Protocol of the Session on February 15, 2017

Ich kann nach eineinhalb Jahren sagen, die Besuchskommission ist richtig und wichtig.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, CDU, FDP)

Der Staat hat die Aufgabe und die Pflicht, regelmäßig psychiatrische Einrichtungen zu kontrollieren, ob die Würde der Menschen beachtet wird und die Notwendigkeit einer Behandlung besteht, denn die dortigen Menschen befinden sich in der Obhut des Staates. Ganz im Gegensatz zu Ihnen, Frau Bernhard, habe ich nicht viel Negatives festgestellt, aber ich kann auch nur über die Zeit reden, in der ich Mitglied der Besuchskommission war. Die meisten Angaben im Bericht treffen zu.

Für mich ist es in Ordnung, wenn wir den Bericht der Besuchskommission entweder in der Mitte der Legislaturperiode oder zum Schluss der Legislaturperiode beraten. Ich habe mit dem Ressort gesprochen, und es wurde mir mitgeteilt, dass im Ressort keine Schwierigkeiten gesehen werden. Es ist somit nicht notwendig, einen entsprechenden Antrag zu stellen.

Zur zweiten Forderung Ihres Antrags, dass die Mitglieder der Besuchskommission die Möglichkeit haben sollen, Ergänzungen und Veränderungen im Bericht vornehmen zu können: Die Möglichkeit ist bereits vorhanden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Sie hätten diese Möglichkeit gehabt. Der Entwurf wurde vorgelegt. Sie haben davon keinen Gebrauch gemacht. Sie fordern jetzt etwas, was es bereits gibt.

Darüber hinaus wird das PsychKG – das wissen Sie auch – gerade grundlegend überarbeitet, und das ist auch notwendig. Ihr Antrag ist daher zu diesem Zeitpunkt überflüssig.

An drei Beispielen möchte ich das Spektrum der verschiedenen Einrichtungen aufzeigen. Am unteren Ende befindet sich die Station 63, die geschlossene Abteilung im Klinikum Bremen-Ost. Sie ist das Synonym dafür, dass man auf diese Weise nicht mit Menschen umgeht, und vielleicht auch für Horror. Ich muss jetzt nicht die Diskussion von gestern wiederholen. Es bestehen auch bauliche Mängel. Es gibt keine Psychotherapie, keine Psychopharmaka, es werden keine Standards eingehalten, und das geht natürlich nicht.

In der letzten Deputationssitzung – manchmal geschehen ja Zeichen und Wunder – wurde uns vom Ressort und von der Gesundheit Nord ein ZehnPunkte-Konzept vorgestellt. Es sollen zusätzliche Psychologen, zusätzliche Ärzte, zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden, die Station 63 soll neu aufgestellt werden, und zwar auch im Hinblick auf die bauliche

Gestaltung. Ich habe die Worte wohl gehört, und ich will sie auch glauben. Im Ressort und bei der Gesundheit Nord läuten die Alarmglocken. Beide werden jetzt etwas tun. Ich möchte mich an dieser Stelle bei dem Patientenfürsprecher Herrn Tintelott und seiner Stellvertreterin Frau Tobias bedanken, dass sie das Ressort und die Gesundheit Nord Feuer gedrängt haben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will es einfach positiv sehen, dass wir gemeinsam etwas erreichen können.

Als Vorbild und Blaupause möchte ich positive Beispiele nennen. Ich nenne das Behandlungszentrum in Bremen-Nord, die Kollegin Dehne hat in der gestrigen Debatte zum Behandlungszentrum Ausführungen gemacht, die mir sehr gut gefallen haben, es gibt dort lichtdurchflutete Aufenthaltsräume und das Konzept der offenen Küche. Die Patienten können sich selbst nachts etwas aus dem Kühlschrank nehmen, wenn sie unruhig sind. Sie können in den Bastelraum gehen. Es finden Kunsttherapie, Musiktherapie und Ergotherapie statt. Wir haben einen Raum besichtigt, in dem ein Klavier, Trommeln und selbst eine Geige standen. Kunst und Musik sind eine gute Medizin. Sie sind besser als jedes Medikament.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wenn wir besichtigen wollen, wie man mit einer Medikamentenstrategie richtig umgeht, dann geht der Blick zum AMEOS Klinikum in Oberneuland. Dort wird seit einiger Zeit eine viel beachtete Strategie der Medikamentenreduzierung umgesetzt, und zwar mit weniger Medikamenten und mehr menschlicher Zuwendung gegenüber den Patienten. Auf diese Weise kann man es machen. Vielleicht erreichen wir mit dem Klinikum Bremen-Ost und der Station 63 Ähnliches.

