Protocol of the Session on April 6, 2017

Es ist namentliche Abstimmung beantragt.

Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/999, Neufassung der Drucksache 19/982, seine Zustimmung, seine Stimmenthaltung oder sein Nein signalisieren möchte, möge sich dann deutlich mit Ja, Nein oder Enthaltung zu Wort melden.

Ich rufe jetzt die Namen auf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für die Auszählung der Stimmen.

(Unterbrechung der Sitzung 15.58 Uhr)

Vizepräsident Imhoff eröffnet die Sitzung wieder um 16.00 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen nun das Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 77 Stimmen abgegeben, 29 Abgeordnete haben mit Ja gestimmt, 48 Abgeordnete haben mit Nein gestimmt, es gab keine Stimmenthaltungen.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

(Beifall SPD)

Glasflaschenverbotsgesetz – Gesetz über das Verbot des Mitführens und der Abgabe von Glasflaschen oder Trinkgläsern in bestimmten Gebieten Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 17. März 2017 (Drucksache 19/985) 1. Lesung 2. Lesung Dazu Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 4. April 2017 (Drucksache 19/1008)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Ehmke.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Gemäß Paragraf 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Aussprache statt. Ihr folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 19/1008 mit in die allgemeine Aussprache einbeziehen.

Ich höre keinen Widerspruch. – Dann werden wir so verfahren.

Die allgemeine Aussprache ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich recht herzlich für das Interesse, das Sie an unserem zweiten Gesetzentwurf zu dem Glasflaschenverbot bekunden. Kritiker des Gesetzes, die auch schon Kritiker der Verordnung und der Fassung aus dem Jahr 2014 waren, werden das Gesetz genauso ablehnen, wie die Verordnung.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Nun, wir enthalten uns dieses Mal! – Vizepräsidentin Dogan übernimmt den Vorsitz.)

Oh, das ist sehr schön!

Ja, es ist richtig, dass die Verordnung gerichtlich aufgehoben worden ist. Damit erkenne ich auch an, dass das Oberverwaltungsgericht formelle Fehler festgestellt hat. Laut Gericht hätte gleich ein Gesetz verabschiedet werden müssen. Es wurde so begründet, dass es für Freiheitseinschränkungen zur Bekämpfung von Risiken durch Glasflaschen eines förmlichen Gesetzes des Landtags bedarf. Dieser Aufforderung wollen wir heute nachkommen.

Das Glasflaschenverbot hat sich bewährt. Gerade unter angetrunkenen Menschen heizt sich die Stimmung schnell einmal auf, und es kommt zur Auseinandersetzung. Wenn eine Glasflasche mit Sicherheit anders zu betrachten ist, als ein mitgeführtes Messer oder andere Waffen, so eignet sie sich durchaus dazu, Personen zu verletzen. Ob es juristisch nunmehr als abstrakte Gefahr gewertet wird oder nicht, das spielt für mich persönlich bei der Umsetzung keine Rolle. Natürlich spielt es aber eine Rolle, ob eine Verordnung oder ein Gesetz rechtmäßig ist. Nicht, dass ich hier falsch verstanden werde, mir geht es um das Ergebnis. Ich möchte an dieser Stelle sicherstellen, dass das bewährte Mittel fortbestehen kann.

Das Gericht hat in seiner mündlichen Urteilsbegründung auf das hamburgische Glasflaschenverbotsgesetz verwiesen und dies als mögliche Rechtsform eines Glasverbotes in Erwägung gezogen. Aus diesem Grund haben wir uns dieses Gesetz zum Vorbild genommen und auf unsere Gegebenheiten angepasst. Das Ergebnis liegt Ihnen vor.

Darüber hinaus haben wir diese Gelegenheit aber auch genutzt, um kleinere Anpassungen vorzunehmen. So ist der Anwendungsbereich auf das Wochenende begrenzt, das heißt, die Nacht von Freitag auf Samstag sowie die Folgenacht. Außerdem soll die bisher nur für Anwohner geltende Ausnahme für den Transport in geschlossenen Behältnissen auf alle Personen ausgeweitet werden. Gerade in Hauptbahnhofsnähe, wo der eine oder andere Supermarkt oder Kiosk länger geöffnet hat oder Reisende mit Einkäufen und Mitbringseln ankommen, muss es möglich sein, einkaufen zu gehen und auch Glasflaschen nach Hause oder zu einer privaten Feier oder Ähnlichem zu transportieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist der zweite Versuch, und ich hoffe, dass er erfolgreich ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2014 wurde die Polizeiverordnung zur Waffenverbotszone um ein Glasflaschenverbot ergänzt. Dieses Verbot sah Bußgelder vor, wenn auf der Discomeile Glasflaschen in der Öffentlichkeit mitgeführt oder verkauft wurden.

Der Rechtsanwalt Sören Böhrnsen klagte gegen diese Verordnung beim Oberverwaltungsgericht und bekam im November 2016 recht. Die Polizeiverordnung für die Waffenverbotszone blieb zwar als solche in Kraft, das Glasflaschenverbot wurde aber aufgehoben. Das Gericht argumentierte, dass die Polizei die für solche Verordnungen notwendige Wahrscheinlichkeit einer Gefahr nicht hinreichend begründen kann. Im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts heißt es – ich zitiere –:

„Die Polizeiverordnung ist materiell rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer gefahrenabwehrrechtlich veranlassten Verordnung der Ortspolizeibehörde nicht vorliegen. Es fehlt an der Voraussetzung der hierfür erforderlichen Gefahr.“

Das Gericht kritisierte weiter, dass die Daten der Polizei nicht zwischen Straftaten mit Glasflaschen im öffentlichen Raum und zwischen denen, die innerhalb der Diskotheken begangen werden, differenzieren. Eine Auswertung dieser Statistiken hat laut Gericht im Gegenteil sogar ergeben, dass ein erheblicher, in den Wintermonaten sogar ein überwiegender Anteil der Delikte innerhalb der Lokalitäten stattfindet.

