Protocol of the Session on January 26, 2017

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten – oh, Entschuldigung! –, sehr geehrte Frau Präsidentin! Wie konnte ich diesen Fehler machen?

(Heiterkeit – Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Und das bei den Grünen!)

Ich fange einmal von vorn an: Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Ende des Gesetzgebungsprozesses wird es in Bremen ein unbefristetes Gesetz über Freiluftpartys geben. Nach einem einjährigen Testlauf sind wir der Auffassung, dass sich das Gesetz im Grundsatz bewährt hat. Es ist aus unserer Sicht sinnvoll, hier klare Regelungen zu haben, die der Stadt Handlungsmöglichkeiten geben und den Partykollektiven Verlässlichkeit.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Partykollektiven?)

Denn klar ist, die Opern-Air-Partys finden statt, ob nun mit oder ohne gesetzliche Regelung. Das abgelaufene Jahr hat gezeigt, dass es nicht zu großartigen Konflikten gekommen ist. Es geht aber um mehr als nur um das bloße Feiern. Es geht darum, auch jungen Subkulturen Freiräume zu ermöglichen, ihnen

ein Signal zu geben, dass sie in Bremen willkommen und gewünscht sind.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Wie oft diskutieren wir denn an dieser Stelle über die Frage, wie wir junge Menschen in Bremen halten, wie wir unsere Stadt attraktiver machen? Dieses Gesetz ist für uns auch ein Zeichen, dass wir es ernst meinen mit der Beteiligung und mit der Übertragung von Verantwortung. Das Beste ist der Feind des Guten, und deswegen wollen wir, Grüne, SPD und LINKE, noch in diesem Frühjahr mit allen Beteiligten an einem Tisch über Möglichkeiten zur Verbesserung sprechen. Polizei und Stadtamt haben sicherlich ebenso Ideen wie die Partykollektive selbst. Auf beiden Seiten gibt es meistens aber auch unterhalb der gesetzlichen Ebene unterschiedliche Sichtweisen und Handlungshaltungen, beispielsweise darüber, welche Auflagen erteilt werden und in welchen zeitlichen Fristen Sachen abgearbeitet sein müssen. Da gilt es auch, Kompromisse zu schließen.

Durch die jetzige Begrenzung auf vier Veranstaltungen im Jahr pro Fläche beispielsweise und der zusätzlichen 18 Tage Sperrfrist pro Fläche werden die Flächen im kurzen Bremer Sommer sehr schnell knapp, sodass keine mehr zur Verfügung stehen. Das ist nicht Sinn der Sache, denn wir wollen Freiluftpartys ermöglichen und eben nicht verhindern. Hier wäre es aus unserer Sicht beispielsweise in der Debatte hilfreich, die Flächen im Einzelfall zu betrachten, dass die eine oder andere Fläche, die vielleicht etwas weiter entfernt gelegen ist, auch öfter als entsprechende Partyfläche genutzt werden kann.

Wir wollen auch die Beirätekonferenz an diesen Tisch einladen. Die Stadtteilbeiräte spielen eine wichtige Rolle. Sie haben die Möglichkeit, Flächen zu sperren, sie sind aber auch der erste Seismograph der Stimmung in der Bevölkerung ihres Stadtteils. Nur mit ihrem Wirken kann es gelingen, das erfolgreiche Projekt noch besser zu machen. Dazu gehört aber auch, dass man den Mut hat, diesen Freiluftpartys auch eine Chance zu geben.

Bei mir und anderen ist des Öfteren der Eindruck entstanden, als habe man vorschnell Flächen gesperrt. Dabei lässt es das Gesetz zu, dass man Flächen zu jeder Zeit sperrt. Es ist also möglich, auch erst einmal einen Probelauf zu machen und die Erfahrungen auszuwerten. Uns ärgern pauschale Verurteilungen grundsätzlich und auch in diesem Fall. Wenn etwaige Müllprobleme als Grund für die Sperrung herangezogen werden, dann bitte ich eindringlich darum, sich einmal nach den Verursachern umzusehen. Nicht jeder Bollerwagen mit einer Lautsprecheranlage darauf ist gleich eine Freiluftparty. Nicht jede Ansammlung junger Menschen ist gleich eines unserer Partykollektive.

