Protocol of the Session on January 21, 2016

So, ich fange jetzt an. Sehr geehrte FDP-Fraktion, heute behandeln wir Ihren Antrag zur – –.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: 2 600 Mitarbeiter! Wieso steht nichts darin?)

Darf ich weitersprechen?

Bitte, Herr Dr. Buhlert!

(Heiterkeit)

Entschuldigung, Herr Professor Dr. Hilz!

Entschuldigung, setzen Sie bitte Ihre Rede fort!

Sehr geehrte FDP-Fraktion, heute behandeln wir Ihren Antrag zur Erhöhung der Zielzahlen bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven und bei der Polizei Bremen, ein Thema, das uns alle, insbesondere auch die innenpolitischen Sprecher aller Fraktionen, permanent beschäftigt. Ich begrüße die Diskussion also ausdrücklich und teile die Ansicht, dass wir diese auch an anderer Stelle noch fortsetzen sollten.

Etwas zu Ihrem Antrag! In Bremen wollen Sie eine Erhöhung um 40 Stellen im Vergleich zu der bestehenden Zielzahl und in Bremerhaven eine Steigerung um zwölf Stellen. Auf den ersten Blick liest sich das natürlich gut. Ich kann aber auch sagen, dass die Erhöhung der Zielzahlen, die wir als Koalition ja bereits im Juli nicht wesentlich abweichend beschlossen haben, wenn überhaupt, der erste Schritt sein kann.

Polizeibeamtinnen und -beamte sind hoch qualifizierte Kräfte, die auf dem Arbeitsmarkt nicht frei verfügbar sind oder einmal eben kurz umgeschult werden könnten. Polizisten im Land Bremen wurden entweder in Bremen und Bremerhaven ausgebildet oder kamen im Rahmen eines sogenannten Ringtausches hierher, bei dem eine andere Person im gleichen Zuge Bremen verließ. Man wird also nicht ohne Weiteres die insgesamt mindestens 52 Personen ad hoc auftreiben können.

Die Hochschule für Öffentliche Verwaltung und auch die praktische Ausbildung in dem Zwei-Städte-Staat kann nicht beliebig viele Studierende auf einmal für mittelfristige Bedarfe ausbilden. Wir setzen auf eine kontinuierliche Einstellung in Höhe von 120 Studierenden und dadurch auf ein möglichst schnelles Erreichen der festgesetzten Zielzahlen. Über deren Erhöhung kann und muss man kontinuierlich diskutieren und sie auch im Rahmen der Möglichkeiten anpassen. Das möchte ich auch gern tun.

Im Juli haben wir die jetzige Zielzahl im Hinblick auf die mögliche Ausbildung, auf tatsächliche Bedarfe und nicht zuletzt mit Blick auf den Konsolidierungspfad beschlossen. Diese Zielzahl halten wir für realistisch leistbar,

(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Solange ihr das fort- setzt!)

verbunden mit einer Diskussion über den Warenkorb, die auch ganz wichtig finde. Dabei ist uns bewusst,

dass das schon schwierig ist, und aus dem Grunde müssen hier weitere Konzepte der Aufgabenerleichterung entwickelt werden. Ihr Aktionismus mit der simplen Forderung nach dem Mehr ersetzt kein fehlendes Konzept. Sie präsentieren uns hier ein Konzept, dem wir zustimmen könnten, oder Sie präsentieren uns hier kein Konzept, dem wir zustimmen könnten oder das wir begründet ablehnen müssten.

In Bremen und Bremerhaven müssen wir schlichtweg angesichts des harten Konsolidierungskurses, auf dem wir uns nach wie vor befinden, Konzepte haben und an neue Situationen angepasst weiterentwickeln. Die Diskussion des Warenkorbs wird uns daher noch einige Zeit begleiten. Es muss politisch in Bahnen gelenkt werden, was originär zu den Aufgaben der Polizei gehört und was nur untergeordnet oder gar nicht wahrzunehmen ist; immer vorausgesetzt, dass das Legalitätsprinzip es hergibt, das ist klar.

