Protocol of the Session on March 19, 2015

und die Suche auf dem Wohnungsmarkt insgesamt angespannter wird, nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Menschen, die sonst auch auf günstigen Wohnraum angewiesen sind.

An diesem Punkt muss einmal etwas fragen, vielleicht kann mir das jemand von der Koalition gleich beantworten. Es gab ja schon Beschlüsse, zu bauen, zum Beispiel für die KAMPA-Häuser. Der Beirat Obervieland hatte im August 2013 beschlossen, dass in Obervieland Fertighäuser für 80 Personen gebaut werden sollen. Dieser Beschluss hat Nerven gekostet. Wenn wir uns erinnern, gab es eine breite Mobilisierung, nicht nur durch die Nachbarschaft, sondern auch durch organisierte Rechtsextreme und ich bin froh, dass wir diesen Beschluss damals vom Beirat bekommen haben, aber er wurde bis heute nicht umgesetzt. Die Fertighäuser gibt es nicht, und sie wären dringend nötig. Vielleicht kann ja jemand von Ihnen beiden etwas dazu sagen, ob die Fertighäuser in Obervieland auch irgendwann gebaut werden. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Grönert, ich bin ein bisschen irritiert, wenn Sie in Bremen vom Stadtrand reden. Bremen ist so klein, dass Sie im Grunde genommen von überall bis ins Zentrum der Stadt vielleicht maximal eine halbe Stunde brauchen. Ich finde, da muss man darüber nachdenken, was heißt eigentlich in Bremen Zentrum, Innenstadt und Stadtrand. Der Stadtrand in Bremen ist jedenfalls nicht wie der Stadtrand in Berlin, wo man das Gefühl hat, eine halbe Tagesreise machen zu müssen um in das Zentrum zu gelangen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen glaube ich, dass die Entscheidung städtebaulich aus meiner Sicht schon einmal problematisch ist.

Zweiter Punkt, weswegen ich mich eigentlich noch einmal gemeldet habe: Ich finde, dass man die Diskussion nicht so führen sollte, dass man alle Punkte, bei denen man glaubt, man könne Verbesserungen erreichen, als Kritik an den Senat formuliert. Mit Verlaub, was die Behörde in dieser Frage geleistet hat, ging bis an die Grenzen der Leistungsfähigkeit einer Behörde.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dass dort nicht alles sofort perfekt funktioniert, ist auch aus meiner Sicht völlig normal.

Unsere Aufgabe besteht meiner Auffassung nach darin zu schauen, wo wir etwas verbessern können. Wenn ich hier sage, wir müssten die Betreuung der Flüchtlinge in den Wohnungen besser organisieren, dann ist das eine Aufgabe, die man angehen muss, und mehr nicht. Das bedeutet aber nicht, dass der Senat das machen muss. Außerdem wird dann gesagt, dass der Senat Wohnungen baut. Der Senat baut überhaupt nichts! Ich wüsste nicht, an welcher Stelle der Senat Bautätigkeiten vornimmt, sondern er muss die Rahmenbedingungen dafür setzen, dass es der Wohnungs- und Bauwirtschaft gelingt, Wohnraum zu schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist aber etwas anderes, als sich hier hinzustellen und zu sagen, der Senat baue oder baue nicht genug. Das ist absurd!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich habe das schon verstanden!)

Bei solchen Formulierungen muss man schon sehr sorgfältig sein, und mein Interesse ist, den Senat sozusagen zu bitten, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, um die anstehenden Aufgaben im Wohnungsmarkt vernünftig lösen zu können.

Bei den Zahlen, die jetzt diskutiert werden, ist es tatsächlich so, dass man sagen kann, wir werden in den nächsten fünf bis sechs Jahren 20 000 Bürger mehr haben. Ich habe das mit dem Stadtteil nicht gesagt, weil ich meine, man müsse nun einen Stadtteil für 20 000 Flüchtlinge bauen, sondern einfach, um die Dimensionen und die Größenordnung zu verdeutlichen; damit dort kein Missverständnis entsteht!

Natürlich müssen wir in der Innenverdichtung fortfahren. Ich glaube nur, dass wir am Ende des Tages ehrlicherweise sagen müssen, dass es nicht reichen wird, und dann müssen wir nach Alternativen schauen. Innenverdichtung ja, aber eben nicht dabei stehen bleiben, denn das wird den Anforderungen nicht gerecht!

Dann sage ich noch einmal etwas zum Jugendhilfesystem! Wir haben unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, und ob es nun 700 oder 800 sind, ist mir auch relativ egal, denn die Zahl ist extrem hoch. Das Jugendhilfesystem ist am kämpfen, dem gerecht zu werden. Wir müssen jedem minderjährigen Jugendlichen, der nach Bremen kommt, einen Vormund stellen. Wir müssen das ganze Jugendhilfeprogramm, das es für normale Kinder und Jugendliche in Bremen gibt, eben auch für diese Flüchtlinge akquirieren, und das ist eine ganz schwierige Aufgabe, da stoßen wir an Grenzen.

