Protocol of the Session on July 22, 2015

Frau Vogt, mich treibt immer so ein bisschen um, dass es Sie umtreibt, dass der Innensenator Einfluss auf die Durchsuchung des IKZ genommen haben könnte. Der Innensenator hat in meiner Gegenwart dreimal erklärt, davon einmal öffentlich und zweimal in diesen Gremien, dass er sehr wohl Einfluss genommen hat, dass er der versammelten Polizeiführung gesagt hat: Wir gehen in das IKZ hinein!

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Die Frage ist, aus wel- chen Gründen!)

Es gibt da, glaube ich keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Der Innensenator hat das erklärt, er hat das gewollt, und er stand dazu. Er steht auch dazu, dass es so gewesen ist. Das wäre keine neue Erkenntnis eines solchen Untersuchungsausschusses.

Eine neue Erkenntnis dieses Untersuchungsausschusses könnte aber sehr wohl sein – das ist eine spannende Frage –, welche Rolle denn eigentlich der Zoll bei dieser ganzen Angelegenheit gespielt hat, etwa bei der Quellenmeldung, die die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission interfraktionell so gewertet haben, dass man zu dem Zeitpunkt davon ausgehen musste, dass eine akute Terrorsituation in Bremen besteht. Die Unterlagen, die wir da gesichtet haben, haben den Schluss nahegelegt, deswegen haben wir uns ja auch alle so verhalten.

Klar ist aber, dass das weitere Agieren dieser Bundesbehörde ein wenig schwierig ist, denn das, was

sie des Weiteren geliefert hat, ist, ich sage einmal, wenig präzise gewesen. Ich gestehe auch sofort zu – das hatten wir damals auch diskutiert –, dass der Inhalt des Antrags auf einen Durchsuchungsbeschluss relativ wenig mit dieser Quellenmeldung zu tun gehabt hat. Ich bin gespannt auf die Erklärungsversuche der Staatsanwaltschaft, wie sie erklären will, was sie dort beantragt hat. Insoweit gibt es vieles, das man sich noch einmal ansehen kann, deshalb werden wir uns auch an dieser Stelle enthalten, denn ich glaube, das Wesentliche – nämlich dass dieser Einsatz tatsächlich operativ und taktisch weniger als suboptimal verlaufen ist, dass die Polizei strukturelle Fehler gemacht hat, dass sie personell schlecht aufgestellt war – ist alles eingeräumt und zugegeben worden und soll abgestellt werden.

Trotzdem glaube ich, dass es Randaspekte gibt, bei denen es sich auch noch einmal hinzuschauen lohnt. Das würde für sich allein aus unserer Sicht einen Untersuchungsausschuss noch nicht rechtfertigen, und auf eines möchte ich Sie hinweisen, Frau Vogt, weil man ja auch keine Erwartungen in der Öffentlichkeit wecken darf, die nicht erfüllt werden können: All diese Angelegenheiten unterliegen als Verschlusssachen entweder dem Merkmal VS – vertraulich – oder VS – geheim –. Das ist ja nichts, was sich der Innensenator ausgedacht hat oder wir uns ausgedacht haben, sondern hängt meistens mit den hinweisgebenden Organisationen zusammen. Das werden wir auch im Untersuchungsausschuss nicht auflösen können. Deswegen haben wir ja auch zum ersten Mal in dieser Bürgerschaft eine Geheimschutzordnung, das heißt, die Öffentlichkeit wird wieder in die Situation gebracht, dass dieser Untersuchungsausschuss im Wesentlichen hinter verschlossenen Türen tagen muss, nicht, weil wir das wollen – ich würde mir auch etwas anderes wünschen –, sondern weil es rechtlich nicht anders geht.

