Ich glaube, dass ein solches Entfristungsprogramm gerade aus finanzieller Sicht schwierig ist, dennoch ist hier auch noch einmal meine Frage: Es sind ja nicht alle Wissenschaftler, die einen befristeten Vertrag haben, immer darauf aus, eine Führungsposition oder eine Professur zu bekommen, deren Anzahl sehr begrenzt sind. Meinen Sie nicht auch, dass man gerade den Frauen im akademischen Mittelbau schon auch noch mehr Chancen geben müsste? Dort gibt es doch in der Tat das Problem, sich zeitlich auf eine Schwangerschaft einlassen zu können, sage ich einmal, wenn man weiß – gerade bei Drittmit telprojekten, die dann für ein bis zwei Jahre laufen –, dass man anfängt und dann eigentlich schon den nächsten Antrag schreiben muss und überhaupt keine monetäre Planungssicherheit hat. Dort müsste man gerade den Wissenschaftlerinnen im Mittelbau doch auch mehr Unterstützung zukommen lassen!
Ihrer Problembeschreibung stimme ich in vollem Umfang zu, und auch Ihrem ersten Satz, dass es sicher finanziell schwierig werden wird, ein Entfristungsprogramm zu machen. Ich glaube aber, dass wir auch diese Elemente, die Sie eben beschrieben haben, in der Novelle berücksichtigen werden, eben gerade auch nicht immer nur orien tiert auf Professuren, wie ich es eben gesagt habe, sondern auch auf anderes, zum Beispiel unbefristete Beschäftigungsmöglichkeiten in den Hochschulen. Genau das wollen wir versuchen zu erreichen.
Die siebte Anfrage steht unter dem Betreff „Familien zusammenführung“. Die Anfrage ist unterschrieben vom Abgeordneten Leidreiter, Schäfer und Gruppe LKR.
Erstens: Wie viele Personen sind in den letzten zwölf Monaten im Rahmen der Familienzusammenführung nach Bremen gekommen? Bitte jeweils für Frauen, Männer und Kinder getrennt ausweisen!
Zweitens: Wie vielen Anträgen auf Familienzusam menführung stand 2016 der Status des subsidiären Schutzes des Asylbewerbers entgegen?
Drittens: Wie viele Klagen gegen den Flüchtlingsstatus des subsidiären Schutzes wurden im Land Bremen in den letzten zwölf Monaten eingereicht, wer trägt hierfür die Kosten, und in welcher Höhe sind diese Kosten inklusive Verfahrenskostenhilfen angefallen?
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Im Bundesland Bremen hat sich die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen besitzen, laut Ausländerzentralregister im Jahr 2016 um 1 597 Personen auf 12 080 Personen erhöht. Davon sind 7 369 Frauen und 4 696 Männer, und bei 15 Personen fehlt die Angabe des Geschlechts. 4 229 Personen sind minderjährig. Die tatsächliche Zahl der im Jahr 2016 zugereisten Angehörigen liegt wahrscheinlich etwas höher, da das Ausländerzentralregister lediglich Bestandszahlen, nicht Zu- und Abgänge abbildet.
Zu Frage zwei: Einreisen im Rahmen des Familien nachzugs erfolgen regelmäßig mit einem Visum, das bei einer deutschen Auslandsvertretung beantragt werden muss. Statistische Daten des Auswärtigen Amtes über den Status der in Deutschland lebenden Angehörigen liegen nicht vor.
Zu Frage drei: Wie viele vom Bundesamt für Migra tion und Flüchtlinge als subsidiär schutzberechtigt anerkannte Personen vor dem Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft klagen, kann nicht ge nau beziffert werden. Diese Konstellation wird in der Gerichtsstatistik nicht gesondert erfasst. Nach einer überschlägigen Schätzung der zuständigen Richterinnen und Richter dürfte es sich im Jahr 2016 um circa 300 Verfahren gehandelt haben. Gerichts kosten werden in Verfahren nach dem Asylgesetz nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten, insbesondere die Anwaltskosten, trägt die unterlegene Partei, also ent weder der Kläger oder die Bundesrepublik Deutsch land als Beklagte. Wie oft dies jeweils der Fall ist, wird statistisch nicht erfasst. Ebenso wenig wird die Bewilligung und die Höhe von Prozesskostenhilfe für diese Fälle statistisch erfasst. Angesichts der zurzeit noch bundesweit uneinheitlichen Rechtsprechung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an sy rische Staatsangehörige wird in dieser Konstellation allerdings in der Regel Prozesskostenhilfe bewilligt. – Soweit die Antwort des Senats!
Wir gehen davon aus, dass es auch im Jahr 2017 zu weiteren Familiennach zügen kommen wird, insbesondere bei aus Syrien kommenden Flüchtlingen. Gibt es eine ressortüber greifende Arbeitsgruppe, die es rechtzeitig steuert, wenn das Innenressort merkt, dass mit mehr Famili ennachzug zu rechnen ist, als bislang kalkuliert, und falls mehr Kinder kommen, als Kitas und Schulen aufnehmen können?