Deswegen finde ich es gut, dass sich die Länder darüber verständigen, ob sie die Verteilung der Jugendlichen in dieser Republik über einen Verteilungsschlüssel ähnlich wie beim Königsteiner Schlüssel or

ganisieren und ob auch die Länder, die zurzeit fast gar keine minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge haben, nicht doch mehr in die Verantwortung genommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt, auch das will ich an dieser Stelle nicht verheimlichen, würde ich mir wünschen, dass sich der Bund, was die Unterstützung der Länder und Kommunen betrifft, bei der Bewältigung der Aufgaben, die ihnen durch die Flüchtlinge entstehen, mehr in die Verantwortung begibt.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass wir auch daran hartnäckig arbeiten müssen. Das Bundesland Bremen – und dabei muss ich auch nicht über den Haushalt sprechen, das kennt hier jeder! – kann dies aus eigener Kraft nur ganz schwer bis gar nicht schaffen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohammadzadeh.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern einige Aspekte ansprechen und auch auf die Frage von Frau Vogt eingehen. Auch ich möchte für die Grünen zum Ausdruck bringen, dass das Thema unbegleitete minderjährige Flüchtlinge weiterhin eine Herausforderung bleibt, wenn man sich die Zahlen anschaut. Im Dezember kamen 80 von ihnen hier an, und im Januar und Februar ging es so weiter.

Wie auch Herr Möhle es gerade gesagt hat, glaube auch ich, dass es nur diese zwei Möglichkeiten gibt: Dass wir versuchen, in Bremen eine Erstaufnahmeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf den Weg zu bringen, ist schon die richtige Richtung, damit diese Mischung, die es in der zentralen Aufnahmestelle gibt, bald auch ein Ende hat. Ich hoffe, dass ab Ende April – zumindest ist es so vorgesehen – die erwachsenen Flüchtlinge und die Familien dann in der Alfred-Faust-Straße ankommen und nicht mehr in der Steinsetzerstraße. Das ist ein Weg, den wir gehen müssen.

Der zweite Aspekt ist natürlich ist die gerechte Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel, unter der Bedingung, dass es natürlich an das Jugendhilfegesetz gebunden ist. Ich glaube, einen anderen Ausweg gibt es nicht.

Ich finde, aus der Beantwortung der Großen Anfrage geht hervor, dass der Senat auch gezielt auf eine

breite Basis für die Probleme und überhaupt die Flüchtlingsversorgung setzt. Bisher sind wir mit diesen Fragen in fast jeder Sitzung der Bürgerschaft und der Innendeputation beschäftigt. Ich denke, es wird auch weiterhin so sein, dass sich die Situation in Zukunft nicht so schnell erholen oder verbessern wird, davon sollten wir ausgehen.

Es ist ja schon lange bekannt, dass wir in den zentralen Aufnahmestellen an die Grenzen unserer Möglichkeiten stoßen, und deshalb haben wir uns auch auf den Weg gemacht, neue Unterkünfte wie die in der Alfred-Faust-Straße einzurichten. Ich möchte aber auch ansprechen, dass in der nächsten Woche, soweit ich weiß, einige Flüchtlinge in die Halle 4 und Halle 6 einziehen werden, das ist eine neue Stufe der Unterbringung. Wir sind uns bewusst, dass das eine neue Situation ist, aber wir wollen Flüchtlinge in Bremen aufnehmen und auch versuchen, so weit wie möglich für die Integration zu sorgen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Also, wir müssen Plätze schaffen, und das tun wir, dieser Verantwortung kommen wir nach.

Zur Gesundheitsversorgung möchte ich sagen – ich beziehe mich hierbei auf Beantwortung der Fragen 29 und 30 –, dass die ärztliche Versorgung in den Unterkünften nicht zufällig ist, Frau Vogt, sie ist nicht willkürlich, indem man sich sozusagen irgendwo eine Unterkunft aussucht und dann Ärzte dorthin schickt. Nein, dafür gibt es Kriterien, und dazu zählen die Größe der Unterkunft und die Belegung, und natürlich ist es entscheidend, ob es eine Erstunterkunft ist, in der die Menschen noch keine Gesundheitskarte, also keinen Zugang zu einer ärztlichen Versorgung haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das heißt, diese Frage ist auch beantwortet, es gibt dort keine Zufälligkeiten, ich finde, das ist ganz wichtig.

Wir hätten gern vielmehr Unterkünfte mit ärztlicher Versorgung, zumindest ist es das Konzept des Gesundheitsprogramms, aber wir haben das Problem, dass wir die vom Sozialressort geschaffenen offenen ärztlichen Stellen noch nicht besetzen können. Wenn Sie Ärzte kennen, die bereit sind, die Gesundheitsversorgung der zu übernehmen, stehen wir dem sehr offen gegenüber, darüber freue ich mich und laufe diesen Ärzten hinterher und versuche, sie für diese Zielgruppe zu gewinnen! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Golasowski.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es fällt mir nicht schwer, heute Frau Senatorin Stahmann und meinen Kollegen Herrn Frehe zu vertreten. Aus den Redebeiträgen ist bereits deutlich geworden, dass die Schaffung von Unterkünften und Wohnraum für Flüchtlinge ein Thema vieler Ressorts ist, um nicht zu sagen aller Ressorts, und das Bauressort ist natürlich genauso daran beteiligt. Wir sitzen sehr regelmäßig, sehr häufig und sehr intensiv zusammen, um die Herausforderungen zu meistern.

