Zurück zum Punkt der Zwangsprostitution! Es ist im letzten Jahr auch dazu etwas vorgelegt worden. Die Bundesrepublik hätte schon im Jahr 2011 eine Richtlinie der EU umgesetzt haben müssen, um den Opfern von Zwangsprostitution und Menschenhandel zu helfen, aber es ist nichts passiert!
Es ist nichts passiert, und das Schlimme daran war, dass in der Debatte noch gesagt worden ist, für die Opfer könne nichts getan werden, weil es zu kurzfristig gewesen ist. Das war wirklich ein Schlag ins Gesicht dieser Frauen.
Jetzt in Ihrem Antrag den Koalitionsvertrag so hervorzuheben und zu sagen, wir machen jetzt etwas, was Sie eigentlich schon seit Langem hätten tun müssen, als hätten Sie gerade den Gral gefunden, das finde ich ein bisschen beschämend.
Wenn Sie sich bei dem Thema jetzt aus dem Sessel bewegen, dann bin ich zufrieden, und ich schaue, was vorgelegt wird, wunderbar!
Jetzt komme ich zu den Punkten, die Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, es sind ja nur noch zwei Punkte. Der eine Punkt ist die Kondompflicht, die ja auch bundesweit diskutiert wird und nichts Neues ist. Es läuft gerade eine aktuelle Abfrage unter den Bundesländern, wie sie dazu stehen. Ich kann Ihnen nur sagen, wir Grünen sind nach reiflicher Debatte dagegen, und ich werde Ihnen auch erklären, warum: Wenn man eine solche Pflicht daraus macht, dann muss man deren Einhaltung auch kontrollieren, das ist klar, und wenn Sie mir sagen, wie Sie das machen wollen, dann wäre ich sehr interessiert daran. Ich habe vom Saarland erfahren, dort ist noch nicht klar, wie das kontrolliert werden soll, und besonders beschämend finde ich, dass in Bayern Freier in Bordelle geschickt werden, die Sex ohne Kondom verlangen und die Frauen dann bestraft werden. Das finde ich nicht richtig, und das ist auch nicht unsere Zielsetzung.
Sie begründen die Kondompflicht dann mit sexuell übertragbaren Infektionen und Krankheiten. Wenn Sie sich die Berichte der letzten Jahre der Gesundheitsämter beider Städte anschauen, dann sehen Sie, dass es in dem Bereich keine signifikante Steigerung gegeben hat. Auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage, die gerade vor zwei Tagen von der Bundesregierung veröffentlicht wurde, steht, dass die Zahl der Infektionen bei den Prostituierten nicht signifikant über der der allgemeinen Bevölkerung liegt. Aus diesem Grund ist dies also nicht der richtige Weg.
Zu den Zahlen der ungewollten Schwangerschaften im Land Bremen finden Sie Aussagen in den Berichten der Gesundheitsämter, auch dazu, warum es sie gibt.
Ich komme gleich zum Schluss. Diese Frauen, die oft ungewollt schwanger werden, werden es meistens von ihren Zuhältern, die sich das Recht herausnehmen, immer und ungeschützt sexuellen Verkehr ohne Kondom zu haben. Das wird so aufgeschrieben und seit Langem von denjenigen so erzählt, die im Gesundheitsamt tätig sind.
Wie gesagt, alle Bundesländer haben jetzt zugeliefert. Legen Sie die Eckpunkte für eine Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes vor und – das ist uns besonders wichtig – sorgen Sie dafür, dass es ein Bleiberecht für die Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution gibt, die aussagen wollen, damit sie endlich auch einen sicheren Weg haben, hier bleiben zu können, wenn ihnen schon so etwas widerfährt! – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn eine Feststellung, gerade wenn man hier Alice Schwarzer zitiert, finde ich das wichtig: Niemand hat definitiv belastbare Zahlen zu den Anteilen, wie viel freiwillige Prostitution und wie viel Zwangsprostitution stattfindet, und vor allem auch nicht dazu, was sich im Feld dazwischen befindet, niemand!
Wir kommen überhaupt keinen Schritt weiter, wenn hier immer ein Bild bemüht wird, als wüsste es Alice Schwarzer, wenn sie sagt, überwiegend wäre es so herum, und die anderen sagen, überwiegend wäre es so herum.
Es gibt im Antrag der CDU einiges, was man so nicht stehen lassen kann. Es ist nämlich richtig, dass
die Zahl der Sexarbeiterinnen in Bremen, die ein Gewerbe angemeldet haben, nach wie vor relativ niedrig ist, das stimmt. Das heißt aber nicht automatisch, dass alle, die keines angemeldet haben, im nicht freiwilligen Bereich arbeiten. Das bedeutet auch keineswegs, dass nur ein verschwindend geringer Anteil der Sexarbeiterinnen vom Gesetz aus dem Jahr 2002 profitieren würde. Das Prostitutionsgesetz – das finde ich schon wichtig, auch meine Vorrednerin hat darauf hingewiesen – hat ein anderes Kapitel aufgeschlagen. In der Folge und hinsichtlich der Umsetzung – darüber kann man natürlich streiten – ist es reformbedürftig, und ich glaube nicht, dass wir in dem Punkt einen Dissens haben,
Nun müssen wir uns einmal ansehen, was wir jetzt am besten machen, weil ja eine ganze Zeit vergangen ist. Auch der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung im April hinter diese Position gestellt zu sagen, wie es denn mit dieser grundsätzlichen Weichenstellung aussieht. Es heißt: „Der Bundesrat begrüßt den mit dem Prostitutionsgesetz im Strafrecht eingeleiteten Paradigmenwechsel vom Schutz vor der Prostitution zum Schutz in der Prostitution. Dieser entspricht der strafrechtlichen Systematik, die den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung in den Mittelpunkt stellt.“ Diesen grundlegenden Standard wollen wir nicht aufweichen, zumindest die SPD hat sich in der Großen Koalition im Übrigen von einer Heraufsetzung der Altersgrenze distanziert und erklärt, dass es den Betroffenen nichts nützt. Ich finde, das ist durchaus erwähnenswert und eine richtige Haltung.
