Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem Antrag der LINKEN werden wir zustimmen. Das ist schon von unserem Koalitionspartner angedeutet worden, und das möchte ich vorwegnehmen.
Der Antrag statuiert die Notwendigkeit einer Entlas tung der Strafverfolgungsorgane in einem Bereich, in dem Strafverfolgung keinen Sinn macht. Die Ent kriminalisierung der Einreise ohne gültigen Aufent haltstitel – auch das ist hier schon gesagt worden – ist von mehreren Seiten gefordert worden, die in dieser Hinsicht auch als unverdächtig gelten dürften. Das ist der Bund Deutscher Kriminalbeamter, und das ist die Gewerkschaft der Polizei. Den Anwältinnen und Anwälten, die das fordern, kann man auch nicht unterstellen, dass es ihnen darum geht, weniger zu arbeiten. Gemeinhin haben Rechtsanwälte ein Interesse an mehr und nicht an weniger Mandaten.
Das Aufenthaltsgesetz soll – so der Gesetzeszweck – die Zuwanderung nach Deutschland ermöglichen und gestalten und der Erfüllung humanitärer Verpflich tungen Deutschlands dienen. Alle, die ihr Recht auf Aufnahme aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen für sich in Anspruch nehmen wollen, müssen dafür einen Antrag stellen und sich
dann natürlich identifizieren. Diesen Antrag müssen sie im Inland stellen. Sie müssen also nach Deutsch land kommen. Gleichzeitig stellt dieses Gesetz die Einreise nach Deutschland unter Strafe, wenn die Leute, die zu uns kommen, keinen Pass oder keinen gültigen Aufenthaltstitel haben. Vielen Menschen, auch ganz vielen derjenigen, die hier bleiben dürfen, ist also eine legale Einreise nach Deutschland – um diese Aufnahme zu beantragen – überhaupt nicht möglich. Das, meine Damen und Herren, ist doch völlig widersinnig.
Nach dem Legalitätsprinzip müssen die Strafverfol gungsbehörden in jedem Fall ein Ermittlungsverfahren einleiten, sobald eingereiste Menschen namentlich erfasst sind, obwohl auch die Genfer Flüchtlings konvention sagt, dass in diesen Fällen keine Strafe verhängt werden darf. Da ist es ein bisschen kleinlich, darüber zu sprechen, ob das heißt, es darf gar nicht strafbar sein, oder es darf nicht strafverfolgt oder nicht bestraft werden. Am Ende heißt es, es darf keine Strafe verhängt werden. Das ist entscheidend. Deswegen wird teilweise eben für den Papierkorb gearbeitet. Das ist auch schon gesagt worden. Das müssen wir ändern.
Noch einmal ganz deutlich: Es geht nicht darum, zu entscheiden, wer hier ein Bleiberecht hat, oder darum, Türen und Tore zu öffnen, damit alle hier bleiben können. Diese Unterscheidung ist in dieser Debatte wichtig. Das möchte ich an der Stelle in Richtung von Herrn Hinners noch einmal sagen. Die derzeitige Rechtslage führt aber auch nicht nur zu einer enormen Mehrbelastung der Strafverfol gungsorgane. Obwohl die Verfahren bei der Erteilung der bereits bei Einreise absehbaren Aufenthaltstitel richtigerweise in der Regel eingestellt werden, blei ben sie leider nicht, wie die Kollegin Dogan sagt, juristisch folgenlos. Insbesondere bei einreisenden Minderjährigen führen sie zu einer Eintragung in das Erziehungsregister. Diese steht dann da. Das ist nicht nur juristisch nicht folgenlos, sondern kontra produktiv für die Integration.
Es ist doch abwegig, wenn wir einerseits Menschen hier in Deutschland Schutz vor Gewalt und Verfolgung gewähren wollen – was wir zu Recht wollen –, sie andererseits aber gleichzeitig staatlicher Repression durch Kriminalisierung aussetzen. Ich möchte Herrn Hinners widersprechen. Der hier erweckte Eindruck, damit sei eine Identitätsfeststellung oder gar die
Registrierung Hilfesuchender und damit hat auch die Hilfegewährung unmöglich gemacht worden, ist schlichtweg falsch.
Anmerken möchte ich noch, dass hier, wie so oft und insbesondere im Bereich des Strafrechts, natürlich der Bundesgesetzgeber in der Pflicht ist. Noch einmal der Hinweis: Es geht nicht um eine Abschaffung, sondern um eine Überarbeitung des Aufenthaltsgesetzes.
Frau Abgeordnete, Sie haben eben gesagt, mein Hinweis sei falsch. Wie möchten Sie denn sicherstellen, dass Sie überhaupt wissen, wer ins Land kommt?
Meines Wissens nach haben wir keine umfassenden und durchgehenden Grenz kontrollen an deutschen Grenzen. Ich weiß nicht, ob ich an der Stelle falsch informiert bin.
Wir haben in den Diskussionen immer wieder deutlich gemacht, dass wir eben nicht das Interesse haben, Zäune zu errichten.
(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Erklären Sie denen noch einmal Demokratie und Schengen! – Abg. Röwekamp [CDU]: Machen Sie das doch! – Dr. Buhlert [FDP]: Brauche ich nicht! Das hat er jetzt hoffentlich gehört!)
