Protocol of the Session on February 15, 2017

Ich möchte gern – wenn ich denn fortfahren darf – ein bisschen genauer auf das Thema eingehen, weil wir ja in der Tat damit konfrontiert sind, dass wir nach wie vor mit den Regelungen, die in den USA gelten, noch keine rechtliche Veränderung haben. Die Kündigung des transpazifischen Abkommens TTIP per Dekret ist ein erstes Zeichen, wohin der Zug fährt, und was auf uns zukommen kann.

Ich will hier deutlich sagen: Wie weit die Handlungsmöglichkeit eines Präsidenten reicht, wird sich vielleicht nicht nur an der Entscheidung der Gerichte messen lassen müssen, sondern auch daran, dass es eine Vielzahl internationaler Abkommen gibt, aus denen die USA nicht einfach aussteigen können, wenn ich allein an die WTO-Abkommen und ähnliche Abkommen denke. Trotzdem müssen wir sehen, dass gewisse Dinge zu einem Ende kommen. Der Abgeordnete Eckhoff hat es ja angesprochen. Ich würde eher davon ausgehen, dass die Chancen für TTIP ziemlich gen null tendieren. Ich will an der Stelle aber auch sagen, dass TTIP, das sich ja mittlerweile sehr von CETA unterscheidet, ein Abkommen ist, das auch durch die europäische Politik gegen die Wand gefahren worden ist.

Wenn die konservative Präsidentschaft von Barroso anders mit TTIP umgegangen wäre, und es mehr Transparenz gehabt hätte, dann hätte man dort vielleicht einen anderen politischen Weg gehen können. Es ist viel selbstverschuldet, aber ich glaube, dass es an der Stelle keinen weiteren Fortschritt geben wird.

Etwas anderes ist es in der Tat – ich will darauf zurückkommen – mit CETA. Ich will sagen – daran wird es dann ja auch genauer –, dass das Europäische Parlament sehr wahrscheinlich mit Mehrheit die Teile beschließen wird, die europäisches Handelsrecht im CETA-Abkommen betreffen. Es wird ein anderer Teil übrig bleiben, und zwar unter anderem der viel diskutierte Bereich der Schiedsgerichte, der von den nationalen Parlamenten zu ratifizieren sein wird, bevor das Gesamtabkommen in Kraft treten kann. Da es nicht nur die nationalen Parlamente sein werden, sondern beispielsweise in Deutschland auch der Bundesrat, wird es ein Thema sein, mit dem wir uns bei diesem Vertragselement noch zu befassen haben werden.

Ich will hier sehr deutlich sagen, dass ich unterstreiche – das haben verschiedene Rednerinnen und Redner bereits gesagt –, dass wir vor dem Hintergrund der Entwicklung der amerikanischen Politik das CETAAbkommen in einem neuen, in einem verstärkten Licht sehen müssen. Ich möchte in einer viel deutlicheren Sicht betonen, dass es eine Chance gibt, gegen Abschottungstendenzen in den USA eine eigene faire – sie muss fair sein! – Handelspolitik aufzusetzen. Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir werden viele Dinge jedoch weiter beraten müssen, und es kann durchaus zu einer Diskussion über weitere Nachverhandlungsnotwendigkeiten kommen. Ich selbst werde am Freitag an einer kleinen Gesprächsrunde mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau in Hamburg teilnehmen. Es wird im Nachgang dazu mit dem Beschluss des Europäischen Parlaments darum gehen, wie sich das Verhältnis weiterentwickelt. Ich glaube, ob CETA unterzeichnet werden wird, wird nicht nur davon abhängen, wie die politische, die juristische und die Debatte zu Standards weitergehen, sondern auch davon, wie das Verhältnis zwischen Kanada und Europa gelebt wird, wie es ausgestaltet wird.

Der Bremer Senat hat in jedem Fall ein großes Interesse daran, dass damit politisch klug und weitsichtig umgegangen wird. Wir werden die einzelnen Punkte natürlich weiter sorgfältig und mit einer klaren Haltung für einen gerechten und für einen fairen Welthandel, aber auch für einen internationalen Handel austragen und dabei gerade in den Debatten und Entscheidungen zum Verhältnis mit den USA immer dafür einstehen.

Es ist, glaube ich, eine gute bremische Tradition, dass wir für eine starke und offene Demokratie stehen. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Bericht der Besuchskommission für den Zeitraum August 2013 bis April 2016 nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) Mitteilung des Senats vom 18. Oktober 2016 (Drucksache 19/778) Wir verbinden hiermit: Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 6. Dezember 2016 (Drucksache 19/867) 1. Lesung

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Professor Dr. Quante-Brandt.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben gestern eine ausführliche Debatte zu den Zuständen im KBO geführt, und heute befassen wir uns mit dem Bericht der Besuchskommission.