Die überfällige Klärung ist, wie wir mit den Prostitutionsstätten orientiert an den Fragen zur Erlaubnispflicht, der Kontrolle und Rechtssicherheit umgehen. Die Einführung einer generellen Erlaubnispflicht ist umstritten, weil zum Teil eben auch die Befürchtung besteht, dass eine solche Regelung vor Ort extrem restriktiv ausgelegt wird. Diese Befürchtung muss man auch ernst nehmen. Ebenso muss man die Befürchtung ernst nehmen, dass es, womöglich durch die Polizei, jederzeit Kontrollen ohne Anlass gibt.
Ich finde, wir können uns auf gar keinen Fall auf den Standpunkt stellen, dass nicht kontrolliert werden soll, das sehe ich auch so.
Wir müssen uns aber überlegen, wer es wo vor welchem Hintergrund macht und wie die Kriterien aussehen, und deshalb ist das nichts, was man überstürzen sollte.
Die Einführung einer Kondompflicht zielt ja genau darauf ab, beliebige Anlässe für Kontrollen zu schaf
fen. Hier wurde völlig zu Recht angesprochen, wie es denn kontrolliert werden soll, ob es Lockfreier geben soll, wer dann Schuld hat und wer letztendlich die Strafe bekommt und so weiter. Das heißt also, diese Überlegung ist nicht zu Ende gedacht und deswegen zu Recht umstritten.
Mich ärgert es auch, dass in dem Antrag der CDU die eigentlichen Probleme ja überhaupt nicht vorkommen, und das sind die notwendigen Änderungen im Aufenthaltsrecht.
Aber warum kommt es dann nicht vor? Es wird praktisch nie als prioritär eingestuft. Der Bundesrat, und das finde ich gut, spricht sich an der Stelle klar dafür aus, den Frauen ein Aufenthaltsrecht einzuräumen, und zwar unabhängig davon, ob sie als Zeuge aussagen wollen oder nicht, dazu gehören auch die Nachzugsrechte für Kinder, es hängt ja eine ganze Menge daran, Arbeitserlaubnis und so weiter. Wir haben uns ja nicht umsonst schon sehr intensiv mit dieser ganzen Problematik auseinandergesetzt, und das sind Arten von Maßnahmen, die dringend notwendig sind.
Eine restriktive Migrationspolitik ist der entscheidende Nährboden für die Ausbeutung in der Prostitution, und das ist nicht nur in der Bundesrepublik so. Wer hier gegen die Ausbeutung vorgehen will, der muss sich auch für solche Maßnahmen einsetzen und nicht dauernd die Sanktions- und Kontrollebene betonen.
Auch die gesamte Palette von Ausstiegsmöglichkeiten ist doch wichtig, Frauen müssen ja Alternativen haben. Sie müssen doch irgendwohin gehen und sagen können, wenn ich eine Wahlfreiheit habe, mich zu ernähren, dann würde ich das für mein Leben eben anders gestalten, aber dafür muss es diese Angebote geben, und das bedeutet Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, Qualifizierung, Arbeitsplätze und entsprechend existenzsichernde Bezahlung.
Damit müssen wir uns auseinandersetzen, und da kann ich hier auf der gesamten Linie leider nur feststellen: Fehlanzeige! Die Stärkung eines gesicherten Zugangs zu Gesundheitsdienstleistungen zum Beispiel wäre auch eine schöne Forderung. Auch nicht vorhanden!
So kommen wir aber hier nicht weiter, und deswegen beende ich jetzt meinen ersten Beitrag. – Vielen Dank!
(Abg. S c h i l d t [SPD]: Das war schon der zweite Versuch von dem Kollegen! – Abg. H i n n e r s [CDU]: Wir werden hier diskri- miniert!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Argumente sind ja von meinen Vorrednerinnen ausgetauscht worden. Frau Häsler, ich war doch sehr überrascht über Ihre Aussagen, die Sie hier jetzt unabhängig vom Antrag noch einmal getätigt haben. Wenn Sie sagen, heute würde der Prostitution nicht mehr so freiwillig nachgegangen, dann frage ich mich, was das für Erkenntnisse sind, die Sie dort haben, wie es früher war und wie es heute ist. Wenn Sie sagen, dass heute überwiegend Zwangsprostitution auf der Tagesordnung steht, dann kann ich wie meine Vorrednerin nur sagen, wir haben ein riesiges Dunkelfeld, wir wissen, dass es das gibt, wir alle verurteilen das, aber Zahlen haben wir leider nicht.
Wir haben mit einigen Mitgliedern des Gleichstellungsausschusses eine Reise nach Stockholm unternommen, wir haben uns auch mit der Situation dort vor Ort auseinandergesetzt, und nach meinem Empfinden – entschuldigen Sie, wenn ich das so sage – ist Ihr Antrag außerordentlich rückwärtsgewandt.
Ich hätte eher erwartet, dass Sie vielleicht das aufgreifen, was mittlerweile in Schweden und in Frankreich umgesetzt wird und worüber andere Länder nachdenken, nämlich den Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe zu stellen. Ich persönlich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe durchaus das eine oder andere Mal gedacht, ja, ich könnte mir das vorstellen, ich weiß aber – ich werde schon angeschaut –, dass das in meiner Fraktion erst einmal noch nicht mehrheitsfähig ist, ich weiß nicht, wie das in Ihrer Fraktion aussieht.