Damit verbunden ist jetzt der Entwurf einer Änderung des Landesmindestlohngesetzes, eingereicht von SPD und Grünen. Diese Änderung streicht „in jedem zweiten Jahr“ zugunsten von „in jedem Jahr“. Das kann man durchaus machen, ändert jedoch nichts daran, dass die in der Rechtsverordnung festgelegte Anpassung des Mindestlohns im September 2013 nicht erfolgt ist. Ich kann das nicht anders verstehen, als dass die Anpassung faktisch in dem Jahr ausgefallen ist. Das bedeutet eine Nullrunde, und das lehnen wir ab. (Beifall bei der LINKEN)
Es ist ja nicht so, dass es seit der Geltung des Bremischen Mindestlohngesetzes keine Tarif- und Preisentwicklung gegeben hätte. Das wird auch nicht behauptet. Der Senat behauptet stattdessen, es habe eine Empfehlung gegeben, tatsächlich diese 2013-Runde ausfallen zu lassen. Ich kann mir nicht erklären, warum. Eventuell hängt es damit zusammen, wie die Große Koalition den Mindestlohn verhandelt hat, und es ist lange nicht so ausgefallen wie von der SPD prognostiziert. Wir haben eine Anpassung für einen gesetzlich flächendeckenden bundesweiten Mindestlohn frühestens am 1. Januar 2018. Das ist etwas, was man eigentlich nur noch als Slow Motion bezeichnen kann. Wir sind ja vollkommen im Zeitlupensystem dessen gelandet, was „Mindestlohn“ eigentlich heißt, und der Grundlage dafür.
Erstens. Wie sieht denn diese Begründung eigentlich aus? Warum orientieren wir uns jetzt an Niedersachsen? Wir könnten uns genauso gut an SchleswigHolstein orientieren; da liegt er bei 9,18 Euro. Aber es ist so, dass Niedersachsen zum 1. Januar 2014 8,50 Euro hat, und das gleichen wir sozusagen an.
Zweitens. Wozu brauchen wir denn eine eigene Mindestlohnkommission, wenn wir das mit Niedersachsen in Abgleich bringen? Das heißt letztendlich, dass wir uns an der niedersächsischen Landesmindestlohnkommission orientieren müssen.
Drittens. Ist das der Einstieg, um letztendlich, wie ich es schon ausgesprochen habe, mit dieser Slow Motion bezüglich des Mindestlohns – auf Bundesebene ist das ein sehr retardierendes Moment gewor
den – hier in Bremen sozusagen das Tempo herauszunehmen? Das würde bedeuten, dass ein Stück weit unser eigenes Vorhaben, das für Bremen gut gewesen ist – es war absolut positiv, das möchte ich hier auch noch einmal sagen, dass wir ein Landesmindestlohngesetz eingeführt haben – über all die Jahre auf 8,50 Euro – und das verstehe ich nicht – eingefroren ist.
Die Auseinandersetzung um den Mindestlohn führen wir rauf und runter, und die führen wir selbstverständlich auch bundesweit. Wir haben nicht nur das Problem, dass 8,50 Euro aus unserer Sicht – das hat DIE LINKE schon immer gesagt – weit von dem entfernt sind, was einigermaßen existenzsichernd wäre, sondern wir schaffen noch nicht einmal das, was wir 2012 festgelegt haben, nämlich die Anpassung vorzunehmen, dass diese 8,50 Euro nicht eingefroren bleiben. Das ist eigentlich unsäglich, und das können wir auf gar keinen Fall mitgehen.
Deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Zur Ehrlichkeit gehörte dazu, zumindest jetzt zu sagen: Wir haben die Anpassung 2013 nonchalant ausfallen lassen. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bernhard, das war eine ganz merkwürdige Nummer. Sie sagen, der Senat sei seiner Verpflichtung laut Mindestlohngesetz nicht nachgekommen. Da müssen Sie irgendetwas nicht richtig gelesen haben. Der Senat hat im September 2013 – vor Ihrem Antrag – über das Ergebnis der Tagung der Landesmindestlohnkommission entschieden. Die Landesmindestlohnkommission – das können Sie in der Vorlage für die Sitzung des Senats nachlesen – hat entschieden, keine Empfehlung herauszugeben, und hat ebenfalls als empfohlen, im Landesmindestlohngesetz auf einen jährlichen Rhythmus abzustellen, weil Niedersachsen gedenkt, ein Tariftreue und -vergabegesetz einzuführen. Das finde ich nachvollziehbar.
An dieser Stelle muss ich auch sagen: Wir sind nicht von Schleswig-Holstein umzingelt, wir sind nach wie vor von Niedersachsen umzingelt. Oder habe ich da irgendwo nicht aufgepasst? Insofern läuft an der Stelle auch dieser Hinweis von Ihnen völlig ins Leere.
Ich habe mir noch etwas notiert – ich wollte ja eigentlich ganz anders reden –, was mich richtig ärgert.
