Protocol of the Session on January 26, 2017

sen, worum es bei den Freiluft Partys eigentlich geht und dass es eben in einigen Bereichen der Bevölkerung hierfür noch gar kein Verständnis gibt.

Wenn Sie schon unsere Anfragen und die Antworten des Senats in der Fragestunde hier in der Bürgerschaft zitieren, dann bitte ich Sie darum, auch richtig zu lesen, Herr Lübke. Denn als ich gefragt habe, wie denn die Polizei den Verlauf dieser Veranstaltung im November 2016 bewertet, habe ich hier als Antwort des Senats stehen, dass 29 Veranstaltungen stattgefunden haben, es in Einzelfällen zu Lärmstörungen kam. Ja, das kann passieren, es kann sein, dass einzelne Leute gestört werden, wenn eine Freiluftparty stattfindet, und dass es eine Beschwerde über eine urinierende Person in der Öffentlichkeit gegeben hat. Es kann sogar passieren, dass die Polizei hinkommt und sagt: „Macht einmal ein bisschen leiser“. Dann machen die Leute ein bisschen leiser, und dann ist alles gut.

Wenn Sie das so verstehen oder interpretieren, dass dieses Gesetz völlig gescheitert ist, wenn es eine Beschwerde gegeben hat und in Einzelfällen Lärmstörungen angesprochen wurden, dann leben Sie, glaube ich, auf einem anderen Stern, denn das Gegenteil ist der Fall. Das Gesetz wurde von der Polizei, wie Sie auch sagen, eigentlich sehr positiv aufgenommen. Es gab eben fast überhaupt keine Probleme und Beschwerden. Jetzt stellt sich doch eigentlich die Frage, wie wir das Gesetz so ausweiten können, dass es noch stärker genutzt werden kann und genau die Interessenabwägung stattfindet, die Sie angesprochen haben, aber eben einerseits auf der Seite der Anwohnerinnen und andererseits auch auf der Seite der Partykollektive.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich werde in meinem Beitrag gleich noch darauf eingehen, dass 13 Beiräte 26 Flächen verboten haben. Ich sehe das nämlich als problematisch an, aber sicherlich aus einem ganz anderen Grund als Sie.

Jetzt stellt sich noch einmal die Frage: Wo stehen wir eigentlich heute, wenn wir über Freiluftparty sprechen? Im vergangenen Jahr hat die rot-grüne Koalition gemeinsam mit den Stimmen der LINKEN ein Gesetz auf Probe verabschiedet, um Freiluftpartys aus der Illegalität herauszuholen und einen legalen Rahmen zu schaffen.

Die gute Nachricht ist, dass die Kollektive diese Probe bestanden haben, denn die bisherigen Auswertungen zeigen, dass es eben keinen Ausbruch von Anarchie gab, auch keine Saufgelage und keine schlaflosen Nächte für die Anwohnerinnen und Anwohner, sondern ganz im Gegenteil. Die jungen Menschen haben nämlich auf einen Teil ihrer Spontanität verzichtet, meldeten die Partys vorab beim Stadtamt an, warteten, bis sie grünes Licht bekommen haben, rissen sich dann die Beine aus, um Sonderauflagen zu erfüllen, die übrigens keineswegs im Gesetz stehen, da

mit sich bloß niemand beschweren kann, weder das Stadtamt, noch die Polizei, noch die Anwohnerinnen und Anwohner. So versucht sich diese Szene aus Kollektiven und Kreativen innerhalb eines ziemlich engen gesetzlichen Rahmens zu entwickeln und für Akzeptanz zu werben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Fraktionen der SPD, der Grünen und der LINKEN haben sich auch deshalb an dieser Stelle in einem ersten Schritt entschieden, dieses Gesetz zu entfristen. Das soll ein Signal an die freie Szene sein: Wir stehen hinter nichtkommerziellen und spontanen Freiluftpartys als Teil der kulturellen Vielfalt Bremens. Das ist ein Erfolg der Kollektive.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dabei bleiben wir nicht stehen, denn wer sich einmal ernsthaft, Herr Lübke, mit dieser Thematik auseinandergesetzt hat, würde wissen, dass es hier keine Probleme gibt in der Hinsicht, dass sich alle Anwohnerinnen und Anwohner beschweren, der würde aber auch wissen, dass es einen gewissen Widerspruch gibt, wenn man versucht, etwas, was auf Spontanität, auf Freiräumen basiert, in ein Gesetz zu gießen, und dass es dann natürlich in der Ausführung praktische Probleme gibt. Deswegen ist es uns wichtig, wie der Kollege Senkal schon angesprochen hat, dass wir mit allen Beteiligten ins Gespräch kommen und ausloten, wo es Nachbesserungsbedarf in diesem Gesetz gibt. Denn wir wollen das Gesetz besser machen, und wir wollen auch den Kollektiven mehr Luft zum Atmen geben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt gehe ich einmal auf die Beiräte ein, die Sie auch angesprochen haben, Herr Lübke. Wir finden, hier gibt es Nachbesserungsbedarf in der Kommunikation zwischen Kollektiven und Beiräten, denn viele Flächen wurden präventiv ausgeschlossen, das heißt, ohne dass es vorab Probleme gab.

(Zuruf CDU: Die Leute dort wollen es nicht! Man sollte auf die Leute hören!)

Selbstverständlich, Herr Lübke, ist das auch das gute Recht der Beiräte! Trotzdem ist es aber ungünstig, wenn ein neues Gesetz von vornherein so sehr eingeschränkt wird, dass viele Flächen vorab präventiv zum Feiern verboten sind. Denn so ist auch die Umsetzung des neuen Gesetzes nur sehr begrenzt möglich.

