Protocol of the Session on February 26, 2014

(Abg. B e n s c h [CDU]: Nein, vielen Dank!)

Herr Senator, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Mit Beantwortung dieser Anfrage ist die Fragestunde beendet.

Aktuelle Stunde

Meine Damen und Herren, für die Aktuelle Stunde liegen drei Themen vor, und zwar erstens auf Antrag der Abgeordneten Kristina Vogt und die Fraktion DIE LINKE „Beck´s braucht Bremen, Stellenstreichungen bei AB InBev verhindern, Beschäftigte nicht im Regen stehen lassen!“, zweitens auf Antrag des Abgeordneten Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU „Rot-grüner Urnenkult – ein Fall für den politischen Friedhof“ und drittens auf Antrag der Abgeordneten Doris Hoch, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Abgeordneten Sybille Böschen, Winfried Brumma, Klaus Möhle, Björn Tschöpe und Fraktion der SPD „Hebammen in Bremen bald ohne Versicherungsschutz – Berufsstand vor dem Aus“.

Ich rufe das erste Thema in der Aktuellen Stunde auf Antrag der Abgeordneten Kristina Vogt und die Fraktion DIE LINKE auf:

„Beck´s braucht Bremen, Stellenstreichungen bei AB InBev verhindern, Beschäftigte nicht im Regen stehen lassen!“

Meine Damen und Herren, bevor ich den ersten Redner aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma AB InBev in Bremen recht herzlich begrüßen. – Seien Sie herzlich willkommen! (Beifall)

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard, Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe

Mitarbeiterinnen von Beck´s! Als sich am 14. Januar wieder einmal die selbsternannte Wirtschaftselite im Rathaus zum Schaffermahl traf, haben die Beschäftigten von Beck´s das zum Anlass genommen, ihrerseits darauf hinzuweisen, dass zur Wirtschaft noch mehr gehört. Über 100 Kolleginnen von Beck´s haben auf dem Domshof dagegen protestiert, dass ihnen von der Konzernleitung der Boden unter den Füßen weggezogen wird. 151 Tafeln waren auf dem Boden, die gezeigt haben, worum es seit geraumer Zeit geht. Dieses Problem gibt es ja nicht erst seit gestern. Es geht um 151 Arbeitsplätze, die nach dem Willen der Konzernleitung aus Bremen verschwinden sollen. Diese 151 Arbeitsplätze stehen nicht nur für die Menschen – und das ist schon ein Grund genug, um sich damit zu beschäftigen –, sie stehen auch für den Standort Bremen, und es geht darum, wie dieser Standort mit seiner Belegschaft umgeht.

AB InBev geht es gut. Es ist nicht so, dass wir über Gewinneinbrüche reden müssten. 2012 ist die Dividende um 51 Prozent erhöht worden. Also von Krise kann hier wirklich nicht die Rede sein. Trotzdem will die Konzernleitung 10 Prozent der Belegschaft abbauen. Das ist quasi eine Massenentlassung mitten in einer blendenden Geschäftslage. Es ist ein Affront für die Kolleginnen bei Beck´s. Aber es ist auch ein Affront für Bremen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben lange überlegt, ob wir die Aktuelle Stunde „Bremen braucht Beck´s“ oder „Beck´s braucht Bremen“ nennen sollen, denn beides ist richtig. Brauereien sind Traditionsbetriebe. Für Bremen ist Beck´s mit seinen 1 400 Arbeitsplätzen schlicht notwendig. Aber das Umgekehrte gilt auch. Im Biergeschäft reicht es nicht aus, dass ein Bier nur gut schmeckt. Es geht auch darum, dass ein Image verkauft wird. Zu weltweit verkauften deutschen Biermarken gehört dieses Image wie der Münchner Biergarten oder die norddeutsche Küste. Ich will an der Stelle nicht verhehlen, dass ich in meiner Jugend mehr durch den Münchner Biergarten geprägt worden bin, und habe festgestellt, dass inzwischen leider auch Löwenbräu und Spaten längst zu AB InBev gehören. Insofern habe ich durchaus eine große Affinität dazu, wo Bier hergestellt wird und was Brauereibetriebe bedeuten, denn es ist tatsächlich ein hohes Maß an Identität, die damit transportiert wird. Der Satz der Kolleginnen „Ohne Bremen ist Beck´s nur noch ein Bier in grünen Flaschen“ ist hundertprozentig nachzuvollziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Beck´s-Logo wirbt bis heute mit dem Bremer Schlüssel, denn Bier verkauft sich nicht wie Limonade. Bier verkauft sich auch mit dem Ort, an dem es hergestellt worden ist. Deshalb sagen die Beschäftigten zu Recht: „Bier braucht Heimat“. Heimat bekommt

ein Bier nun einmal nicht zum Nulltarif. Wenn ein Bier mit einem Ort verbunden ist, dann heißt das auch, dass dieser Ort dafür geradestehen muss, dass mit den Beschäftigten fair umgegangen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Davon kann aber aktuell nicht die Rede sein, denn das Argument dafür, diese 151 Arbeitsplätze zu streichen, ist keine wirtschaftliche Notlage. Es geht allein um die Kosten, die in Bremen angeblich höher liegen sollen als an anderen Standorten. Die Kosten sollen herunter, und es soll mehr Gewinn dorthin, wo schon genügend Gewinn ist.