Wir befinden uns ressortübergrei fend im Austausch zwischen Innenressort, Zentral ressorts und den betroffenen Ressorts, die dann für den Umgang mit den zugereisten Personen zuständig sind. Wir haben in der letzten Zeit gemeinsam mit dem Sozialressort und anderen Ressorts versucht, den Familiennachzug bestmöglich zu prognostizieren. Das ist sehr schwierig, denn die Steuerungskompetenz liegt nicht bei uns, sondern das Ganze läuft über die deutschen Auslandsvertretungen. Die Arbeitskapa zitäten der deutschen Auslandsvertretungen sind am Ende entscheidend dafür, wie viele Menschen nach Deutschland nachreisen. Wir haben weder auf die Personalausstattung noch auf die Entscheidungs praxis, Entscheidungsgeschwindigkeit oder sonst etwas Einfluss.
Es besteht eine maximale Vorlaufzeit von vier Wochen zwischen der Mitteilung, dass jemand kommt, und dem Eintreffen der Person. Das heißt, wir arbeiten uns über Schätzwerte heran. Wir versuchen, diese Daten, also unsere Schätzwerte, mit den Ist-Werten abzu gleichen und dabei einen höheren Erfahrungswert zu generieren und unsere Prognosen zu optimieren, aber es ist am Ende so, dass es Prognosen sind, mit denen wir arbeiten. Wir versuchen, sie zu verfeinern, um angemessener reagieren zu können, aber gewisse Unsicherheiten lassen sich nicht vermeiden.
Wir sind im Gespräch, und wir wer den jetzt auch – die Eckwertberatungen sind erfolgt – im Zusammenhang mit dem weiteren Haushaltsauf stellungsverfahren die Zahlen, die wir haben, noch einmal überprüfen und auch versuchen, weiter zu konkretisieren. Wie ich aber schon sagte, am Ende gibt es gewisse Unsicherheiten. Wir wissen, wie viele im letzten Jahr gekommen sind, wir können jeweils schauen, wie sich das Antragsaufkommen in den deutschen Auslandsvertretungen entwickelt.
Im Moment gehen wir davon aus, dass sich die Zahlen des Jahres 2016 im Jahr 2017 vermutlich ungefähr wiederholen werden. Wir lernen aber natürlich auch im Hinblick auf die Ankommenden, wie hoch die Zahl der Kinder unter den neu Ankommenden ist; auch dafür müssen wir Erfahrungswerte bilden, und mit jedem Jahr – eigentlich mit jedem Monat – werden unsere Erfahrungswerte besser. Das schließt aber natürlich nicht aus, dass sich die Zusammensetzung der Nachreisenden auch noch einmal wieder subs tanziell verändert.
Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Häftlinge aus nordafrikanischen Staaten“. Die Anfrage ist unterschrieben von dem Abgeordneten Timke, BIW.
Erstens: Wie viele Bürger aus Staaten Nordafrikas sitzen derzeit, Stichtag 17. Februar 2017, in der Jus tizvollzugsanstalt Bremen ein, und wie hat sich deren Zahl seit dem Jahre 2010 entwickelt?
Zweitens: Sind in den letzten drei Jahren Probleme/ Auffälligkeiten im Umgang mit Strafgefangenen aus Nordafrika in der Justizvollzugsanstalt Bremen aufgetreten, und wenn ja, um welche Probleme/ Auffälligkeiten handelt es sich konkret?
Drittens: Wie viele Widerstandshandlungen gegen Justizvollzugsbeamte durch nordafrikanische Häftlin ge wurden im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 17. Februar 2017 in der Justizvollzugsanstalt Bremen registriert, und wie viele Beamte wurden bei diesen Übergriffen verletzt?
Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Zum Stichtag 17. Februar 2017 saßen nach Mitteilung der Justizvollzugsanstalt Bremen in der Justizvollzugsanstalt 14 Gefangene aus Marokko, neun Gefangene aus Algerien und zwei Gefangene aus Tunesien ein. Jeweils zum Stichtag 17. Februar saßen im Jahr 2010 und 2011 keine Gefangenen aus den nordafrikanischen Staaten, im Jahr 2012 ein Gefangener aus Tunesien, ein Gefangener aus Algerien und zwei Gefangene aus Marokko, im Jahr 2013 ein Gefangener aus Marokko, im Jahr 2014 ein Gefangener aus Marokko und ein Gefangener aus Tunesien, im Jahr 2015 zwei Gefangene aus Tunesien und neun Gefangene aus Marokko sowie im Jahr 2016 jeweils ein Gefangener aus Ägypten, Libyen und Tunesien sowie vier Gefangene aus Algerien und 15 Gefangene aus Marokko ein.
Zu Frage zwei: Für den Umgang mit dem weit über wiegenden Teil der nordafrikanischen Gefangenen sowohl in der Strafhaft als auch in der Untersuchungs haft des Jugendvollzugs kann nach Mitteilung der Justizvollzugsanstalt Bremen festgestellt werden:
Neben Sprachdefiziten ist ein gering ausgeprägtes Allgemeinwissen zu verzeichnen. Anfänglich waren erhebliche Sprachdefizite festzustellen. Durch schuli sche Maßnahmen in der Justizvollzugsanstalt konnten hier inzwischen Verbesserungen erreicht werden.