Am Ende müssen wir als Politik den Bürgerinnen und Bürgern sagen, was die Polizei als Aufgaben mit den beschlossenen Zielzahlen leisten kann und was nicht mehr machbar ist. Das ist dann unsere Aufgabe, und wir müssen die Polizei in Bremen und Bremerhaven von diesen Fragen entlasten.

(Beifall SPD)

Selbstverständlich muss die Polizei auch im Kampf gegen den Terrorismus angemessen ausgestattet sein. Dass auf die von Ihnen angesprochene veränderte Sicherheits- und Gefahrenlage reagiert werden muss, ist für uns ebenfalls klar. Die Frage lautet nur, wie genau.

Der Senat hat in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass genau das unabhängig von einer Diskussion über Zielzahlen möglich und angezeigt ist. Es bedeutet, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten präventiv aber auch repressiv in der Lage sein müssen, einzuschreiten ohne das eigene Leben leichtfertig zu riskieren. Das wird auch der Fall sein, dieser Verantwortung stellen wir uns, das ist keine Frage. Dabei freue ich mich persönlich auch über gestaltende Beiträge – natürlich finanziell hinterlegt – aller Fraktionen. Aus den genannten Gründen sollten wir uns die Zeit nehmen und Ihnen die Möglichkeit geben, uns ein Gegenfinanzierungsmodell vorzustellen, wie Sie vorhaben, die von Ihnen geforderten 2 600 Polizeibeamtinnen und -beamte zu finanzieren.

Wir schlagen die Überweisung in den Haushalts- und Finanzausschuss vor, und ich bin sehr gespannt auf Ihre Konzepte und Vorschläge. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Steiner, Sie haben gestern schon hier gesagt, dass Sie sich unsicher fühlen und sich nicht mehr in den Hauptbahnhof trauen. Jetzt haben Sie vorgebracht, Sie wollen oder können – –. Hören Sie überhaupt zu, Frau Steiner?

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie hört gerade gar nicht zu!)

In Ordnung, dann sage ich es meinen Kollegen. Ich halte solche Aussagen für ganz gefährlich. Also, es steht heute in der „Nordsee-Zeitung“, und jetzt erzählen Sie, dass Sie nicht mehr durch das Viertel gehen. Sie sind die Partei, die aber auch dort den Einzelhandel fördern will. Ich glaube, den Ladenbesitzern in der Innenstadt und im Viertel tun Sie, wenn Sie die Situation so schlechtreden, keinen Gefallen.

(Beifall DIE LINKE – Abg. Frau Steiner [FDP]: Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht durch das Viertel gehe!)

Das einmal vorweg, aber jetzt komme ich zu Ihrem Antrag!

Frau Steiner, Sie sprechen von 2 600 Vollzeitäquivalenten für die Stadtgemeinde Bremen und circa 500 für die Stadtgemeinde Bremerhaven. Das Problem, das Sie dabei übersehen, ist – und wir haben hier als LINKE kontinuierlich in allen Haushaltsberatungen der letzten Jahre 120 Polizeianwärter gefordert –, dass die Ausbildung der Polizisten eine hoheitliche Aufgabe ist. Wir können hier über Zielzahlen schwadronieren und fantasieren, aber wenn Bremen nicht ausbildet, werden wir sie nicht erreichen! Also hätte Ihr Antrag einfach lauten müssen: Bremen muss, gemessen an den Aufgaben und Leistungen, die wir erbringen – beim Abbau von Überstunden angefangen –, sowie gemessen an der Altersstruktur, adäquat kontinuierlich ausbilden. So wäre ein Antrag richtig gewesen, aber das, was Sie machen, ist unsinnig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe es eben bereits gesagt, wir haben das hier oft genug gefordert, wir brauchen – –.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Nein, nicht oft genug!)