Noch viel ungünstiger ist es – das ist nach meiner Auffassung in einigen Fällen passiert –, wenn die Flächen verboten werden, weil komplett unklar ist, was denn überhaupt die spontanen Freiluftpartys sind. Es geht hier nämlich nicht um Grillpartys, sondern

vielmehr um die Feierkunst, die nicht nur Jugendliche, sondern auch ältere Erwachsene, mit oder ohne Kinder, im geschützten Rahmen zelebrieren.

Diese starken Beschränkungen führen dann dazu, dass wir eigentlich gerade nur ein Freiluftpartygesetz light haben. Denn es gibt Flächen, auf denen unkommerzielle Freiluftpartys angemeldet werden können, aber es sind mehr Flächen verboten als erlaubt. Gerade auch die engen Vorgaben, dass eine Fläche maximal viermal im Jahr genutzt werden kann, führt dazu –

(Glocke)

ich komme gleich zum Schluss! –, dass es im Sommer teilweise gar keine Möglichkeiten gab, eine Party anzumelden. Wer das Bremer Wetter kennt, der weiß, dass das dann ziemlich schade ist.

Abschließend möchte ich noch auf einen Punkt hinweisen. Wir als LINKE sehen dieses Gesetz nicht als die Beste aller Lösungen. Für uns ist es ein Kompromiss. Wir glauben, dass weniger Regulierung manchmal mehr ist und dass es eigentlich möglich sein müsste, auch eine kleine spontane Freiluftparty ohne Anmeldung in Bremen durchführen zu können, solange es keine Probleme gibt. Da das aber momentan nicht mehrheitsfähig ist, werden wir uns dafür einsetzen, dieses Gesetz weiterzuentwickeln und hier die Interessen der Akteure zu berücksichtigen und mehr Spielräume zu schaffen. – Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Ehmke.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss vorweg einräumen, dass das Freiluftpartygesetz nicht das Lieblingsprojekt des Senators für Inneres war. Das haben wir hier beim letzten Mal so vorgetragen, und es ist auch keine Idee, die in unserem Hause geboren worden ist.

(Zuruf CDU: Das kann ich gut verstehen! – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie kann trotz- dem gut sein!)

Sie kann natürlich trotzdem gut sein! Ich glaube allerdings – vor allen Dingen ist es so –, dass sich die Befürchtungen, die mit dem Gesetz verbunden waren, offenkundig im letzten Jahr nicht so eingestellt haben, wie man das im Vorhinein in dem einem oder anderen Zusammenhang geäußert hat.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Richtig ist, darauf ist aus verschiedener Perspektive hingewiesen worden, dass es in Einzelfällen Probleme

auch im Zusammenhang mit Freiluftpartys gegeben hat. Wenn man sich das sehr genau anschaut, sind das aber nach meiner Überzeugung keine Probleme, die in der besonders vereinfachten oder verkürzten Antragsfrist beziehungsweise Antragsgestaltung für diese Freiluftpartys liegen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Was es nicht besser macht!)

Dass man im Umfeld einer größeren Party Probleme mit sogenannten Wildpinklern hat, ist ärgerlich, aber sicherlich kein Spezifikum der Freiluftpartys, sondern tritt auch im Zusammenhang mit anderen Veranstaltungen auf. Es ist mit Sicherheit so, das macht es nicht besser. Es ließe sich durch eine einwöchige Antragsfrist sicherlich auch nicht verhindern, sondern ist eine Frage, die in der Veranstaltung liegt. Es ist doch völlig klar, das ist ja auch gesagt worden, dass es die Aufgabe der Polizei ist, dies zu lösen, wenn es auf einer konkreten Veranstaltung zu Beschwerden kommt, wenn es zu Problemen kommt. Das hat sich aber bei den Freiluftpartys nicht komplizierter oder anders dargestellt als bei anderen Veranstaltungen, mit denen die Polizei umgehen muss. Insofern kann man das hier ein ganzes Stück einfach entspannt betrachten.

Es hat im letzten Jahr, das muss man auch sagen, nicht besonders viele Veranstaltungen dieser Art gegeben. Insofern lohnt es sich mit Sicherheit, in den nächsten ein bis zwei Jahren noch einmal hinzuschauen, wie sich das Ganze entwickelt. Ich habe aber auch den Eindruck, dass insbesondere das Korrektiv, das über die Beiräte eingefügt worden ist, selbst wenn die Entscheidungen nicht in jedem Fall zur Begeisterung führen, doch zur Akzeptanz beigetragen hat, weil die Anwohnerinnen und Anwohner eben die Möglichkeit haben, über die örtlichen Interessenvertretungen Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten zu nehmen, die in diesem Gesetz liegen. Vor dem Hintergrund glaube ich, dass das was im letzten Jahr versuchsweise gelaufen ist und was jetzt in der Zukunft fortgesetzt wird, sicherlich nichts ist, was uns in Angst und Schrecken versetzen muss. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Zweite Gesetz über Rechtsetzungsbefugnisse der Gemeinden für Sondernutzung, Drucksache 19/908, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP, LKR, Abg. Tassis [AfD], Abg. Timke [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Interfraktionell wurde vereinbart, die Behandlung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung vorzunehmen.

Ich lasse jetzt darüber abstimmen, ob wir jetzt die zweite Lesung durchführen wollen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenhaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.