Ich komme jetzt noch zu meinem Schlusssatz. Auf der einen Seite sagen wir, der Bundesgesetzgeber soll im Aufenthaltsgesetz tätig werden und nicht nur
verschärfte Symbolpolitik machen. Auf der anderen Seite fordern Sie von den LINKEN, dass Polizei und Staatsanwaltschaft in Bremen tätig werden sollen. Ich habe schon gesagt, hier ist der Handlungsspiel raum nach dem Legalitätsprinzip mehr als klein. Ich gehe davon aus, Polizei, Staatsanwaltschaft, Innen ressort und Justizressort schauen ganz genau auf die Verhältnismäßigkeit und auf die Interessen der Beschäftigten und nutzen daher selbstverständlich den vorhandenen Spielraum. Deswegen stimmen wir dem Antrag in Gänze zu. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsi dent, meine Damen und Herren! Illegale Einreise und illegaler Aufenthalt sind zentrale Probleme der Europäischen Union und Deutschlands in der Gegenwart. Die Europäische Union selbst geht in ihren Zahlen davon aus, dass 60 Prozent derjenigen, die in die EU einreisen und Asyl beantragen, keinen Anspruch auf Asyl haben, also schlichtweg illegale Einwanderer sind.
Natürlich wissen wir, dass es sehr viele Menschen in der Welt gibt, denen wir vor Ort helfen müssen. Wir werden sicherlich auch bestimmte Kontingente bei uns aufnehmen wollen.
Man müsste sich darüber unterhalten, was das für Kontingente sind. Wir müssen aber sowohl quantitativ als auch qualitativ die Kontrolle darüber haben, wen wir bei uns einreisen lassen wollen und wen wir hier beherbergen wollen. Im Moment findet diese Kont rolle nicht statt. Die Kontrolle der Außengrenzen der EU ist dysfunktional. Das ist sie nicht nur aufgrund von fehlender Grenzsicherung. Das ist sie auch im juristischen Sinne. So ist zum Beispiel ein unter EUFlagge fahrendes Schiff, welches jemanden vor der libyschen Küste aus Seenot rettet, verpflichtet, ihn in die EU zu bringen und ihn nicht in Libyen an Land zu setzen.
Wir haben eben gehört, dass wir gar kein Interesse daran haben, die nationalen Außengrenzen mit Sta cheldraht und Beton zu sichern. Abgesehen davon, dass das gar nicht ginge, wäre das sicherlich ein Szenario, welches wir nicht wünschen. Wir können unsere Grenzen aber juristisch schützen, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat, und sagen, derjenige, der illegal über diese Grenze kommt, begeht einen Straftatbestand, für den er bestraft werden kann und soll. Ja, die Genfer Flüchtlingskonvention sagt, unter bestimmten Umständen kann man nicht dafür bestraft werden.
Das ist aber nicht auf jemanden anwendbar, der aus einem sicheren Drittstaat kommt. Entschuldigen Sie: Ungarn, Österreich oder Italien sind sichere Dritt staaten. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass eine große Zahl von denjenigen, die zu uns kommen, illegale Einwanderer sind.
Wir haben das in den Etatdebatten gehört. Der Bre mer Senat gesagt, er kann eigentlich gar keine Zu sicherungen machen, wie es weitergeht. Er baut auf Transferleistungen, weil wir das finanziell nicht mehr wuppen können. Ich sage Ihnen eines: Die Bundes republik kann auf keine Transferleistung hoffen. Von der EU kommt kein Pfennig, den wir nicht selbst vorher dorthin gegeben haben.
Es ist ein Irrsinn, unser letztes juristisches Mittel, um unsere Grenze zu schützen, abschaffen zu wollen. Die massenhafte Duldung von illegaler Einwanderung gefährdet uns in unserer Zukunftsfähigkeit. Das möchten wir auf alle Fälle verhindern.
Wenn Sie von den Altparteien nicht in der Lage sind, endlich Maßnahmen zu ergreifen, dann werden Sie sich wundern, wie der Bundestag 2017 aussieht. Der deutsche Wähler will die massenhafte Duldung illegaler Einwanderer nicht länger tolerieren. Wir werden – das wird Sie wahrscheinlich nicht wundern – Ihren Antrag von Herzen ablehnen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, ein bisschen zur Versachlichung beizutragen. In dem Antrag, der hier gleich voraussichtlich eine Mehrheit finden wird, wird der Senat beauftragt, sich für die Entkriminalisierung der illegalen Einreise einzuset zen. Damit ist nicht die Legalisierung jeder Form von Einreise verbunden. Es ist Kern der Staatssouveräni tät, dass ein Staat Regeln darüber aufstellt, wer sich auf seinem Hoheitsgebiet zu welchen Bedingungen aufhalten darf.
in welcher Form diese Staatssouveränität am Ende durchgesetzt wird. Gesetzliche Regelungen, de ren Verstoß keinen Straftatbestand darstellen, sind nicht unüblich. Wir haben durchaus auch unter dem Ultima-Ratio-Gesichtspunkt des Strafrechts in vielen Regelungsbereichen gerade des öffentlichen Rechts hilfsweise Ordnungswidrigkeitstatbestände oder gar keine Sanktionstatbestände, sondern setzen die Einhaltung dieser Norm im Wege des Verwaltungs zwangs durch.
Natürlich wird es auch weiterhin so sein, dass Men schen, die nicht über die Berechtigung verfügen, sich auf dem Bundesgebiet aufzuhalten, entweder an die Grenzen zurückgewiesen oder abgeschoben werden können. Daran würde eine Aufhebung der Strafbarkeit zunächst nichts ändern.