Sie sagen in der Tat: Der Senat macht hier eine Aussetzung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. – Das ist doch völliger Blödsinn! Die Landesmindestlohnkommission – übrigens besetzt aus Vertretern von Arbeitnehmern, Arbeitgebern und der Wissenschaft – hat festgestellt, dass sie zurzeit eine Erhöhung nicht für angemessen hält.
Wenn Sie allerdings Ihrem Antrag zugrunde legen, dass Sie grundsätzlich ohne Prüfung eine Steigerungsrate von jährlich 2 Prozent annehmen – das mag ja in Ihrer linken Ideologie und so, wie Sie bisher hier debattiert haben, folgerichtig sein –, wären wir im Jahr 2017 bei 9,40 Euro und bei 9,60 Euro in 2018. Sie schreiben danach, eigentlich seien 10 Euro sowieso angebracht. Ich weiß ja, dass Sie das fordern. Das haben Sie ja auf Plakaten in mehreren Wahlkämpfen besonders groß herausgestellt. Das mag ja richtig sein, aber Fakt ist doch, dass die Festlegung im Bremischen Landesmindestlohngesetz – –. Das ist übrigens immer noch das einzige in der Bundesrepublik. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, wie weit Bremen da ist, und allen Beteiligten dafür danken.
(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Wird mit je- dem Tag weniger wert! – Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Entspann dich mal!)
Wenn Sie die Verbindung herstellen wollen, dass es im Bund irgendeine Koalition gibt, die das erst 2017 und 2018 verbindlich einführen möchte, dann ist das falsch. Wenn Sie an dieser Stelle wiederholt den Eindruck erwecken wollen, unser Mindestlohngesetz sei nichts wert, dann ist auch dies falsch. Ich bin mir sicher, wenn die rot-grüne Regierung in diesem Lande kein Mindestlohngesetz gemacht hätte, würde es auch in der Großen Koalition keinen Mindestlohngesetzansatz geben. Da bin ich mir sicher.
Zum Schluss, um es noch einmal klar zu sagen – ich habe mir überlegt, was ich dieses Mal anderes zum Landesmindestlohngesetz sagen sollte, als ich es sonst gesagt habe –: Der Mindestlohn ist keine Fürsorgeleistung. Es geht dabei um eine faire Bezahlung und den Schutz vor Ausbeutung. Er ist schlicht die unterste Grenze für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Einflussbereich Bremens Arbeit leisten müssen oder dürfen; gesetzlich garantiert! Aus die Maus und mehr nicht!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Debatte über Mindestlohn wiederholt sich ja doch ein wenig aus unterschiedlichen Anlässen, aber immer wieder mit ähnlichen Argumenten. Das muss ja nicht unbedingt schlecht sein. Ich habe zumindest heute vernommen, Frau Bernhard, dass Sie das erste Mal das Landesmindestlohngesetz zumindest gelobt haben.
Natürlich ist alles das, was wir machen, aus Ihrer Sicht völlig unzureichend. So liest sich ja auch die Begründung Ihres Antrages. Ich will deswegen dazu ein paar Punkte sagen.
Frank Willmann hat zu Recht darauf hingewiesen: Wir haben als Erste in der Bundesrepublik das Landesmindestlohngesetz eingeführt, und wir sind nach wie vor als Koalition in Bremen stolz darauf, dass wir das gemacht haben.
Wir haben auch nie verhehlt, dass wir nicht alle Probleme damit lösen. Das haben wir nie verhehlt. Wir haben immer gesagt: Es gibt Probleme, die wir mit unseren begrenzten Möglichkeiten nicht lösen können. – Wir haben aber nach den Bundestagswahlen auch die bundesweite Entwicklung angeschoben; mit den Ergebnissen, wie sie im Koalitionsvertrag stehen. Das sind natürlich Ergebnisse aufgrund eines Wahlergebnisses, das wissen auch wir. Wir haben aber – Frau Bernhard, das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen – auch für diesen Mindestlohnkompromiss im Koalitionsvertrag der Großen Koalition das Lob der Gewerkschaften erhalten, das Lob der LINKEN nicht, völlig klar, aber das Lob der Gewerkschaften haben wir dafür erhalten – das will ich auch einmal feststellen –,
(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Das hat ja auch keiner gemacht! Sie werfen jetzt Dinge vor, die Ihnen niemand vorgeworfen hat!)
Das Bundesarbeitsministerium geht jetzt konsequent den richtigen Weg in den nötigen Schritten, und übrigens nicht, wie Sie in Ihrer Antragsbegründung schreiben, halbherzig, sondern mit der nötigen Ruhe in der Sache, ohne den üblichen Klamauk, der diese Debatte zumindest um die Jahreswende öffentlich noch begleitet hat, sondern mit einem richtigen Schritt, nämlich Branchendialoge zu machen, mit den Gewerkschaften und den Unternehmensverbänden darüber zu reden, wie der Mindestlohn aussehen muss, welche Konditionen zu erfüllen sind, welche Regelungen zu treffen sind, und über konkrete Ziele zu reden.