Meine Damen und Herren, eine Stadt, die für junge Menschen attraktiver werden möchte, muss ihnen

auch Räume und Freiräume zur Verfügung stellen. Das wollen wir als Grüne gern tun. – Herzlichen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach knapp einem Jahr Erfahrung mit den Freiluftpartys kann man schon jetzt sagen: Hätten wir doch mehr freie Flächen für Freiluftpartys in dieser Stadt! Denn schon jetzt ist es eine Tatsache, dass diese Flächen, die von den Partykollektiven genutzt worden sind, nach der sogenannten Freiluftparty sauberer gewesen sind als vor dem Betreten dieser Flächen. Ich möchte mich auch von hier aus bei allen Kollektiven dafür bedanken, dass sie dieser Auflage gewissenhaft und mit äußerster Sorgfalt nachgekommen sind.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Wir haben es also hier nicht mit irgendwelchen Grilleskapaden oder Saufgelagen zu tun, wo oft der hinterlassene Ort einer Müllhalde gleichzustellen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir von Freiluftpartys reden, kann man sagen, dass wir es mit Menschen aller Altersstufen zu tun haben, Menschen, die eines verbindet, die Musik, die Natur und das friedliche, gemeinsame Beisammensein und dem Tanzen nach Elektrobeats. Ich gebe gern zu, dass ich mehr derjenige bin, dem ordentliche Gitarren lieber sind, aber das tut hier jetzt nichts zur Sache. Jeder soll das leben, und Elektrobeats sind eine Geschmacksache, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Das ist aber auch gut so.

Freiluftpartys gibt es nicht erst seit zwei Jahren, das hat mein Kollege, Herr Fecker, auch schon gesagt, sondern sehr, sehr viele, viele Jahre. Lassen wir doch die Menschen im öffentlichen Raum feiern, solange es keine Beschwerden gibt und sie weder sich selbst noch andere gefährden. Solange dies nicht der Fall ist, sollte die Auflösung eine Ermessensfrage der Polizei sein und die Auflösung die Ultima Ratio.

Wenn wir schon bei der Polizei sind, ist auch hier festzuhalten, dass unser Pilotprojekt, welches wir heute entfristen wollen, äußerst positiv bewertet worden ist. Die Polizei hat mit diesem Ortsgesetz ein ordentliches Verfahren, eine Handhabe und eine Regelung in einem Bereich bekommen, wo sie vorher kaum Grundlagen hatte, gegen sogenannte illegale Freiluftpartys vorzugehen. Die einzige Lösung war die Auflösung und das permanente Suchen nach den Orten, wo sich die Partyszene versammelt hat. Das hat viel Personal gebunden und, wie ich finde, unnötige und kostbare Zeit verschwendet, die man effektiver und auch sinnvoller nutzen könnte.

Wir haben eine rechtliche Grundlage geschaffen und wollen diese in diesem Jahr noch verbessern und evaluieren. Dabei sind uns die Erfahrungswerte aller Beteiligten wichtig, die wir dazu auch anhören wollen, von den Partykollektiven, über die Beiräte, als auch die der Polizei und der Verwaltung. Zu guter Letzt darf man auch die Anwohner nicht vergessen. Jeder hat das Recht auf Nachtruhe, und das muss auch gewährleistet bleiben.

Ein friedliches Miteinander wie auf den Partys selbst muss auch im Verhältnis Partybesucher und Umwelt möglich sein, wenn es darum geht, Flächen in Naherholungsbereichen zu gestatten. Die Frage also, wem der öffentliche Raum gehört und wer diesen regelt, haben wir mit unserem Ortsgesetz in kleinen Abschnitten zu beantworten versucht.

