Protocol of the Session on June 18, 2014

Wenn ich mir das Instrument Existenzgründungsförderung anschaue – ein anderes Instrument, das hier angesprochen wurde –, haben wir dort in den vergangenen Jahren einen Frauenanteil zwischen 44 und 47 Prozent. Auch da würde ich im Ganzen sagen, dass das ein ordentliches Ergebnis ist.

Jetzt reden wir über die Investitionsförderung. Es ist richtig, die Grundlage bei der Investitionsförderung ist natürlich der GRW-Ansatz. Wenn man den GRW-Ansatz hat, dann hat man den Bezug auf bestimmte Branchen, die in der Positivliste genannt wor

den sind, und nur ausnahmsweise werden auch andere Bereiche einbezogen. Das ist dem Instrument geschuldet, das ist der Ansatz, deshalb haben wir da einen Anteil von 25 Prozent Frauenförderung. Natürlich kann man versuchen, darauf einzuwirken, und das tun wir auch.

Wenn man sich jetzt das Instrument der Bonusförderung anschaut – auch in anderen Bereichen haben wir Bonus- und Malusansätze, dann sind das Ansätze, die schon über das Vorhandende hinausgehen. Wir versuchen, darauf einzuwirken, denn ich finde, dass die Bundesregelung im Grunde noch zu wenig bewegt. Wir können darüber nachdenken, zum Beispiel die Boni anzuheben, das könnte man machen. Man könnte versuchen, diesen Fördereffekt zu verstärken und damit mehr zu bewegen, also den Anteil zu erhöhen. Das Grundproblem liegt aber darin, glaube ich, dass man auch die Strukturen ändern muss. In den Industrien, in den angesprochenen Bereichen muss man die Strukturen verändern, und man muss auch die Qualifikationen der Frauen, die auf den Arbeitsmarkt treten, verändern, das ist ein zentraler Punkt.

Ich glaube, auch beim Qualifikationsansatz, da bin ich wieder im Bereich des ESF, kommt es entscheidend darauf an, dass wir erst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen, auch im Bereich der Investitionsförderung einen höheren Frauenanteil zu erreichen. Das ist nicht das Hauptproblem der Investitionsförderung selbst, sondern der Voraussetzungen. Darauf müssen wir einwirken, und dazu müssen wir diese Mittel einsetzen.

Ich finde es vernünftig, dass man noch einmal darüber nachdenkt, aber man sollte die Förderbedingungen nicht so eng fassen, dass hinterher keine Investitionsförderung mehr stattfindet oder die Zahl der geförderten Arbeitsplätze drastisch zurückgeht. Damit würden wir die Wirtschaft in Bremen im Ganzen schädigen, das wäre ein ganz falsches Ergebnis.

Wir müssen schauen, wie wir auf die Voraussetzungen einwirken können, damit der Frauenanteil steigt. Das ist kein einfaches Vorhaben. Ich glaube auch, dass wir in der Wirtschaftsdeputation noch einmal genau die Förderkriterien und die Förderprogramme anschauen und sagen sollten, in dem Ziel sind wir uns einig. Wir müssen aber mit Augenmaß schauen, wie wir dieses Ziel auch auf vernünftige Weise erreichen können. Die isolierte Betrachtung ergibt noch kein automatisches Bild, um zu sagen, das ist ein untragbares Ergebnis. Es geht um die Voraussetzungen, die wir verändern müssen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache18/1409, auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD Kenntnis.

Wir treten jetzt in die Mittagspause bis 14.30 Uhr ein.

Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung 13.03 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Bevor wir die Tagesordnung fortsetzen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, bei Tagesordnungspunkt 43, es handelt sich um das Gesetz zur Änderung des Bremischen Reisekostengesetzes und anderer Vorschriften, auf eine Aussprache zu verzichten.

Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Schutz von Prostituierten nachhaltig verbessern!

Antrag der Fraktion der CDU vom 11. Juni 2014 (Neufassung der Drucksache 18/1341 vom 28. März 2014) (Drucksache 18/1431)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Häsler, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat von Alice Schwarzer aus diesem Jahr beginnen: „Nie war die Mehrheit der Prostituierten in Deutschland so isoliert und in der Illegalität wie heute!“ Genau diese Aussage bringt die Intention unseres heutigen Antrags auf den Punkt. Nach der Reformierung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 hat eine fatale Entwicklung in unserem Land hinsichtlich der Lage und Situation von Prostituierten stattgefunden. Nicht umsonst hat das Thema die Bürgerschaft während der letzten Jahre des Öfteren beschäftigt sowie expliziten Eingang in die Koalitionsverhandlungen und in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung gefunden.

