Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundestag wird in Kürze die Hürden senken, die den Einsatz einer elektronischen Fessel, einer Fußfessel, gegen verurteilte extremistische Gefährder betreffen. Der Katalog der Straftaten wird auch erweitert. Die verbüßte Freiheitsstrafe muss nur noch zwei statt drei Jahre betragen. Bremen hat bereits die Zustimmung im Bundesrat signalisiert, und wir Grüne sehen die Ausweitung als vertretbar an. Viel problematischer ist tatsächlich das, was Herr Erlanson vorhin versucht hat deutlich zu machen, der präventive Einsatz gegen eine Person, der bisher keine Straftat nachgewiesen werden konnte. Viele sagen, dass das verfassungsrechtlich bedenklich ist.
Die elektronische Fußfessel ist ein ausgesprochenes schwaches Instrument zur Terrorbekämpfung. Sie kann keine Anschläge verhindern, das haben wir auch ausführlich im Rechtsausschuss diskutiert. Ein IS-geleiteter Täter, der im Juli 2016 in Nordfrankreich eine Kirche stürmte und den Priester mit einem Messer abschlachtete, trug dabei eine elektronische Fußfessel, das ist Ihnen allen bekannt, meine Damen und Herren.
Ich finde auch nicht, dass sie als Warninstrument taugt. Mögliche Anschlagsorte, auch das haben wir im Rechtsausschuss sehr ausführlich debattiert, lassen sich von vornherein nicht abschließend benennen, erst recht nicht in Großstädten, wie hier in Bremen,
wo potenzielle Anschlagsziele dicht nebeneinander liegen. Herr Hinners, man kann einem Fußfesselträger ja kein Aufenthaltsverbot für die gesamte Bremer Innenstadt auferlegen.
Wir glauben, dass die Fußfessel auch keine polizeiliche Observation ersetzen kann. Bei der Fußfessel weiß man nur, wo der Betroffene sich tatsächlich aufhält, aber nicht, mit wem er sich gerade dort trifft. Noch wichtiger, eine Observation, das wissen Sie alle, erfolgt verdeckt. Der Betroffene soll sich unbeobachtet fühlen, die Fußfessel ist hingegen eine offene Maßnahme, die nur mit Wissen des Betroffenen funktioniert.
Ich habe eingangs deutlich gemacht, dass der Bundestag jetzt die Hürden senken will. Wir Grüne haben unsere Zustimmung signalisiert, weil wir die Regelungen für vertretbar halten. Aus all den von mir genannten Gründen, die wir auch ausführlich im Rechtsausschuss diskutiert haben, werden wir Ihren Antrag ablehnen, Herr Hinners. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Einen Satz noch, entschuldigen Sie, das mache ich sonst nie, Herr Zenner, aber einen Satz würde ich gern als Rechtsausschussmitglied in Richtung von Herrn Stauch sagen: Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen für die gute Zusammenarbeit bedanken, die in den letzten sechs Jahren im Rechtsausschuss stattgefunden hat! Alles Gute für Ihre Zukunft, Herr Stauch!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beim Thema elektronische Fußfessel kommt es erstens darauf an, den Blick auf das zu lenken, was bisher geregelt ist und rechtsstaatlich möglich ist, aber es macht keinen Sinn, die Bevölkerung darüber zu täuschen, als würde man mit einer Fußfessel islamistische Gefährder fesseln und festhalten.
Zweitens, Ausgangspunkt ist Paragraf 68 b Strafgesetzbuch, da gibt es das schon: Wenn jemand eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verbüßt hat und man bei ihm die Prognose stellen kann, dass von ihm erneut schwere Straftaten ausgehen könnten, dann kann man bei ihm eine Fußfessel zum Einsatz bringen. Das ist zurzeit bei etwa 80 Personen in der ganzen Bundesrepublik Deutschland der Fall, und diese werden, das wurde schon gesagt, aus Hessen mit dieser Elektronik überwacht, das ist Fakt. Das sind aber Täter, die schon bestraft worden sind. Wir sind jetzt aber in dem Bereich, wo man noch nicht bestraft ist und es polizeirechtlich ermöglicht werden soll, Fußfesseln schon im Vorhinein anzulegen.
Bei Gefährdern! Jetzt kommt es darauf an, wie der Begriff Gefährder zu definieren ist. Wir brauchen also eine polizeirechtliche verwertbare Bestimmung, was ein Gefährder ist und wann der Begriff einer Gefährdung vorliegt. Das ist das Erste, das muss vernünftig in einem Gesetz definiert werden,
und dann, Herr Hinners, kommt es noch darauf an, dass dieses Gesetz richtig angewendet wird. Man muss also dann anschließend aus dem Verhalten dieser Person, dieses Gefährders, genügend tatsächliche Umstände ermittelt haben, aus denen man den Rückschluss ziehen kann, dass er intellektuell vom Willen her diese Straftaten begehen würde, die wir dann in diesem Gesetz beschreiben. Das sind erst einmal die Voraussetzungen, die vorliegen müssen.