Der Blick geht vor allem in Richtung Klinikum BremenOst und die dortigen Veränderungen. Vielleicht können wir im nächsten Bericht der Besuchskommission schon etwas über eine positive Veränderung lesen. Wir sollten uns gemeinsam auf den Weg machen. Das würde mich sehr freuen. – Vielen Dank!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dehne.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier schon gestern ausführlich über die Psychiatrie in Bremen gesprochen, insbesondere über das Klinikum BremenOst. Nun gibt uns der Bericht der Besuchskommission, der hier vorliegt, noch einmal Anlass, uns generell mit der Psychiatrie im Land Bremen zu befassen.

Die Besuchskommission das hat Herr Saffe eben schon ausgeführt ist eine unabhängige Kommission mit ganz unterschiedlichen Mitgliedern. Sie schaut sich unangekündigt das ist ja auch sehr wichtig die Stationen und die Wohngruppen an.

Die bestehenden Mängel gehen aus dem Bericht hervor, aber eben nicht nur die Mängel, das hat Herr Saffe eben auch schon angesprochen. In der Psychiatrie in Bremen und Bremerhaven finden wir das wiederhole ich hier noch einmal gern ein sehr differenziertes Bild vor. Natürlich ist die Station 63 ein Negativbeispiel. Am Klinikum Bremen-Ost gibt es aber auch Unterschiede, denn es gibt ja nicht nur die Station 63, von der wir eben auch schon gehört haben: keine Psychotherapie, hauptsächlich Medikamentengabe, Fehlen von Rückzugsräumen, schlechte Belüftung, Personalmangel, all das geht ja auch aus dem Bericht der Besuchskommission hervor. Darüber haben wir gestern auch debattiert und uns noch einmal ausgetauscht, nachdem wir das schon in der Deputation getan hatten. Diese Mängel müssen umgehend abgestellt werden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir können am Klinikum Bremen-Ost aber auch Positives wahrnehmen. Zum Beispiel können wir lesen, dass in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie jedes Kind eine feste Bezugsperson hat und die Familien einbezogen werden. Das sind nur zwei positive Beispiele, die ich jetzt noch einmal aus dem Bericht herausgegriffen habe.

(Vizepräsidentin Dogan übernimmt den Vorsitz.)

Das Psychiatrische Behandlungszentrum der GeNo in Bremen-Nord das hat Herr Saffe eben auch noch einmal angesprochen bietet eine ganz andere Art der Psychiatrie und Psychotherapie. Dazu können wir im Bericht lesen, dass das Prinzip der Offenheit als kennzeichnend für die Einrichtung wahrgenommen wird. Die Menge und die Kosten der Medikamente liegen auch unter dem Bundesdurchschnitt. Das ist auf jeden Fall etwas, was beispielgebend ist. Ich glaube, in diese Richtung müssen wir uns wirklich bewegen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

In dem AMEOS Klinikum Dr. Heines das hat Herr Saffe eben auch schon angesprochen gibt es ebenfalls genau diese Reduktion von Medikamenten und auch vielfältige Therapiemöglichkeiten, eine Turnhalle, eine Laufbahn, ein Schwimmbad, weil man dort gerade auch sportliche Aktivitäten nutzt, um den Patientinnen und Patienten zu helfen. Das ist ebenso etwas sehr Positives.

Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bremerhaven-Reinkenheide hat nach den baulichen

Veränderungen, die dort durchgeführt wurden, ein sehr positives Konzept mit hellen, freundlichen Räumen. Das ist eine beispielhafte Neugestaltung, so wird es im Bericht genannt. Ein Programm mit Genesungsbegleiterinnen und begleitern von EX-IN läuft ebenfalls gut und soll dort weiter ausgebaut werden.

Wir haben aber noch andere Einrichtungen. Wir haben ja nicht nur Kliniken, sondern zum Beispiel auch Wohnheime. Dem Bericht kann man entnehmen, dass dort insgesamt alles in Ordnung ist, selbst wenn es immer wieder einmal kleinere Mängel gibt.