Ich möchte das, was ich Ihnen mitteilen möchte, in zwei Teile unterteilen; zum einen gebe ich Ihnen ein Update über das, was in diesem Monat bereits geschehen ist, und zum anderen mache ich einige allgemeine Ausführungen.

In den letzten Wochen sind erhebliche Anstrengungen unternommen worden, um weitere Plätze für Flüchtlinge zu schaffen. Es liegen Beschlüsse von Beiräten vor, und es werden jetzt entsprechend Plätze eingerichtet. Hier nur die Beschlüsse vom März dieses Jahres: In Hemelingen 170 Plätze durch den Umbau eines Büro- und Verwaltungsgebäudes, in Walle können im ehemaligen Zollamtsgebäude bis zu 100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden, in Walle durch die Aufstockung auf 50 Plätze weitere minderjährige Flüchtlinge im Hostel Zollhaus, ebenfalls in Walle gibt es durch die Nutzung des geplanten Porthotels am Überseetor eine Unterbringungsmöglichkeit für rund 120 Flüchtlinge sowie durch die Erweiterung des Übergangswohnheims Überseetor um einen Modulbau für 60 Flüchtlinge. In Schwachhausen ist ein Vertrag unterzeichnet worden für den Umbau der Gabriel-Seidl-Straße für 70 Plätze; in Bremen-Mitte soll es 150 Plätze im Bundeswehrhochhaus geben.

Hinzu kommt, wie bereits auch schon geschehen, die Vermittlung von Wohnraum, bei der die Wohnungswirtschaft und viele Private helfen.

Von Januar 2015 bis März 2015 konnten bereits 268 Personen vermittelt werden. Parallel werden neue Standorte geprüft und realisiert, um die 4 000 bis möglicherweise 5 000 Flüchtlinge und 800 bis 1 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterzubringen, die in diesem Jahr in das Land beziehungsweise in die Stadt kommen dürften.

Wir befinden uns also gleichwohl in einer angespannten Situation. Im Januar sind 334 Asylbewerberinnen und -bewerber nach Bremen gekommen, im Februar waren es 327, der Zustrom bricht also nicht ab. Wenn wir die Zahlen hochrechnen und dabei berücksichtigen, dass die Zugangszahlen in den Wintermonaten immer vergleichsweise niedrig sind, dann müssen wir mindestens mit 4 000, vielleicht aber auch mit 5 000 Flüchtlingen im Jahr 2015 rechnen, hinzu kommen 800 bis 1 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Das stellt Bremen vor große Herausforderungen. An erster Stelle steht dabei natürlich, ausreichend Unterkünfte zu schaffen. Bisher haben wir es geschafft, die Unterbringung mit guten Standards umzusetzen. Es gibt in Bremen keine Großeinrichtung mit 1 000 Plätzen wie anderenorts, es gibt keine Unterkünfte, in denen die Menschen ohne fachliche Unterstützung und nur mit einem Wachdienst untergebracht sind.

In den vergangenen zwei Jahren haben wir gemeinsam Folgendes bewirkt: Für rund 1 400 Flüchtlinge wurden Wohnungen gefunden, rund 1 000 zusätzliche Plätze in Übergangswohnheimen wurden geschaffen. Im Jahr 2012 hatten wir nur drei Übergangswohnheime, Ende des Jahres 2015 werden es 30 sein. Im Jahr 2015 sind rund 1 500 Plätze in der Umsetzung beziehungsweise in Planung.

Wir kommen natürlich langsam auch an Grenzen, ab Montag werden Flüchtlinge in den Messehallen untergebracht. Auch wenn wir über Trennwände versuchen, etwas Privatsphäre herzustellen, ist diese Form der Unterbringung nicht das, was wir uns eigentlich vorstellen. Wir müssen also alles daransetzen, dass wir ausreichend Plätze in den Übergangswohnheimen schaffen können, dies ist der erste Ort des wirklichen Ankommens in Bremen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch im Namen der zuständigen Senatorin allen Ehrenamtlichen vor Ort danken, die sich um die Integration der Flüchtlinge kümmern, Kleiderkammern einrichten, Deutschunterricht geben, Patenschaften übernehmen und Kinderbetreuung anbieten. (Beifall)

In diesem Jahr haben die Ortsbeiräte insgesamt bereits 1 000 neuen Plätzen in Übergangswohnheimen zugestimmt, ich habe das aufgelistet, die Übergangswohnheime werden im Laufe dieses und des nächsten Jahres entstehen. Sie verteilen sich über die ganze Stadt, wobei es uns allerdings noch nicht im gewünschten Ausmaß gelingt, in allen Ortsteilen gleichermaßen Plätze zu schaffen. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch im Namen der zuständigen Senatorin bei den Ortsbeiräten herzlich bedanken, die diesen Prozess sehr konstruktiv begleiten.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)