Wir brauchen jährlich sicher mehr als 2 000 neue Wohnungen in Bremen – wie viele, weiß ich nicht genau, das können die Baupolitiker vielleicht ausrechnen! –,
Das kann nicht allein durch Innenverdichtung gelingen. Es ist zudem über alle Bautätigkeiten hinaus durchaus sinnvoll – und da bewegt sich ja auch etwas –, möglichst viele private Vermieter durch Zusagen auf Unterstützung davon zu überzeugen, ihren freien Wohnraum zur Miete anzubieten, anstatt ihn leer stehen zu lassen.
Auf all die anderen Themen, die die LINKE in der Anfrage abfragt, kann und will ich an dieser Stelle
nicht eingehen. Es ist ja kein Geheimnis, dass es in quasi allen Bereichen mit der Umsetzung doch ziemlich hapert. Das ist bei der Unterbringung so, bei der Beschulung und auch bei der Betreuung der Flüchtlinge in einer eigenen Wohnung, das hat Herr Möhle eben auch angesprochen. Die Systeme und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind am Rande der Erschöpfung. Fast täglich ändern sich zudem die Bedarfe durch die stetig steigenden Zugangszahlen.
Wir halten es jedoch nach wie vor für dringend geboten, schutzbedürftige Flüchtlinge mit einem gesicherten Status, ob mit Familie, als Single oder minderjährig einreisend, von Anfang an gut zu integrieren. Sie werden meistens lange, viele sogar für immer bei uns bleiben. Der Bremer Senat aber hinkt mit der Integrationsarbeit den Erfordernissen ständig hinterher. Auf dem Papier werden zwar immer wieder hehre Ziele formuliert. Das allein reicht aber nicht, die Umsetzung muss das auch widerspiegeln.
Allen politischen Unzulänglichkeiten zum Trotz geht der größte Teil der Bremer Bevölkerung offen und motiviert auf die Flüchtlinge zu. Das gibt ihnen wiederum das gute Gefühl, willkommen zu sein, und das sorgt für ein gutes Miteinander in unserer Stadt. Ich hoffe, dass das lange so bleibt. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die prekäre Lage von Angehörigen nationaler Minderheiten in Südeuropa und auch im Bürgerkrieg in Syrien sowie zahlreiche weitere bewaffnete Kämpfe und auch Menschenrechtsverletzungen in aller Welt verursachen diese Entwicklung und lassen die Flüchtlingszahlen weiter steigen. Die Bundesrepublik Deutschland, aber auch Bremen und Bremerhaven und viele andere Städte waren auf diese Entwicklung nur unzureichend vorbereitet, aber sie war auch nicht vorhersehbar. Die zuständigen Ressorts befassen sich kontinuierlich mit diesem Thema, mit dieser Situation, und die Statistik in dieser Großen Anfrage zeigt, finde ich, auch nur Tendenzen auf und sollte auch ständig angepasst werden, damit wir auch mit diesen Entwicklungen Schritt halten.
Gerade jetzt bewahrheitet sich – das hat auch Frau Vogt angesprochen, wie wichtig und notwendig es war, gleich zu Beginn der Legislaturperiode dafür einzutreten, dass die Flüchtlinge nach drei Monaten dezentral untergebracht werden und in eigene Wohnungen ziehen dürfen. Wir schaffen das nicht bei je
Es ist richtig, nicht nur deshalb, weil wir diese Plätze in den Übergangswohnheimen brauchen, denn alle Erfahrungen belegen, dass die dezentrale Unterbringung auch sehr wichtig für eine erfolgreiche soziale Teilhabe ist. Das ist die Grundvoraussetzung für die Integration von Anfang an.
Ich möchte Ihnen eine Zahl nennen: Seit dem Jahr 2011 sind 2 000 Flüchtlinge aus den Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen eingezogen, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Darüber freue ich mich.
Man muss aber sagen, die Kostenanalysen zeigen, dass die Vermittlung in eigene Wohnungen die öffentlichen Kassen auf lange Sicht spürbar entlastet, zudem entschärft sie auch Konflikte sowohl unter den Flüchtlingen als auch zwischen Flüchtlingen und der einheimischen Bevölkerung. Die dezentrale Unterbringung wirkt sich also signifikant auf die psychosoziale Lage der Betroffenen aus und erleichtert damit auch die Gesundheitsversorgung, sie hat Auswirkungen auf alle Altersgruppen, insbesondere auf Kinder und Jugendliche.
