Herr Kollege Pohlmann, ich habe nur eine kurze Zwischenfrage: Sind Sie und Ihre Fraktion der Meinung, dass ausreichend gebaut wird?
Ja! Selbstverständlich sind wir unter diesen Bedingungen auf dem richtigen Weg, natürlich! Wir müssen bei der Baufertigstellung – unbestritten vom Bündnis für Wohnen und unter intensivster Begleitung der übrigen Beteiligten – festhalten, dass wir große Schritte vorangekommen sind. Das, finde ich, ist äußerst positiv.
Wir werden die Schritte abgleichen – und das haben wir auch deutlich gemacht, und zwar auch innerhalb der Koalition – und überlegen, in welchen Bereiche die Planungsreife vorliegt und auf welche Weise eine Erweiterung stattfinden kann. Wir arbeiten dabei ganz eng zusammen.
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion wird wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft immer treu auf ihrer politischen Linie bleiben und sie konstruktiv voranbringen.
Ich möchte noch einmal sagen, interessant ist – ich kann das jetzt nicht umfassend behandeln, aber mit Sicherheit ist das Sozialressort dazu in der Lage – zum Beispiel auch die Aussage von Frau Grönert, dass ein Investor 4 000 Plätze anbiete. Ich bitte das Sozialressort, den Hintergrund dieses Angebots – wir haben es bereits wiederholt diskutiert – darzustellen und die Situation des Immobilienmarkts zu beschreiben.
Sie haben vorhin gesagt, wir würden ein Katastrophenszenario an die Wand malen, und das würde keinen Sinn machen.
Meine Fragen sind: Haben Sie sich die aktualisierte Zugangsprognose für Flüchtlinge und die daraus entstehenden finanziellen Konsequenzen angeschaut? Ist Ihnen bewusst, dass für die Jahre 2016 und 2017 circa 12 000 Flüchtlinge erwartet werden?
Finden Sie, dass das ein Katastrophenszenario ist? Finden Sie auch, dass es ein Katastrophenszenario ist, wenn man sich über die Unterbringung dieser Menschen Gedanken macht?
Danke schön, Herr Abgeordneter! Sie stellen vollkommen richtig dar, dass wir aktuell davon ausgehen müssen, circa 12 000 Menschen unterbringen zu müssen, die bei uns Zuflucht suchen. Trotzdem, und das zeichnet ja auch diese Koalition aus, wir denken nicht nur, sondern wir legen im Rahmen unserer sozial integrierten Stadtentwicklungspolitik die Strategie dar, wie wir die weiteren Bedarfe bewältigen können.
Deshalb sage ich: Es ist eine große Herausforderung, Herr Kollege Rupp, diese Problematik zu bearbeiten, und das werden wir tun. Wir haben den ersten richtigen Schritt gemacht. Auf der anderen Seite sage ich Ihnen, es hilft uns nicht weiter – und das ist meine Kritik auch in Richtung der Grünen gewesen –, an jeder Ecke eine Katastrophentheorie zu entwickeln. Wir haben das richtige Handlungskonzept, und das werden wir umsetzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gibt es staatlichen spekulativen Leerstand? Das war ein Stichwort von Frau Bernhard.
Staatlichen und privaten spekulativen Leerstand, so war exakt der Satz! Es gibt selbstverständlich in Be
zug auf Flächen und Gebäude, die sich im Eigentum der Stadt befinden, Pläne. Das eine oder andere soll für gewerbliche Zwecke verwendet werden, das eine oder andere ist schon auf dem Markt, das eine oder andere ist auch schon verkauft, wie die Schule vor dem Stephanitor. Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass hierbei eine spekulative Betrachtung auf der Seite der Stadt angestellt wird, etwa unter dem Gesichtspunkt, sollen die armen Teufel aus Syrien doch auf der Straße sein, wir wollen unser Geld mit der Veräußerung eines Grundstücks verdienen. So etwas sollte man nicht in die Welt setzen.
