilienthal, aber nicht in Bremen! Zu welcher Schule soll ich meine Kinder schicken? Na ja, PISA, Bremen ist ja nicht so toll! Privatschule? Die nächste Frage: Wie sieht es mit den Einbrüchen in Bremen aus? Na ja, Bremen, auch hier kein Ruhmesblatt! Was soll der Unternehmer antworten?
- lachen Sie ruhig, es ist ein ernstes Thema! - in Bremen anzusiedeln beziehungsweise zu halten? Es mag ja sein, dass viele Aktivitäten entfaltet worden sind, aber erfolgreich waren diese Aktivitäten nicht. Das ist nachgewiesen. Bremen hat das die GVZ, aber leider keine adäquate Anbindung. Ist das eine Standortpolitik, die wir benötigen? Ich sage ausdrücklich: Nein!
Ich zitiere hier ein paar Aussagen von Herrn Bürgermeister Sieling: Man legt seine Karten erst zum Schluss auf den Tisch. Die Häuser haben sich die Karten gelegt. Frau Bürgermeisterin Linnert ähnlich: Sie spricht von einem Ass im Ärmel. Lieber Bürgermeister, liebe Frau Bürgermeisterin, Politik ist kein Kartenspiel!
Das einzige Spiel, das wir in Bremen spielen, sind die Zinssicherungsgeschäfte, und dieses Spiel nennen wir Pokern.
Das Land Bremen als Unternehmer! Unternehmertum und Staat, das sind zwei Dinge, die sich nicht vertragen. Der private Unternehmer haftet immer persönlich mit seinen finanziellen Mitteln, genau das, macht der Staatsdiener nicht. So hat Bremen die BLB verloren und will nun einen OTB-Terminal bauen, der mit großer Wahrscheinlichkeit keine wirtschaftliche Auslastung haben wird. Vor diesem Hintergrund warne ich davor, die BREBAU zu 100 Prozent zu verstaatlichen.
Bremen als Bauträger! Nein, der Senat ist nicht der bessere Bauträger! Hier ziehen ähnliche Argumente wie bei der Betätigung des Staates als Unternehmer. Das im Augenblick berühmtes negative Beispiel ist der Teilersatzneubau der GeNo, weder der Fertigstellungstermin noch die Baukosten sind im Griff. Ähnliches zeichnet sich bei der Konzeption des Horner Bades ab. Ich bin Mitglied im Beirat Horn, und da haben wir es gerade wieder gehört. Es ist eine Posse, die sich dort abspielt. Die Baukosten haben sich innerhalb eines Jahres stark erhöht, aber der Vergleich der Renovierung des Uni-Bades im Verhältnis mit dem Neubau eines Hallenbades in Horn wird einfach nicht neu geführt. So geht es nicht, meine Damen und Herren.
Das Land Bremen als Immobilienverwalter! Im Land Bremen existiert eine Vielzahl leer stehender Immobilien, die dem Land Bremen gehören. Teilweise - und das muss man sich einmal vorstellen - gibt es Leerstandszeiten von über zehn Jahren. Abgesehen von den Kosten der Verkehrssicherung, werden diese Immobilien mit Sicherheit nicht mehr wert. Aus welchen Gründen keine professionelle Verwertung stattfindet, ist mir unerklärlich. Schauen Sie sich einmal die Liste an, seitenlange Leerstandseiten seit 2015. Das ist unglaublich.
Lassen Sie uns noch kurz die Ausgabenseite betrachten: Ausgabenblock Sozialleistungen! Hier muss sich die Verwaltung an die gesetzlichen Vorgaben halten. Dienstanweisungen, wie es sie beispielsweise in der Vergangenheit bei der Ausländerbehörde gegeben hat, einen Antrag auf Duldung als gestellt anzusehen oder sonstige Vereinfachungen, die dem Land Bremen sehr viel Geld kosten, sind nicht im Sinne der Sanierungspolitik.
Das allgemeine Forderungsmanagement, insbesondere das des Sozialressorts, gehört in professionelle Hände, aber nicht in die Hände des jeweiligen Sachbearbeiters. Die Einführung eines konsequenten E-Governments wird in der Verwaltung viel Kapazität freisetzen. Ich weiß, das ist bei den Gewerkschaften nicht beliebt, aber es bringt Bremen allerdings einen großen finanziellen Spielraum. Bremen kann sich Projekte wie KoPers - ich weiß nicht, ob alle wissen, was KoPers ist, es ist eine neue Personalsoftware - einfach nicht leisten. Wir haben dort etwa 10 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Wir haben einfach nicht den finanziellen Spielraum, um Millionen in den Sand zu setzen.