Es geht um den Mindestlohn, es geht um den Mindestlohn nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, wie er jetzt gerade aktuell für die Fleischindustrie auf der Basis eines Tarifvertrages verabredet worden ist, den die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten abgeschlossen hat; unter einem Niveau, das Sie wahrscheinlich für richtig halten. Da müssten Sie Ihr Verhältnis zu den Gewerkschaften gelegentlich auch noch einmal klären.
Dritte Komponente sind die Regelungen zur Allgemeinverbindlichkeit, die neu zu treffen sind! Dieser Dreiklang wird bundesweit dafür sorgen, dass in diesem Teil des Arbeitsmarktes wieder so etwas wie Ordnung einkehrt. Da bin ich ziemlich sicher. Dass wir damit einen wichtigen Anstoß geliefert haben, ist nach wie vor richtig und gut für dieses Land.
Was Bremen angeht, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, so finde ich es völlig richtig, dass wir bei der Systematik bleiben. Wir haben eine Landesmindestlohnkommission. Wir haben sie eingerichtet, weil wir nicht als Parlament, nicht als Senat diese Aufgabe denjenigen abnehmen wollen, die im Wirtschaftsleben dazu auch so etwas wie Kompetenz haben. Wir wollten in der Tat keinen von der Politik festgesetzten politischen Mindestlohn ohne Dialog mit den Sozialpartnern. Deswegen wollten wir die Landesmindestlohnkommission, deswegen haben wir sie. Wenn dann die Landesmindestlohnkommission sagt, wie im letzten Jahr: „Das ist gegenwärtig unser Stand, und wir empfehlen nicht“, dann nehmen wir das zur Kenntnis und respektieren das. Das sollte man dann auch tun, sonst muss man gar nicht erst eine Landesmindestlohnkommission einsetzen. Das wollten wir aber.
Die Landesmindestlohnkommission wird sich in der nächsten Zeit zusammensetzen müssen und wird sagen, was sie empfiehlt. Das ist ja auch in der Geset
zesbegründung, die wir hier heute vorliegen haben, nachzulesen. Ich hoffe und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die Landesmindestlohnkommission zu einer Entscheidung kommt, nämlich dazu, wie wir es gewollt haben, eine Empfehlung auszusprechen, wie es mit dem Bremischen Landesmindestlohngesetz, mit der Höhe des Bremischen Landesmindestlohns weitergehen soll. Ich würde der Landesmindestlohnkommission da keine Vorgaben machen, aber ich denke schon, sie muss das berücksichtigen, was sich in der Ökonomie wirklich tut. Dass eine Entwicklung dort aufgezeigt werden muss, halte ich für nötig und für richtig. Aber das soll und muss die Landesmindestlohnkommission empfehlen, und genau das halte ich für richtig.
Deswegen ist der Gesetzentwurf, den der Senat heute vorgelegt hat, aus meiner Sicht, aus unserer Sicht völlig richtig. Damit wird eine Entscheidungslücke geschlossen, damit wird die Entscheidung vernünftig vorbereitet. Wir bitten um Zustimmung zu dem Gesetzesentwurf, und wir bitten darum, dass der Antrag der LINKEN abgelehnt wird. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der viel geforderte Mindestlohn war zwar 2013 nicht das Wort des Jahres, aber die damit ausgezeichnete GroKo hat ihn zumindest zum Thema des Jahres und zum großen SPDKnackpunkt der Berliner Koalitionsverhandlung gemacht. Sie hat ihn bekommen als ihren Verhandlungserfolg. Wir sowie die betroffenen Teile der Arbeitnehmerschaft werden ihn bekommen, und die CDU trägt ihn koalitionär mit. Damit ist eine lange arbeitsmarktpolitische Diskussion nun hoffentlich zu einem Ende gekommen, und der Gesetzgebungsauftrag mit Sigmar Gabriels sozialdemokratischer Handschrift ist an das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium erteilt worden.
Damit ist eine Ihrer Kernbedingungen erfüllt, und die SPD-Mitglieder haben dies auch bei ihrer Mitgliederbefragung deutlich durchgewunken. Frau Nahles startet also jetzt die Vorbereitungen – wir haben es ja gestern bei dpa gelesen –, und sie hat in einem Schreiben an die Spitzenorganisationen um Hinweise gebeten, wo nach Einschätzung der Sozialpartner ganz besondere Problemlagen bestehen. Sie versichert: „Wir sind gesprächsbereit und werden in den kommenden Wochen mit allen Branchen reden, denen die Umsetzung des Mindestlohns Sorgen bereiten.“ Das heißt, auch wir können hier konzedieren, dass sie in diesem Punkt die nötige Sensibilität besitzt. Stellungnahmen sind bis nächsten Freitag, bis zum 7. März, erbeten, und wir können damit einen
flächendeckenden Mindestlohn zum 1. Januar 2015 verbindlich regeln. Natürlich bestehen auch noch in der Wirtschaft und in der Union verschiedene Forderungen nach Ausnahmen.