Deutschland als europäische Drehscheibe des Frauenhandels! Deutschland als Paradies für ausländische

Sextouristen! Deutschland als Vorhölle für viele Prostituierte! Dies ist nur eine kleine Anzahl von Schlagsätzen, die die aktuelle Debatte um die Neuregelung des Prostitutionsgesetzes begleiten. Genau aus dieser traurigen und kaum erträglichen Wahrheit resultiert der zum Teil erneute Versuch, Sie davon zu überzeugen, so schnell wie möglich die inakzeptablen Missstände im Prostitutionswesen zu beseitigen und vor allem den vielen unfreiwilligen, zum Teil sogar minderjährigen Zwangsprostituierten effektiv zu helfen. Unser Antrag besteht mittlerweile aus zwei Komponenten, nachdem im Bundesrat bereits im vergangenen Monat ein wichtiger Antrag des Saarlands zur Reformierung des Prostitutionsgesetzes, zu dessen Zustimmung wir aufgerufen haben, behandelt worden ist.

Primärer Ausgangspunkt für unseren Antrag Anfang des Jahres war die Einführung einer Kondompflicht für Prostituierte und umfassenderer Kontrollmöglichkeiten von Prostitutionsstätten durch die Polizei im Saarland. Mittlerweile bestehen somit in mehreren Bundesländern eine Kondompflicht sowie umfassende Regelungen zum Betreten der Wohnungen durch die Polizei.

Aus einer Kleinen Anfrage der LINKEN aus dem Jahr 2011 geht hervor, dass sich der Senat bisher zumindest nicht negativ zu einer solchen Pflicht geäußert hat. Vielmehr betonen Sie als Regierungskoalition in einem Dringlichkeitsantrag aus dem Jahr 2013 die Relevanz des ständigen Vorhandenseins von Verhütungsmitteln in Prostitutionsstätten als Mindestanforderung an diese Betriebe. Auch auf Bundesebene sind sich SPD und CDU/CSU einig, dass wir dringend stärkere gesetzliche Kontrollmöglichkeiten von Prostitutionsstätten benötigen, um den unerträglichen Frauenhandel effektiver bekämpfen zu können.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, ich muss Ihnen an dieser Stelle nicht sagen, welche Gefahren der Risikoberuf Prostitution vor allem für die Gesundheit der Menschen mit sich bringt, und meines Erachtens gibt es auf der Welt kein sinnvolles nachvollziehbares Argument für den Verzicht auf dieses vor lebensbedrohlichen Krankheiten und ungewollten Schwangerschaften schützende Verhütungsmittel, das eine eventuell höhere Bezahlung seitens der Freier oder eine größere Auslastung rechtfertigen könnte.

Die Situation der Prostituierten hat sich massiv verschlechtert und ist heutzutage überwiegend von Zwangsprostitution, vor allem aus Osteuropa, sexueller Ausbeutung und Erniedrigung von Menschen gekennzeichnet. Allein aus dem gesunden Menschenverstand und der Kenntnis heraus, welche meine Fachkolleginnen und Fachkollegen hier mit Sicherheit haben, über die heutige Realität der Prostitution, die eben nicht mehr durch freiwillige, selbstbe

stimmte Prostitution ausgeübt wird, kann es kein sinnvolles Argument gegen eine Kondompflicht geben.

Gleiches gilt für den, ich glaube, inzwischen dritten Versuch der CDU-Fraktion seit dem Jahr 2010, die Kontrollmöglichkeiten von Bordellen und vor allem von Modellwohnungen, die sich überwiegend bewusst der Kontrolle des Staates entziehen wollen, entscheidend zu verbessern. Dabei fordern wir mit neuer Motivation aufgrund der Koalitionsvorhaben auf Bundesebene auch seitens der SPD erneut, das Betreten der Wohnung durch die Polizei zur Abwehr dringender Gefahren zu ermöglichen, wenn die Wohnung der Prostitution dient.