Gewerkschaften haben vor zwei Jahren die Konzernleitung gefragt: Okay, wenn wir euch in der Tariffrage entgegenkommen, wie sieht es dann mit einer Beschäftigungsgarantie aus? Das wäre doch dann letztendlich eine gute Grundlage. Die Antwort war: Nein, machen wir nicht! Schon daran sieht man, dass es hier um ein vollkommen vorgeschobenes Argument geht. Es geht gar nicht darum, wie der Bremer Tarif im Verhältnis zu anderen Ländertarifen aussieht. Es geht darum, dass gebetsmühlenartig der Standort Bremen mit diesem Kostenargument kleiner gemacht werden soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Spätestens dann ist es für uns wichtig, dass wir die Ohren aufstellen und versuchen, dagegen vorzugehen.

Die Mechanismen sind doch überall gleich: Wie überall gibt es einerseits Personal, das direkt mit der Menge zusammenhängt, die produziert wird, und das andere ist, dass es natürlich auch fixes Personal gibt, was man auf jeden Fall haben muss, egal, wie viel man produziert. Wenn man aber bei einem Standort das Volumen reduziert, dann heißt das letztendlich, dass die Lohnkosten pro Flasche steigen. Das ist doch eine logische Folge. Wer dieses Volumen hin- und herschiebt, verschiebt auch die Lohnstückkosten. Dann geht der Konzern irgendwann her und sagt: Na ja, ihr seid eben wieder zu teuer. Das ist eine Abwärtsspirale, die heißt, dass wir diesen Standort unterminieren. Das kann uns Bremern und Bremerinnen absolut nicht egal sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie schön wäre es dann für den Konzern! Dann könnte er Volumen ständig dorthin schieben, wo es gerade am billigsten ist, und trotzdem könnte er mit der Heimat Bremen und der Küste werben. Das ist letztendlich auch das, worauf es hinausläuft. Diese Standortentscheidungen sind etwas, was wir nicht unterstützen dürfen. Deshalb wünschen wir uns natürlich auch, dass diese Solidarität breiter getragen

wird, und wir wünschen uns diese Solidarität auch vom Senat und von den Parlamentariern.

Damit sieht es aber nicht so gut aus. In der Presse wurde vor ein paar Wochen angekündigt, dass Bürgermeister Jens Böhrnsen mit dem Betriebsrat zu einem Gespräch zusammenkommt. Meines Wissens ist das bis heute nicht passiert. Warum nicht? Woran liegt es? Gibt es hier einen Rückzieher? Gibt es vorgeschobene Terminschwierigkeiten? Ich wüsste gern, warum das der Fall ist, denn aus meiner Sicht hätte der Bürgermeister spielend Zeit gehabt, an diesem Freitag, am 14. Januar, bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Beck‘s vorbeizusehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre ein Zeichen gewesen, um zu sagen: Unser Standort ist wichtig. Ich stehe dazu. Ich möchte mit euch solidarisch sein. Diese Auseinandersetzung muss man führen, und dieses Signal muss man setzen.

Ich bin ja nicht nur als arbeitsmarktpolitische Sprecherin betroffen, sondern ich war auch jahrelang Betriebsrätin und Betriebsratsvorsitzende. In Auseinandersetzungen, die mit Belegschaften geführt werden, finde ich Dinge, die über Instrumente wie Abmahnungen laufen, ausgesprochen unsäglich.

(Beifall bei der LINKEN)

An der Stelle sind das die ganz üblichen miesen, kleinen Nadelstiche, die gegen Belegschaften geführt werden, voll nach dem Motto: Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, sei mal ganz still und ganz ruhig! Ich finde, wir sollten auf eine Belegschaft stolz sein, die darum kämpft, dass dieser Standort erhalten bleibt. (Beifall bei der LINKEN)

Wir sollten auf eine Belegschaft stolz sein, die aufmüpfig ist und dieses Image von Bremen weiterträgt. Ich halte das in jedem Fall insofern für den richtigen Weg.