Ich war von 2011 bis 2015 Mitglied der Besuchskommission, und insofern betrifft mich der größte Teil des Zeitabschnitts, der hier behandelt werden soll. Ich muss sagen, der Bericht ist außerordentlich frustrierend, insbesondere dann, wenn man ihn mit dem Bericht für die Jahre 2010 bis 2013 vergleicht. Man wird dann sehr parallele Feststellungen in dem Bericht entdecken können. Im Hinblick auf das KBO geht es insbesondere um die Station 63, die auch gestern im Mittelpunkt der Beratungen gestanden hat, aber auch um ein paar andere Feststellungen.

In dem alten Bericht heißt es, die Station hinterließ einen „baulich äußerst sanierungsbedürftigen und atmosphärisch stark beeinträchtigenden Eindruck“. Es fehle an Rückzugsräumen et cetera. Absolut nicht tragbar sei die sehr kleine käfigartig vergitterte Austrittsmöglichkeit ins Freie. In dem aktuellen Bericht steht es ziemlich wortgleich. Es wiederholen sich aber auch Feststellungen, die gar nichts mit der baulichen Situation zu tun haben.

In dem alten Bericht wurde kritisiert, dass die Einnahme von Medikamenten unter Zwang sehr verbreitet ist, weil Personal fehlt. In dem neuen Bericht heißt es, dass Psychotherapie nicht angeboten werde, sondern hauptsächlich eine pharmakologische Behandlung durchgeführt. Das kann man ja nicht damit entschuldigen, dass das Gebäude leider immer noch dasselbe ist.

(Beifall DIE LINKE)

Der neue Bericht unterstreicht dann auch, dies entspreche nicht den Standards einer fachlich fundierten und die Würde der Patientinnen berücksichtigenden Behandlung. Beide Berichte, der alte wie der neue, benennen eine Unterbesetzung, personelle Engpässe und einen den Behandlungserfolg gefährdenden Personalmangel. Das ist eine umfassend inakzeptable Situation!

Die Besuchskommission hatte die Station 63 am 16. Januar 2013 besucht. In vier Jahren sind diese gravierenden strukturellen Mängel nicht behoben worden, die neue Besuchskommission hat die Station wieder besucht, und die Zustände sind unverändert. Man fragt sich dann schon – jetzt kommt eigentlich der entscheidende Punkt, auf den ich gestoßen bin –, aus welchen Gründen in den beiden Berichten im allgemeinen Teil wieder der Textbaustein steht, es seien keine grundsätzlichen Mängel festgestellt worden. Das wurde insbesondere von den Vertretern der Angehörigen der psychisch Kranken und dem Vertreter des Landesverbands der Psychiatrieerfahrenen moniert. Mir liegt der E-Mail-Verkehr zum Bericht vor, und auch darin wurde angeführt, dass das nach wie vor nicht berücksichtigt worden ist beziehungsweise dass sich diese Formulierung nicht mittels Copy-and-paste fortsetzen darf.

(Beifall DIE LINKE)

Das hat letztlich grundsätzlich mit der Entstehungsgeschichte des Berichts zu tun. Er wird von der senatorischen Dienststelle erstellt, und sie bescheinigt sich jedes Mal, dass dort mehr oder weniger alles in Ordnung sei. Zumindest wird damit dieser Eindruck erweckt. Ich finde, das ist das Problem. Dieser Satz kann ja nicht immer wieder darin stehen. Im Lichte der aktuellen Diskussion muss man sagen, dass die Bürgerschaft dann nicht wahrheitsgemäß informiert wird.

(Abg. Bensch [CDU]: Ach, Frau Bernhard! Bitte!)

Das war eigentlich der Anlass für unseren Antrag. Wir müssen rekapitulieren, auf welche Weise dieser Bericht zustande kommt.

(Abg. Bensch [CDU]: Sie nimmt nicht teil! Deswegen weiß sie es nicht!)

Im Juli 2016 wurde der Berichtsentwurf herumgeschickt, und dann hatten wir vier Wochen lang die Möglichkeit, Veränderungswünsche mitzuteilen. Im August wurde der abschließende Berichtsentwurf herumgeschickt, der das moniert. Anschließend kam es dann zu der Kritik zu den fehlenden Ausführungen des Berichts. Es ist jetzt Februar 2017, und ich frage mich, aus welchen Gründen es nicht möglich gewesen ist, die fehlenden Ausführungen aufzunehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Das hat zwei Hintergründe, die ich moniere. Erstens sage ich, dann muss man eben in den Bericht eine abweichende Meinung aufnehmen, und zwar auch dann, wenn sie später mitgeteilt wird! Es ist jetzt acht Monate her, und ich frage mich, warum das nicht möglich gewesen ist.