Frau Bernhard, Sie haben eben gesagt, dass die Bedingungen, unter denen der Bericht der Kommission entsteht, verbessert werden müssten. Wir wurden natürlich alle mit einem Textentwurf des Ressorts angeschrieben, denn irgendjemand muss ja einen Textentwurf vorlegen. Es ist schwierig, wenn sich 12 oder 15 Personen sozusagen erst einmal gemeinsam Textbausteine zuschicken, denn dann hat man ein ziemliches Durcheinander. Man braucht erst einmal eine Grundlage.

Diesen Textentwurf haben wir alle – ich auch – als Mitglieder der Besuchskommission bekommen. Ich habe diesen Bericht sehr aufmerksam gelesen und überlegt, ob dort textliche Veränderungen notwendig sind oder nicht. Ich denke, das haben alle Mitglieder dieser Besuchskommission getan, und sie konnten sich äußern. Wenn man sich aber erst im Nachgang, wenn dieser Bericht innerhalb einer bestimmten Frist fertiggestellt wurde, nicht mit sehr konkreten Änderungen, sondern eher mit einer sehr pauschalen Kritik meldet, dann finde ich es schwierig, solch einen Bericht noch zu ändern.

(Beifall SPD)

Ich denke, es besteht aber eine Offenheit, noch einmal über dieses Verfahren zu sprechen und zu überlegen: Wie kann man es vielleicht noch anders gestalten? Sind andere Fristsetzungen erforderlich? Muss man mehr Zeit einräumen? Muss man sich noch einmal in einer Redaktionsgruppe treffen? Ich denke, da ist bei allen Kommissionsmitgliedern eine Offenheit vorhanden, das noch einmal zu besprechen.

Ich möchte noch einmal betonen, dass nicht jedes Land Besuchskommissionen eingesetzt hat. Das ist sehr unterschiedlich. Mir hat in der Debatte über das Klinikum Bremen-Ost auch gut gefallen, dass ab sofort die Protokolle der Besuchskommission, die nach jedem Besuch immer von unterschiedlichen Mitgliedern erstellt werden, schneller abgearbeitet werden sollen und die Kritik schneller bearbeitet werden soll. Die Senatorin hat von einer strukturierten Feedback-Kultur und einem engen Controlling in ihrem Haus gesprochen. Das, finde ich, ist absolut angemessen und die richtige Reaktion.

Gerade weil das Klinikum Bremen-Ost immer sehr in der Kritik stand, wird in vier Wochen noch einmal

ein Gespräch der Besuchskommission mit der Klinikleitung stattfinden, in dem auch noch einmal der zukünftige Umgang und das Miteinander konkretisiert werden sollen. Ich glaube, es ist noch einmal ein guter Schritt, dass die Besuchskommission an dieser Stelle ernst genommen und vielleicht auch noch einmal anders in die Arbeit und in die Veränderungen, die dort jetzt stattfinden müssen, einbezogen wird.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Ich meine, der Antrag dazu hat Herr Saffe eben auch schon etwas gesagt ist einfach zum falschen Zeitpunkt gestellt worden. Ich glaube, wir müssen hier jetzt nicht an einem Punkt, sozusagen punktuell, ansetzen, sondern das in die generelle Überarbeitung des PsychKG einbeziehen. Ich glaube, da werden diese Fragen noch einmal aufgerufen und diskutiert werden. Daher werden wir diesen Antrag nicht mittragen.

Lassen Sie mich ganz zum Schluss sagen: Die, wie ich finde, sehr gute und kollegiale Arbeit der Besuchskommission, die ja von ganz unterschiedlichen Menschen auch aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln getragen wird, müssen wir fortsetzen. Wir müssen die Reform der Psychiatrie für die Patientinnen und Patienten in Bremen und Bremerhaven konstruktiv begleiten. – Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bensch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie alle kennen die Fragestellung: Ist das Glas halb leer, oder ist das Glas halb voll? Nach den Ausführungen der Abgeordneten Frau Bernhard von der Fraktion DIE LINKE habe ich schon richtig Angst bekommen, dass das Glas nicht nur halb leer, sondern schon fast ganz leer ist. Die Welt steht am Abgrund, und die psychiatrische Versorgung im Land Bremen, einschließlich die Bremerhavens, ist so schlecht, und es muss immer wiederholt werden, wie schlecht alles ist. Insofern kann ich mich nur bei den dann folgenden Rednern, Herrn Saffe und Frau Dehne von den Grünen und der SPD, bedanken. Das Glas ist wieder mehr als halb voll. Das ist gut so, denn insgesamt ist die psychiatrische Versorgung im Land Bremen eine gute bis sehr gute, meine Damen und Herren, das muss auch hier noch einmal deutlich verkündet werden!