Ob es das auf privatem Grund gibt, das würde ich in der Tat nicht bestreiten. Das halte ich für sehr wahrscheinlich. Eigentümer neigen dazu, ihren Vorteil zu suchen. Die entscheidende Frage ist, ob sich die Verhältnisse so entwickelt haben, dass wir mit staatlichen Zwangsmitteln in das Eigentum dieser Leute eingreifen und damit ein nicht anders lösbares Problem schließlich doch lösen. Wir sind der Meinung, diese Situation ist noch nicht eingetreten, aber wir sind auch der Meinung, dass sie eintreten kann. Tritt sie ein, wird die Koalition handeln. Darauf können Sie sich verlassen. Jetzt sagen Sie, passiert ist gar nichts. Dann kam der Zwischenruf von Klaus-Rainer Rupp, ob es nicht eine ziemliche Herausforderung sei, 12 000 Leute pro Jahr unterzubringen. Dazu habe ich die entsprechenden Unterlagen genau wie Sie alle mit großem Interesse studiert. Der Senat geht im Moment davon aus, dass der Zuzug, der in 2015 stattgefunden hat, auch in 2016 und 2017 stattfinden kann. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Das ist in der Tat eine enorme Herausforderung, das ist überhaupt keine Frage. Die führt uns an den Rand der Möglichkeiten. Auch das sollten wir alle miteinander so beurteilen. Wie reagiert nun die entsprechende Verwaltung? Nach den Papieren, die ich gelesen habe, ist es folgendermaßen: Das Sozialressort plant einen enormen Zubau für Übergangswohnheime, und zwar für 2016 in einer Größenordnung von 6 000 Plätzen und dann noch einmal von 7 500 Plätzen in 2017. Das ist eine riesige Größenordnung. Das Bauressort – die Zahlen kennen Sie, weil Sie beim Bündnis für Wohnen waren – sagt, wir brauchen 3 500, 3 800 Wohneinheiten. Das ist eine enorme Größenordnung, die da ausgesprochen worden ist. Schließlich sagt das Bauressort, wir nehmen uns vor, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass bis Ende 2017 circa 2 000 zusätzliche Wohneinheiten geschaffen werden, und zwar über das Maß hinaus, das wir auf der Grundlage der Analysen der GEWOS verabredet haben, nämlich die berühmten 1 400.
Nun sagen Sie doch nicht, es ist nichts passiert! Das sind Zahlen in einer Größenordnung, die weit über das hinausgehen, was wir in 2014 und 2015 auch nur zu denken gewagt haben.
Es ist durchaus möglich, dass wir nicht alles brauchen, weil die CDU und auch die SPD in der Bundesregierung Enormes unternehmen, um den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland zu reduzieren. Deshalb ist es durchaus denkbar, dass nicht 12 000 Leute nach Bremen kommen, sondern weniger. Deswegen macht man vernünftigerweise eine Planung, die es ermöglicht, dann Kontingente aus der Planung herauszunehmen, aber zunächst einmal schafft man Planungssicherheit dafür, dass man handeln kann.
Ich halte das, ehrlich gesagt, nicht für einen Hinweis auf eine verantwortungslose Politik, sondern das ist eine Politik, die versucht, so weit , wie man im Moment sehen kann, Stück um Stück die Voraussetzungen für ein verantwortliches Handeln zu sichern. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir führen hier zwei Debatten, die zwar miteinander verschränkt sind, aber durchaus jeweils ihrer eigenen Logik folgen, einerseits die Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen in Übergangswohnheimen und, wenn die Plätze nicht reichen, in Notunterkünften, und andererseits die Debatte, wie es uns gelingt, ausreichend Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Natürlich hängen diese Debatten zusammen. Je mehr Menschen wir in Wohnungen vermitteln können, desto weniger Plätze brauchen wir in Übergangswohnheimen oder gar in Notunterkünften.
Die Debatte um Notunterkünfte haben wir hier schon mehrfach geführt, deswegen möchte ich die Ausführungen möglichst kurz halten. Trotzdem sind ein paar Anmerkungen notwendig.
Die Anwendung des Gesetzes zur Sicherstellung von Immobilien ist ein notwendiges Werkzeug in unserem Werkzeugkasten, um Druck aufzubauen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Es ist aber kein Selbstzweck, dieses Gesetz anzuwenden, sondern wir sind selbstverständlich bemüht, erst einmal Möglichkeiten in unseren eigenen Immobilien und auf unseren eigenen Flächen zu schaffen oder uns freiwillig mit Eigentümerinnen und Eigentümern zu verständigen. Natürlich ist es hilfreich, dieses Instrument im Hintergrund zu haben, weil es vielleicht die Verhandlungsbereitschaft erhöht und auch den einen oder anderen von selbst auf die Idee bringt, uns Grundstücke anzubieten.
Insgesamt sind wir skeptisch, wenn uns jemand einfache Lösungen anbietet, ein Instrument, das alle Probleme löst, wie zum Beispiel den Vorschlag, 4 000 Plätze zu bauen.
Das war ein Investor, der 4 000 Plätze im GVZ auf einem Grundstück bauen wollte, das ihm noch nicht einmal gehörte. Auch baurechtlich war es höchst fragwürdig, ob das genehmigungsfähig ist. Die Einschätzung meiner Behörde war, dass es nicht genehmigungsfähig ist. Auf die Nachfrage nach der Zeitdimension stellte sich heraus, dass es ungefähr drei Monate ab Baugenehmigung dauern würde, die Plätze zu schaffen. Das sind Zeiten, die trotz schlechten Rufs auch Immobilien Bremen hinbekommt. Der Vorteil dieses Angebots stellte sich deswegen nicht als die Lösung all der Probleme meines Hauses dar, sondern das war einer von vielen Vorschlägen. Alle Angebote eines Investors, der sich an uns wendet, prüfen wir, aber er muss uns auch etwas anbieten können, was wir nicht selbst hinbekommen, damit wir auf dieses Angebot eingehen.