Wenn einem die Gesundheit der Prostituierten und deren Unversehrtheit, Menschenwürde, Selbstbestimmung sowie Unabhängigkeit und die Freiwilligkeit bei der Ausübung dieser Tätigkeit am Herzen liegen, kann man auch gegen diese Kontrollmöglichkeiten – das möchte ich explizit betonen – angesichts der traurigen Realität kein sinnvolles Argument mehr finden, geschweige denn, hier von einem Generalverdacht sprechen, wie es schon des Öfteren hier in den Debatten geschehen ist. Dieses Argument des Generalverdachts wird angesichts der unerträglichen Missstände und der massiven Zwangslagen des überwiegenden Teils der Frauen zur Farce.

Ja, dieser Antrag soll der Deregulierung der Prostitution Einhalt gebieten, dieser Antrag erhöht mit Sicherheit auch zum gewissen Teil die Fremdbestimmung über die Prostitution, und ich kann sehr gut nachvollziehen, wenn Prostituierte, die selbstbestimmt und freiwillig arbeiten, sich durch diesen Antrag angegriffen fühlen, doch wir müssen diese Reaktion angesichts der inakzeptablen und grausamen Ausbeutungsverhältnisse des überwiegenden Anteils der Prostituierten leider in Kauf nehmen, und ich wünschte, es wäre nicht so.

Natürlich ist der Antrag nur ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung, und ich erhoffe mir von der Neuregelung des Prostitutionsgesetzes auf Bundesebene die Einführung von entscheidenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels, der Zwangsprostitution und der sexuellen Ausbeutung von Frauen, wozu vor allem auch verbesserte Regelungen zum Aufenthaltsrecht ausländischer Prostituierten gehören. Trotzdem dürfen wir nicht mehr so tun, als ob diese unerträglichen Missstände im Prostitutionswesen –

(Glocke)

ich komme jetzt zum Schluss! – nicht existieren und es nur eine Welt von freiwilliger und selbstbestimmter Prostitution gibt.

Wir haben die politische Verantwortung, hier menschenwürdige Rahmenbedingungen zu schaffen und die Prostituierten so weit wie möglich in ihrer Selbstbestimmung und rechtlichen Position gegenüber Freiern und Bordellbetreibern zu stärken. Deshalb

bitte ich Sie von ganzem Herzen, diesem Antrag zuzustimmen! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beginnen wir zuerst mit den Übereinstimmungen! Erstens, wir haben eine Übereinstimmung darin, dass Menschenhandel und Zwangsprostitution Straftaten sind und wir alles dagegen tun müssen, diese zu verhindern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Zweitens, und darin sind wir uns auch einig, muss es eine Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes geben.

Ich möchte jetzt aber einmal Ihre Aussage „so schnell wie möglich“ ein wenig relativieren, Frau Häsler. Als das Prostitutionsgesetz im Jahr 2002 in Kraft getreten ist, war der vorrangige Gedanke, die Prostitution aus der Sittenwidrigkeit zu befreien. Es wurde auch immer so gesagt, dass das der erste Schritt ist. Deshalb war uns allen damals klar, dass eigentlich weitere Schritte hätten folgen müssen. Diese konnten wir aber nicht in das Gesetz aufnehmen, sonst hätte der Bundesrat zustimmen müssen. Wir hätten Ihre Stimmen nicht bekommen, und dann hätte es kein Prostitutionsgesetz gegeben.

Deshalb haben wir damals darin eine Evaluation mit aufgenommen, die im Jahr 2007 erfolgt ist. In dem Bericht sind genügend Maßnahmen aufgezählt worden, die umgesetzt werden müssen, um Bordelle und Prostitutionsstätten besser zu kontrollieren. Es war damals eigentlich schon alles vorbereitet, aber es ist bis dahin nichts passiert.

Wir haben dann auf Landesebene an einem Prostitutionsgesetz gearbeitet, das wissen Sie, diese Arbeit mussten wir einstellen. Jetzt kommt es ganz beschämend, kurz vor der Bundestagswahl im letzten Jahr ist ein schlechtes Gesetz auf den Weg gebracht worden, das von der Fachöffentlichkeit als ungenügend bezeichnet und zerrissen worden ist und das den Prosituierten wirklich nicht hilft!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN – Abg. K a s t e n - d i e k [CDU]: Erzählen Sie das dem Weih- nachtsmann! – Abg. F e c k e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Der würde das wahrscheinlich verstehen!)

Jetzt noch einmal zum Menschenhandel! Ich möchte Ihre Wortbeiträge hier vorn hören, aber nicht von dort

hinten! Ich habe Ihnen das gerade erzählt! Auf diese unsachlichen Beiträge gehe ich nicht ein!