Protocol of the Session on June 15, 2016

Das Thema, was ich heute nicht angesprochen habe, wird uns die nächsten drei Jahre ganz gewiss noch begleiten.

(Glocke)

Auch finanzpolitisch werden wir scharf im Auge be halten, wie die Flüchtlingsfrage in diesem Bundesland angegangen wird. – Vielen Dank! Ich bin am Ende für heute. Tschüss!

(Heiterkeit)

Herr Tassis, auch Ihnen teile ich mit, dass Ihre Redezeit für den heutigen Tag aufgebraucht ist.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Als nächste Rednerin rufe ich die Senatorin Frau Karoline Linnert auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Redezeit lässt es nicht zu, dass ich auf alle Punkte eingehe. Ich will deshalb nur einige grundsätzliche Bemer kungen machen. Bremen nimmt Flüchtlinge auf. Das tun wir gern.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP)

Wir geben uns ganz viel Mühe, damit wir das gut machen. Ich gehöre als Jahrgang 1958 zu einer Ge neration, zu deren politischer Sozialisation die Frage gehört, wie vielen Menschen in der braunen Zeit in Deutschland zwischen 1933 und 1945 das Leben hätte gerettet werden können, wenn andere Länder großzügiger bei der Aufnahme von Flüchtlingen gewesen wären.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Das deutsche Asylrecht und mein politisches Denken sind grundsätzlich von der Lehre geprägt, dass wir Menschen aus Menschlichkeit und aus Vernunft auf nehmen. Wenn Ihnen das nicht gefällt, meine Herren Tassis und Schäfer, dann habe ich das verstanden. Die Gesetze gelten aber auch in Bremen. Sie gelten zum Glück und Gott sei Dank. Wir werden sie hier einhalten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Auch eine Regierung, die die Alternative für Deutsch land stellt oder mit stellt, müsste Unterkünfte bauen, Sozialleistungen auszahlen und die Gesetze einhalten, denn die Regierung ist darauf vereidigt. Tun Sie hier nicht so, als ob man den Haushaltsansatz, den wir für Flüchtlinge bereitstellen, einfach willkürlich kürzen könnte! Der Ansatz ist auf der Basis des benötigten Geldes kalkuliert. Wer den Ansatz kürzt, macht das, wie Sie es vielleicht gern wollen, um Unruhe zu stiften. Wir müssten es dann nämlich bei den Schulen, den Kindergärten, der Polizei und der Kulturförderung wegnehmen. Das wollen wir aber ausdrücklich nicht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Hier ist eine Reihe von Dingen gesagt worden, zu denen ich versuchen will, ein Bewusstsein für die tatsächliche Faktenlage herzustellen. Es wurde gesagt, Bremen hält die Schuldenbremse nicht ein. Das ist nicht richtig. Wir machen von einer Ausnahmerege lung Gebrauch, die es im Vertrag mit den anderen Bundesländern und in unserer Verfassung gibt. Es gibt auch andere Gesetzeskonstruktionen mit Regelfällen und Ausnahmen, zum Beispiel bei der Laufbahnver ordnung. Wenn wir einen Beamten einstellen, der nicht der Laufbahnverordnung entspricht, dann verstoßen wir nicht gegen die Laufbahnverordnung, sondern dann machen wir von einer Ausnahmeregelung Ge

brauch. Sie wollen das nicht hören. Es ist aber trotzdem so. Wenn man sagt, dass das verfassungswidrig ist, muss man den Staatsgerichtshof anrufen.

Ich empfehle allen noch einmal das Gutachten, das der Senat durch den eher CDU-Kreisen nahestehen den Professor Korioth hat erstellen lassen. Im Stabili tätsrat hat jedenfalls niemand die Position vertreten, die hier behauptet wurde. Das ist dort so überhaupt nicht gesagt worden. Es ist auch nicht richtig, dass wir einen blauen Brief bekommen haben.

Der Stabilitätsrat hat sich formal an den Vertragstext gehalten, dem wir in Bremen zugestimmt haben und den ich unterschrieben habe. Der Stabilitätsrat hat gesagt, wir halten den Rahmen nicht ein. Das ist Fakt und von uns gemeldet worden. Daran ist ein bestimmtes Verfahren geknüpft. Sobald es im Zeitrahmen vorgesehen ist, wird Bremen beantragen, dass der Stabilitätsrat akzeptiert, dass wir von der Ausnahmereglung Gebrauch machen. Das ist jetzt noch gar nicht vorgesehen. Dann wird im Frühjahr nächsten Jahres entschieden, ob wir trotzdem die 300 Millionen Euro bekommen. Das ist die Faktenlage. Sie können noch so viel reden. Sehen Sie einfach einmal in den Vertrag!

Es ist auch nicht so, dass der Stabilitätsrat nun der große Feind ist, Herr Rupp. Das finde ich, ehrlich gesagt, ein bisschen eigenartig. Darin sitzen die Finanzminister der anderen Bundesländer. Diese kennen die Sorgen, die man hat, wenn man in diesen Zeiten Haushalte aufstellen muss, ganz genau. Es war jedenfalls keine feindselige Atmosphäre Bremen gegenüber, auch nicht durch die Bundesregierung. Sie haben sich formal an den Vertrag gehalten und die darin vorgesehenen Schritte vorgeschlagen. Das war es.