Des Weiteren begrüße ich es außerordentlich, dass wir es geschafft haben, mit dem Ortsgesetz und die jetzt vor uns stehende Evaluierung gemeinsam mit SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE dieses gemeinsame Gesetz heute in erster und zweiter Lesung zu beschließen und das Ortsgesetz zu entfristen.

Lassen Sie mich noch erwähnen, dass ich persönlich sehr froh darüber bin, dass wir hier in Bremen mit der heutigen Entfristung etwas geschaffen haben, was bundesweit einzigartig ist. Ich bin mir sicher, dass viele andere Städte ihren Blick heute nach Bremen richten werden und dann, wenn wir dann mit der Evaluierung fertig sind, dieses in ihren eigenen Städten bald nachvollziehen und umsetzen werden.

Trotzdem haben wir noch etwas Arbeit vor uns, aber ich bin mir sicher, dass wir in der Evaluierung am Ende ein gutes, für alle Beteiligten positives Ergebnis erzielen werden. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf die gemeinsame Zusammenarbeit mit der Fraktion DIE LINKE und würde mich sehr freuen, wenn auch die CDU ihre Abwehrhaltung zu diesem Thema aufgäbe und sich uns anschlösse, um gemeinsam den Menschen, den Partykollektiven das Signal zu geben: Bremen ist weltoffen und tolerant, und jeder hat das Recht, sofern niemand anderes eingeschränkt oder gestört wird, sich hier zu entfalten, seine Kultur in Form von Musik, Tanz im Einklang mit der Natur im öffentlichen Raum ausleben zu können und dürfen. Ich bin der persönlichen Meinung, dass eine Stadt wie Bremen diese Art der Subkultur verkraften kann und diese auch verkraften muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Uns stört eigentlich nur die Entfristung schon heute. Nach meiner Erinnerung war es so gewiesen, dass wir einen

zweijährigen Vorlauf haben wollten. Das ist offenbar bis heute nicht der Fall, und ich entnehme hier aus ihren Debattenbeiträgen, dass noch eine Menge an Evaluation bevorsteht.

Ich hätte mir gewünscht, dass man den Weg umgekehrt macht, dass man erst einmal schaut, was es für Probleme gibt, was noch geregelt werden muss, und dann macht man am Ende ein umfängliches Gesetz, bei dem man alles abgearbeitet hat. Das kann man dann gemeinsam verabschieden. Das war eigentlich die Absprache, die wir hier vorher getroffen hatten, so erinnere ich mich daran.

Weil Sie das mit der Entfristung ein bisschen verschlafen haben, kommen Sie jetzt Anfang des Jahres noch mal neu damit. Dann müssen Sie auch ein bisschen damit rechnen, dass Sie dann nicht alle mit ins Boot bekommen. Sie hätten, wenn Sie das umgekehrt gemacht hätten, noch einmal dieses Jahr 2017 laufen lassen sollen. Sie sagen selbst, sie brauchen hier noch eine ganze Reihe auch an Beteiligten, mit denen das noch einmal weiter abzustimmen ist. Es ist alles gut. Es soll auch gefeiert werden können in unserer Stadt, aber ein etwas sachlicher und seriöserer Vorgang hätte uns mehr angestanden. Deswegen werden wir das heute so leider nicht mitmachen. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Lübke.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute geht es erneut darum, ein Ortsgesetz über nicht kommerzielle, spontane Freiluftpartys für 2017 und darüber hinaus auf den Weg zu bringen. Herr Kollege Senkal, ich muss Sie enttäuschen. Anders, als es in Ihrem Antrag dokumentiert ist, hat sich aus Sicht der CDU-Fraktion das Gesetz im letzten Jahr überhaupt nicht bewährt.