Der Senat hat es sich für das letzte Jahr tatsächlich vorgenommen, er hat die Zahl der Anwärter auf 120 erhöht. Wir brauchen das allerdings fortgeschrieben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es darf keine einmalige Sache gewesen sein.

Dann haben Sie eben erzählt, dass die Wachen geschlossen werden. Ja, es stimmt,

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Finden Sie das denn richtig?)

Reviere werden geschlossen, das ist aber auch Teil des im Jahre 2002 beschlossenen Polizeikonzeptes gewesen, das übrigens nicht heißt, dass keine Polizisten in der Nähe wären, sondern sie befinden sich nur nicht auf einem Revier, sondern sie sind in ihren Streifenwagen im Raum. Darüber muss man sich in der Tat einmal unterhalten, wenn man beispielsweise ein Gebiet wie den Bremer Süden hat, ob dann die Anzahl der Streifenwagen, die unterwegs sind, tatsächlich ausreicht.

Für die ganzen anderen Sachen, dass die Polizei auch noch bürgernahe Dienstleistungen zu bieten hat, hat der Polizeipräsident schon in Aussicht gestellt – ich meine, Herr Kollege Senkal müsste dies wissen –, dass zum Beispiel kleinere Delikte wie Fahrraddiebstahl irgendwann auch online angezeigt werden können. Das wäre selbstverständlich von Vorteil, denn es ist natürlich sehr schwierig, wenn Menschen, die keine Fahrkarte, kein Auto haben, beispielsweise wenn sie wegen eines Fahrraddiebstahls in Woltmershausen nicht mehr zum Revier gehen können, dann zum Flughafen fahren müssen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Frau Vogt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Dr. Hilz?

Nein, im Moment nicht! Er kann gleich reden.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ist aber Herr Professor Dr. Hilz und nicht Herr Dr. Buhlert!)

Ich will aber noch zu einem anderen grundsätzlichen Problem kommen und dann, Herr Professor Dr. Hilz, können Sie gern Ihre Frage stellen.

Sie haben Ihren Antrag auch völlig irreführend überschrieben. Sie haben ihn mit dem Titel „Innere Sicherheit muss Vorrang haben“ versehen. Ehrlich gesagt, das sehen wir nicht so. Es ist völlig falsch, die Schuldenbremse und Austeritätspolitik nur anhand des Aspekts der inneren Sicherheit infrage zu stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir halten es auch für falsch, nur für die Polizei eine Ausnahme von dem Sparkurs zuzulassen und für Schule, Soziales, Kultur und Hochschulen jedoch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

Was Sie nämlich fordern, ist so ein bisschen ein radikaler neoliberaler Nachtwächterstaat, und den brauchen wir hier nun wirklich nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Die Polizei übrigens – wenn Sie mit der Polizei reden würden – sagt oft genug, dass sie auch deswegen exorbitant steigende Einsatzzahlen hat, weil die sozialen Problemlagen und die Spaltung in der Gesellschaft in Bremen immer weiter zunehmen. An dieser Aussage von Polizisten sieht man, dass wir hier nicht über den Bereich Inneres allein reden müssen, sondern über ganz andere Dinge, und die Idee des Vorrangs an sich schon einmal falsch ist.

Richtig wäre es unserer Meinung nach, anstatt ein Sparmoratorium für den öffentlichen Dienst zu beschließen, die sogenannte Personalentwicklungsplanung zu unterbrechen, und das gilt dann eben selbstverständlich auch für die Polizei, aber eben mit vernünftigen Anträgen in Bezug auf Ausbildungen.

Des Weiteren müssen wir uns natürlich die Frage stellen, was der öffentliche Dienst leisten muss und soll und wie viele Beschäftigte wir in welchen Bereichen brauchen. Das wäre der richtige Ansatz, und darunter fällt dann eben auch die Polizei, aber nicht ausschließlich.