Hier ist noch einmal deutlich geworden: Im Englischen sind in Deutschland insgesamt große Fortschritte gemacht worden, in den östlichen Bundesländern, aber auch bei uns. Sowohl beim Verstehen als auch
In Deutsch sieht es aber ganz miserabel aus, und da muss man sich den entscheidenden Faktor anschau en. Der entscheidende Faktor ist: Ist unser Anspruch der frühen Sprachförderung seit dem Cito-Test im Kindergarten bis in die Schulen hinein in einer Qua lität umgesetzt, dass wir dann in der neunten Klasse tatsächlich diese schlechten Deutschergebnisse be kommen? Die Antwort muss lauten: Nein. Die Antwort muss lauten: Die Koalitionsfraktionen fordern an dieser Stelle ganz klar, dass wir die Sprachförderung, und zwar die Sprachförderung von klein auf, ab dem Cito-Test im Kindergarten bis in die Sek-I-Bereiche hinein, noch einmal auf den Prüfstand stellen,
weil die Ergebnisse im Deutschen weit unter dem sind, was auch in einer Großstadt mit einer heteroge nen Sozialstruktur wie Bremen tatsächlich geleistet werden könnte. Diese Herausforderung, die heute von der Opposition gekommen ist, nehmen wir an, und wir sagen: Im Deutschen, vor allen Dingen im Lesen, muss es spezielle Fördermaßnahmen geben, die überarbeitet sind, die verstärkt werden, die mög licherweise auch mehr Geld kosten, denn wenn wir von der Qualität einer Maßnahme überzeugt sind, sind wir auch bereit, mehr Geld dafür einzusetzen.
Na ja, Sie tun ja gerade so, als ob Sie den Schlüssel hätten, den man im Bildungssystem nur umdrehen müsste, sehr verehrter Herr Dr. vom Bruch, und dann würde schon alles wuppen!
Sie tun so, als ob, wenn die CDU in einer Regierung stünde, die Bildungsergebnisse sozusagen automa tisch besser wären.
Ich gehe einmal davon aus, Herr Röwekamp, dass Sie sich die Studie nicht angeschaut haben. Es ist nämlich vollkommen unabhängig von der Zugehörigkeit der jeweiligen Landesregierung zu einer Partei, wie diese Ergebnisse aussehen.
(Abg. Röwekamp [CDU]: Ja! Es kommt darauf an, dass man etwas tut – wie in Schleswig-Holstein, wie in Brandenburg!)
Wenn Sie diesen Schlüssel besitzen, dann hätten Sie ihn in Ihrer Rede vielleicht nennen können, dann hätten Sie uns allen sicherlich einen Gefallen getan.
Es ist von meinen Kolleginnen und Kollegen an gesprochen worden, dass im Zusammenhang mit diesen Ergebnissen nicht nur die formale Qualität von Bildung und Ausbildung, die formale Qualität des Unterrichts eine Rolle spielt. Ich bin vielmehr fest davon überzeugt, dass auch die Grundhaltung zu der Frage der Leistungserbringung in den Schulen eine Rolle spielt. Diese Haltung sollten vielleicht einmal alle, die an Schule beteiligt sind, und auch alle, die im politischen Raum über Schule reden, überprüfen. Wenn bei denen, die sich tagtäglich in dieser Stadt zu Bildung äußern, und zwar sehr laut und wahr nehmbar, der Gedanke mehr verankert wäre, dass Leistung nicht als Leistungsfetisch um ihrer selbst willen, sondern als unabdingbare Voraussetzung dafür, einen Schulabschluss und damit eine berufliche Ausbildung und Karriere machen zu können, Mittel zum Zweck ist, um im Leben auf eigenen Beinen ste hen zu können, und kein unsinniger elitärer Fetisch oder sonst etwas, dann wäre beim Faktor Leistung auch ein bedeutender Schritt nach vorn gemacht.