Statistisch gesehen, werden auf der Welt pro Sekunde ungefähr 50 Flaschen Beck‘s getrunken. Ich habe also ungefähr schon 30 000 Flaschen lang geredet. Es wird mit Sicherheit nicht das letzte Mal sein, dass wir darüber reden. Diese 151 Arbeitsplätze müssen in Bremen bleiben. Es ist die Heimat von Beck‘s, und darauf müssen wir auch weiterhin bestehen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Haben Sie einen konkreten Vor- schlag gemacht, was wir tun sollen, oder ha- be ich den überhört?)

Was wir tun sollen, kann ich Ihnen sagen: Auseinandersetzung bezüglich dessen, ob es tatsächlich Reduzierungen gegeben hat, wie es im Sinne von Ar

beitsplätzen aussieht, wie die Perspektive aussieht, wie das sozialverträglich gestaltet werden kann, und nicht darüber, dass sozusagen Kündigungen über dem Ganzen schweben.

Mal abgesehen davon, ist es bei einem Vergleich der 151 Arbeitsplätze zu dem, was an Gewinnmargen vorhanden ist, völlig lächerlich, zu sagen: Auf die kommt es jetzt an. Ich finde, wir dürfen an der Stelle kein Stück weichen und dürfen nicht sagen: Wir müssen uns hier mehr oder weniger zurückhalten. Ich bin vielmehr dafür, dass wir uns in diesem Haus komplett ganz klar dafür aussprechen, auf jeden Fall diesen Arbeitsplätzen und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei Beck‘s beizustehen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Willmann, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Bier braucht Heimat“ findet man bei Facebook: 7 310 Likes heute Morgen aktuell. Schöne Seite, gute Aktion, meine werten Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrats! Die Petition hat inzwischen 2 731 Unterstützer. Herr Geschäftsführer Gerber, vielleicht können wir ja mit Ihnen darüber reden, ob wir Ihnen nicht den Schlüssel wegnehmen – das wäre doch mal was! –, sodass es nicht nur darum geht, dass Sie darüber reden, Beck‘s 151 Arbeitsplätze wegnehmen zu wollen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vom AB InBev-Konzern geplanten 151 Stellenstreichungen betrachtet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit großer Sorge. Allerdings will ich an dieser Stelle deutlich einfügen, dass wir nicht den Eindruck erwecken wollen, wie es eben die Kollegin Bernhard mit dem viel geprägten Wir gemacht hat, dass uns AB InBev gehören würde oder dass wir über Anteile bei AB InBev beteiligt wären. Gleichwohl will ich sagen, dass wir auch in unseren Gesprächen mit dem Betriebsrat, die wir im November letzten Jahres geführt haben, klar darauf hingewiesen haben, dass wir das mit großer, großer Sorge betrachten.

Seitdem Beck‘s nicht mehr Beck‘s, sondern AB InBev ist, wird hier nicht nur Beck‘s oder Haake Beck gebraut, sondern es wird auch tschechisches Bier gebraut. Beck‘s und Haake Beck werden sehr viel mehr an den Abfüllorten, auch in Übersee, gebraut. Zum Teil übersteigen die Mengen, die dort gebraut werden, die, die in Bremen gebraut werden. Hin und wieder kommt es vor, dass in Bremen gar kein Beck‘s mehr gebraut wird, sondern ausschließlich, so sage ich mal, fremdes Bier. Bier braucht Heimat, Beck‘s

gehört zu Bremen, und darauf muss man, wie ich finde, achtgeben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Für die Grünen ist Beck‘s ein wichtiger und imagefördernder Arbeitgeber im Land Bremen. Auch das muss eine Geschäftsführung sehen. Selbst dann, wenn sie anderes Bier als Beck‘s oder Haake Beck hier braut, ist Beck‘s eine Identifikationsmarke. Deshalb erklären wir uns an der Stelle mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern solidarisch und tragen auch ihren Protest mit.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen appelliert an die Konzernspitze, sich ihrer Verantwortung für die Beschäftigten und den Standort Bremen zu stellen und die Pläne zur Streichung zu verwerfen. Wir sind gerne weiterhin zu weiteren Gesprächen bereit. Wir unterstützen Sie auch gerne, wo wir dies tun können, bei dem Erhalt Ihrer Arbeitsplätze. Gleichwohl können wir Ihnen nicht über das Einfrieren von Wirtschaftsförderung oder das weitere Schaffen von direkten Arbeitsplätzen behilflich sein. Aber mit unserer Solidarität und unserem politischen Einfluss wollen wir gerne deutlich machen, dass der Ausverkauf des Konzerns, der internationalisiert ist, nicht am Standort Bremen stattfindet. Deshalb finde ich Ihre Aktion „Bier braucht Heimat“ richtig. Mein Bierglas stelle ich gerne auf Ihren Bierdeckel. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Reinken, Fraktion der SPD.