In den Discos sind die Glasflaschen natürlich nicht verboten, sondern nur auf der Straße beziehungsweise im öffentlichen Raum davor, daneben und dahinter. Insofern bieten die Angaben der Polizei keine ausreichende Grundlage, um eine solche gefahrenabwehrrechtliche Verordnung zu erlassen.

Deswegen kommt das Gericht zu dem Schluss, dass ein Glasflaschenverbot nicht per Verordnung erlassen werden kann. Es ließ aber explizit zu, dass ein eigenständiges Gesetz beschlossen werden kann, und das will die Koalition mit diesem Gesetzentwurf nachholen.

Ich habe eben schon dazwischengerufen, dass wir uns heute anders als im Jahr 2014 verhalten werden, wir werden uns heute nämlich der Stimme enthalten. Wir haben eine mehrwöchige Diskussion in der Fraktion darüber geführt, ob und für wie sinnvoll wir das Gesetz erachten.

Wir erkennen an, dass von Scherben und Glasflaschen ein generelles Gefährdungspotenzial ausgeht. Wer morgens dort mit dem Fahrrad fährt – und das habe ich 14 Jahre lang auf dem Weg zur Arbeit getan –, der weiß, wovon er redet. Wer jemals Menschen gesehen hat, denen eine Glasflasche durch das Gesicht gezogen worden ist, weiß auch, dass das nicht zu relativieren ist, sondern dass durchaus eine Gefahr von Betrunkenen oder unter Drogen stehenden Leuten ausgeht, die mit einem Gewaltpotenzial unterwegs sind und Glasflaschen als Waffe benutzen.

Trotzdem gibt es bei uns in der Fraktion und in der Partei auch die Bedenken, dass das Glasflaschenverbot, das wir für die Discomeile aus den von mir eben

genannten Gründen für absolut sinnvoll halten, im Endeffekt auf weitere Gebiete ausgeweitet werden kann, um vor allen Dingen Jugendlichen im Viertel oder in anderen Gebieten der Stadt das Trinken auf offener Straße – das auf Neudeutsch, das habe ich gelernt, Cornern heißt – zu verbieten. Diesen Trend gibt es in größeren Städten wie zum Beispiel in Hamburg und in Baden-Württemberg. Wir wollen keine Ausweitungsmöglichkeit, und ich will sie auch nicht.

Wir enthalten uns der Stimme, weil wir im Ergebnis aus diesen beiden Gründen gesagt haben, ja, auf der Discomeile, aber die Möglichkeit, dass das Glasflaschenverbot ausgeweitet werden kann, wollen wir nicht, um, wie heißt das – –.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Es ist alles gut, wir haben dich verstanden!)

Okay, wir enthalten uns! – Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag zum Glasflaschenverbot zustimmen und, Herr Senkal, auch dem aktuellen Änderungsantrag der Koalition.

Für die CDU-Fraktion ist allerdings unbegreiflich, Herr Senkal hat kurz darauf hingewiesen, weshalb erst das Oberverwaltungsgericht dem Bremer Senat juristischen Nachhilfeunterricht geben musste, denn eine derartig einschränkende und auch noch mit Sanktionen belegte Maßnahme zunächst als Änderungsverordnung an der Bremischen Bürgerschaft vorbei zu beschließen, spricht nicht gerade für ein ausgeprägtes Rechtsverständnis des Senats.

Meine Damen und Herren, in der Zielsetzung allerdings, nämlich Glasflaschen oder Trinkgläser zu bestimmten Zeiten auf der Discomeile oder im Bahnhofsumfeld zu verbieten, unterstützen wir den Antrag,

(Beifall CDU)

denn diese Gegenstände, wir haben es eben schon gehört, können im Ganzen und erst recht in Teilen zu gefährlichen Waffen werden und bei körperlichen Auseinandersetzungen schwere Verletzungen hervorrufen.

Für die CDU-Fraktion hat in diesem Zusammenhang allerdings auch der Tier- und Umweltschutz eine große Bedeutung, denn weggeworfene Flaschen und Gläser sowie deren Reste sind nicht nur eine Verschmutzung der Umwelt, sondern sie stellen auch eine große Verletzungsgefahr, insbesondere für Tiere, dar.

(Beifall CDU)

Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, spielt bei diesem Verbot für die CDU-Fraktion auch das sogenannte Anturnen eine nicht unerhebliche Rolle. Denn aufgrund der hohen Preise in den Diskotheken und sonstigen Lokalen kommen nicht wenige Besucher auf den Gedanken, sich auf dem Weg dorthin mit mitgebrachtem Alkohol in Stimmung zu bringen und dabei nicht selten die mitgebrachten Flaschen und Gläser auf der Straße oder in Grünanlagen zu entsorgen. Diese Unsitte kann auch mit dem vorliegenden Antrag verhindert oder zumindest eingeschränkt werden.