Wir waren der Auffassung, dass es Sinn macht, die Initiative der Bundesregierung zur Reform des BKAGesetzes abzuwarten, die die Vorarbeit leistet, und uns dann, wenn diese dort geleistet ist, noch einmal in der Innendeputation anzusehen, ob wir mit dem konform gehen und dies auf die bremischen Verhältnisse übertragen können.
Da schon alles auf den Weg gebracht ist, was Sie auf den Weg bringen wollten, macht es Sinn, dies abzuwarten.
Zweite Bemerkung: Die FDP ist durchaus dafür, die Fußfessel als weiteren Baustein in der Bekämpfung des Terrorismus mit anzuwenden, wenn auch die Einsatzmöglichkeiten der Fußfessel sehr beschränkt sind. Das ist sinnvoll, aber wir dürfen der Bevölkerung nicht suggerieren, als wäre damit Erhebliches erreicht, sondern sie ist nur ein kleiner Baustein in der gesamten Strategie, den Terrorismus zu bekämpfen, denn, es wurde schon gesagt, wer wirklich terroristische Anschläge begehen will, den werden Sie auch nicht durch eine Fußfessel absolut davon abhalten können.
Es kommt darauf an, was das Bundesverwaltungsgericht neuerdings entschieden hat. Es hat gesagt, wir können Abschiebungen dann vornehmen, wenn terroristische Gefahren vorliegen, wenn besondere Gefährdungen für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland vorliegen und insoweit ein beachtliches Risiko besteht. Da kommt es auch immer nur auf den Einzelfall an: Kann man belegen, dass dieses beachtliche Risiko vorhanden ist? Alle Verfassungsschutzorgane und die Polizei sind aufgefordert, auch im Hinblick auf diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfen, ob sie von dieser Möglichkeit der Abschiebungsanordnung Gebrauch machen können. Das wäre noch ein weiterer Baustein.
Also, wir sind bei Ihnen, die Fußfessel als Mosaikstein in der Terrorismusbekämpfung mitzumachen. Wir warten ab, was der Bund dazu im BKA-Gesetz regelt, und dann sind wir auch dabei, wenn es eine vernünftige Regelung für das bremische Polizeirecht gibt, diese mit auf den Weg zu bringen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Rednerin für die SPD-Fraktion darf ich, und das möchte ich auch gern, die CDU erst einmal dafür loben, dass sie unser Regierungshandeln des Innensenators ausdrücklich begrüßt. Ja, das sehen wir auch so: Unser Innensenator macht gute Arbeit!
Herr Hinners, Sie haben gesagt, Sie verstehen gar nicht, warum wir den Antrag ablehnen. Wenn die von Ihnen in dem Antrag gewünschte Bundesratsinitiative nicht mehr nötig ist, weil das Thema schon auf den Weg gebracht wurde, dann hätte ich in meinem früheren Leben als Zivilrichterin gesagt: Damit hat sich die Hauptsache erledigt. Dann kann man etwas als erledigt erklären, das sieht die Geschäftsordnung hier nicht – –.
Sie möchten gern, dass der Senat eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringt, deshalb ist das obsolet, und dass wir an der Stelle in dieselbe Richtung gehen, haben wir im Rechtsausschuss ausführlich debattiert. Jedenfalls ist schon etwas auf dem Weg, und noch einen Antrag mit etwas müssen wir nicht auf den Weg bringen. Deshalb haben wir an der Stelle diese Empfehlung abgegeben.
Ich möchte aber auch gern noch etwas Inhaltliches sagen und an der Stelle noch einmal deutlich formulieren, dass wir im Hinblick darauf die Auffassung sowohl unserer Bundestagsfraktion, des Bundesjustizministers, der Justizministerkonferenz als auch unseres Justizsenators und unseres Innensenators sowie der CDU-Fraktion teilen, nämlich dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu Recht von den Sicherheitsbehörden erwarten, dass sie die Gefährder und ihre Netzwerke im Blick haben. Herr Strohmann hatte dazwischengerufen, nichts könne Anschläge zu 100 Prozent verhindern, das ist so. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten vielleicht leider von uns, dass wir das können, und man kann auch sagen, das wird zu Recht erwartet, denn ich möchte auch, dass mein Leben geschützt wird, aber an der Stelle ist zumindest klar, dass wir die Leute, von denen eine Gefährdung ausgeht, im Blick haben müssen.