Fazit: Ich glaube, es gibt Teilbereiche, über die es zu reden lohnt, die man auch aufklären kann. Wir sichern unsere Mitwirkung zu, uns fällt ja als der größten Fraktion der Vorsitz in diesem Ausschuss zu, ich sichere allen einen kollegialen Umgang und einen entsprechenden parlamentarischen Untersuchungseifer zu. Wir werden es, wie ich glaube, relativ schnell hinbekommen, ich glaube bloß, Frau Vogt, das, was Sie sich von diesem Untersuchungsausschuss erhoffen, wird leider nicht eintreten können.

Noch einmal zu der Konstruktion der Fraktionsvorsitzenden in der Parlamentarischen Kontrollkommission als Untersuchungsausschuss für Kassenpatienten!

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: War nicht mein Spruch!)

Ich sage ganz ehrlich, Kassenpatient ist eigentlich für mich kein Schimpfwort.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte den jetzigen Untersuchungsausschuss auch in keinster Weise so bewertet wissen, dass er dann die Untersuchungskommission für Privatpatienten sei. – In dem Sinne vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Terrorwochenende war eines der einschneidendsten Ereignisse der jüngsten Geschichte unseres Bundeslandes. Auch wenn das öffentliche Leben nicht stillstand, Polizeibeamte mit Schutzwesten und Maschinenpistolen haben einen bleibenden Eindruck bei unserer Bevölkerung hinterlassen: Die Terror- und Anschlagsgefahr, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt, war auf einmal eine reale Bedrohung in unserem Gemeinwesen.

Der Polizeieinsatz selbst und seine Abwicklung haben in der Folgezeit die politischen Debatten bestimmt. Die zuständigen parlamentarischen Kontrollgremien haben Akten gesichtet und die Verantwortlichen befragt. Als Zwischenergebnis kann man feststellen: Die Sicherheitsbehörden haben Fehler im Einsatz selbst gemacht, und trotz intensiver parlamentarischer Befassung gibt es noch offene Fragen.

Die Kontrollgremien haben aber auch einmütig und gemeinsam festgestellt, dass diese Bedrohungslage eben keine Erfindung war, sondern real existent. Auch für uns Grüne ist klar, dass die Aufarbeitung dieses Wochenendes nicht mit dem Wahltag beendet sein kann. Ob es hierfür eines Untersuchungsausschusses bedarf, versehen wir allerdings ähnlich wie der Kollege Tschöpe mit einem Fragezeichen. Die Rechte des Parlaments und insbesondere der Kontrollgremien sind ziemlich deutlich und gewichtig. Für Schlussfolgerungen aus dem Wochenende einen Untersuchungsausschuss zu bemühen, na ja, wenn es denn sein soll, bitte schön! Ich habe aus den Ausführungen der beiden Antragsteller bisher wenig Substanzielles gehört.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das wusstest du schon vor- her! Hat er schon vorher aufgeschrieben! – Heiter- keit)

Weite Teile dieses Untersuchungsausschusses werden vertrauliche bis streng geheime Fragen umfassen, dies wird noch einmal eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten. Fraglich wird sein, ob wir überhaupt alle notwendigen Akten der Bundesbehörden erhalten und ob die handelnden Personen und die Quellen gegenüber dem Ausschuss aussagen können. Die Bundesregierung gilt ja gemeinhin als nicht besonders auskunftsfreudig gegenüber parlamentarischen Untersuchungen.

Aber zurück zur Bremer Dimension! Im Kern wird es aus Sicht der Opposition – das ist hier eben schon angedeutet worden – um die Frage gehen: Hat Innensenator Mäurer kurz vor der Wahl die Chance genutzt, sich als oberster Sheriff und Beschützer des Gemeinwesens zu produzieren, und hat der Senator Einfluss auf die Arbeit der Polizei genommen? Diese Fragen sind beantwortet.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Nein!)

Nein, der Innensenator hat eine reale Bedrohungslage festgestellt, das haben die in der letzten Legislaturperiode vertretenen Fraktionen bestätigt. Ja, der Innensenator hat im Rahmen des Austauschs mit der Polizei seine Meinung zum Umgang mit dem IKZ auch öffentlich kundgetan.