(Abg. Bensch [CDU]: Das war ein Kommunikations- problem der LINKEN!)

Nein, das war kein Kommunikationsproblem der LINKEN! Auch die anderen Mitglieder der Besuchskommission – der Vertreter der Psychiatrieerfahrenen – haben sich darüber beschwert! Das ist kein Problem, dass ausschließlich DIE LINKE betrifft.

(Abg. Bensch [CDU]: Doch! Ihr kommt ja nicht! Ihr seid nicht da! Das ist die Sache! Unglaublich!)

Wir haben diesen Antrag eingebracht. Es ist völlig unredlich, zu behaupten, es sei nur unser Problem.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme jetzt zu dem zweiten strukturellen Fehler! Es ist der Konstruktionsfehler, dass der Bericht in der Bürgerschaft besprochen wird, obwohl der Zeitraum lange verstrichen ist. Der einzige Abgeordnete, der aus der 18. Legislaturperiode heute noch Mitglied der Besuchskommission ist, ist der Abgeordnete Bensch, aber sonst niemand.

(Abg. Frau Dehne [SPD]: Doch!)

Der Bericht bezieht sich auf die Jahre 2013 bis 2016, und die meisten sind nicht mehr aus der Besuchskommission sind im Parlament nicht mehr dabei! Das empfinde ich als ein Problem. Ich frage mich, aus welchen Gründen der Bericht der Besuchskommission nicht viel früher besprochen werden kann. Es wäre doch gerechtfertigt zu sagen, den Bericht in der Mitte oder am Ende der Legislaturperiode zu besprechen, in jedem Fall deutlich zeitnäher, damit die Möglichkeit besteht, sich aktuell mit den Dingen auseinanderzusetzen, die man selbst erlebt hat.

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde, es ist ein sehr nachvollziehbares Ansinnen, die Feststellungen zeitnah beraten zu wollen. Ich sage es noch einmal, es sind nicht nur die Vertreter der LINKEN, sondern es sind auch andere Personen, die ich Ihnen benennen könnte, die sich entsprechend geäußert haben. Das haben Sie auch bekommen. Ich finde es wichtig, dass sie noch einmal angesprochen werden. Es geht mir doch gar nicht darum zu sagen, dieses und jenes sei falsch gelaufen. Es geht mir auch nicht darum, irgendetwas an den Pranger stellen zu können, sondern ich finde, dass die Vorkommnisse wahrheitsgemäß abgebildet werden müssen.

(Beifall DIE LINKE – Glocke)

Ich weiß, die fünf Minuten sind um! Ich möchte zum Schluss noch einmal sagen, es gibt durchaus auch Positives zu berichten, und auch dazu muss man sich äußern. Man muss sagen können: Hier läuft es gut, und dort läuft es nicht so hervorragend. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf Bremen-Nord und auf Bremerhaven hinweisen.

Wie schaffen wir es, chancengleiche Bedingungen in der Psychiatrie herzustellen? Diese Frage beantwortet dieser Bericht aus meiner Sicht unzureichend. Es wäre deshalb schön, wenn wir die Bedingungen deutlich verbessern könnten, unter denen dieser Bericht entsteht. – Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saffe.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss ein bisschen aus meiner nicht fachlichen Sicht zum Bericht sprechen. Als ich vor eineinhalb Jahren Mitglied der Besuchskommission geworden bin, wusste ich gar nicht, dass es diese Kommission gibt, welche Mitglieder diese Kommission hat und welche Aufgaben sie wahrnimmt. Aus einigen Gesprächen mit Kollegen habe ich herausgehört, dass sie zwar einen Ausschuss und eine Deputation kennen, aber dass die Besuchskommission weitestgehend unbekannt ist.

Einleitend möchte ich ein paar Sätze über die Besuchskommission formulieren. Die Besuchskommission besteht unter anderem aus Psychiatrieerfahrenen, aus Angehörigen, Vertretern des Ressorts, Patientenfürsprechern, einer Richterin am Amtsgericht, dem Landesbehindertenbeauftragten sowie ein paar Abgeordneten. Einmal im Monat besuchen wir eine psychiatrische Einrichtung in Bremen, und zwar ohne uns vorher anzukündigen. Das ist wichtig. Wir nehmen dann eine Begehung vor, schauen uns die Baulichkeiten an, sprechen mit Patienten, mit Mitarbeitern und mit der Leitung. Anschließend kommt es zu einer Gesprächsrunde. Das Gesprächsergebnis wird in einem Protokoll festgehalten. Aus den

erstellten Protokollen wird letztlich der Bericht der Besuchskommission angefertigt.

Ich kann nach eineinhalb Jahren sagen, die Besuchskommission ist richtig und wichtig.