Die elektronische Fußfessel als Maßregelauflage für extremistische Straftäter gehört zu den Maßnahmen, die auch einen wirksamen Schutz vor extremistischer Gefährdung gewährleisten können, wohlgemerkt, bei aller Mahnung ist die Wirkung nicht zu überschätzen. Ich habe es vorhin schon gesagt, es ist keine Fessel, keine visuelle Überwachung, sondern es geht allein
darum, den Aufenthaltsort dieser konkreten Person festzustellen. Das heißt, man weiß eben auch nicht, mit wem sie sich gerade trifft, sondern man weiß, wo diese Person ist.
Es ist gerade auch schon gesagt worden, wir wissen, dass auch Menschen, die eine solche elektronische Aufenthaltsüberwachung tragen, mörderische Anschläge begehen können, aber trotzdem ist es gut zu wissen, wo sich eine Person aufhält, wenn man Maßnahmen ergreifen möchte. Deswegen ist das an der Stelle begrüßenswert.
Dass wir als SPD-Fraktion hier in Bremen ebenso wie unsere Kolleginnen und Kollegen im Bundestag besonderen Wert darauf legen, verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelungen zu schaffen, ist genauso selbstverständlich.
Auch in Zukunft ist natürlich nicht alles erlaubt, was im Namen der Terrorabwehr technisch möglich wäre. Schutz und Bewahrung unserer Grundrechte, unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, stehen gerade im Bereich der Terrorbekämpfung an erster Stelle, weil wir ja nicht unsere Grundrechte und unsere Freiheit aufgeben können, um diese zu schützen. Deshalb ist es auch selbstverständlich, dass die Gesetzentwürfe im parlamentarischen Verfahren und auch im Rahmen einer öffentlichen Expertenanhörung intensiv und kritisch auf Herz und Nieren geprüft und gegebenenfalls verbessert werden. Auf die Bedenken, die an der Stelle bestehen, hat Herr Erlanson schon nachdrücklich hingewiesen. Das gilt sowohl für die Gesetzesinitiative bei den Maßregelauflagen als auch für die vorgeschlagene Änderung des BKA-Gesetzes.
Natürlich gilt für die SPD-Fraktion auch, dass wir uns in Bremen auf der Grundlage – nach reiflichen Prüfungen und einem sorgfältigen Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene, nachdem diese Regelungen dort verabschiedet wurden – dann damit befassen werden und auch damit befassen müssen, welche Verbesserungen gegebenenfalls im Bremischen Polizeigesetz geboten sind. An dieser Stelle sind wir uns auch alle einig, dass wir uns damit befassen müssen.
Es bleibt also dabei: Für meine Fraktion – auch wenn wir alle das Anliegen teilen und in dieselbe Richtung wollen – bleibt nur, der Empfehlung des Rechtsausschusses zu folgen und den Antrag hier abzulehnen. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir von der LKR haben großes Verständnis dafür, wenn man die Sicherheitslage verbessern will und auch über Gedankenspiele wie die Fußfesseln nachdenkt. Es stellt sich natürlich nur die Frage, nach welchem Recht man den Einsatz der Fußfessel vereinbaren möchte. Wir kennen solche Maßnahmen aus dem Strafrecht, aber nach dem Strafrecht kann man nur jemanden behandeln, der bereits eine Straftat begangen hat, nicht jemanden, der eine Straftat plant. Deswegen glauben wir, dass das Strafrecht hier überhaupt nicht zielführend ist, um weiterzukommen.
Wir kennen aus anderen Rechtsgebieten den Begriff der Fremd- und Selbstgefährdung. Wenn jemand akut selbstmordgefährdet ist, wenn eine Gefährdung besteht, einen erweiterten Selbstmord zu begehen, einen Amoklauf oder einen Terroranschlag, sei es aus religiösem Fanatismus oder ideologischer Verblendung, dann würde sich aus unserer Sicht das PsychKG anbieten, diese Selbst- und Fremdgefährdung in den Griff zu bekommen, indem man diese Menschen geschlossen unterbringt.
Das PsychKG gibt es bereits. Ich wüsste nicht, dass es bei islamistischen Gefährdern angewendet wird, aber PsychKG ist ja, soweit ich weiß, auch Landessache. Insofern regen wir an, das PsychKG so nachzuschärfen, dass es in Zukunft die Rechtsgrundlage bildet,
sodass wir Leute, bei denen wir davon ausgehen müssen, das eine akute Fremd- und Eigengefährdung besteht, aufgrund der Wahrscheinlichkeit, dass sie aus religiöser oder ideologischer Verblendung und Fanatismus einen Terroranschlag begehen, nach dem PsychKG auch gegen ihren Willen geschlossen in einer psychiatrischen Einrichtung unterbringen können. – Vielen Dank!