Ich verweise auf die im Juni und November gestellten Fragen der Fragestunde von der Fraktion DIE LINKE. Danach hat es nämlich durchaus Probleme bei Freiluftpartys gegeben. Wenn ich zum Beispiel auf die Antwort zwei im Juni 2016 schaue, nämlich auf die Frage, wie viele Freiluftpartys durchgeführt wurden und wie die Polizei den Verlauf der Partys bewertet, gab es als Antwort vom Senat die Auskunft, dass bei fünf durchgeführten Freiluftpartys drei Ruhestörungen gab. Hier ist genau das eingetreten, meine Damen und Herren, was wir als CDU-Fraktion befürchtet haben: Freiluftpartys ohne Ende. Die Rechte der Anwohner – Sie haben einmal gesagt, eine Belästigung sei hinnehmbar – werden völlig vernachlässigt und nicht ernst genommen.

Im Übrigen finde ich es schon bemerkenswert, wenn 13 Beiräte 26 Flächen für solche Partys von vornherein abgelehnt haben. Das ist ein Zeichen, dass die Bür

gerinnen und Bürger vor Ort diese Partys nicht wollen, weil sie genau wissen, was für Probleme auf sie zukommen.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt anführen. Auf die inhaltlich gleiche Frage im November gab es die Antwort des Senats, dass zum Teil Auflagen nicht eingehalten wurden und es Beschwerden über diverse urinierende Personen gab. Auch das war vorauszusehen. Deswegen habe ich das bei der letzten Debatte – wir haben diese schon öfters geführt – kritisch angemerkt.

Meine Damen und Herren, ein Hauptkritikpunkt bleibt für uns als CDU-Fraktion aber die Verkehrssicherungspflicht der Stadt auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, die hier im Gesetz völlig außer Acht gelassen wird. Wenn ich ein Straßenfest veranstalte, wird in der Regel die Erlaubnis, die Haftung auf den Veranstalter übertragen. Hier wird das aufgrund der Kürze der Zeit nicht funktionieren, und es ist im Gesetzvorhaben auch gar nicht vorgesehen. Wir als CDU-Fraktion finden, es kann doch nicht sein, dass die Stadt im Zweifel für etwas haften muss, worauf sie im Zweifel gar keinen Einfluss hat.

Ich frage mich ehrlich gesagt auch, warum das Stadtamt bei einer spontanen Freiluftparty mit bis zu 300 Personen, wo die Personenanzahl schon eine abstrakte Gefahr darstellen könnte, lockerer umgehen soll als bei einem Straßenfest in einer Wohnstraße, sagen wir mit 15 Anwohnern. Das will nicht in meinen Kopf hinein. Umgekehrt würde ich es sogar verstehen.

Weitere Kritikpunkte waren im letzten Jahr auch – die haben sich weiterhin nicht ausräumen lassen – die unmögliche Kontrolle des Jugendschutzgesetzes und die kurzfristig nicht mögliche Vorbereitung der Sicherheitskräfte auf bis zu 300 Personen.

Meine Damen und Herren, an den Fakten hat sich nichts geändert. Hier werden spontane Freiluftpartys auf Kosten der Behörden und der Wohnbevölkerung erlaubt. Eine Interessenabwägung findet so gut wie nicht statt. Aus Sicht der CDU-Fraktion ist das Gesetz völlig unausgegoren, hat erhebliche rechtliche Mängel und schafft nur Probleme.

(Beifall CDU, LKR)

Um es kurz zu machen: Wir als CDU-Fraktion werden diesem Antrag nicht zustimmen!

(Beifall CDU, LKR)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Strunge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDUFraktion zeigt einmal wieder beispielhaft, warum es so wichtig ist, dass wir diese Thematik hier im Parlament diskutieren, warum wir erneut klarstellen müs

sen, worum es bei den Freiluft Partys eigentlich geht und dass es eben in einigen Bereichen der Bevölkerung hierfür noch gar kein Verständnis gibt.