Es kann nicht sein, dass ich über alle möglichen Dinge in der Bildungspolitik tagaus, tagein rede und den Gedanken, dass dabei auch ein Ergebnis herauskommen soll, in meinen Statements völlig außen vor lasse, aber immer dann, wenn eine Ver gleichsstudie kommt, mit Krokodilstränen beweine, dass die Leistungen der Bremer Schülerinnen und Schüler nicht stimmt. Ich schaue jetzt einmal in die Richtung links vom Rednerpult, weil diese Kritik da meines Erachtens ins Schwarze treffen würde.
(Abg. Röwekamp [CDU]: „Würde“, wenn er diese Kritik äußern würde! – Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das habe ich jetzt nicht verstanden! – Abg. Röwekamp [CDU]: Er meinte auf jeden Fall dich!)
Wenn Sie den Faktor Leistung in den Schulen gar nicht thematisieren, sondern immer nur nach „mehr hilft mehr“, „viel hilft viel“, nach mehr Geld, mehr Stellen rufen, ohne die Qualität zu thematisieren – das haben Sie ja heute wieder getan –,
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Das stimmt doch nicht! – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch!)
dann sind die Krokodilstränen, die Sie weinen, wenn die Ergebnisse der Leistungstests schlecht sind, nicht besonders glaubwürdig. Ich würde gern, als jemand, der über viele Jahre auch in diesem Hause sehr intensiv im Bereich der Migration und Integration gearbeitet hat, noch einen Punkt ansprechen, der mich seit der Beschäftigung mit dieser Studie sehr umtreibt. Es ist außerordentlich gefährlich, wenn man quasi automatisch die Worte „Migranten“ und „Migrationshintergrund“ in den Mund nimmt, wenn man diese Ergebnisse analysiert. Ich verstehe, dass Bremen diesen Ausweg sucht, wenn man die Ergebnisse sieht. Das hatten Sie auch schon angesprochen, und ich teile den Teil Ihrer Rede ausdrücklich. Es gibt unglaublich viele Eltern, deren Vorfahren aus dem Ausland zu uns gekommen sind, die einen unermesslich hohen Stellenwert auf die Bildung legen. Wenn ich so jemand wäre, der sich krummlegt, der vielleicht in zwei, drei Jobs arbeitet, um seinen Kindern bessere Bildung zu verschaffen, und wenn ich dann höre, dass ich, weil ich Migrant bin, schuld an der Bildungsmisere bin, würde ich, ehrlich gesagt, einen dicken Hals bekommen.
Als pauschale Zuschreibung kann das nicht sein. Es gibt gerade kulturell in vielen Herkunftscommunities von Menschen, die bei uns in der Stadt und im Land, in beiden Städten, unterwegs sind, diese kulturell tief historisch verankerte Bedeutung der Bildung. Wenn wir hier leichtfertig nebenbei, um Ergebnis se zu rechtfertigen, so tun, als ob Bildung generell bei Migranten keinen Stellenwert hätte und als ob Migrationshintergrund und Bildungsferne quasi das Gleiche wäre,
dann ist das eine empörende Zuschreibung, die auf ganz viele Eltern und Kinder aus diesem Bereich nicht zutrifft. Das muss an dieser Stelle einmal ganz deutlich gesagt werden.
Lassen Sie mich in dem Zusammenhang noch einen, wie ich schon länger finde, sehr kritischen Punkt ansprechen! Es gibt eine Kultur bei uns in Bremen und Bremerhaven, dass man manchmal die tatsäch lich absolut vorhandene Diskriminierung und Be nachteiligung, die Migrantinnen und Migranten in unserer Gesellschaft erfahren – ich bin der Letzte, der dies infrage stellt, denn sie findet täglich statt, auch in Form von Rassismus – in einer leichtfertigen Weise verwendet, um jungen Menschen quasi eine Vorabentschuldigung dafür zu geben, nämlich dass sie benachteiligt seien und sich deswegen nicht be sonders anstrengen müssten, weil es hinterher eine Erklärung gibt, wenn es mit dem Schulerfolg nicht so geklappt hat, dann ist das nicht nur etwas sehr Leichtfertiges, sondern auch etwas, was besonders ausländerfreundlich gemeint ist, aber besonders ausländerfeindlich wirkt.