Bei all dem Getöse der Opposition in diesen beiden Fragen sei aber der Hinweis gestattet, dass nicht ein Senator und nicht einfach die Polizei diese Durchsuchungen angeordnet haben, sondern dass, wie in einem Rechtsstaat nicht unüblich, ein unabhängiges Gericht darüber befunden hat. Blühende Fantasie braucht man auch, wenn man nun aus dem Urteil des Landgerichts, das die Durchsuchung für rechtswidrig erklärt hat, einen Freispruch erster Güte für das Islamische Kulturzentrum konstruiert. Das ist dieses Urteil eben nicht.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Gestatten Sie mir, die Frage einmal umzudrehen: Was wäre eigentlich passiert, wenn die Polizei trotz der Erkenntnisse nicht gehandelt hätte?

(Abg. Röwekamp [CDU]: Das hat sie ja nicht!)

Dann, meine Damen und Herren, würden Sie dem Innensenator heute schweres politisches Versagen vorwerfen. Ich würde vermuten, dass er gar nicht mehr hier säße.

Die Ereignisse an diesem Wochenende und ihre Abläufe sind hochkomplex, das ist allen klar gewesen, die in den entsprechenden Gremien gesessen haben. Einfache Antworten wird der Untersuchungsausschuss sicherlich nicht finden, und ich habe den Eindruck gewonnen, dass Ihnen die eine oder andere Antwort schon vor der ersten Frage klar war.

Wir Grüne werden trotzdem ohne eine vorher festgelegte Meinung in diesem Ausschuss mitarbeiten. Auch für uns gilt es – darauf habe ich vorhin hingewiesen –, Fragen zu klären und Widersprüche aufzulösen.

Die Grünen haben sich bewusst dafür entschieden, nicht die Mitglieder der parlamentarischen Kontrollgremien in diesen Ausschuss zu entsenden. Wir bleiben unserem Grundsatz treu, bei Untersuchungsausschüssen Abgeordnete mit dieser Aufgabe zu betrau

en, die nicht bereits parlamentarisch in den Sachverhalt eingebunden waren. Daher werden uns Henrike Müller und Wilko Zicht im Ausschuss vertreten und sich an der Aufklärung des Terrorwochenendes und seiner offenen Fragen konstruktiv und unvoreingenommen beteiligen. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Freie Demokratische Partei unterstützt den Antrag der LINKEN und der CDU auf Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Wir alle sind neu im Parlament und natürlich nicht so in das eingebunden, was bisher passiert, diskutiert, untersucht, gefragt und beantwortet worden ist.

Für den außenstehenden Bürger – ich habe den Einsatz persönlich erlebt – hat sich in der Tat zunächst der Eindruck ergeben, hier laufe eine Wahlkampfveranstaltung, um einen starken Staat zu demonstrieren. Nachdem die Parlamentarische Kontrollkommission von ihrem Fragerecht Gebrauch gemacht hatte, konnte man aber vernehmen, dass es einen Anlass für einen Einsatz gegeben hatte.

Dennoch gab es eklatante Fehler und Mängel im Verlauf dieses Einsatzes. Es gab lückenhafte Überwachungen, wir haben jetzt eine Entscheidung des Gerichts über eine rechtswidrige Durchsuchung im IKZ, wir haben das Eingeständnis selbst des Senators, dass dieser Einsatz nicht anständig und lückenlos gelaufen ist, er ist quasi nach vorn geprescht. Ihm wurden durch ein Parteigutachten in eigener Sache – so will ich es einmal nennen –, das auch nicht allen vollständig bekannt ist, die Mängel noch einmal bestätigt.

Innenminister de Maizière hat ein oder zwei Tage nach diesem Einsatz in einer Talkshow bestätigt, er hätte genauso wie Herr Mäurer gehandelt, das sei alles richtig gewesen. Vor ein paar Tagen hat er sich von dieser Position völlig distanziert und den Senator im Regen stehen lassen.