Da wir diese Zusammenhänge auch frühzeitig erkannt haben, haben wir auch ein Beratungssystem aufgebaut und eingesetzt, das auch den Zugang zu geeigneten Wohnungen ermöglichen soll. Ich bin davon überzeugt, dass das Sozialressort die kontinuierlichen Anpassungen, von denen ich gesprochen habe, gerade in diesem Bereich immer besser bewältigen wird.
Unsere Instrumente und unsere Kompetenz für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen von Anfang an wachsen mit den Herausforderungen, und das müssen sie auch.
Mit großem Interesse habe ich aus den Antworten zu dieser Großen Anfrage zur Kenntnis genommen, dass fast ein Drittel der zunächst aufgenommenen Flüchtlinge – 312 Personen in der Steinsetzerstraße – diese Unterkunft nicht benötigen, sie werden bei Verwandten und Freunden aufgenommen. Das entlastet die Situation in der ZASt erheblich, und ich finde, das zeigt darüber hinaus auch – das findet wenig Aufmerksamkeit –, welche Vernetzungsmöglichkeiten auch in Communities selbst bestehen.
Ebenso freue ich mich, dass auch wir flexibel auf die Belegungssituation reagieren. Der Stellenschlüssel für die Betreuungsleistung in der Erstaufnahmestelle in der Steinsetzerstraße lag lange bei 2,5 je 100 Flüchtlingen. Darauf wurde reagiert, er wurde auf 4 Stellen je 100 Plätze erhöht.
Ich möchte auch anregen, bei dieser Vielfalt der Unterkünfte, die wir haben, über eine Unterkunft nur für Frauen nachzudenken.
In den Neunzigerjahren gab es eine Unterkunft für Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ich denke, daran sollten wir auch anknüpfen, um Frauen, die Gewalt, sexuelle Gewalt und Vergewaltigung im Krieg erlebt haben, auch einen besonderen Schutzraum geben zu können.
Wir freuen uns über die Information aus Bremerhaven, ich bekomme davon wenig mit, aber inzwischen weiß ich, dass wir dort zwei Unterkünfte mit 50 beziehungsweise 60 Plätzen haben. Mit Blick auf Bremerhaven halte ich es jedoch für problematisch, dass es dort kein Gesundheitsprogramm vor Ort gibt und bisher auch keine Einrichtung für traumatisierte Flüchtlinge eingerichtet wurde. Ich weiß, dass zurzeit Gespräche mit REFUGIO Bremen geführt werden, und darauf freue ich mich, das werden wir natürlich unterstützen.
Ich möchte am Ende meiner Rede unmissverständlich zum Ausdruck bringen, ich finde es gut, dass Bremen an seiner Auffassung festhält, dass Wertgutscheine menschenunwürdig sind und wir trotz einer abträglichen bundesrechtlichen Situation am Bargeld festhalten. Ich begrüße die Positionierung des Bremer Senats sehr, dass er sich weiterhin für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes einsetzt. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Grönert, ich habe nicht verstanden, warum Sie kritisieren, dass wir eine Große Anfrage stellen. Wenn es um Unterbringung geht, geht es auch immer darum, wie es danach weitergeht hinsichtlich Kita, Schule und sozialer Betreuung.
Es geht mir auch nicht darum, hier in zwei Mal fünf Minuten alles zu debattieren, sondern es geht mir darum, eine Grundlage zu haben, auf der wir weiter debattieren können, wie es in der Zukunft weitergeht. Ich habe ja auch eben gesagt, dass diese Anfrage sehr ausführlich beantwortet wurde, auch wenn sich aktuell seit der Beantwortung schon wieder einiges geändert hat, aber das liegt in der Natur der Sache, Frau Grönert.
Ich habe eben gesagt, ich möchte hier einmal die Reise der Flüchtlinge durch die Systeme darstellen. Sie kommen zunächst in einer Erstaufnahmestelle an, wir haben demnächst eine zweite in der Alfred-FaustStraße, das ist gut. Wir haben jetzt auch im Beirat Walle den Beschluss gefasst, dass es dort eine Erstaufnahmestelle für jugendliche Flüchtlinge geben soll. Wir haben in der Beiratsfraktion überlegt, wie wir damit umgehen, und sämtlichen Beschlüssen im Beirat Walle zugestimmt. Ich möchte hier trotzdem anmerken, dass wir eine vorübergehende Erstaufnahme für 100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom pädagogischen Ansatz her für zu groß halten und hoffen, dass es wirklich bei einer Übergangslösung bleibt und dies keine Dauereinrichtung wird,
weil wir nach den fachlichen Standards natürlich schon gerade bei der Erstaufnahme für unbegleitete minderjährige Jugendliche kleinere Einrichtungen brauchen. Wir haben dem dennoch zugestimmt, weil wir wissen, die Not ist groß, und wir wissen, dass die Jugendlichen sind zumindest besser aufgehoben dort als in der ZASt in der Steinsetzerstraße.