Mit solchen Dingen haben wir es auch zu tun. Hier fordere ich alle auf, die in diesem Bereich unterwegs sind, die sehr nah an den Kindern sind, sich immer zu überlegen, ob das, was sie tun, tatsächlich zum Wohle dieser Kinder ist. Zum Wohle dieser Kinder ist es, sich mit der Hilfe des Staates, mit der Hilfe des Umfeldes und mit der Hilfe der Gesellschaft größt möglich anzustrengen, um einen Schulabschluss zu schaffen, um anschließend in unserer Gesellschaft als vollwertiges Mitglied auf festen Beinen stehen zu können. Das ist die beste Unterstützung, die wir ihnen gewähren können.
Unsere Fraktionen in der Koalition sind gewillt – das haben die Haushaltsberatungen aller vergangenen Jahre gezeigt –, dafür reales Geld für reale Maßnah men in die Hand zu nehmen, aufzustocken, mehr Un terstützung zu schaffen, konzeptionell weiterzukom men. Ich finde, dass wir auf diesem Weg gemeinsam weitergehen müssen und nicht die nächste Studie, egal ob PISA, VERA oder IQB, dazu nutzen sollten, auf Abstellgleisen zu diskutieren. – Vielen Dank!
Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, will ich noch vier Gruppen begrüßen, die die Ränge heute gefüllt haben. – Bleiben Sie noch einen Moment! Ich grüße Sie jetzt!
Das sind eine Referendargruppe aus Bremerhaven und eine Lehrergruppe aus Bremen, ein Ausbildungs kurs „Altenpflege“ aus Osterholz-Scharmbeck vom Institut für Berufs- und Sozialpädagogik e. V., eine Schülergruppe des Nebelthau-Gymnasiums und der Jahrgang 9 der Oberschule am Barkhof. – Seien Sie alle ganz herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Bildung in Bremen, das Thema Bildungs chancen für Bremer Schüler macht mich wütend, und das schon seit Jahrzehnten – richtig wütend! Ich muss sagen, der Grund 1993 – ich war und bin passionierte Lehrerin –, mich überreden zu lassen, die Schulleitung der Schule am Baumschulenweg zu übernehmen, war, dass ich hoffte, etwas ändern zu können. Das schafften mein Kollegium und ich auch. Aus einer Schule mit einem sehr schlechten Ruf machten wir eine Schule, die bundesweit an erkannt war.
Vor zwei Jahren, als ich eigentlich meinen Ruhestand genießen wollte, ließ ich mich überreden, in die Poli tik zu gehen in der Hoffnung, beim Thema Bildung etwas ändern zu können. Ich muss sagen, die Reden heute, die Rede von Herrn Güngör mit seiner Idee zur Reform der Schulaufsicht, die Rede von Herrn Dr. Güldner, der den Leistungsgedanken betont, lassen mich ein bisschen Licht am Horizont sehen. Ich denke, wir alle sind bereit, mit Ihnen gemeinsam an einer Besserung zu arbeiten, und ich hoffe, dass uns das gelingt.
Ich erinnere mich noch sehr gut an den vergangenen Bürgerschaftswahlkampf. Da hat die SPD in Bremen eine Menge versprochen, vor allem für den Bildungs bereich. Was ist passiert? Nichts!
Ich frage mich also, was Rot-Grün denn bisher ei gentlich unter Bildung versteht. Anscheinend etwas anderes als wir Freie Demokraten; und wir reden nicht von der weltbesten Bildung. Wir erfahren hier durch die IQB-Bildungsstudie, dass die Politik in Bremen nicht einmal die Mindeststandards erreicht hat.