Von den beiden Regierungsfraktionen selbst wird eingeräumt, dass es sich lohnt, auch noch einmal alle Felder dieses Einsatzes zu beleuchten. Herr Tschöpe hat eben noch einmal deutlich gemacht, dass es hier und da Aufklärungsbedarf gibt. Davon sollte das Parlament durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss Gebrauch machen, der alle Möglichkeiten der Befragung und die Möglichkeiten der Strafprozessordnung für sich anwenden kann. Durch einen solchen parlamentarischen Untersuchungsausschuss werden wir in die Lage versetzt, das, was in der Öffentlichkeit und auch in den Medien kursiert – vor einigen Tagen gab es noch einmal einen Bericht im Fernsehen –, so weit wie möglich aufzuklä

ren, wenn auch nicht alles nach außen getragen werden kann, wie richtigerweise gesagt wurde. Aber ich meine, dass dann ein sachlicher Schlussstrich gezogen werden kann und irgendwelche Verdächtigungen endgültig erledigt sind.

Natürlich muss auch die Frage der politischen Verantwortung aufgeklärt werden. Aber genauso wichtig ist mir, dass die Bürgerinnen und Bürger gesehen haben, dass die objektive Sicherheitslage in Bremen offenbar nicht mehr sichergestellt werden kann und dass bei ihnen nicht das Gefühl aufkommt, dass wir auch subjektiv nicht mehr ausreichend von diesem Senat in diesem Land geschützt werden. Deswegen ist es wichtig, dass wir für die Polizeiarbeit unseres eigenen Landes und für die Kooperation zwischen Bremen und den anderen Bundesländern sowie dem Bund die Mängel, die zutage gefördert werden, für die Zukunft abstellen können.

(Beifall FDP)

Vier bis sechs Monate müssen ausreichen, um diese Fragen ohne Hektik, aber mit Sachverstand zu bearbeiten.

Parlamentarische Ausschüsse kosten Geld, mir ist eben die entsprechende Vorlage überlassen worden. Für die FDP-Fraktion möchte ich zum Ausdruck bringen, dass wir von den Personalkosten, die den einzelnen Fraktionen zugedacht worden sind, eigentlich keinen Gebrauch machen wollen, sondern die Themen, soweit wir dazu in der Lage sind, durch unsere Mitglieder im Ausschuss oder auch durch die Fraktionsmitglieder bearbeiten, die Akten sichten und einsehen lassen wollen.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Das geht doch nicht!)

Wir werden dies mit Bordmitteln machen, es sei denn, wir brauchen Sachverständige für Einzelfragen, um uns dort entsprechend informieren zu lassen.

Wir halten den Ausschuss also für richtig und wichtig, er muss die Dinge abschließend klären, damit wir in Zukunft für die Sicherheit Bremens durch vernünftige Arbeit gewappnet sind. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Röwekamp, mit „dubios“ meinte ich nicht die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission, auch wenn ich vielleicht das eine oder andere dubios finde, was hier in der politischen Debatte zwischen uns geäußert wird, sondern ich meinte damit die Art der Aufklärung. Wir waren uns – vielleicht wollen Sie mir zuhören! – frü

her einig, dass wir uns diese Art der Aufklärung leisten mussten, weil wir kurz vor dem Ende einer Legislaturperiode standen und es keinen Sinn gemacht hätte, noch einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, denn in dem Moment, in dem das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung vorgelegen hätte und die Akten da gewesen wären, wäre die Legislaturperiode beendet gewesen. Deshalb haben wir uns auf die Hilfskonstruktion eingelassen, zu versuchen, die Angelegenheiten des betreffenden Wochenendes in der Parlamentarischen Kontrollkommission und hilfsweise im Rechtsausschuss in vertraulicher Sitzung aufzuarbeiten.