Nach Ablauf der Wohnpflicht können Flüchtlinge in Wohnungen ziehen, das gelang im letzten Jahr trotz des Wohnungsmangels immerhin fast 1 000 Flüchtlingen, das ist zu begrüßen. Die meisten Flüchtlinge finden aber nicht sofort eine Wohnung, sie bleiben dann länger in den Sammelunterkünften, für sie gibt es dann Unterkünfte in Immobilien, in Containern und im Moment auch wieder in Turnhallen. Natürlich ist es in Turnhallen so – das wissen wir alle –, dass es dort keine Privatsphäre gibt, und die Container sind auch für Familien manchmal zu klein. Deswegen denke ich, dass der von uns hier gefasste Beschluss, möglichst schnell Wohnungen für Flüchtlinge zu suchen, absolut sinnvoll ist.
Ich komme auf einen Punkt, den wir auch mit abgefragt haben – vielleicht wird dann auch ein bisschen klarer, warum wir so umfangreiche Fragen gestellt haben –, nämlich die ärztliche Versorgung in
den Sammelunterkünften. Wenn man sich das anschaut, dann sieht man, dass es in manchen Sammelunterkünften eine ärztliche Sprechstunde gibt, in anderen Unterkünften nicht, das ist dann also ein bisschen vom Zufall abhängig, in welcher Einrichtung man untergebracht ist. In der Vahr kommt auf 90 Plätze pro Woche eine Sprechstunde von 1,5 Stunden, und in den Containersiedlungen in der Steingutstraße am Überseetor, an der Andernacher Straße, gibt es diese ärztliche Sprechstunde nicht. Ich denke, da muss man noch einmal nachbessern.
Ich denke auch, dass man nicht endlos Gebäude umnutzen kann, wie jetzt zum Beispiel das Bundeswehrhochhaus. Irgendwann ist damit Schluss, und damit komme ich auf den Redebeitrag des Kollegen Möhle. Ich denke auch, dass wir tatsächlich ein SofortBauprogramm brauchen, nicht nur für Flüchtlinge, sondern insgesamt, weil wir wissen, dass es im niedrigen- oder mittleren Preissegment ein Problem auf dem Wohnungsmarkt gibt. Ich denke auch, es ist richtig zu überlegen, wie wir es schaffen wollen, dass nicht wieder die Stadtteile die Integrationsleistung übernehmen, die es sowieso schon in den letzten 30 Jahren gemacht haben.
Ich muss einmal sagen, ich fand es schon ganz enorm, dass Walle einen einstimmigen Beschluss für 450 zusätzliche Plätze gefasst hat, obwohl es dort schon 120 gibt,
und die Menschen im Saal Beifall geklatscht haben, als der Beschluss gefasst wurde. Ich muss ganz ehrlich sagen, da habe ich andere Diskussionen in anderen Stadtteilen erlebt, bei denen sich die Menschen über 35 Plätze aufgeregt haben. Denen rate ich wirklich, sich einmal eine Beiratssitzung in Walle oder Gröpelingen anzuschauen, um zu sehen, wie die Menschen dort mit der Situation umgehen, obwohl nur durch normale Zuwanderung an den Schulen, zum Beispiel in Gröpelingen, schon 80 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund haben. Diese Ressentiments hat man dort nicht, und ich finde das sehr positiv.
(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. P o h l - m a n n [SPD]: Das ist die Stärke des Bre- mer Westens!)
Trotzdem, auch das ist klar – das ist eine Lehre, die wir aus den Neunzigerjahren ziehen müssen –, müssen wir schauen, dass wir die Flüchtlinge nicht in bestimmten Stadtteilen konzentrieren, und wenn man die Zahlen hochrechnet, würden sie fast einen ganzen Stadtteil stellen. Das ist eine gewaltige Aufgabe. Ich denke, wir brauchen deswegen tatsächlich ein Bauprogramm, weil wir sonst nicht mehr weiterkommen
und die Suche auf dem Wohnungsmarkt insgesamt angespannter wird, nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Menschen, die sonst auch auf günstigen Wohnraum angewiesen sind.