In Ermangelung von Erziehung und/oder ausgepräg ten familiären Kontakten sind Defizite im sozialen Bereich festzustellen. Der Umgang ist durch eine erhöhte Lautstärke geprägt, es gibt eine erhöhte Nei gung, Papier und Gegenstände in Brand zu setzen. Es bestehen wenige Kontakte zur Herkunftsfamilie, obgleich Telefonate und – sofern möglich – Skypen ermöglicht werden. Es gibt kaum Besuch in der JVA.
Mangels engerer familiärer Kontakte sind kaum Geld einzahlungen auf das Konto der Justizvollzugsanstalt festzustellen. Bekleidung und Schuhe der nordafri kanischen Gefangenen sind oftmals spärlich. Die Gefangenen sind geprägt von Gewalterfahrungen im öffentlichen Raum der Herkunftsländer oder anderer Staaten durch Lehrer und Polizei. In der Folge gab es anfänglich Aversionen gegen die uniformierten Bediensteten des Allgemeinen Vollzugsdienstes. Hier ist zwischenzeitlich eine Besserung zu verzeichnen.
Es bestehen kulturelle Besonderheiten, wie aggressiv klingende Lautstärke, Missverständnisse in Bezug auf Respekt oder den Umgang mit Ehrverletzungen. Festzustellen ist ein impulsives Auftreten und ein anderes und akzeptiertes Verständnis von Gewalt als Mittel für Konfliktlösungen.
Es gibt Schwierigkeiten, Regelwerke zu akzeptieren. Festzustellen ist ein forderndes Anspruchsdenken und -verhalten, eine hohe Erwartung an den Vollzug und den Umgang mit den Gefangenen. Wird den Erwartungen nicht entsprochen, drückt sich dies durch ein schnelles Beschimpfen der Bediensteten aus. Auf Verzweiflung oder Verärgerung wird zum Teil mit erheblichen Selbstverletzungen reagiert. Hier ist zwischenzeitlich aber eine deutliche Besserung festzustellen. Anfängliche Vorbehalte gegen weib liche Bedienstete konnten inzwischen wesentlich abgebaut werden.
Problematisch sind unklare beziehungsweise falsche Identitäten und Altersangaben. Dies führt zu Proble men in der Justizvollzugsanstalt bezüglich des Verbots, unter 18 Jahren Tabak konsumieren zu dürfen, bei der Zuordnung von Straftaten, der Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes sowie bei Ausweisungen und Abschiebungen. Diebstähle unter den Mitgefange nen sind zu verzeichnen. Vereinzelt gibt es Fälle von Traumatisierungen infolge der Flucht.
Angesichts geringer Zukunftsperspektiven im Fall einer beabsichtigten Ausweisung und Abschiebung sind die Gefangenen wenig geeignet für Vollzugs lockerungen. Es kommt zu Erschwernissen in der Entlassungsvorbereitung und beim Übergangsma nagement vom Strafvollzug in die Freiheit.
Zusammenfassend ist zu festzustellen, dass die neue Ausländergruppe der nordafrikanischen Gefangenen – wie zuvor auch andere neue Gruppen – den Vollzug anfänglich sehr belastet hat. Der Umgang mit ihnen wird aber im Laufe der Zeit und bei flankierenden Maßnahmen wie zusätzliches, spezielles Personal, interkulturelles Training für Bedienstete und Insassen
und Schulkurse für die Insassen besser. Dennoch stellt insbesondere die Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Ausländer aus den nordafrikanischen Ländern den Strafvollzug noch immer vor große Her ausforderungen. Sowohl für den Jugend- als auch für den Erwachsenenvollzug ist eine überdurchschnitt liche Gewaltbereitschaft festzustellen.
Zu Frage drei: Nach Auskunft der Justizvollzugsanstalt Bremen gab es im Jahr 2014 eine Bedrohung eines Bediensteten. Im Jahr 2015 gab es vier Angriffe auf Bedienstete und vier Fälle von Widerstandshandlun gen, im Jahr 2016 einen Angriff und sechs Fälle von Widerstandshandlungen und im Jahr 2017 bislang einen Angriff auf Bedienstete der JVA. Im Jahr 2015 wurden fünf Bedienstete, im Jahr 2016 wurden zwei Bedienstete verletzt. – Soweit die Antwort des Senats!
Herr Staatsrat, vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Anfrage! Sie haben eben ausgeführt, dass die Zahl der Häftlinge aus Nordafrika seit 2012/2013 steigt. Sind eigentlich in der JVA arabischsprechende Justizvollzugsbeamte tätig, um Sprachdefizite, Sprachprobleme, die ja auch zu Konflikten führen können, zu minimieren?
Es ist nicht so, dass die Zahl der Gefangenen weiter ansteigt. Sie hat sich jetzt auf einem Niveau von 20 bis 22 Gefangenen eingependelt.