Sie haben das politische Ziel, die Schuldenbremse weiterhin als eine große Zumutung darzustellen. Das habe ich schon verstanden. Es ist in der Tat richtig, dass es immer um ein Abwägen geht. Die Schuldenbremse ist auch nicht absolut gesetzt und gilt um jeden Preis, wie Sie an dem Umgang mit den Flüchtlingen sehen können. Das macht der Senat nicht. Das in der Verfassung niedergelegte Einver nehmen in Deutschland, wonach wir Haushalte ohne neue Staatsverschuldung anstreben, ist nach meiner Meinung nach wie vor richtig. Der Stabilitätsrat ist nicht das Feindbild, sondern das vom Gesetzgeber vorgesehene Gremium, um sich die Haushalte an zusehen.

Zur Vermögenssteuer würde ich persönlich sagen, es ist eine gute Idee. Allerdings geben wir die Ein nahmen aus der Vermögenssteuer, wenn sie denn kommt, erst dann aus, wenn wir sie haben.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Dann ist es zu spät!)

Nein! Es ist immer dasselbe mit Ihnen, Herr Rupp. Ehrlich gesagt, ist das vielleicht auch unser Problem.

Bremen hat einen Spitzenplatz bei den Sozialleis tungen pro Einwohner. Das kann man gut oder nicht so gut finden.

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Weil wahrscheinlich im Vorfeld zu wenig passiert! Das ist das Problem!)

Das ist aber in der Tat ein Problem. Immer darauf aufzusetzen und zu sagen, das ist alles zu wenig, wird nicht funktionieren. Wir haben einen Spitzenplatz bei der Eingliederungshilfe. Das sieht man sich woanders an, und das müssen wir rechtfertigen. Übrigens ist das auch zu recht so. Wir haben einen Spitzenplatz in der Jugendförderung. Die Frage ist, ob das Geld überall dort ankommt, wo es hin muss. Ihr Ansatz ist, es ist immer und überall zu wenig. Das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist, noch mehr Schulden zu machen. Das wird so nicht funktionieren. Das ist einfach kein ernsthafter politischer Ansatz.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Frau Steiner, die BSAG macht Verluste wie alle ande ren Verkehrsgesellschaften. Die Bremer Landesbank ist auch kein Millionengrab. Es wird völlig unabhängig davon, wie es jetzt weitergeht, kein Problem für den Bremer Haushalt geben.

(Zuruf Abg. Frau Steiner [FDP])

Nein, es ist so! Erzählen Sie doch einmal, worin das Haushaltsrisiko bestehen soll. Wir haben schon bei der Haushaltsaufstellung der Tatsache Rechnung getragen, dass die Bremer Landesbank keine Ge winnausschüttung vornehmen wird. Das wissen Sie auch. Das ist im Haushalts- und Finanzausschuss berichtet worden.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Vielleicht nicht der Aufpreis für die Anteile an der Darlehnsfinanzierung!)

Der Kaufpreis für die Anteile liegt vielleicht unter der Darlehensfinanzierung, sagt Herr Röwekamp! Dann wollen wir zuerst einmal schauen, was die Verhandlungen ergeben. Ich sage, dass es kein Risiko für den Haushalt gibt.

Es ist auch nicht richtig, Frau Steiner, dass wir Pen sionsrückstellungen aussetzen.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Dann sollten Sie vielleicht einmal das Interview eines Kollegen von heute lesen!)

Es geht um eine freiwillige Zuführung, die gedacht war, um die Spitzen der Pensionsentwicklungen abzufangen. So geht es mit Ihnen weiter und immer weiter.

Sie singen hier das Hohelied, dass Sie sich für die Wirtschaftsinteressen einsetzen. Wissen Sie eigent

lich, was die bremische Wirtschaft darüber denkt, dass Sie einen Untersuchungsausschuss über ein Unternehmen erwägen, das Bremen mehrheitlich nicht einmal gehört? Was glauben Sie, wie das in Wirtschaftskreisen diskutiert wird? Es ist einfach abenteuerlich.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Kasten diek [CDU]: Ich kann Ihnen erzählen, wie darüber diskutiert wird!)

Fakt ist, dass ich für die Sanierungsjahre in Bremen in der Tat Verantwortung trage. Ich habe meine Meinung darüber, was Staatsverschuldung bedeutet, nicht verändert, aber meine Meinung darüber, dass die Finanzpolitik niemals das Absolute sein kann, sondern sich in einem Feld von anderen Interessen bewegen muss. Das sind soziale Interessen. Das ist der Kindertagesheimausbau. Das sind Ganztags schulen. Das ist innere Sicherheit. In diesem Feld des Abwägens bewege ich mich auch. Es muss nicht alles nach meiner Pfeife tanzen, und die schwarze Null ist nicht das Absolute.

Ich persönlich finde, der Senat kann stolz darauf sein, dass wir es – all den Unkenrufen gerade von der CDU zum Trotz – im fünften Jahr hintereinander geschafft haben, die 300 Millionen Euro für Bremen zu bekommen und vertragstreu auszugeben.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Und im letzten Jahr! Das waren auch die einfachsten Jahre bisher!)

Die einfachsten Jahre? Ja, Herr Röwekamp, die ein fachsten Jahre waren die Jahre der Großen Koalition, in denen man es mit Sparen und Investieren so richtig krachen lassen konnte.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wissen Sie, irgendwann ist es auch einmal genug.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Ja, irgendwann ist es ein mal genug!)

Ja, irgendwann ist es auch einmal genug!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Seit zehn Jahren sind Sie für die Haushaltspolitik verantwortlich! Noch nie hat jemand so viele Schulden gemacht wie Sie!)

Jedenfalls hat Bremen fünf Jahre lang die 300 Millio nen Euro bekommen! Das ist nun auch nicht richtig.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Seit zehn Jahren sind Sie verantwortlich! – Weitere Zurufe)

Okay!