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Nicht nur in Bremen-Nord ist sie gut, das wurde schon erwähnt. Ich muss einfach einmal dieses eine Blatt herausnehmen und vorlesen. Wer die Vergangenheit kennt, zum Beispiel in Bremerhaven, wo man früher im dunklen Kellerverlies das sage ich einmal ganz deutlich Psychiatrie versucht hat, der weiß, dass sich die Zeiten dort komplett geändert haben.

Dort ist die Verzahnung von ambulant und stationär hervorragend gelungen. Ich nenne das Zentrum für seelische Gesundheit in Bremerhaven-Lehe in der Hafenstraße, oder schauen Sie sich einmal im Klinikum Reinkenheide um! So haben wir auch folgende Sätze hineingeschrieben, Frau Bernhard, sie treffen doch wirklich den Nagel auf den Kopf, ich zitiere:

„Als beispielhaft empfanden die Mitglieder der Besuchskommission die Neugestaltung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide. Eine helle und freundliche, den Patienten/-innen zuträgliche Atmosphäre kennzeichnet die neu gestalteten Stationen. Insofern wird der Neubau der psychiatrischen Abteilung mit dem ausgelagerten Zentrum für seelische Gesundheit von der Besuchskommission begrüßt. Der Einsatz von Genesungsbegleitern/-innen in der dortigen Psychiatrie wird von der Besuchskommission als beispielgebend gesehen.“

Meine Damen und Herren, wir haben ganz viele positive Punkte festgestellt, die diesen Bericht überwiegend ausmachen. Das muss hier ganz deutlich von den offenkundigen Missständen am Klinikum Bremen-Ost getrennt werden, über die wir alle schon gestern diskutiert haben. So bleibe ich auch als mittlerweile dienstältestes Mitglied – zumindest im Hinblick auf die Politiker in der Besuchskommission – ganz klar und konstruktiv bei jeder Deputationssitzung, bei den Besuchen der Besuchskommission, bei der Berichterstellung und bei der Veranstaltung zur Psychiatriereform 2.0, Frau Bernhard, konsequent dabei. Ich sage das auch zu den anderen Fraktionen, denn wir schaffen es nur gemeinsam, überall in Bremen, auch im Süden und Osten von Bremen dieses Stadtgebiet ist letztendlich ein großes Gebiet , die guten Zustände zu etablieren, die wir in Bremen-Nord, in Bremerhaven und in weiten Teilen bezogen auf die ambulante Versorgung haben.

Ich sage jetzt einmal ganz ehrlich: Durch ein bisschen Effekthascherei, die ich Ihnen auch unterstelle, kommen wir nicht weiter. Ich habe in der Deputation schon vor Wochen und Monaten geschimpft. Ja, es ist wirklich so gewesen. Es ist ein Kommunikationsproblem der LINKEN. Wenn das ausscheidende Mitglied der LINKEN seine Ideen und seine Feststellungen nicht weitergibt, kann das nachfolgende Mitglied der LINKEN sie auch nicht in den Bericht einbringen, aber bitte fordern Sie deshalb hier im Parlament nicht ein Berichtswesen, das schon fast einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gleichkommt, nämlich einen Anhang zu einem Bericht, in den Sie alle Ihre Feststellungen hineinschreiben können! Diese Meckerbuden-Möglichkeit möchte ich Ihnen nicht geben, das haben die Patienten und auch die Beschäftigten nicht verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt nennen! Frau Dehne und Herr Saffe haben gesagt, die Zusammenarbeit sei wunderbar. Ich finde, es muss auch jemand erwähnt werden, der bisher weder gestern noch heute erwähnt wurde, der Landespsychiatriereferent. Ich finde, Herr Utschakowski ist das ist meine Erfahrung hundertprozentig konstruktiv. Er hat auch schon vor allen diesen Sitzungen auf der Ebene der Deputation und auf meine Anregung hin gesagt: Ja, wir machen eine Art Redaktionsgruppe und denken auch an die, die es vielleicht vergessen haben könnten. Insofern sind wir Ihnen an der Stelle schon unwahrscheinlich weit entgegengekommen.