Zum Schluss möchte ich noch auf die Situation des öffentlichen Dienstes in Bremen eingehen. Nicht bezahlte Überstunden und eine ständige Überforderung am Arbeitsplatz führen nicht nur in der freien Wirtschaft zur inneren Kündigung. Die Folgen haben eine finanzielle Dimension, die den angeblich eingesparten Kostenrahmen bei Weitem übersteigt. Die innere Kündigung führt zu erhöhten Krankheitszeiten und zu einem Dienst nach Vorschrift. Das wollen wir alle nicht. Der Senat verkennt, dass das Wichtigste eines Unternehmens - hier das Land Bremen - seine Mitarbeiter sind. Die Gruppe BÜRGER IN WUT fordert den Senat auf, alle vorgenannten
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Schulklasse des Schulzentrums Blumenthal.
Abg. Schäfer (LKR)*) : Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bürgermeister, frei nach Loriot: Konzentrierte Beinhaltung als Kernstück einer zukunftsweisenden Regierungserklärung. So konnte man ihre Worte heute Morgen verstehen. Mit anderen Worten, es ist viel geredet, aber nichts gesagt worden. Es gibt viel Nebel und Allgemeinplätze, und das wird, glaube ich, der Situation nicht gerecht.
Natürlich freue auch ich mich darüber, dass die Finanzierung Bremens nachhaltig gesichert ist. Das ist ein Erfolg. Ich warne aber davor, sich nun zu überlegen, wie man es sich an dem süßen Tropf der Transferleistungen gemütlich eingerichtet, und damit weiter für die Zukunft plant. Wir müssen jetzt zusehen, wie wir unsere wertgeschätzte Eigenständigkeit behalten und sinnvoll nutzen. Es stellt sich die Frage: Was wollen wir eigentlich machen, um Bremen nachhaltig auf die Beine zu stellen und zukunftssicher zu gestalten? Ich hätte erwartet, dass Sie in Ihrer Regierungserklärung dazu einige Worte sagen.
Sie haben einige Dinge angerissen. Das sind für mich eher Zustandsbeschreibungen, aber keine Konzepte. Sie reden von einer wachsenden Stadt. Herr Bürgermeister, das ist kein Konzept, das ist eine Tatsachenbeschreibung. Manche Leute würden sagen, das sei eine Problembeschreibung. Sie reden von der Elektromobilität. Ich bin einmal gespannt, wie uns die Elektromobilität als Land weiterhilft.
Sie reden von dem großen Problem - das auch von anderen angesprochen worden ist - der Bildung, die in diesem Land desolat ist. Ich stimme Ihnen zu. Ich glaube, man kann sagen, dass alle parteiübergreifend der Meinung waren, dass die Bildungspolitik in diesem Land nicht zum Erfolg geführt hat. Ihre Partei verantwortet diese Politik mittlerweile seit 70 Jahren. Es ist schön,
wenn Sie sagen, dass die Bildungspolitik in Zukunft ein Schwerpunkt sein soll, aber sagen Sie uns doch bitte einmal, was wollen Sie anders machen als in den letzten 70 Jahren. Teilen Sie uns ganz konkret Ihren Ansatz mit, wie Sie dieses Land nach vorn bringen wollen, damit es seine Selbstständigkeit behält.
Weil wir gerade bei dem Thema Selbstständigkeit sind! Was nützt uns eigentlich die Selbstständigkeit, wenn wir in einem Bereich, in dem wir an einer starken Industrie teilnehmen - ich rede von der maritimen Industrie mit einem bundesweiten Gesamtumsatzvolumen von 75 Milliarden Euro im Jahr -, uns in einer Konkurrenzsituation als Einzelplayer betrachten? Womöglich einen Autobahnanschluss des Bremerhavener Hafengebiets mit einer teuren Tunnelkonstruktion bauen, weil wir unbedingt vermeiden wollen, dass eine Straßenanbindung über niedersächsisches Gebiet läuft?
Was nützt uns die Selbstständigkeit, wenn wir uns hier mit einem sinnlosen OTB quälen, wenn wir es als Problem betrachten, dass Siemens erfolgreich in Cuxhaven tätig ist, wenn wir den JadeWeserPort in einer Konkurrenzsituation zum Hamburger Hafen betrachten, wenn wir es nicht schaffen zu sagen, wir hier im Norden sind eine Region mit einer Industrie und einem gemeinsamen Interesse und wenn wir keine Antwort darauf finden, auf welche Weise wir das befördern können. Als schwächster Player in einem Spiel ist doch der Status der Unabhängigkeit nicht unbedingt mein Vorteil.