Der Übergang zu den Wohnungen ist, glaube ich, die Kernfrage. Wir müssen die richtige Balance zwischen großer Herausforderung und Alarmzustand finden. Wenn man die Flüchtlingszahlen bei der aktuellen Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes für Bremen berücksichtigt, dann rechnen wir mit einem Bevölkerungszuwachs von knapp unter zwei Prozent pro Jahr. Das ist ein stattlicher Bevölkerungszuwachs, aber auch nicht extrem. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen. Die Frage ist: Mit welchen Instrumenten tun wir das?
Die Wohnungsbauförderprogramme des Senats bewertet der Senat fast naturgemäß anders. Das erste und das zweite Programm sind aus unserer Sicht ein Erfolg. Es ist aber angesichts der neuen Herausforderung notwendig, da noch eine Schippe draufzulegen. Deswegen wird die Antwort des Senats auf die zukünftigen Herausforderungen nicht nur ein drittes Sofortprogramm sein, sondern es wird ein Mix aus Maßnahmen sein. Damit kann der Senat die Große Anfrage selbstbewusst beantworten, und wir können der Debatte in der nächsten Bürgerschaftssitzung gelassen entgegensehen.
Bei der Frage, wie wir sinnvoll zu Wohnungen kommen, setzen wir – da besteht in der Tat ein Dissens zu der Fraktion DIE LINKE – vor allem auf Freiwilligkeit, wofür wir gute Instrumente haben. Ich nenne hier die Wohnungsvermittlung der AWO für Flüchtlinge oder die von dem Abgeordneten Pohlmann angesprochene Zentrale Fachstelle Wohnen, die in einem Mix aus Trägern und Instrumenten versucht, vor allem durch frühzeitiges Agieren Wohnungslosigkeit gar nicht entstehen zu lassen beziehungsweise ihr schnell abzuhelfen.
Das ist hier auch eine Frage der Philosophie, und in Bremen besteht sowohl in Bezug auf Obdachlose – da haben wir unser System ja gerade umgestellt – als auch in Bezug auf Flüchtlinge ein klarer Vorrang für den eigenen Mietvertrag. Das heißt, das Gut, dass
Menschen in Wohnungen kommen, für die sie selbst eine Vertragsbeziehung zu der Vermieterin oder dem Vermieter herstellen, ist für uns ein wichtiges Ziel, weil es ihnen Sicherheit, Unabhängigkeit und damit auch eine hohe Form von Autonomie ermöglicht. Aus dem Grund kann die Einweisung, sei es dadurch, dass wir selbst ein Mietverhältnis eingehen und die Wohnung zuweisen, oder dadurch, dass wir die Wohnung nach Obdachlosenpolizeirecht belegen, immer nur allerletzte Wahl sein und ist aus unserer Sicht kein Mittel der Wahl.
Die Frage, ob ein Instrument geeignet ist, hängt auch mit der Frage zusammen, ob es in großer Zahl sinnvoll administrierbar ist. Ein Instrument, mit dem man Wohnungen in kleinen Häusern mit drei oder vier Parteien heraussucht, sicherstellt und die entsprechenden Verfahren betreibt, setzt einen relativ hohen Aufwand für eine relativ geringe Anzahl Wohnungen voraus, sodass wir hier nicht die Lösung des Problems sehen, sondern glauben, dass hier die Kooperation und die Zusammenarbeit weit höhere Erträge bringt, zumal es auch nicht nur darum geht, Wohnungen, die leer stehen, zu akquirieren, sondern auch darum, zu schauen, ob man in bestehendem Wohnraum Menschen zur Vermietung von Einliegerwohnungen bewegen kann et cetera, was keinen klassischen Leerstand beträfe, für den solche Gesetze und Möglichkeiten greifen. Ich glaube, dass wir hier die Potenziale noch nicht ganz ausgeschöpft haben und durch Intensivierung unserer bisherigen Arbeit noch viel erreichen können. Daher meinen wir nicht, dass wir noch ein Gesetz brauchen, das auch Regelungen für Einheiten unterhalb der Schwelle von 300 Quadratmetern beinhaltet, und auch nicht mehr auf das OPR zurückgreifen wollen. Ein letzter Aspekt noch zu dem letzten Teil der Unterbringung, denn als die CDU-Fraktion über die Messe redete, ist mein Kollege Ekkehart Siering nervös auf dem Stuhl hin- und hergerutscht: Die Frage, worüber man redet, wird immer dann interessant, wenn es konkret wird. Über was reden wir, wenn wir für länger als bis Anfang Januar in den Messehallen – wir sind gerade dabei, sie zu beziehen – bleiben würden? Dann heißt das, wir verzichten auf die Sixdays, wir brauchen die Bremer Altbautage nicht, die Classic Motorshow nicht und die fish international nicht. Das kann man so bewerten, das ist eine politische Entscheidung, aber ich glaube, dann muss man auch die Ehrlichkeit haben, es beim Namen zu nennen und nicht abstrakt über die Messe zu reden. – Vielen Dank!